Startseite › Foren › Das Konzert-Forum: Wann, wer und wie › Und so war es dann › Richmond Fontaine (Norderstedt 3. Juni 06)
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Erstmal zu den Begleitumständen: der Club “Music Star” in Harksheide ist nichts anderes als ein 80 m2 großer Souterainraum in einem Neubau. Oben Plattenladen und Büro, unten der Club. Harksheide ist im Norden von Norderstedt gelegen und gut per Auto von Hamburg aus zu erreichen. Meine Begleitung und ich rollten pünktlich um 8 an und schon beginnt das Konzert. Erst mal sind wir irritiert: keine Kasse und keine Bar im Club. In einer Ecke stehen 5 Kisten Ditscheburger und ein großes Sparschwein. Unglaublich: der Laden funktioniert (hoffentlich), weil die Leute freiwillig geben soviel es ihnen wert ist.
Zum Publikum: wir lagen altersmäßig eher im Mittelfeld. Typische Vorortbürger z. T. wohl mit Kindern im ersten Semester an der Uni. Sozialdemokraten. Wenig Jungvolk, sehr gut. Ich befürchte fast, dass wir neben dem Veranstalter die Einzigen waren die Richmond Fontaine kannten. So um die 70 Leute werden wohl da gewesen sein. Meine Begleiter waren ein wenig angenervt von der Provinz und dem Bürgertum, ich kenne diese Art von Publikum aus meiner Zeit als Tourbegleiter. Solche Leute sind mir lieber, als die abgebrühten Großstädter, die meinen sie wären der Mittelpunkt des Universums. Sie sind begeisterungsfähiger und auch in der Lage mal die Schnauze zu halten wenn es die Musik erfordert. (Ein Unart bei Konzerten in Hamburg: es wird permanent gequatscht.)
Der Opening Act Rachel van Zanten aus Canada war mir eine Spur zu nett und folkig. Sie hat früher bei den Be Good Tanya’s gespielt und nachdem ihre Bandkolleginnen alle schwanger wurden eine Solokarriere gestartet. Sie wechselte ein paar Mal die Gitarre und spielte eine ganz ordentliche Slidegitarre. Nicht schlecht, aber auch nicht richtig gut. Die besten Songs waren Coverversionen. Darunter auch eine schöne Version von Long Gone Lonesome Blues begleitet von Paul und Dave von Richmond Fontaine.
Dann eine Umbaupause, alle raus aus dem Laden zum rauchen bzw. luftholen. Wichtig: im Club wurde nicht geraucht! Sehr schön. Trotz des frühherbstlichem Klima in Norddeutschland war es im Music Star sehr warm. Was wohl auch an der semiprofessionellen Bühnenbeleuchtung lag. Achja, in der Pause lief eine Frau mit einem Tablett mit selbstgeschmierten Brötchen rum und verteilte diese. Hatte ein wenig etwas von einer Schulfete, aber charmant.
Richmond Fontaine fingen um 9.30 an und spielten ein sehr rockiges, trockenes, elektrisches Set. Entspannt stand ich direkt vor der Bühne, machte ein paar Photos und ließ mich von meiner Begleitung mit Bier versorgen. Von der Erfahrung des letzten Konzertes in der Weltbühne, war ich ein wenig geschockt, dass die Setliste nur 12 Songs lang war. Zum Glück war das aber nur die erste Hälfte, denn Richmond Fontaine spielen gerne mit einer Pause. Im ersten Tel viele Songs von Post to Wire & Winnemucca. Wenig Material von The Fitzgerald, dafür aber ältere Sachen wie 1968 und White Line Fever.
In der Pause bin ich dann zum Sänger Willy und habe ihm sein Buch zum signieren gegeben. Er meinte sofort, dass er sich an mich vom letzten Jahr in der Weltbühne erinnerte und war begeistert, dass ich schon seinen Roman besitze. Schnell noch die neue live CD gekauft und schon ging es weiter.
Nach der Pause haben sie dann ein grösstenteils improvisiertes Set aus Coverversionen (Green on Red: Keep On Moving) und Stücken von der im nächsten Jahr erscheinenden CD gespielt. Noch eine unglaubliche Version von Western Skyline und das reguläre Konzert war nach 2 Stunden zuende. Das Publikum, nur noch 40 Unentwegte, verlangte nach Zugaben. Zurück auf der Bühne war man uneins was man denn jetzt spielen sollte. Da nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und rief: “How about ‘Exit 194b’, that would be awesome!” Das haben sie dann gespielt und ich mir schossen die Tränen in die Augen. Mein Lieblingssong vom letzten Jahr wird auf meinen Wunsch hin gespielt!!! Unglaublich, einfach unglaublich… dann: “This is our last song and this song is for our friend Joshua Tree!” – ‘Four hours out’ von Lost Son. Ja, ist denn heute schon Weihnachten!?!
Nach dem Konzert habe ich mich dann noch eine halbe Stunde mit dem Bassisten Dave und Sänger Willy unterhalten. Ist natürlich immer schwer so von Fan zu Musiker. Aber die beiden sind die personifizierte Bescheidenheit. Wir unterhielten uns darüber, wie es ist 40 zu werden und die zwangshaftig damit verbundene Krise. Es war natürlich hilfreich, dass ich 6 Pils intus hatte, da schmeiße ich dann sämtliche Zurückhaltung weg. Paul hat mir dann noch ein Poster organisiert und schon waren wir wieder auf dem Weg nach Hause.
Nochmals vielen Dank an die Leute vom Music Star für einen, für mich, unvergesslichen Abend.
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WerbungAuch wenn wir bei der Wahrnehmung des Weltbühnen-Kozertes von Richmond Fontaine sehr weit auseinander lagen, glaube ich dir, dass es ein schöner Abend war. Wahrscheinlich hatten sie gestern auch mehr (zeitlichen) Raum, ihre Musik auszubreiten. Schöner Bericht, Joshua.
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Wake up! It`s t-shirt weather.Im Grunde genommen hattest Du damals natürlich recht. Habe mich auch mit der Band über das Konzert in der Weltbühne unterhalten und sie selbst waren nicht sehr glücklich über das was da abgelaufen ist. Sie waren nämlich auch davon ausgegangen, dass sie einen vollen Set spielen könnten. Aber South San Gabriel hatten das abgelehnt. Deshalb waren sie damals extrem angenervt gewesen.
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Joshua TreeIm Grunde genommen hattest Du damals natürlich recht. Habe mich auch mit der Band über das Konzert in der Weltbühne unterhalten und sie selbst waren nicht sehr glücklich über das was da abgelaufen ist. Sie waren nämlich auch davon ausgegangen, dass sie einen vollen Set spielen könnten. Aber South San Gabriel hatten das abgelehnt. Deshalb waren sie damals extrem angenervt gewesen.
Wenn ich mich recht erinnere, wurde das Richmond Fontaine-Konzert als Nochhole-Termin noch ins South San Gabriel Konzert gequetscht. Dumm, wenn dann die Hauptband ein Problem damit hat. Sollten R.F. nochmal nach Hamburg kommen, gebe ich ihnen eine zweite Chance. „Post to wire“, wie auch „Winnemucca“ sind ja schöne Alben.
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Wake up! It`s t-shirt weather.Das neue Album ist zu 80 Prozent fertig geschrieben und kommt im nächsten Frühjahr. Wird wieder mehr bandorientiert sein, als the Fitzgerald. Sie klangen am Samstag wesentlich tighter als in der Weltbühne, wo sie zwischen zu leise und zu rockig hin- und herpendelten und im Nichts landeten. Die Akustikgitarre hat Willy gar nicht erst angerührt und der Keyboarder Mike Coykendall vom letzten Jahr war auch nicht dabei. Die Tour haben sie nur gemacht, weil der Sänger in England mehrere Promotiontermine in England für sein Buch (The Motel Life, sehr gut!) hatte und der Band zusätzlich ein paar Auftritte in Spanien, Italien und Skandinavien angeboten wurden. Sehr schön war auch, dass sie wieder eine „tour only“ CD im Gepäck hatten. Diesmal ein komplettes Konzert vom letzten September in Portland. Sehr viele Songs von The Fitzgerald in anderen Arrangements.
PS: Positiver Nebeneffekt unserer damaligen Kontroverse war ja, dass ich mich „genötigt“ sah mich hier anzumelden und Dir contra zu geben :)
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Mensch Josh,
das war wohl ein einschneidendes Erlebnis:party:
wäre gern mitgekommen, aber kabelka ist halt kein zauberer, poste doch mal den titel und ein paar reviews vom buch des sängers, hab ja im moment etwas zeit, vielleicht besorg ich mir das dann.
damn, das mit dem bier ärgert mich, aber man kann im moment zwar viel (höhö) aber nicht alles haben:doh:
grüße von der streckbank
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It's grim up North!Britbock, du hier?
das Buch heisst: The Motel Life
bestellen kannst Du es hier: http://www.play.com/Books/Books/4-/847054/-/Product.html?searchstring=The+Motel+Life oder auch bei Amazon.Nähere Informationen findest Du hier: http://www.willyvlautin.com/
Ist aber nicht der von Dir bevorzugte Stil der Ghettosprache mit Parallelgesellschaftshintergrund…
Schade das Du immer noch ans Bett gefesselt bist/wirst. Hätte gerne mit Dir bei White Line Fever ein Bierchen getrunken.
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hallo joshua tree,
vielen dank für deinen sehr guten bericht über o. konzert.
einige hinweise zum besseren verständnis über den „musikstar“ würde ich gern noch zufügen, wie z.b.1. keine kasse, keine bar – aber alles umsonst ?
der veranstalter ( der liebe,gute wolfgang ) ist ein wahrer fan, deswegen treten hier auch nur bands/interpreten auf, die er und ein paar gleichgesinnte mögen. richmond fontaine waren daher bei vielen besuchern nicht unbekannt.
bei jedem konzert hofft man, daß am ende genügend geld im sparschwein steckt, um die kosten zu decken ( gage,hotel, getränke,essen usw. ). das klappt aber leider viel zu selten, weil es immer wieder gäste gibt, die entweder wegen unkenntnis der kosten oder welche gründe auch immer, nichts oder wenig ins sparschwein stecken.
durch die ansagen vor den konzerten ( wenn ich da bin, wie auch diesmal, muß ich da ran ) hat sich die situation ein wenig verbessert.
alle bands spielen in diesem club zum sonderpreis und kommen wegen der guten atmosphäre und netten betreuung immer wieder gerne.
bei dieser gelegenheit eine frage : nach 6 flaschen bier ( ca. 2 euro ? ) und einem tollen konzert , sogar mit belegten brötchen ( kommt sonst nicht vor,ist nur für die musiker ) , hast du doch sicherlich 20 euro ins schwein gesteckt, oder ?2. pause zwischen den sets.
ist immer so, wegen der luft und wegen der netten raucher, die sich im club zurückhalten.3. nichts gegen die provinz, wenn das publikum respektvoll mit den musikern umgeht.
aber wie gesagt, vielen dank für deinen bericht.
komm gerne wieder und bring ein paar leute mit.vielen dank, auch im namen von wolfgang
benno
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Hi Benno,
vielen Dank für Deine Ausführungen, mir ist allerdings nicht ganz klar worauf Du hinauswillst.
1. Ich habe nirgendwo geschrieben, das dass Konzert umsonst war. Ich selbst habe den Durchschnittspreis einer CD in die Kasse getan. Und bei genauerer Überlegung waren es nur 5 Bier
2. Pause im Set bei Richmond Fontaine fand ich auch gut, ist z. B. in Clubs in den Staaten auch so üblich.
3. Habe ich doch ausdrücklich das Publikum gelobt, weil es zuhören kann, was in HH nicht immer der Fall ist.
Ich komme gerne wieder, dass war eins der besten Konzerte der letzten Jahre. Nochmals vielen Dank an Wolfgang und das Team vom Musicstar.
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an die , die da waren und die fans, die nicht dabei waren :
ein kleines video vom konzert
www.harksheide.de/richmondfontaine1.html
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Cool, danke! :wave:
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Nun, das hatte ich der Band im Anfall von Leicht- und Wahnsinn versprochen. „Exit 194b“ mach´ ich auch noch für Johua Tree… Macht doch immer etwas Arbeit. Leider hat irgendso ein Spacken am Licht ´rumgespielt, so dass Willy´s Gesicht viel zu grell ausgeleuchtet ist. Wenn wieder etwas Geld reinkommt wird lichttechnisch Einiges bei uns verbessert.
Bei Richmond Fontaine haben wir bestimmt so 350€ zugesetzt, da wir keinen Eintritt nehmen und auf Spenden angewiesen sind. Deshalb „riskieren“ es auch mal Leute zu Konzerten zu gehen, wenn sie die Band nicht unbedingt kennen. Unser Publikum ist immer super. Verstehen die Texte und labern nicht dumm herum. Wenn Joshua Tree´s Begleiter ein wenig angenervt von der Provinz und dem Bürgertum des Publikums waren kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen. Das gehört zweifelsfrei in die Schublade: Arroganz des gemeinen Grossstädters an sich, der sich für was Besseres hält. Warum auch immer. Okay, das war ein wenig hart. Musste aber sein.:lol:
Wir bekommen leider null Unterstützung hier in Norderstedt, ganz anders als staatliche Kultureinrichtungen wie z.B. die Tribühne in Norderstedt, wo mal eben die Kleinigkeit von 7,5 Mio Euro in 4 Jahren verpulvert werden.
Gleichzeitig werden Jugendeinrichtungen mit Auftrittsmöglichkeiten für Bands aus unserer Region wegen ein paar tausend fehlender Euros im Jahr geschlossen. Gleichzeitig veranstaltet man aber eine Landesgartenschau die 12,5 Mio Euros kostet. Als gemeinnütziger Verein ( muss noch zum Amtsgericht und Notar ) werden wir demnächst mal richtig Druck auf die Pfeffersäcke in diesem Kaff machen.:D--
Man muß immer mit Leuten rechnen, auf die man nicht zählen kann. -
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