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Faves #57
The Imposter: Pills And Soap / Pills And Soap (Extended version) 1983 UK-IMPElvis Costello als The Imposter, als bitterer Sarkast, der radikal Stellung bezieht und dabei den Musiker nicht verleugnen kann. Eine seltsame Platte, in schlichter, weißer Papier-Lochhülle erschienen, ohne Hinweis auf den wahren Autor. Der war aber schnell klar, man musste ja nur die Stimme hören. Dennoch blieb die Single ein Flop und man fragt sich, wieso diese Platte heute noch so häufig auf dem Markt ist. Ist sie denn keinem etwas wert, dass sie immer wieder verkauft wird?
Textlich eine bitterböse Anklage an die Gesellschaft, die bis hin zu Kindern und Tieren von allem in schlimmster Form Besitz ergreift und zu pills and soap verarbeitet. Und musikalisch ist es das Bemühen um die richtige Form, was für Costello bei seiner Musikalität sicher kein einfaches Unterfangen war. Deshalb liegt hier für mich auch der wahre Reiz der Platte. Wie er mit extrem sparsamem Arrangement jegliche Vordergründigkeit zu vermeiden sucht, andererseits aber auch so viel an musikalischer Aussage hineinzupacken versucht, dass es stimmig und ergänzend wirkt, das hat schon eine ganz eigene Klasse. Stellenweise kommt die Musik wie ein Soundtrack zu einem Thriller daher, immer aber unglaublich reduziert. Da erfindet Costello den Protestsong auf seine Art musikalisch neu.(·) Wie gesagt, offenbar sehr häufig auf dem Markt. Musicstack listet Angebote zwischen zwei und 81 $. Man bediene sich.
The Marmalade: Reflections Of My Life / Rollin’ My Thing 1969 D-DeccaThe Marmalade waren für mich eine seltsame Band in den ausgehenden 60s. Einerseits habe ich sie verachtet wg. ihres Covers von Ob-la-di Ob-la-da; nicht weil es so schlecht war, sondern allein für die Tatsache, dass sie dieses Unding an Banalität überhaupt coverten. Ein, zwei Singles zuvor hatte ich die Band ja noch gemocht. Aber dann kam dieser Beatles-Gau, mit dem sie unglaublichen Erfolg hatten. Und ein Jahr später dann wieder diese schöne Single, die man, wenn man noch beide Ohren am Kopf hatte, einfach nicht ignorieren konnte, obwohl ich mich damals ziemlich dagegen sträubte.
Zwei Elemente waren es, die die Aufnahme auszeichneten. Zum einen der sanft lebendige, mit einer seidenen Patina überzogene Bass (im Solo dann auch ähnlich die Gitarre), der sich immer wieder in den Vordergrund spielte, und dann die Vocals, die ohne schlimmere Manierismen (die hatten Marmalade allemal auch drauf!) den wunderschönen Song aufblühen ließen.
(·) Wahrscheinlich häufig angeboten, aber wohl selten in bester Qualität, da die meisten Singles auf Partys kaputt gespielt worden sein dürften.
Nilsson: Everybody’s Talkin’ / Don’t Leave Me 1969 F-RCAFred Neil’s Everybody’s Talkin’ war von ihm 1967 veröffentlicht worden und wurde seither einige Mal gecovert. Die bekannteste Version ist diese hier von Harry Nilsson, der damit 1969 einen Welthit hatte. Der Track war Titelsong von Schlesinger’s Midnight Cowboy mit D. Hoffman und J. Voight.
Obwohl Nilsson schon einiges vorher veröffentlicht hatte, war diese Single sein erster Hit und als Unwissender wähnte man ihn damals aufgrund dieses Tracks in der Singer/Songwriter-Ecke, was seine Erfolge in den Jahren danach aber zu korrigieren wussten.
Jedes Mal wenn ich diese Aufnahme höre, frage ich mich, was letztendlich ihr Geheimnis ist. Ein glasklares Arrangement, das keine Hintergründe zu kennen scheint, aber womöglich gerade deshalb so unglaublich wirkungsvoll sein mag. Dieses Geflatter der gezupften Gitarre kontrastiert wunderbar mit den langen hohen Streichertönen im Hintergrund. Nilssons Stimme hat den tenoralen Schmelz, wie er wohl am ehesten im Country (Gene Pitney, Glenn Campbell, Bobby Goldsboro…) zu Hause ist. Sie erfährt an wenigen Stellen eine eigentümliche elektronische Verfremdung, was sie noch mehr ins Überirdische entschweben lässt.
Ja und dann ist da natürlich noch dieser unvergleichliche Song von Fred Neil.(·) Ich habe die dt. Pressung ein Jahr lang bei Ebay gesucht, sie tauchte einfach nicht auf, obwohl sie gar nicht so selten sein dürfte. Habe dann diese französische gekauft. Allesamt (auch die UK und US) also wohl nicht sonderlich rar, aber einen Zehner dürften sie schon kosten.
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The Bangles: Hero Takes A Fall / Where were You When I Needed You Hello 1984 UK-CBSDie Go-Go’s hatten ihre Vorbilder noch eher im geradlinigen „Rock“ gesehen, fühlten sich anfänglich dem Punk verbunden. Die Bangles dagegen waren von Anfang an eher im Byrds-Sektor zu Hause. Rickenbacker und Paisley-Pop waren ihnen nah. Dass auch sie, wie die Go-Go’s, innerhalb von drei, vier LPs mehr und mehr mainstream wurden, sei ihnen nicht vorgeworfen. Beide US-Girl-Bands behielten zeit ihrer Bandexistenz zumindest ein gewisses Maß an Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit. Dennoch sind natürlich die frühen Sachen die besten.
Hero Takes A Fall ist die erste Single der Bangles für CBS und war eine Offenbarung, als sie erschien. Ein Song, der keinen Refrain kennt und dennoch sofort in den Bann zu ziehen versteht. Vocals, die so fein, wie eigen und druckvoll arrangiert waren, dass man schlichtweg hingerissen war. Und ein Arrangement, das trotz aller „Produziertheit“ immer am Boden blieb.
Hier muss unbedingt auch die Flipside erwähnt werden. Handelt es sich doch um den P.F.Sloan-Song, mit dem die Grassroots ´66 einen Hit hatten und den die vier Girls hier in einer wunderbar dichten Version zum Besten geben. Rickenbackerjangles, die Damen singen ihren unaufgeregten coolen Background und ganz vorn meine Lieblings-Bangle Susannah. Auch live damals ein Traumgirl.
(·) Allein wg. der Non-LP-Flipside ein Muss. Sicher nicht allzu häufig, aber auch wohl nicht sonderlich gesucht.
The Troggs: Love is All Around / When Will The Rain Come 1967 D-Hansa
The Troggs waren erst einmal Wild Thing und dann die Väter von Simpel-Rockern wie I Can’t Control Myself und With A Girl Like You. Allesamt auf vordersten Plätzen der Charts zu finden.
Sänger Reg Presley konnte aber auch anders, wie hier zu hören ist. Ein hohes Lied auf die Liebe – im Sommer der Liebe. Aber wer wollte diese seltsame Mutation vom Garagen- zum Schmuserock schon sonderlich ernst nehmen, siehe auch obiges Sleeve. Man delektierte sich an dem Spiel mit der süßen, musikalischen Unschuld und gönnte ihr den Erfolg. Nichts Falsches war dran. Einfach nur schön.
Von einer notwendigen Restdistanz zum Kitsch war bei Wet Wet Wet fast 30 Jahre später musikalisch eher weniger zu spüren. Als Titelsong von „4 Hochzeiten und ein Todesfall“ hingegen mag auch diese Aufnahme in dem filmischen Ambiente ein feinen Hauch von Ironie besessen haben. Presley’s Lebensabend dürfte durch das Cover allerdings gesichert sein, mag er damit doch mehr verdient haben als jemals zu Troggs-Zeiten.
Jede Single hat zwei Seiten und diese eine besonders feine Rückseite. When Will The Rain Comes ist eine Mischung aus Byrds-Gitarren und Yardbirds-Vocals. Ein Song des Drummers Ronnie Bond, der ihn auch singt, was ein ganz anderes Troggs-Feeling beim Hörer aufkommen lässt: großartiger Psych-Pop ohne Verrenkungen und Schnickschnack. Ein Track, den man keineswegs missen sollte.(·) Obige Single dürfte für 15 Euro zu bekommen sein.
The Small Faces: All Or Nothing / Understanding 1966 D-DeccaAll Or Nothing war der einzige No.1-Hit der kleinen Mods und natürlich die Krönung ihrer Karriere bis dahin. Das Ungestüme der Anfangszeit und die leichte Simplizität von Songs wie Sha La La Lee hatten einem etwas filigraneren Strickmuster Platz gemacht. Die Band wusste nun, wie man Songs wirkungsvoll aufbaut, was unsereins damals gerade an All Or Nothing ungemein beeindruckte. An diesen so zwingend logischen, gleichzeitig außerordentlich wirkungsvollen Steigerungen, die sich aus den einzelnen Strophen entwickelten, konnte man sich kaum satt hören. Grandios auch die Stellen, wenn es dann wieder leiser wird und sie es danach jedes Mal wieder etwas anders angehen ließen.
Eine tolle Platte.
Understanding gemahnt an frühere, rauere Zeiten.
(·) Diese Single mag derzeit für 15-20 Euro zu bekommen sein.Today’s Tops (nicht leicht heute auf den ersten vier Plätzen, möglicherweise ändert sich noch was):
1 Nilsson
2 Small Faces
3 Imposter
4 Bangles
5 Troggs (auch wg. der B-Seite)
6 MarmaladePS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
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FAVOURITESotis
The Marmalade: Refelctions Of My Life / Rollin’ My Thing 1969 D-DeccaIch hatte davon eine Version mit dem Track Rainbow auf der Rückseite. War wohl so eine Art „Golden Oldies“ Nachpressung.
Ihre Version von Ob-La-Di … empfinde ich als ziemlich grausam. Reflections … hingegen ist sehr schön.
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Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.Sehr schöne Texte, interessante Lieder (soweit mir bekannt). Mit den Bangles hast Du natürlich komplett recht.
Hinweis: im Titel von The Marmalade ist ein Dreher…
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Tolle Texte, Otis. Wie immer
(Und sorry, dass ich mir für meine Singles gerade den heutigen Tag aussuchen musste, aber ich hätte es sonst wieder wochenlang nicht geschafft.)
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Flow like a harpoon daily and nightlyWelche Koinzidenz! – Gestern erst habe ich drei dieser Singles bei einer Party gespielt und so bei mir gedacht, die gehören auch in meinen Singles Thread! Nun werde ich sie erstmal etwas zurückstellen.
Alle sechs natürlich hervorragend! „Everybody’s Talkin“ fehlt mir leider noch.Meine TOP 5
1. Small Faces
2. Nilsson
3. Troggs
4. Marmalade
5. Bangles
6. The Imposter--
Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!1 The Rolling Stones: The Last Time
2 Elvis Presley: Heartbreak Hotel
3 The Clash: London Calling
4 Bob Dylan: Like A Rolling Stone
5 The Jimi Hendrix Experience: Hey Joe
6 The Byrds: Mr. Tambourine Man
7 The Beach Boys: Good Vibrations
8 James Carr: The Dark End Of The Street
9 Bobby Fuller Four: I Fought The Law
10 The Rolling Stones: Paint It Black
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34 Nilsson: Everybody’s Talkin‘
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47 Small Faces: All Or Nothing
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64 The Imposter: Pills And Soap
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67 The Bangles: Hero Takes A Fall
68 Scott Walker: Jackie
Die aktuelle Top 100 am Ende des Threads.
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FAVOURITESFaves #58
EPs
Extended Plays (EPs) waren in den 50ern und 60ern neben LP und Single ein Zwischenformat. Mit je zwei Tracks auf jeder Seite ließen sich z.B. die zwölf Stücke einer LP leicht auf drei 7“-EPs verteilen, mit jeweils ein oder zwei Singlehits als Aufreißer. Das sollte sie für schmale Geldbeutel interessant machen. Allerdings kosteten die EPs auch in den 50s schon mehr als 8 DM, weswegen sie sich dann doch nicht richtig durchsetzten. Der gewöhnliche Käufer blieb bei seinen Singles. Und dort, wo das nötige Kleingeld vorhanden war, orderte man die LP. Natürlich waren nicht alle EPs Sonderausgaben von LP-Tracks, sondern manchmal recht exklusive Releases, deren Aufnahmen es sonst nirgendwo zu kaufen gab. Ein Beispiel findet sich unten.
Im UK und besonders in Frankreich kam ihr eine deutlich höhere Bedeutung zu als bei uns oder in den Staaten, wo dieses Format in den 60s kaum noch aufgelegt wurde. Im UK dagegen gab es bis immerhin Dezember ´67 spezielle EP-Charts. Die Beliebtheit des Formats dort mag auch auf den Umstand zurückzuführen sein, dass EPs im Gegensatz zu Singles mit schönen Bildcovers ausgestattet waren. In Frankreich waren diese Platten als „serie medium“ sogar die Normalität, während die andernorts so erfolgreiche klassische Single hier eher nur für Jukeboxes gedacht war.
Andernorts aber und ab Mitte der 60er auch im UK war die EP ein eher ungeliebter Zwitter, was sie für Sammler heute um so interessanter macht.
Ein Aspekt, der für diese nicht ganz unwichtig ist, mag noch erwähnt werden: Durch die Enge des Rillenabstandes und die im Vergleich zur Single geringere Schnitttiefe waren EPs recht anfällig für Kratzer etc. Das macht es für den Sammler von heute oftmals recht schwierig, wirklich toll erhaltene Exemplare zu finden. Da ohnehin recht selten, sind hervorragend erhaltene wichtige EPs nicht selten im dreistelligen Bereich angesiedelt.Die heutige Auswahl soll nicht exemplarisch für die klassischen EPs von vor vierzig oder fünzig Jahren stehen, ist auch weniger aus musikalischen Gründen so vorgenommen, sondern eher dem Medium als solchem geschuldet: Also dem release (incl. Sleeve) als solchem, der Exklusivität der enthaltenen Tracks oder halt dem Umstand, dass die EP den Musikern die Gelegenheit bot, mehr Musik zu veröffentlichen, als auf einer Single möglich war, aber eben nicht eine ganze LP. Deshalb habe ich auch drei spätere Veröffentlichungen mit aufgenommen. Sie lassen erkennen, dass es bis heute gute Gründe gibt, EPs zu veröffentlichen.
The Shirelles: You Satisfy My Soul / Boys // Zip-A-Dee-Doo-Da / Everybody’s Going mad 1963 F-VogueThe Shirelles waren eine schwarze Girlgroup, die schon Ende der 50er ihre ersten Hits (Dedicated To The One I Love…) hatte. Der große internationale Erfolg stellte sich dann mit Will You Love Me Tomorrow, Boys und Soldier Boy Anfang der 60er ein. Die obige, vom Sleeve her wunderschöne EP, enthält neben dem auch von den Beatles bekannten Boys drei seltenere Shirelles-Tracks, die dem Soundtrack des Films „It’s A Mad, Mad, Mad, Mad World“ entnommen sind. Musikalisch kommen sie wunderbar direkt und ein klein wenig ungeschliffen daher, was ihren speziellen Reiz ausmacht und dieser EP auch insofern ihre Daseinsberechtigung gewährt. Besonders das häufig gecoverte Zip-A-Dee-Doo-Da hat eine coole Lässigkeit und Laszivität, die man bei anderen Aufnahmen vergeblich sucht.
(·) Es gibt auch ein Vol.1 (siehe oben „Vol.2“) in ähnlicher Ausstattung, dort sind allerdings meines Wissens die Hits enthalten. Ich habe diese ein einziges Mal angeboten gesehen, da wurde sie mir aber zu teuer, als sie mit über 50 Euro bei Ebay wegging. Diese ist mir noch kein zweites Mal begegnet.
Elvis Costello: New Amsterdam / Dr. Luther’s Assistant // Ghost Train / Just A Memory 1980 NL-WEA
Costello hielt schon immer die Single in Ehren und zeigte sich als Freund der non-LP-sides. Im Juni 1980 brachte er als dritte 7“ von Get Happy New Amsterdam heraus und koppelte es gleich mit drei neuen Tracks, die diese EP zu einem Muss machen, auch wenn die einzelnen Tracks mittlerweile andernorts auf Compilations wiederveröffentlicht sein dürften.
Die A-Seite enthält mit Dr. Luther’s Assistant einen Song, der heute getrost als Costello-Klassiker gelten kann und New Amsterdam in keiner Weise nachsteht. Im Gegenteil.
Die Tracks der b-side halten songmäßig vielleicht nicht ganz das Niveau der beiden obigen, sind aber aus musikalischen Gründen mehr als Hinhörer. Schöne Harmonien und feinste Arrangements zeigen Costello auf der Höhe seiner Schaffenskraft. Just A Memory scheint trotz der ausgefeilten Produktion wie eine kleine, beinahe hingetupfte musikalische Tagebuchnotiz. Sehr, sehr schön.(·) Wie die meisten Costello-7”s noch leicht für wenige Euro zu bekommen.
Nick Lowe & Dave Edmunds: take A Message To Mary / Crying In The Rain // Poor jenny / When Will I Be Loved 1980 US-ColumbiaIm gleichen Jahr zollten Dave Edmunds und Nick Lowe ihren Idolen, den Everly Brothers, ihre Reverenz, indem sie ihrer Rockpile-LP Seconds Of Pleasure diese EP mit lieb gewordenen Songs der Brüder beilegten.
Wohlmeinende Freunde und Edmunds/Lowe-Fans hatten mich schon damals bei Erscheinen darauf aufmerksam gemacht. Ich habe mir die LP aber dennoch nicht gekauft, da ich in den ausgehenden Punkzeiten der Musik der Edmunds/Lowe-Clique etwas skeptisch gegenüberstand. Dummes Zeug, wie ich heute besser weiß. Deshalb habe ich diese EP erst kürzlich gekauft, nachdem sie mir noch einmal wärmstens empfohlen worden war.
Große Freude darüber. Lowe und Edmunds machen es nämlich wirklich gut, und das, weil sie gar keine großen Ambitionen haben, es wirklich gut zu machen. Da ist nichts von den wunderbaren vocals der Brüder, nichts von den feinen Arrangements, die deren Aufnahmen auszeichneten, sondern das ist (bis auf Take A Message) demohaft reduziert bei einem Radiokonzert live aufgenommen. Nur zwei akustische Gitarren und zwei Herren, die sich gesanglich mit den wunderbaren Songs abgeben. Da ist nichts geschönt, nur aus einer tiefen Liebe heraus gespielt und gesungen, so dass es eine wahre Freude ist zuzuhören. Klasse.
Take A Message To Mary ist als einziger Track eine Studioproduktion. Auch dieser sehr sparsam und reduziert instrumentiert, aber ausgesprochen wirkungsvoll. Gesanglich kommen Lowe und Edmunds hier zwar näher an die Originale heran, dennoch bleibt ein Abstand, der die Aufnahme um so hörenswerter macht.(·) Die Platte dürfte für 10-15 Euro zu bekommen sein.
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FAVOURITES
Sandie Shaw: Girl Don’t Come / I’d Be Far Better Off Without You // Gotta See My Baby / Talk About Love 1964 F-Vogue
Wie dem Cover zu entnehmen ist, fiel die Veröffentlichung dieser EP in die hohe Zeit des Surf, sind auf dem Sleeve doch alle Titel als Surf ausgewiesen (ich erwähne es, falls es nicht gut lesbar sein sollte). Aus jener Zeit gibt es aus Frankreich z.B. auch Searchers-EPs, die mit großem „Surf“-Aufdruck als reine Surf-Platten verkauft werden wollten. So viel zur musikalischen Artenkunde unserer Nachbarn.
Dennoch habe ich diese EP hier aufgenommen, da sie zum einen ein wirklich schönes Sleeve hat, zum anderen ein paar frühe Sandie-Aufnahmen enthält, die allemal der Vorstellung wert sind.
Die A-Seite entspricht den Tracks ihrer dritten UK-Single, wobei Girl Don’t Come sicher zu ihren stärksten Aufnahmen insgesamt zählt. Aber auch I’d Be Far Better ist eine sehr schöne, langsame Nummer („Slow Surf“), auf der Sandie ihre Stimme recht gut zur Geltung bringen kann. Keine Spur von „Stimmchen“, da passt alles.
Auf der Rückseite finden sich zwei weitere Chris Andrews-Songs, beide ihrer ersten LP entnommen. Beide sehr motown-girlish, sehr stomping, beide sehr, sehr gut. Weiß jemand, wer auf Gotta See My Baby das für damalige Zeiten durchaus heiße Gitarrensolo spielt?Da eine I’d Be Far Better-Single mit Hülle nur schwer zu bekommen ist (es gibt davon, soweit ich weiß, keine deutsche, sondern nur eine holländische Ausgabe mit Hülle), ist diese EP hier ein wunderschöne Alternative, zumal zusätzlich zwei Tracks der LP enthalten sind, die dort zu den besten gehören.
(·) Kann über Seltenheit und Preis nichts sagen. In jedem Fall nicht leicht in Mint zu bekommen.
Tindersticks: Kathleen / Summat Moon // A Sweet Sweet Man / E Type Joe 1994 Uk-Rough TradeEine der großen Singles der 90er, damals auch als 10“ veröffentlicht. Sie hat insgesamt eine Spielzeit von ca. 16 Minuten, was natürlich nur geht, weil sie mit 33 rpm daherkommt.
Kathleen ist der großartige Townes Van Zandt-Song, der hier in raumgreifender Endgültigkeit zelebriert wird. Vom verhaltenen Beginn bis zum musikalisch dicht gewebten Ende ein Hörerlebnis sondergleichen. Text und Melodie scheinen für Staples maßgeschneidert. Die Tindersticks schaffen es, mit zunächst nur ganz wenigen Mitteln das Ganze in seiner Langsamkeit nicht nur zusammenzuhalten, sondern geradezu zwingend notwendig erscheinen zu lassen. Wunderbar auch die Solo-Violine mit ihren klugen musikalischen Kommentaren. Im zweiten Teil wird das Arrangement nach und nach dichter, bis die Aufnahme in einer langen, wunderschönen Coda mit harmonisch z.T. recht freien Einwürfen und sich stapelnden Klängen ein eindrucksvolles Ende findet.
Summat Moon und E Type Joe sind sehr eigenständige und überaus hörenswerte Instrumentals, die eindrucksvoll belegen, dass dieses Genre auch heute noch jenseits von Chill Out und Lounge, von Techno und Electronic im Popbereich seine wesentliche Daseinsberechtigung hat.
Sweet Man entstammt der ersten LP.(·) Die Single ist nummeriert und dürfte ein Auflage von 3000 gehabt haben, weswegen sie mit ca. 20 –25 Euro dementsprechend teuer ist. Hätte ich die Wahl, würde ich die 10“ vorziehen, da sie der Single klanglich deutlich überlegen sein dürfte. Die dürfte aber das Doppelte kosten.
The Searchers: Play The System: The System / This Empty Place // Sea Of Heartbreak / Can’t Help Forgiving You 1964 UK-PyeDiese Platte ist das oben angekündigte Beispiel für ein EP-only-release. Und was für eines.
Für den Soundtrack des Films The System (mit Jane Merrow und Oliver Reed, siehe Coverfoto, weiß sonst nichts darüber) hatten die Searchers einige Tracks beigesteuert, die hier exklusiv veröffentlicht wurden. Die Platte enthielt also keinen Single-Hit und musste sich ganz auf ihre eigenen großartigen Qualitäten verlassen, was eigentlich kein Problem hätte sein dürfen, aber sie kam nur bis auf Platz 11 der EP-Charts. Ein Single-Hit hätte ihr sicher mehr Aufmerksamkeit beschert. So ist The System eine der schönsten und eigenständigsten EPs, die ich kenne. Für Searchers-Verhältnisse liegen die vier Tracks von der Produktion her atmosphärisch und soundmäßig sehr dicht beieinander, was ihnen eine ganz wunderbare Geschlossenheit verleiht.
Das erste Stück The System hätte auch als Single durchaus Hit-Chancen gehabt. Es bildet mit seiner catchy Melodielinie, seinen zwingenden Harmonien und seinem speziellen drive den Auftakt zu einer Reihe von vier Songs, die allesamt wohl zu den 20-30 besten Searchers-Aufnahmen zu zählen sind. This Empty Place ist im midtempo-Bereich angesiedelt, wartet natürlich ebenfalls mit den üblichen Searchers-Qualitäten auf und weiß, wie auch die anderen Aufnahmen dieser wunderbaren EP, zusätzlich ganz besonders durch seine samtene Produktion zu beeindrucken.
Der Hal David-Song Sea Of Heartbreak steht der bekannten Aufnahme von Don Gibson in keiner Weise nach, ich würde sie dieser sogar vorziehen. Und auch die Aufnahme von Del Shannon’s Can’t Help Forgiving You dürfte sich mit dem Original mühelos messen können, kenne dieses aber nicht.
Eine grandiose EP also, definitiv ein Muss.(·) Da EPs im UK ganz gut verkauft worden sind, dürfte diese Platte für ca. 20-25 Pfund zu bekommen sein.
Today’s Tops
(EPs werden in meinen Top100 nicht gelistet, weshalb folgendes Ranking auch keine Auswirkungen haben wird):
1 Tindersticks
1 Searchers
3 Costello
4 Shaw
5 Lowe/Edmunds
6 ShirellesPS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
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FAVOURITES@otis: Ist das die Picture Disc von Costello?
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Nein, die normale. Als Pic-Disc wäre sie etwas teurer.
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FAVOURITESDominick Birdsey@otis: Ist das die Picture Disc von Costello?
Die Picture 7″ gibt es so weit ich weiß nicht mit Pic Sleeve. Wieso eigentlich die ?
Otis, das Sleeve sieht aus wie aus Papier, war das bei der holländischen Pressung so? Die UK Ausgabe hat doch ein festes Sleeve aus Pappe.
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weilsteinWieso eigentlich die ?
Soweit ich informiert bin, ist die EP die einzige von Costello, die jemals als Picture Disc erschien. Deshalb.
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weilstein
Otis, das Sleeve sieht aus wie aus Papier, war das bei der holländischen Pressung so?Ja.
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FAVOURITESTolle Idee, Otis, jetzt auch EPs vorzustellen!
Ich kenne nicht alle. Besonders die Searchers könnte was für mich sein.
Aber eigentlich bin ich kein so großer EP Freund. Die Gründe hast Du ja selbst beschrieben. Es ist halt sehr schwer, gut erhaltene EPs zu finden, die ohne Störgeräusche laufen. Außerdem haben sie aufgrund der engeren Rillen auch meist eine viel geringere Dynamik als Singles. Weniger „Bums“ sozusagen. Daher ziehe ich Singles vor. Ich kaufe nur EPs, wenn ich die Tracks darauf nicht als Single bekommen kann.--
Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties! -
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