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Ein gängiges Vorurteil scheint zu sein, dass die „Schwarzen“ nichts mit der weißen Country-Musik zu tun gehabt hätten, diese aus verständlichen gesellschaftspolitischen Gründen ablehnten. (Solche Vorurteile zeugen sicher nicht von einer ernsthaften Auseinandersetzung weder mit dem weißen C&W, noch der schwarzen Musik.)
Dass dem also nicht so ist, dafür lassen sich so einige Beispiele finden. Man kann da beim „schwarzen“ Country-Star Charlie Pride anfangen oder früher noch Ray Charles‘ Hinwendung zu Country Anfang der 60s anführen (Georgia On My Mind, Can’t Stop Loving You…). Es war seine Liebe zu dieser Musik, diesen Melodien, die ihn die Platten haben machen lassen.
Die zweite Atlantic-Single Solomon Burkes und ein veritabler Hit Anfang der 60s war im Grunde reiner Country Just Out Of Reach (mit den bekannten Folgeerscheinungen ;-)). In der Folge nahmen gerade die Südstaaten-Soulsänger immer wieder C&W-Songs auf. Typische Country-Songs wie z.B. Stand By Your Man oder He Called Me Baby verbuchten sowohl in der weißen wie auch in der schwarzen Version Erfolge. Ich könnte hier noch einige aufzählen. Vielleicht nicht uninteressant, die Liste unten fortzusetzen.
Seit den 60ern scheinen mir beide Richtungen also immer häufiger zu beider Nutzen zusammengekommen zu sein.Dass der weiße Country schon immer auch von der schwarzen Musik beeinflusst war, zeigt schnell ein Blick z.B. auf eine LP-Compilation der Delmore Brothers etwa mit Aufnahmen aus den 30ern, auf der so einige Songs das Wort Blues im Titel haben und auch ansonsten eine deutliche Nähe zum schwarzen Blues allein von der Thematik der Songs her erkennbar ist, musikalische Einflüsse lassen sich ebenso ausmachen. Recht schwarze Tracks bei Bob Wills etwa sind ebenfalls leicht zu finden. Oder: die Musik von einem Musiker wie Dock Boggs ist als „weiße“ im Grunde gar nicht erkennbar.
Was mich dringend interessieren würde, wäre, ob es auch ältere schwarze Musik gibt, die deutlichere weiße Einflüsse zeigt, von grundlegenden Einflüssen wie z.B. weißen Harmonie-Folgen oder Songaufbau einmal abgesehen. In erster Linie fällt mir da Leadbelly ein, dessen Songs sehr weiß sein konnten (z.B. Good Night, Irene).
Vielleicht ist es auch so, dass, je näher wir an die Wurzeln kommen, zum Folk hin also, die Trennlinie je nach Landstrich gar nicht so scharf zu ziehen ist.
Gibt es z.B. „schwarze“ Aufnahmen von Hank Williams-Songs aus den 50s oder von Songs der Carter Family etc.?--
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WerbungIch weiß nicht, ob ich da so richtig liege, aber spontan fiel mir die Coverversion von „Sixteen Tons“ von Johnny Taylor ein, die ich erst kürzlich wieder im Ohr hatte. Vielleicht irre ich mich, aber „Sixteen Tons“ hatte ich schon einem weißen Country/Arbeiterumfeld zugeschrieben.
Ich kann Deine Fragen leider nicht beantworten, aber ich verlinke mal zwei Artikel, die in diesem Zusammenhang vielleicht interessant sind.
http://racerelations.about.com/od/celebritiesandrace/a/blackcountry.htm
http://www.carlray.com/stage.htm--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Gute Links. Danke.
Ja, Sixteen Tons ist ein Country Song von Tennessee Ernie Ford.Mir fiel auf die Hank-Frage dann nachträglich schnell Fats Dominos Jambalaya ein.
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FAVOURITESFats Domino ist aber auch einer, bei dem ich mich bis heute schwer tu, ihn in rgendwas einzuordnen. Der hat doch im Grunde von Country, Rock’n Roll, Blues, R&B und was weiß ich, alles gemacht.
Wenn ich eine „Liste“ meiner Lieblings-Rock’n Roller machen würde, wäre er auf Nr. 3, deshalb scheue ich mich davor, sie zu machen, weil ich mir nicht sicher bin, ob er einer war. Er beschäftigt mich in dieser Hinsicht schon Jahrzehnte.--
„Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ (Goethe) "Allerhand Durcheinand #100, 04.06.2024, 22:00 Uhr https://www.radiostonefm.de/naechste-sendungen/8993-240606-allerhand-durcheinand-102Er muss sich ja auch nicht einordnen lassen, gehört aber zur großen Gruppe der schwarzen R&B-Interpreten. Jedenfalls tauchen bei ihm häufiger Country-Anleihen auf, wie auch bei Solomon Burke, der gar Detroit City aufnahm. Aber das war später.
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FAVOURITESIch möchte auch gern noch das famose Album von Ray Charles anführen:
„Modern Sounds in Country & Western Music“ von 1962--
When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)without any further interruption:
Parliament – Little Ole Country BoyZappa1 Nr. 3, deshalb scheue ich mich davor, sie zu machen, weil ich mir nicht sicher bin, ob er einer war. Er beschäftigt mich in dieser Hinsicht schon Jahrzehnte.
Schatz. Mach Dir doch kein Kopf, lass das den Hausmeister von vor 10 a (vgl. anderer Strang) für Dich erledigen. Es spielt keine Rolle. Wenn er Dir gefällt, dann braucht er doch keinen Rang oder Titel.
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Für mehr Rock auf Radio Stone FM: Die nächste Sendung Flashback 1992 am Donnerstag 07.11.2024 21 Uhr - -------- "People can go out and hear REM if they want deep lyrics; but at the end of the nigt, they want to go home and get fucked! That's where AC/DC comes into it." Malcolm YoungotisGute Links. Danke.
Ja, Sixteen Tons ist ein Country Song von Tennessee Ernie Ford.Mir fiel auf die Hank-Frage dann nachträglich schnell Fats Dominos Jambalaya ein.
Und ebenfalls von Fats Domino: „Deep in the heart of texas“, das ich in einer langen Version sehr mag und hin und wieder auflege!
Noch ein fieses Zitat zum Thema und zu Fats Domino. Darin geht es darum, dass besonders in New Orleans erste Unterwanderungen der üblichen „Rassenschranken“ möglich waren. In New Orleans seien Laissez-faire und der Drang zu feiern stärker und älter gewesen als die jüngere, aber strenge Rassentrennung. Dort gab es schon ein Opernhaus und „sonntägliche Sklaventänze“, als New York und Boston noch Handelsposten waren.
Fats Domino speziell sei ein wichtiges Element in den Anfängen der langsam wackelnden Rassentrennung gewesen. Seine Massenwirkung beruhte auf Boogie-Woogie und Blues, gemischt mit einem eher Country-artigen Gesang.
Vielleicht erklärt das eine Aufschrift auf einem Telephonmast in New Orleans, die der Sessionmusiker und Produzent Allen Toussaint in den späten Fünfzigern entdeckte: „Schickt alle Nigger zurück nach Afrika“, stand da, „außer Fats Domino.“
otis
Was mich dringend interessieren würde, wäre, ob es auch ältere schwarze Musik gibt, die deutlichere weiße Einflüsse zeigt, von grundlegenden Einflüssen wie z.B. weißen Harmonie-Folgen oder Songaufbau einmal abgesehen.Andre Williams hat über seine Prägung durch Country folgendes erzählt:
„My grandfather was a primitive, sanctified man. Him and my grandmother. That means seven days a week in church. No rock’n’roll on the radio, no smoking or drinking. The only music I could hear while I was out ploughing in the fields was Hank Williams, Hank Snow, those guys. I did not know anything about Rhythm and Blues – Hank was my God, I loved him. That was all the music that I could hear, for the simple reason that the white people that we were sharecropping for, or with, whenever he would come in his truck you’d hear the Hank Williams music. He would be round all morning so you got the chance to hear ten or fifteen Hanks or Patsy Cline on WLAC.“
(Dass Williams in seinen Jugendjahren, als er noch keine Berührung zu R’n B hatte, bereits Patsy Cline in den Radios hören konnte, würde ich allerdings stark in Zweifel ziehen…)
In den Linernotes zu „Roll Your Moneymaker“ steht u.a., dass Chuck Berrys „Maybellene“ auf der Adaption des Hillbilly-Songs „Ida Red“ beruht und es sich insofern um einen „Rhythm’n Blues-enforced country tune“ handelt. Wenn man Wikipedia bemüht, findet man Angaben, dass Berry sich wohl an der Einspielung von Bob Wills aus dem Jahr ’38 orientiert hat.
Ferner haben demnach Wynonie Harris und Bullmoose Jackson Country-Songs als Vorlagen für ihren R’n’B-Hits genutzt.
Du hast die Linernotes (implizit auch die Kompilation selbst?) ja an anderer Stelle kritisiert. Ich kann auf den ersten Blick nicht erkennen, was daran falsch oder verzerrend ist, mir fehlt es sicherlich auch an Hintergrundwissen. Vielleicht kannst Du dazu ja noch etwas sagen. Ich finde die Zusammenstellung jedenfalls liebevoll erstellt, hörenswert, gut gepresst und schick aufgemacht. Und allein schon die Tatsache, dass Glitterhouse nun mit Sag-O-Lee wieder auf Vinyl setzt und sich extra um eine Doppel-LP-Ausgabe der Kompilation gekümmert hat, war für mich ein Kaufargument.
otis
Die zweite Atlantic-Single Solomon Burkes und ein veritabler Hit Anfang der 60s war im Grunde reiner Country Just Out Of Reach (mit den bekannten Folgeerscheinungen ;-)).Auf welche Folgeerscheinungen spielst Du an? Entweder ich bin unwissend oder stehe auf dem Schlauch.
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I like to move it, move it Ya like to (move it)Sonic Juice
Du hast die Linernotes (implizit auch die Kompilation selbst?) ja an anderer Stelle kritisiert. Ich kann auf den ersten Blick nicht erkennen, was daran falsch oder verzerrend ist, mir fehlt es sicherlich auch an Hintergrundwissen. Vielleicht kannst Du dazu ja noch etwas sagen.Auf welche Folgeerscheinungen spielst Du an? Entweder ich bin unwissend oder stehe auf dem Schlauch.
ad 1: Ich hatte das Advertising dazu kritisiert, was ich lesen musste, nicht die Linernotes.
ad 2: Die Folgeerscheinung bzgl. Just Out Of Reach von Burke war, dass er als mutmaßlicher weißer Sänger eingeladen war, auf einer Veranstaltung von Weißen zu singen incl. KKK. Schön erzählt bei Guralnick.--
FAVOURITESNoch ein paar wichtige Ergänzungen, nachdem ich zwischenzeitlich etwas Zeit hatte, in meinen Büchern zu blättern:
– Jimmie Rodgers war nicht nur massiv durch schwarzen Blues beeinflusst und hat die Musik der schwarzen railroad workers absorbiert, er war auch einer der ersten weißen (sicherlich nicht nur Country-) Musiker, die mit schwarzen Musikern zusammenarbeiten. So hat er 1931 mit dem schwarzen Blues-Musiker Clifford Gibson den Song „Let Me Be Your Side Track“ aufgenommen und auch mit Louis Armstrong gespielt.
– Jimmie Davis (You Are My Sunshine…) hat mit dem schwarzen Begleitmusiker Oscar Woods zusammengearbeitet.
– In den 1920s ist der schwarze Gitarrist Arnold Schultz zusammen mit Bill Monroe und anderen weißen Country-Musikern aufgetreten. Sein Stil hat Merle Travis und Chet Atkins wesentlich beeinflusst.
– Bob Wills und Bill Monroe haben „Sittin‘ On Top Of the World“ eingespielt, einen Song, dessen erste populäre Einspielung von den Mississippi Sheiks stammt.
– Der bedeutendste schwarze Country-Musiker vor dem 2. Weltkrieg war DeFord Bailey, ein Harmonica-Spieler, dessen bekannteste Einspielung „John Henry“ von RCA zeitgleich in der „Race“ und „Hillbilly“-Serie veröffentlicht wurde. Er ging mit vielen namhaften weißen Country-Musikern auf Tour, unter anderem Roy Acuff und Bill Monroe, war einer der ersten Mitglieder der Grand Ole Opry-Radioshow und trat in deren Programm regelmäßig zwischen 1927 und 1941 auf.
Interessant in diesem Zusammenhang auch folgende Anekdote zur Namensfindung der Show:
„The name Grand Ole Opry came about on December 10, 1927. The Barn Dance followed NBC Radio Network’s Music Appreciation Hour, which consisted of classical music and selections from grand opera. Their final piece that night featured a musical interpretation of an onrushing railroad locomotive. In response to this Judge Hay quipped, „Friends, the program which just came to a close was devoted to the classics. Doctor Damrosch told us that there is no place in the classics for realism. However, from here on out for the next three hours, we will present nothing but realism. It will be down to earth for the ‚earthy‘.“ He then introduced the man he dubbed the Harmonica Wizard — DeFord Bailey who played his classic train song „The Pan American Blues“. After Bailey’s performance Hay commented, „For the past hour, we have been listening to music taken largely from Grand Opera. From now on we will present the ‚Grand Ole Opry.'“ The name stuck and has been used for the program since then.
(Ich denke, hier sind die Informationen auf jeden Fall besser aufgehoben als in einem gewissen anderen Thread, in dem ich mich aus bekannten Gründen nicht weiter involvieren lasse.)
otis
ad 2: Die Folgeerscheinung bzgl. Just Out Of Reach von Burke war, dass er als mutmaßlicher weißer Sänger eingeladen war, auf einer Veranstaltung von Weißen zu singen incl. KKK. Schön erzählt bei Guralnick.Danke, das Buch habe ich noch vor mir.
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I like to move it, move it Ya like to (move it)Danke für die Infos.
Wir wollen auch nicht vergessen, dass Hank in Rufus ‚Tee-Tot‘ Payne, einem schwarzen Straßenmusiker, zeit seines Lebens seinen Lehrmeister sah. „Meine ganze musikalische Ausbildung schulde ich ihm.“ Er starb als Hank 16 war.--
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