Antwort auf: Nina Simone

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bullschuetz

Registriert seit: 16.12.2008

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friedrich <b>[…] </b>Gleichzeitig ist das Album selbst aber ein Potpourri verschiedenster Stile, keineswegs (nur) Soul, so als versuche man ein möglichst breites Spektrum von Simones Musik abzubilden. […] Das Album ist keine Compilation, klingt aber so. […] Mir mag einiges davon besser, anderes weniger gefallen. Aber irgendwie funktioniert das und Nina Simone klingt dabei immer wie die Chefin im Ring. […] Kessel Buntes […]

Gut beschrieben, so höre ich das auch, und so geht es mir bei vielen Nina-Simone-Alben. Wenn man gewohnt ist, in gängigen Album-Kategorien von Geschlossenheit zu denken, können die Alben von Simone schon manchmal wie Sampler klingen.

Normalerweise würde ich das kritisieren, aber diese ungewöhnliche, bisweilen zerfasernde Form ist eben, bei aller Schwäche, doch auch ein Zeichen für Simones Stärke. Da bricht sich eine entgrenzte Musikalität Bahn, die sich einfach nicht auf einen Punkt bringen lässt, sondern jederzeit in alle beliebigen Richtungen aus- und aufbrechen kann. Folk, Afrikanisches, Showtunes, Cohen-Cover, Jazz, Bach … verrückt! Wobei ich das Wort „verrückt“ gleich wieder zurücknehme, denn ich will dem Verdacht nicht Vorschub leisten, dass ich da was pathologisiere.

Simones Vielschichtigkeit mag auf manche bisweilen erratisch, undiszipliniert vorkommen, nicht verdichtet durch eine (selbst)kritische Kontrollinstanz, aber all das wurzelt eben in dieser – wie soll man das nennen? Musikalischen Unerschöpflichkeit? Das Unstete und das Grandiose – es gehört bei ihr zusammen.

Bei jemandem mit etwas weniger überbordender Begabung würde ich es wohl als klare Schwäche beschreiben und auch bei Simone wünschte ich mir, dass sie ein paar mehr Alben gemacht hätte, die geschlossener sind, weniger den Eindruck vermitteln, als folge sie jederzeit jedem Impuls, der ihr in den Sinn kommt. Aber andererseits: Es gibt von ihr ja keine einzige Platte, die nicht wenigstens das eine oder andere völlig verblüffende, sich schräg von der Seite anschleichende und plötzlich voll reinhauende Genie-Ding enthält.

Wenn ich eine Liste der allergrößten x oder y Alben aller Zeiten machen müsste, wäre womöglich nur ihr Debüt dabei (und „‚Nuff Said!“ wäre nicht nur ein großartiges, intensives Live-Album, sondern eines der großartigsten, aufwühlendsten, intensivsten, faszinierendsten, zornigsten, zärtlichsten, auratischsten Live-Alben aller Zeiten, wenn es konsequenter kompiliert worden wäre aus den damals vorliegenden und teilweise erst nachher veröffentlichten Performances dieses Abends).

Aber in einer Liste der größten MusikerInnen darf sie bei mir niemals fehlen!

In dieser Künstler-Persona überschneiden sich obendrein auch noch so viele komplexe Diskurse, biografische Traumata, Feminismus und Unterdrückung, Bürgerrechts-Power und rassistische Diskriminierung: enorme Kraft, Wut, Stärke und gleichzeitig so tiefe Wunden. Was ist da sozial bedingt, was psychisch? Und kann man das überhaupt trennen? Und in welchem Verhältnis stehen ihre psychische Verletzbarkeit, ihre Sensibilität für soziale Ungerechtigkeiten und ihre künstlerische Stärke? Bedingen sie sich gegenseitig? Lauter unauslotbare Fragen, die mich zum halt- und ziellosen Schwadronieren bringen. Aber es ist eben auch ein unauslotbares künstlerisches Monumentalwerk, das diese Frau geschaffen hat.

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