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Faves #57
The Imposter: Pills And Soap / Pills And Soap (Extended version) 1983 UK-IMP
Elvis Costello als The Imposter, als bitterer Sarkast, der radikal Stellung bezieht und dabei den Musiker nicht verleugnen kann. Eine seltsame Platte, in schlichter, weißer Papier-Lochhülle erschienen, ohne Hinweis auf den wahren Autor. Der war aber schnell klar, man musste ja nur die Stimme hören. Dennoch blieb die Single ein Flop und man fragt sich, wieso diese Platte heute noch so häufig auf dem Markt ist. Ist sie denn keinem etwas wert, dass sie immer wieder verkauft wird?
Textlich eine bitterböse Anklage an die Gesellschaft, die bis hin zu Kindern und Tieren von allem in schlimmster Form Besitz ergreift und zu pills and soap verarbeitet. Und musikalisch ist es das Bemühen um die richtige Form, was für Costello bei seiner Musikalität sicher kein einfaches Unterfangen war. Deshalb liegt hier für mich auch der wahre Reiz der Platte. Wie er mit extrem sparsamem Arrangement jegliche Vordergründigkeit zu vermeiden sucht, andererseits aber auch so viel an musikalischer Aussage hineinzupacken versucht, dass es stimmig und ergänzend wirkt, das hat schon eine ganz eigene Klasse. Stellenweise kommt die Musik wie ein Soundtrack zu einem Thriller daher, immer aber unglaublich reduziert. Da erfindet Costello den Protestsong auf seine Art musikalisch neu.
(·) Wie gesagt, offenbar sehr häufig auf dem Markt. Musicstack listet Angebote zwischen zwei und 81 $. Man bediene sich.
The Marmalade: Reflections Of My Life / Rollin’ My Thing 1969 D-Decca
The Marmalade waren für mich eine seltsame Band in den ausgehenden 60s. Einerseits habe ich sie verachtet wg. ihres Covers von Ob-la-di Ob-la-da; nicht weil es so schlecht war, sondern allein für die Tatsache, dass sie dieses Unding an Banalität überhaupt coverten. Ein, zwei Singles zuvor hatte ich die Band ja noch gemocht. Aber dann kam dieser Beatles-Gau, mit dem sie unglaublichen Erfolg hatten. Und ein Jahr später dann wieder diese schöne Single, die man, wenn man noch beide Ohren am Kopf hatte, einfach nicht ignorieren konnte, obwohl ich mich damals ziemlich dagegen sträubte.
Zwei Elemente waren es, die die Aufnahme auszeichneten. Zum einen der sanft lebendige, mit einer seidenen Patina überzogene Bass (im Solo dann auch ähnlich die Gitarre), der sich immer wieder in den Vordergrund spielte, und dann die Vocals, die ohne schlimmere Manierismen (die hatten Marmalade allemal auch drauf!) den wunderschönen Song aufblühen ließen.
(·) Wahrscheinlich häufig angeboten, aber wohl selten in bester Qualität, da die meisten Singles auf Partys kaputt gespielt worden sein dürften.
Nilsson: Everybody’s Talkin’ / Don’t Leave Me 1969 F-RCA
Fred Neil’s Everybody’s Talkin’ war von ihm 1967 veröffentlicht worden und wurde seither einige Mal gecovert. Die bekannteste Version ist diese hier von Harry Nilsson, der damit 1969 einen Welthit hatte. Der Track war Titelsong von Schlesinger’s Midnight Cowboy mit D. Hoffman und J. Voight.
Obwohl Nilsson schon einiges vorher veröffentlicht hatte, war diese Single sein erster Hit und als Unwissender wähnte man ihn damals aufgrund dieses Tracks in der Singer/Songwriter-Ecke, was seine Erfolge in den Jahren danach aber zu korrigieren wussten.
Jedes Mal wenn ich diese Aufnahme höre, frage ich mich, was letztendlich ihr Geheimnis ist. Ein glasklares Arrangement, das keine Hintergründe zu kennen scheint, aber womöglich gerade deshalb so unglaublich wirkungsvoll sein mag. Dieses Geflatter der gezupften Gitarre kontrastiert wunderbar mit den langen hohen Streichertönen im Hintergrund. Nilssons Stimme hat den tenoralen Schmelz, wie er wohl am ehesten im Country (Gene Pitney, Glenn Campbell, Bobby Goldsboro…) zu Hause ist. Sie erfährt an wenigen Stellen eine eigentümliche elektronische Verfremdung, was sie noch mehr ins Überirdische entschweben lässt.
Ja und dann ist da natürlich noch dieser unvergleichliche Song von Fred Neil.
(·) Ich habe die dt. Pressung ein Jahr lang bei Ebay gesucht, sie tauchte einfach nicht auf, obwohl sie gar nicht so selten sein dürfte. Habe dann diese französische gekauft. Allesamt (auch die UK und US) also wohl nicht sonderlich rar, aber einen Zehner dürften sie schon kosten.
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