Die Last und Lust der Mühe

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  • #5389235  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    Die Ausführungen zur Mühe des Erarbeitens erinnert mich ein wenig an die Diskussion über die Wertigkeit von Musik, die hier vor Monaten geführt wurde. Was nichts kostet ist auch nichts wert, war dort die Meinung vieler. War dieser Ansatz in der Wertediskussion noch falsch, würde ich ihn an dieser Stelle wieder gelten lassen. Nichts ist spannender und nachhaltiger als ein Werk, welches man sich erarbeitet hat. Mühen nimmt man dafür in Kauf, wer das nicht tut ist auch nicht bereit für die Eroberung von Musik. Wenn ich nur Musik hören würde, die mir von Anfang an zugänglich ist, wäre ich wahrscheinlich aus frühen Jugendsünden heraus heute ein eingefleischter Phil Collins-Fan…

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    #5389237  | PERMALINK

    oldboy

    Registriert seit: 12.10.2004

    Beiträge: 7,593

    Banana JoeDie Ausführungen zur Mühe des Erarbeitens erinnert mich ein wenig an die Diskussion über die Wertigkeit von Musik, die hier vor Monaten geführt wurde. Was nichts kostet ist auch nichts wert, war dort die Meinung vieler. War dieser Ansatz in der Wertediskussion noch falsch, würde ich ihn an dieser Stelle wieder gelten lassen. Nichts ist spannender und nachhaltiger als ein Werk, welches man sich erarbeitet hat. Mühen nimmt man dafür in Kauf, wer das nicht tut ist auch nicht bereit für die Eroberung von Musik. Wenn ich nur Musik hören würde, die mir von Anfang an zugänglich ist, wäre ich wahrscheinlich aus frühen Jugendsünden heraus heute ein eingefleischter Phil Collins-Fan…

    Ich finde, dass macht nur Sinn bei komplexer Musik wie z. B. Jazz, bei der mir als Laie das Verständnis noch nicht ausreicht, um gleich alles zu verarbeiten, zu verstehen und zu beurteilen. Bei einfach gestrickteren Sachen (Pop, Rock) ist das meiner Meinung nach was ganz anderes, da sollte man viel schneller urteilen können. So glaube ich auch, dass ein erfahrener Jazz- Musiker ein Jazz Album nach einem Hördurchgang bereits sehr gut einordnen kann.

    Los, tretet mir in den Arsch!

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    #5389239  | PERMALINK

    melodynelson
    L'Homme à tête de chou

    Registriert seit: 01.03.2004

    Beiträge: 6,006

    Banana Joe[…]War dieser Ansatz in der Wertediskussion noch falsch, würde ich ihn an dieser Stelle wieder gelten lassen. Nichts ist spannender und nachhaltiger als ein Werk, welches man sich erarbeitet hat. Mühen nimmt man dafür in Kauf, wer das nicht tut ist auch nicht bereit für die Eroberung von Musik. Wenn ich nur Musik hören würde, die mir von Anfang an zugänglich ist, wäre ich wahrscheinlich aus frühen Jugendsünden heraus heute ein eingefleischter Phil Collins-Fan…

    Ich denke, mit dieser Argumentation setzt du die Wertediskussion auf einer subjektiven Ebene fort. Bedeutet „erabeiten“ für dich, dass man sich ein Werk zu eigen macht, um es ein Stück weit für sich zu besitzen? Wenn dem so ist, kann ich dir beipflichten. Die Alben, die für mich die größte (persönliche) Bedeutung haben, sind auch solche, die mich eine Zeit lang begleitet haben, an denen ich mich gebissen habe, die wuchsen.

    Allerdings weiß ich nicht, ob man diesen Ansatz pauschalisieren sollte. man darf nie vergessen, dass Musik ein Ästhetikum ist, eine Ansammlung auditiver Reize, die einen unmittelbar, direkt trifft. Es muss einen Anreiz geben, sich mit einem Song, einem Album zu beschäftigen.

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    #5389241  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    OldBoyLos, tretet mir in den Arsch!

    Bitte:

    OldBoySo glaube ich auch, dass ein erfahrener Jazz- Musiker ein Jazz Album nach einem Hördurchgang bereits sehr gut einordnen kann.

    Siehst Du. Komplexität ist relativ, daher macht mein Ansatz bei (vermeintlich) weniger komplexer Musik genauso Sinn. Es ist glaube ich auch nicht die Meisterung der Komplexität, sondern auch ein bewusstes Brechen mit den eigenen Hörgewohnheiten. Schon oft habe ich durchaus musikinteressierten Kollegen mal was vorgespielt, wobei diese sich sofort klingonisch abgewendet haben und mich verständnislos anschauten. Und das war „nur“ Ryan Adams…

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    #5389243  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    MelodyNelsonEs muss einen Anreiz geben, sich mit einem Song, einem Album zu beschäftigen.

    Den muss es natürlich geben und Du hast diesen Anreiz ja auch schon genannt: Man besitzt ein Werk für sich. Und ich würde weißgott nicht jedes Album aus sportlichen Gründen versuchen zu ergründen, gewisse Schlüsselreize sind in der Regel schon vorher vorhanden. Ich würde z.B. nie versuchen, ein Heavy Metal-Album für mich zu erforschen, weil mir diese Musik so absolut gar nichts gibt – der von Dir geforderte Anreiz fehlt einfach.

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    #5389245  | PERMALINK

    oldboy

    Registriert seit: 12.10.2004

    Beiträge: 7,593

    Banana JoeBitte:

    Siehst Du. Komplexität ist relativ, daher macht mein Ansatz bei (vermeintlich) weniger komplexer Musik genauso Sinn. Es ist glaube ich auch nicht die Meisterung der Komplexität, sondern auch ein bewusstes Brechen mit den eigenen Hörgewohnheiten. Schon oft habe ich durchaus musikinteressierten Kollegen mal was vorgespielt, wobei diese sich sofort klingonisch abgewendet haben und mich verständnislos anschauten. Und das war „nur“ Ryan Adams…

    guter Punkt. Ich bewege mich gerade musikalisch auf schön planierten Bahnen, deswegen habe ich an den Aspekt jetzt noch gar nicht gedacht.

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    #5389247  | PERMALINK

    lengsfeld

    Registriert seit: 30.07.2005

    Beiträge: 1,091

    Banana Joe… Wenn ich nur Musik hören würde, die mir von Anfang an zugänglich ist, wäre ich wahrscheinlich aus frühen Jugendsünden heraus heute ein eingefleischter Phil Collins-Fan…

    Brother?!

    (zum Thema selbst vielleicht ein andermal ein paar Gedanken, wenn ich Zeit habe)

    --

    #5389249  | PERMALINK

    ah-um

    Registriert seit: 24.02.2006

    Beiträge: 1,398

    Daniel_BelsazarWürde meine Arbeit mir nicht auch grundlegend Vergnügen bereiten, würde ich damit auhören. Anders ausgedrückt: „Mühe“ muss nicht notwendigerweise mit fremdbestimmter Sklavenarbeit synonym gesetzt werden. Auch persönliche Weiterentwicklung ist oft mit Mühe verbunden (das wird mir übrigens zurzeit jeden Tag an meinen Kindern immer wieder deutlich).

    Natürlich ist Arbeit sinnvoll und selbstverständlich gibt es Mühen, die sich lohnen, und zweifellos ist die Welt kein Paradies der automatischen Instant-Befriedigung. Es ist nur so, dass ich das Musikhören dem Bereich der Muße zuordnen möchte, also den Dingen, mit denen man sich um ihrer selbst Willen beschäftigt. Der Gegenbegriff zu Arbeit. Und deshalb bin ich bestrebt, das Musikhören von Kosten-Nutzen-Erwägungen möglichst frei zu halten.
    Ich sehe auch, dass dies nicht mit letzter Konsequenz möglich ist. So ist bereits das simple Konzept des „Zuhörens“ keineswegs so voraussetzungsfrei und banal, wie das auf den ersten Blick scheinen mag.

    Und ja, ich höre häufiger Musik, die man gemeinhin als „mühsam“ einstufen würde, namentlich Free Jazz. Und natürlich mochte ich erst die Beach Boys bevor ich zu Ornette Coleman kam. Aber als „mühsam“ habe ich die Beschäftigung damit nie empfunden.

    --

    There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)
    #5389251  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Die Ansätze der Musik Rezeption sind natürlich durchaus verschieden.
    Eine Platte, zu der ich mir einen Zugang erst „erarbeiten“ musste, kann mir auf lange Sicht u.U. genauso wichtig und lieb werden wie eine andere Platte, die mich spontan begeistert, die sofort mein Gefühl anspricht. Entscheidend ist – und das wurde ja auch schon mehrfach angesprochen – , ob ich ein Interesse an einer Platte habe. Wie auch immer sich das zunächst begründet. Es kann eine Empfehlung eines Menschen sein, dessen Urteil ich vertraue. Es kann die Lieblingsplatte eines Menschen sein, der mir etwas bedeutet. Mein Interesse kann aussermusikalischen Gründen entspringen. Und was genau Mühe bedeutet und was Lust, das ist individuell sicher auch verschieden. Ganz abgesehen von der Lust der Mühe, die in manchen Fällen auch dazu gehört.
    Kosten-Nutzen-Faktoren gehören hier nicht her, da gebe ich Ah Um Recht. Nicht primär jedenfalls. Die Beschäftigung mit Musik gehört zunächst mal zu den eher angenehmen Dingen des Lebens. Umso schöner wenn sie sogar noch honoriert wird. Und damit wir uns nicht falsch verstehen, was ich als Musikredakteur mache, das ist trotzdem Arbeit.

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    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #5389253  | PERMALINK

    mark-oliver-everett

    Registriert seit: 14.12.2003

    Beiträge: 18,065

    mikko hat das für mich ziemlich passend zusammengefasst. so ungefähr seh ich das auch.

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    TRINKEN WIE GEORGE BEST UND FUSSBALL SPIELEN WIE MARADONA
    #5389255  | PERMALINK

    flatted-fifth
    Moderator

    Registriert seit: 02.09.2003

    Beiträge: 6,027

    Ah UmEs ist nur so, dass ich das Musikhören dem Bereich der Muße zuordnen möchte, also den Dingen, mit denen man sich um ihrer selbst Willen beschäftigt. Der Gegenbegriff zu Arbeit. Und deshalb bin ich bestrebt, das Musikhören von Kosten-Nutzen-Erwägungen möglichst frei zu halten.

    MikkoKosten-Nutzen-Faktoren gehören hier nicht her, da gebe ich Ah Um Recht. Nicht primär jedenfalls.

    Ich weiß, worauf ihr hinaus wollt, aber trotzdem sei kurz angemerkt, dass eine Kosten-Nutzen-Betrachtung sehr wohl stattfindet, und zwar durchaus primär. Nur ist der Nutzen bei Euch so hoch (wie bei mir auch), dass die Kosten im Vergleich dazu gar nicht erwähnenswert sind. Positive Bilanz also ohne große Anstrengungen… ;-)

    --

    You can't fool the flat man!
    #5389257  | PERMALINK

    vega4

    Registriert seit: 29.01.2003

    Beiträge: 8,667

    Also ich setze mir schon Grenzen. Gefällt mir eine Platte nach dem 8 Hördurchgang noch immer nicht stelle ich sie ins Regal und lass sie mal ca. ein Jahr ruhen. Dann versuche ich einen letzten Anlauf….
    Gerade die Alben, für die ich etwas länger gebraucht habe sind heute meine Lieblinge. Oft ist es nicht gerade ein gutes Zeichen, wenn einen die Musik auf Anhieb gefällt. Meistens hat sie dann sehr schnelle Abnutzerscheinungen. Trotzdem zahlen sich auch solche Werke aus. Ist halt Musik für den Augenblick…

    --

    Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen schlechter machen kann. "Fackel" - Karl Kraus
    #5389259  | PERMALINK

    merlot

    Registriert seit: 07.09.2006

    Beiträge: 667

    Banana JoeSchon oft habe ich durchaus musikinteressierten Kollegen mal was vorgespielt, wobei diese sich sofort klingonisch abgewendet haben und mich verständnislos anschauten. Und das war „nur“ Ryan Adams…

    Bleibt dabei nicht in dir das Gefühl der Ignoranz zurück?

    Ich wende mich nicht ab. Jedoch zeigt die Erfahrung in mir, dass bei bestimmten musikalischen Kategorien es zwecklos ist, mich damit auseinanderzusetzen. Fast 4 Jahrzehnte beschäftige ich mich eingehender, wenn auch als Hobby, mit der Musik… von Klassik über Jazz bis hin zum „einfachen“ Pop. Ein Timberlake oder eine Hilton werden jedoch niemals eine Chance von mir bekommen, sich auch nur den Hauch von Zeit mit Mühe zu befassen.

    Ja, ich bin ignorant… aber diese Ignoranz ist ein Stück Lebenserfahrung und Qualtität. Lieber verzichte ich darauf ein Terry Callier Track jemanden vorzuspielen, als mir Kommentar über meinen außerirdischen Geschmack anzuhören. Der Wert und die Mühe, welche ich Musik zuordne oder aufbringe, ergibt sich im reinen Verständnis meiner Liebe und Freude an jener Musik. Was mich auch unabhängiger von irgendwelchen Rezensionen oder Beurteilungen macht.

    --

    "Ich trinke gern eine Zigarette zum Kaffee." (Straßenumfrageantwort)
    #5389261  | PERMALINK

    thomlahn

    Registriert seit: 11.11.2003

    Beiträge: 8,143

    Gerade wenn ich von der eigenen Geschacksautobahn mal abfahre, lasse ich die Sachen halt mal liegen, wenn sie sich nicht sofort erschliessen. Das hat schon oft geholfen und nichts mit ‚Schönhören‘ zu tun. Dafür fälle ich mein Urteil im angestammten Genre heute umso schneller.

    --

    ?
    #5389263  | PERMALINK

    bauer-ewald

    Registriert seit: 26.10.2005

    Beiträge: 4,279

    dougsahmDas Thema beschäftigt mich schon länger. Ist es sinnvoll allgemein respektierte Alben häufiger zu hören, obwohl man anfänglich nichts oder wenig damit anfangen kann ?

    Ich beantworte diese Frage inzwischen für mich mit „Nein“.

    Tendenziell sehe ich es ähnlich wie Du. Die für mich persönlich wichtigste Frage nach ein- oder zweimaligem Hören eines Albums ist: „Habe ich Lust, das Album oder wenigstens Teile davon gleich nochmal zu hören?“ Wenn mir auch nur irgendetwas gefallen hat, ich beim ersten Hören auch nur einmal aufgehorcht habe, dann will ich das. Ansonsten lohnt sich nach meiner Erfahrung eine längere Beschäftigung nicht.

    Leider erlebe ich in den letzten Jahren oft einen gegenteiligen Effekt: Alben, die mir beim ersten oder zweiten Hören außerordentlich gut gefallen, nutzen sich schnell ab.

    --

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