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talkinghead2Jake Gyllenhaal hatte aber nach Brokeback Mountain eigentlich ganz andere Optionen …
Als ich das gelesen hatte, wollte ich schon Folgendes schreiben:
pfingstluemmelMit Prisoners, Enemy, Nocturnal Animals und Nightcrawler hat er diese Optionen doch genutzt? Und in dem von dir favorisierten The Sisters Brothers war er auch zu sehen.
„Brokeback mountain“ ist sicherlich nach wie vor der Höhepunkt im Werk von Jake Gyllenhall, aber seine Filmographie, die durchaus schon zuvor mit z.B. „Moonlight mile“ oder „Jarhead“ auf ihn aufmerksam machte, liest sich schon recht gut. Meine Favoriten aus den Gyllenhall-Filmen sind „Nightcrawlers“ und „Prisoners“. Auch zum Gelingen von „Nocturnal animals“ und „The Sisters Brothers“ trägt er zweifellos bei, wobei letztgenannter Film eher von einem überragenden John C. Reilly lebt. Weitere gute Auftritte hat er m.E. in „Zodiac“ und „Brothers“.
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there's room at the top they are telling you still but first you must learn how to smile as you killHighlights von Rolling-Stone.deWerbungGestern The Pied Piper (GB/US, 1972) von Jacques Demy – eine Adaption des „Rattenfängers von Hameln“ mit Donovan in der Titelrolle, der dann auch gleich den Soundtrack beisteuerte und wohl Ausgangspunkt des Projektes war: ein junger englischer Produzent hatte die Idee, mit Donovan einen Film zu machen – und Demy war natürlich die passende Wahl für die Regie. Es wurde wieder ein Musical (logo), im Cast sind auch John Hurt, Donald Pleasance, Jack Wild und Diana Dors dabei. Eine Truppe von Gauklern, der sich erst ein Pilger und dann der Landstreicher mit der Flöte anschliessen, will nach Hannover, doch dort sei schon die Pest, stattdessen zieht man nach Hameln, wo der Pfeifer die junge Tochter des Bürgermeisters heilt, die mit dem Sohn des Barons verheiratet werden soll. Die Geschichte ist ja bekannt, Demy interpretiert sie recht frei (Drehbuch: Mark Peploe, Andrew Birkin und Jacques Demy), hat allerdings wie es scheint ordentlich Recherche betrieben, um eine möglichst korrekte Darstellung des Mittelalters zu bieten – der die Gauklertruppe einiges mehr an Farbe verleiht, mit Kostümen, gemalten Hintergründen für ihre Aufführungen usw. Bei der Hochzeit führen sie ein Stück über die Verbannung aus dem Paradies auf, kurz bevor die Ratten aus der Hochzeitstorte kriechen … das ist ein dystopischer Film, der an der Oberfläche gar freundlich daherkommt, aber auch wieder tiefer geht. So wird der jüdische Heiler Melius, der – auch im Auftrag des Barons – alchimistische Experimente anstellt, als eine Art rationale Gegenfigur zur Kirche dargestellt, deren Abbildung im Film ein wenig an Monthy Python erinnert (die Sketches liefen gemäss Wiki ab September 1970). Melius wird dann bei lebendigem Leibe verbrannt, während der Rattenfänger mit den Kindern im Gefolge aus der Stadt zieht … Cancel Culture halt, gut abendländische. Bis dahin für mich klar der schwächste Film von Demy, wenngleich er keineswegs schlecht ist und wie üblich mit vielen tollen Details glänzt: zum Beispiel die Fresken in der Burg. Der junge Helfer/Schüler von Melius, gespielt von Wild, natürlich in die Tochter des Bürgermeisters verknallt, möchte Maler werden und will in die Burg, um dort die Fresken zu sehen – die kriegen wir immer wieder zu sehen und sie erinnern eher an Kokoschka als an irgendwas Mittelalterliches. Nach den gedeckten Bankett-Tischen in „Peau d’âne“ (der erste wird dort von einem Platzregen verwüstet), gibt es hier bei der Hochzeit eine recht lange Tisch-Szene und davor schon einige längere Szenen in der Küche, in denen der Sohn des Barons sich an die Mutter seiner Braut (Dors) heranmacht – alles üppig ausgestattet natürlich.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaSpannend. Und 1972 könnte auch Donovans Soundtrack noch taugen.
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Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.Der Soundtrack ist recht zurückhaltend und ganz nett … tut jedenfalls niemand weh und ist auch nicht übermässig kitschig oder so. Ich kenne Donovan aber praktisch gar nichts, kann das also musikalisch nicht einordnen in seinem sonstigen Werk.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaL’Événement le plus important depuis que l’homme a marché sur la Lune (FR/IT, 1973) – gestern comedy time, ein halb privat anmutender „couples“-Film von Varda/Demy und Deneuve/Mastroianni: die beiden Frauen waren befreundet, als die befreundeten Paare sich trafen, ging es hauptsächlich um die Schwangerschaft(en) – und irgendwann stand die Frage im Raum, was wenn wäre, wenn die Männer … und so entstand dieser einmal mehr doppelbödige Film, der als leichte Komödie so gut funktioniert wie als feministischer Thesenfilm. Mastroianni als scheinschwangerer Fahrlehrer, der sich unwohl fühlt und nur widerwillig zur Ärztin geht, die ihn gleich bei einem renommierten Frauenarzt anmeldet. Dann geht das Karussell los, er wird hofiert, Presseberichte, Fernsehen, ein Werbevertrag mit einer Modefirma, der Coiffeursalon von Deneuve boomt (die Szenen mit den Kundinnen dort gehören zu den Highlights), die eine Linie mit Mode für schwangere Männer ins Leben ruft, aus der ganzen Welt Meldungen über schwangere Männer – doch es kommt, wie es kommen musste: Einbildung, kollektive Psychose, die Koryphäe hat halt einen Fehler gemacht. Am Ende wird geheiratet, Deneuve fühlt sich unwohl und meint: „Ich bin schwanger“. Das Drehbuch stammt natürlich von Demy selbst.
Ein Musical wurde es dieses Mal nicht, doch Mireille Matthieu singt zwei Chansons für den Film: den Titelsong, der im Vorspann läuft, und später „Paris perdu“ bei einem Konzert, das unsere Protagonisten frühzeitig verlassen müssen, weil Mastroianni sich unwohl fühlt … Michel Legrand hat den restlichen Score (zurückhaltend) komponiert. Und dann muss endlich mal der Name des Ausstatters genannt werden, der seit 1957 (s.u.) dabei war und nur bei „Peau d’âne“ wegen des zu kleinen Budgets hingeschmissen hatte: Bernard Evein. Er ist auch in Vardas Dokumentation über die „Demoiselles“ (s.o.) mit dabei und gehörte zum engen Kreis der Leute, mit und dank denen Demy seine Vision des Kinos umsetzen konnte.
Die DVD enthält leider keine Untertitel (sonst gibt es bis dahin stets englische Untertitel bzw. französische, wenn der Film englisch gedreht wurde) – dafür gibt es eine englische Version, aber das mochte ich mir dann doch nicht antun. Bei den „Demoiselles“, wo dafür wegen der vielen Wortspiele in den Chansons manches umgeschrieben werden musste, hätte ich die englische Version gerne dabei gehabt, aber dort gibt es sie leider nicht. Schade – aber die DVD-Box ist auch so erstklassig, das sind wirklich kleine Mängel.
Davor holte ich noch den ersten kurzen Spielfilm nach, der mir bisher entgangen war, weil er nicht zusammen mit den anderen frühen Kurzfilmen auf der ersten DVD der Box zu finden ist: Le bel indifférent (FR, 1957). Jeanne Allard spielt in dieser Adaption von Cocteaus gleichnamigen Zweipersonen-Stück die Sprechrolle der Frau, die ihrem vermutlich untreuen Geliebten einen Vortrag hält, Fragen stellt, Vorwürfe macht, fleht, droht … doch dieser kommt wortlos ins gemeinsame Zimmer, liest schweigend auf dem Bett die Zeitung, schläft ein … wieder aufgeweckt zieht er sich an und geht. Stark – und rot. Evein ist hier bereits dabei, wie gesagt, und die Kostüme besorgte erstmals Jacqueline Moreau, eine Kindheitsfreundin und spätere Studienkollegin von Demy, die auch bei den „Parapluies“ und den „Demoiselles“ die Kostüme verantwortet hat (und später noch einmal bei „Lady Oscar“, zu dem ich die nächsten Tage noch komme). Das ist sein exzellentes, beklemmendes Kammerspiel mit einer starken Hauptdarstellerin. Das bisschen Musik für den Vorspann hat Maurice Jarre komponiert, Demy selbst spricht eine von zwei Erzählerstimmen, auch das nur kurze Auftritte. Der Darsteller der Titelfigur ist Angelo Bellini, zu dem IMDB keine weiteren Credits führt (ich hab das Bonusmaterial dazu noch nicht angeschaut, vielleicht gibt es da noch einen Satz über ihn).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaNothing Compares (Kathryn Ferguson). Gerade eben auf der Langen Nacht der Filmfestivals. Beeindruckend und erschütternd.
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Gestern die nächste DVD aus der Demy-Box: Lady Oscar (FR/JP, 1979). Der Film ist die Adaption eines erfolgreichen Mangas über „Lady Oscar“, Dienerin von Marie-Antoinette am Königshof in Versailles und Paris. „Die Rosen von Versailles“ („Berusaiyu no Bara“) heisst der Manga aus dem Jahr 1972, den auszeichnet, dass er von einer Frau stammt, Riyoko Ikeda, die in dieser Männerdomäne damit einen grossen Erfolg feierte. Als letztes Kind – die Mutter stribt bei der Geburt – und sechstes Mädchen beschliesst der Vater, das Kind als Jungen grosszuziehen. Nach einer unbeschwerten Kindheit und Jungend an der Seite des besten Freundes André (Barry Stokes) trennen sich die Wege. Lady Oscar (Catriona McColl) kommt an den Hof, André in den Stall. Als junger Edelmann auftretend duelliert sich Lady Oscar, mischt bei Kneipenschlägereien mit, kriegt mit der Zeit mit, in welcher Armut und Not die Bevölkerung des Landes lebt … die uneingestandene Liebe zu André bildet wie die aufkeimende Revolution einen stetigen Hintergrund, während Lady Oscar am Hof zu den engsten Getreuen der egozentrischen Königin wird, deren Liebhaber sich in sie verliebt, während der schwache Gatte von seinen Ministern immer weniger respektiert wird. Statt eines Vulkans lässt Marie-Antoinette sich ein Theater bauen und will den „Barbier von Sevilla“ aufführen – ein damals verbotenes Stück. Als Lady Oscar schliesslich mit einem reichen Adligen verheiratet werden soll – der Vater entscheidet, Lady Oscar ist jetzt wieder Frau und hat sich zu fügen – beginnt endgültig ihre Befreiung. Zu einem Ball mit dem Verlobten erscheint sie in Männerkleidern, schreitet die Damen ab, bittet eine zum Tanz – und küsst sie schliesslich vor aller Augen auf den Mund. Der Film endet mit der Stürmung der Bastille – und dem Tod Andrés, nachdem Lady Oscar ihm seine Liebe gestanden und mit ihrer Herkunft gebrochen hat.
Gedreht wurde für die Strassenszenen in Senlis, die Innenaufnahmen entstanden in Versailles selbst, wo bis dahin kaum je eine Filmcrew Zutritt erhalten hatte (zum ersten Mal seit dem 1954er Spielfilm „Si Versailles m’était conté…“ von Sacha Guitry). Demy war von den japanischen Produzenten angefragt worden, ob er den Film machen will. Er arbeitete am Drehbuch mit und scheint den Film in vieler Hinsicht geprägt zu haben – das Ergebnis wirkt jedenfalls in vieler Hinsicht wie ein echter Demy – auch wenn Demy am Ende wie es scheint nicht zufrieden war. Ein so grosses Budget hatte er sonst wohl nie wieder. Der Dreh mit dem zumeist britischen Ensemble und der um spanische Kameratechniker (die hatten von all den grossen US-Produktionen aus Andalusien Kenntnis von Gerätschaften, die die Franzosen nicht bedienen konnten) angereicherten französischen Equipe scheint sehr entspannt und dennoch sehr konzentriert abgelaufen zu sein, es gibt bei den Bonusmaterialien ein paar Schnipsel vom Dreh und ein paar Einblicke in Technik, Kulissen usw. In Japan war „Lady Oscar“ recht erfolgreich, aber in Frankreich wurde er gar nicht erst vertrieben und blieb wohl im Westen generell wenig bekannt. Erst zwanzig Jahre später kam der Film in Frankreich doch noch heraus, und 2008 dann wieder als Teil der DVD-Box mit Demys gesammelten Filmen.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba1980 adaptiert Jacques Demy fürs Fernsehen La Naissance du jour (FR, 1980), den gleichnamigen Roman von Colette. Dass „Le bel indifférent“ (die Filmrechte hatte Cocteau ihm geschenkt, nachdem Demy sich mit Jean Marais angefreundet und so mit Cocteau bekannt wurde) auf derselben DVD landete, ist schon stimmig, denn auch „La Naissance du jour“ ist eigentlich ein Monolog. Colette (1873-1954) verbringt den Sommer des Jahres 1927 in einem Haus in Saint-Tropez, La Treille-Muscate – wo Demy 53 Jahre später auch tatsächlich drehen konnte. Sie denkt über ihre verstorbene Mutter nach, liest deren Briefe, verbringt ihre Nachmittage und Abende mit ein paar oberflächlichen Künstlerfreund*innen, mit denen sie vormittags auch zum Strand geht, lässt sich von diesen auch mal zum Tanz mitnehmen, obwohl sie doch am liebsten in der Ruhe ihres Garten sitzen würde. Ein junger Mann (Jean Sorel) umschwirrt sie – dass er ihr Liebhaber ist, braucht der Film die längste Zeit gar nicht erst zu sagen, klar ist es doch. Colette erinnert sich an ihre Männer, denkt über ihr Leben, ihre Unabhängigkeit nach – beschliesst, ihren Liebhaber mit einer jüngeren Frau (Dominique Sanda) zu verkuppeln, das die liebe Ruhe und Routine etwas stört.
Danièle Delorme wird buchstäblich zu Colette, ihre Stimme aus dem Off geht manchmal direkt in Dialoge über, die ins Bild gesetzt werden. Neben der Villa und dem Garten spazieren wir mit Colette durch Schilf, aber auch durch Blumen und Kräutersträucher ans Meer, fahren ein paar Mal im Auto mit, wenn sie Besorgungen in der Gegend erledigt. Auf der Tonspur läuft dazu ein Orchesterarrangement von Mendelssohns zweitem Klavierkonzert. Die Stimme von Colette verschmilzt mit der Stimme ihrer Mutter (Orane Demazis als Sido, Sidonie Landoy hiess die Mutter, 1835-1912, und scheint auch schon eine sehr eigenständige und eigenwillige Person gewesen zu sein), das alles wird zu einem inneren Monolog, die anderen Figuren des Films gehören wie die Aussenaufnahmen quasi zum Hintergrundrauschen, vor dem Colette in einen neuen Lebensabschnitt hinübergleitet: sie sagt sich von der Liebe los, beschliesst, ihr Glück seit fortan nicht mehr von dieser abhängig.
Gemäss Demy stammt restlos jeder Satz des Films aus dem Buch. Der Film ist grossartig gemacht, kein Kostümdrama, keine Mätzchen, einfach nur Essenz. Die Sprache, die Bilder, die Einstellungen – eine Beiläufigkeit, die doch grösste Verdichtung ist. Wirklich umwerfend! Dass Jacques Demy der „reine de la bisexualité“ (Julia Kristeva über Colette) einen so umwerfenden, ja kongenialen Film widmet, ist bestimmt kein Zufall.
Den Film gibt es auch hier:
https://www.ina.fr/ina-eclaire-actu/video/cpc86000551/la-naissance-du-jour--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbapipe-bowl
talkinghead2Jake Gyllenhaal hatte aber nach Brokeback Mountain eigentlich ganz andere Optionen …
Als ich das gelesen hatte, wollte ich schon Folgendes schreiben:
pfingstluemmelMit Prisoners, Enemy, Nocturnal Animals und Nightcrawler hat er diese Optionen doch genutzt? Und in dem von dir favorisierten The Sisters Brothers war er auch zu sehen.
„Brokeback mountain“ ist sicherlich nach wie vor der Höhepunkt im Werk von Jake Gyllenhall, aber seine Filmographie, die durchaus schon zuvor mit z.B. „Moonlight mile“ oder „Jarhead“ auf ihn aufmerksam machte, liest sich schon recht gut. Meine Favoriten aus den Gyllenhall-Filmen sind „Nightcrawlers“ und „Prisoners“. Auch zum Gelingen von „Nocturnal animals“ und „The Sisters Brothers“ trägt er zweifellos bei, wobei letztgenannter Film eher von einem überragenden John C. Reilly lebt. Weitere gute Auftritte hat er m.E. in „Zodiac“ und „Brothers“.
Und ich dachte immer Jake Gyllenhaal sei untrennbar mit Donnie Darko verbunden?
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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!Keine Ahnung, er ist halt der kleine Bruder von Maggie Gyllenhaal
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba*schmacht*
zuletzt geändert von themagneticfield--
"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!Gestern Une chambre en ville (FR, 1982), der nächste Film von Demy – und wohl der mit der längsten Vorgeschichte. Wie „Les Parapluies de Cherbourg“ ist der Film komplett gesungen – und noch viel mehr als die „Parapluies“ ist er dunkler schattiert als alle bisherigen Filme Demys, ja geradezu düster. Aus der Operette wird tragische Oper, und die brauchte seine Zeit. Seit den Ereignissen in Nantes 1955, als gestreikt wurde und soziale Unruhe herrschte, plante Demy, darüber einen Film zu drehen. Nach den „Demoiselles“ sollte es so weit sein. Deneuve und Depardieu waren für die Hauptrollen geplant, Isabelle Huppert sollte die schwangere Geliebte und Simone Signoret die zur Bourgeoise abgestiegene Aristrokratin spielen (die Mutter von Deneuves Figur). Demy schrieb in den frühen Siebzigern also ein neues Drehbuch, hatte auch mal den Plan, die Geschichte effektiv in Form einer Oper zu erzählen … doch wie üblich konnte er nicht genügend Mittel auftreiben, auch weil die Stars – und Michel Legrand – abgesagt haben. Deneuve, weil sie endlich selber singen wollte, Depardieu wohl aus Solidarität mit ihr, und Legrand anscheinend, weil ihm der Film zu politisch schien und er dahinter den Einfluss Vardas vermutete.
Erst 1982 konnte gedreht werden, mit einer ganz neuen Besetzung. Richard Berry spielt den streikenden Arbeiter François, ein Landei, das in einem Zimmer bei der verwitweten Colonelle haust (das „chambre en ville“ eben), die wiederum von Danielle Darrieux gespielt wird – eine einsame Frau, der die Wohnung quasi zum Gefängnis wurde. Deren Tochter, Dominique Sanda ist nach „La Naissance du jour“ gleich wieder dabei, hat einen Monat zuvor einen creepy Fernseh-Verkäufer geheiratet (Michel Piccoli mit roten Haaren, sein Geschäft hat er natürlich in der Passage, die in „Lola“ immer wieder zu sehen ist und in den „Parapluies“ auch nochmal einen Auftritt hat). Dieser ist impotent, krankhaft eifersüchtig und ziemlich irre, lässt seine Frau ohne Geld auskommen – und so prostituiert sie sich, quasi aus Protest. Sanda trägt den ganzen Film nichts als einen Pelzmantel und Stilettos. (Darrieux darf wohl auch hier wieder selbst singen … würde mich schon wundernehmen, ob es dazu irgendwo mehr zu lesen gibt.)
Das Ergebnis – in dunklen Farben, Bernard Evein hat wieder die Ausstattung übernommen und erzeugt zwischen den Studio- und den
(teils grossen) Aussendrehs eine verblüffende Kontinuität, die vor allem über die Farbe blau funktioniert – ist ein eminent politischer Film, und dann eben doch wieder nicht. Es wird pittoresk gestreikt, es wird protestiert und inbrünstig im Chor gesungen (da ist der Schluss von „Lady Oscar“ nicht weit), privates Glück, privates Unglück werden mit der Nutzlosigkeit des Engagements, der Ausweglosigkeit, der Brutalität der nationalen Polizei (CRS) verknüpft. Der Arbeiter lernt die Frau im Pelzmantel kennen, für beide ist es die grosse Liebe. Doch seine Freundin, die ihn zur Heirat aufforderte, ist schwanger (eine Figur, für die der eklige frz. Ausdruck der „petite amie“ wie geschaffen scheint). Der Fernsehverkäufer kreuzt bei der Mutter auf, bedroht sie, dreht halb durch. Als die Pelzmanteldame nochmal zurück will, um ihre Sachen zu holen, ist es vollends um ihn Geschehen, mit seinem Rasiermesser schneidet er sich die Kehle durch – sein grünes Reich wird rot. Rot ist auch das Kleid der Colonelle, und in deren Wohnung kommt es am Ende zum Drama. Der Arbeiter wirft sich für Freunde in den Kampf und wird niedergeknüppelt, vor den Augen seiner schwangeren (Ex-)Freundin liegt er da, und die neue Geliebte erschiesst sich. Finis.Bei der Kritik war der Film ein grosser Erfolg. Man kann natürlich trefflich über Einflüsse nachdenken (im frz. Wiki-Eintrag wird von Carné über Cocteau bis zu Eisenstein so ziemlich alles aufgefahren. Man kann sich auch über das Netz der vielen Bezüge auf frühere Filme erfreuen, und über viele kleine und grössere Details, z.B. über die Schwebefähre von Nantes, die im Vorspann prominent platziert ist – auch das eine Kindheitserinnerung Demys, wie die Passage, allerdings eine, die 1955 stillgelegt und 1958 abgebaut wurde. Um das Bild zu erzeugen, musste also in die Trickkiste des Kinos gegriffen werden.
In die Trickkiste griff auch Michel Colombier immer mal wieder, der eine üppige, grossorchestrale Musik, oft mit prominentem Klavier, schrieb, die auf Halbkenntnis des Szenarios und Missverständnissen beruhte, und Demy am Ende die Arbeit des Zuordnens von Musik und Dialogen überliess. Immer wieder kippt das Orchester un das Klavier in einen Synthesizer mit programmierten Beats … und nicht nur da schrammt die grosse Oper haarscharf an camp vorbei. Colombier gelingen aber ähnlich einprägsame Motive wie Legrand, und wie in den früheren Musical-Filmen wiederholen manche Motive sich immer und immer wieder, wandern von Figur zu Figur, tauchen mit stets neuem Text wieder auf, schaffen so eine Art Subtext, der den Film abseits des Plots zusammenhält. Dass zum ersten Mal seit „Les Parapluies de Cherbourg“ alles gesungen ist, lässt den Kontrast von der Schönheit des Demy’schen Werks mit der hier geschilderten Realität nur umso heftiger wirken. Dass der Film auch als eine Art Gegenposition zu den „Parapluies“ gelesen werden kann, liegt ebenfalls auf der Hand: dort entscheidet sich die männliche Hauptfigur am Ende für das „kleine“ Glück mit der „petite amie“ und dem gemeinsamen Kind – die Frau macht sich aus dem Staub, während er in Algerien dient. In „Une chambre en ville“ entscheiden beide Hauptfiguren sich ganz im Gegenteil dafür, dem „coup de foudre“ nachzugeben, halten sich ohne ihr Gegenüber nicht mehr für vollständige Personen, beschliessen, für ihr Glück zu kämpfen.
Beim Publikum fiel der Film leider durch – und eine Debatte in der Presse, losgetreten von Kritikern, die den Film verteidigen wollten – führte dann leider eher zum gegenteiligen Ergebnis: Demy wurde (noch mehr) marginalisiert, als Teil einer intellektuellen Intelligentsia betrachtet, losgelöst vom Publikum und dessen Geschmack. Der Fehler der Kritiker, die eine Art offenen Brief oder ein Manifest publizierten, lag auch darin, Demys Film mit dem in der gleichen Woche gestarteten „L’As des as“ von Gérard Oury und mit Jean Paul Belmondo, zu vergleichen.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaOppenheimer: *** 1/2
Ich hätte mir deutlich mehr Wissenschaft und dafür weniger politische Intrigen und Kommunismus-Paranoia gewünscht. Die Exposition ist selbst für Nolan-Verhältnisse misslungen in ihrer Langatmigeit. Es bleibt vor allem der Eindruck von verschenktem Potential.
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„Laurel Canyon“
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...she`s so many woman... Warren Zevon - Hasten Down The Wind (1976) „Same" ... woo meopd2Oppenheimer: *** 1/2
Ich hätte mir deutlich mehr Wissenschaft und dafür weniger politische Intrigen und Kommunismus-Paranoia gewünscht. Die Exposition ist selbst für Nolan-Verhältnisse misslungen in ihrer Langatmigeit. Es bleibt vor allem der Eindruck von verschenktem Potential.Danke dir sehr für deine Einschätzung, @opd. Meine Frau und ich hatten überlegt, endlich mal wieder ins Kino zu gehen. Da warten wir dann doch lieber auf den nächsten richtigen Knaller
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Das Leben als Pensionär ist einfach nur geil! -
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