Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert

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  • #10916027  | PERMALINK

    basseck

    Registriert seit: 29.05.2009

    Beiträge: 65

    Es ist auch ein demographisches Ding. Heutzutage sind Afro-, Latino- oder Orient-Einflüsse in der modernen Mainstream-Popmusik viel deutlicher hörbar als früher. Wir erleben einen Epochenwechsel, wo die kulturelle Dominanz der weißen Anglo-Amerikaner und West-Europäer zu Ende geht und das Bevölkerungswachstum der Dritten Welt sich auch immer stärker in der Musik bemerkbar macht. Besonders beim Gesang fallen mir heutzutage alternierende oder Stakkato-mäßge Stile auf, die man früher bei westlicher Popmusik so nicht fand.

    Zu meiner Jugendzeit vor 30 Jahren waren solche Künstler wie Mori Kante („Yeke yeke“)  und Ofra Haza („Im ’nin alu“; von vielen Deutschen damals fälschlicherweise als „Türken-Pop“ bezeichnet) absolute Ausnahmen und One-Hit-Wonder, die schnell wieder von der Bildfläche verschwunden waren. Die Musikpresse nannte das damals „Ethno Pop“: Musik von Menschen außerhalb der westlichen Welt, die auch keine Afro-Amerikaner waren. Eigentlich ein rassistischer Terminus, da Weiss-Sein in der Popmusik als Norm gesetzt wurde. Das war so eine Selbstverständlichkeit, dass es damals gar nicht auffiel.

    Der weltweite Musikmarkt war während des Kalten Krieges sowieso ziemlich klein: Nordamerika, Westeuropa und Australien schrieben die Pop-Geschichte im Alleingang, Japan war nur als Absatzmarkt interessant. Der Rest der Welt, wenn er überhaupt teilhaben durfte und nicht abgeschnitten war, spielte kaum eine Rolle. Dementsprechend hörte sich auch die Musik größtenteils an. Musik wurde ausschließlich übers Radio und Fernsehen verkauft.

    Heute leben wir in einer globalisierten Welt und Musik wird übers Internet konsumiert und verkauft. Die ganze Welt kann teilhaben und um z.B. modern klingende Tanzmusik aufzunehmen, die sowieso überwiegend elektronisch ist und mit PC-Software produziert wird, muss man heute nicht mehr nach London oder Los Angeles fliegen, sondern kann auch in Rio oder Damaskus bleiben. Vor 40/50 Jahren war das noch nicht vorstellbar.

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    #10916703  | PERMALINK

    stormy-monday
    We Shall Overcome

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 20,057

    Naja, gab es doch schon. Die Inder um Shankar in Monterey und Woodstock, Bands wie Embryo, die aus Fernost zurück kamen, Türöffner wie Hugh Masekela (auch in Monterey), Reggae und Subformen, Juju aus Nigeria, Gamelan- Geklöppel von Bali, chinesische Opern, die „Stimmen bulgarischer Frauen“, da war doch schon einiges, was man hören konnte, wenn man wollte. Wann haben Brian Jones und George die Sitar reingeschmuggelt? Und wie alt ist diese Afrika- Platte von Paul Simon schon?
    Um an Weltmusik ranzukommen, braucht man kein Internet. Nicht zwingend. Ist wie bei Blues- Platten, ganz früher.

    Und Staccato ist beim scat singing doch eher normal, nicht? Hidi Hidi Hidi Ho. Ca. 1931.
    Ethno Pop ist ein „eigentlich rassistischer Terminus“? Nu, da weiss selbst ich jetzt echt auch nicht weiter…

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    Well, my telephone rang, it would not stop It's President Biden callin' me up He said, "My friend, Maik, what do we need to make the country grow?" I said, "My friend, Joe, my friend Bob would advice you , Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Sophia Loren" Country'll grow
    #10916861  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 25,885

    stormy-mondayNaja, gab es doch schon. Die Inder um Shankar in Monterey und Woodstock, Bands wie Embryo, die aus Fernost zurück kamen, Türöffner wie Hugh Masekela (auch in Monterey), Reggae und Subformen, Juju aus Nigeria, Gamelan- Geklöppel von Bali, chinesische Opern, die „Stimmen bulgarischer Frauen“, da war doch schon einiges, was man hören konnte, wenn man wollte. Wann haben Brian Jones und George die Sitar reingeschmuggelt? Und wie alt ist diese Afrika- Platte von Paul Simon schon? Um an Weltmusik ranzukommen, braucht man kein Internet. Nicht zwingend. Ist wie bei Blues- Platten, ganz früher. Und Staccato ist beim scat singing doch eher normal, nicht? Hidi Hidi Hidi Ho. Ca. 1931. Ethno Pop ist ein „eigentlich rassistischer Terminus“? Nu, da weiss selbst ich jetzt echt auch nicht weiter…

    „Es ist auch ein demographisches Ding. Heutzutage sind Afro-, Latino- oder Orient-Einflüsse in der modernen Mainstream-Popmusik viel deutlicher hörbar als früher.“ schrieb Basseck.

     

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    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #10917033  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,112

    basseckEs ist auch ein demographisches Ding. Heutzutage […]

    Interessante Gedanken, wenngleich der „Epochenwechsel“ sicherlich bei weitem nicht so wuchtig ist, wie von Dir unterstellt. Regionale, ethnische Einflüsse waren schon immer ein belebendes Element in der Popmusik, mal mehr (denke nur an den großen Einfluss von Latin-Elementen auf den Jazz schon in einer Zeit, als der durchaus noch populäre Musik war), mal weniger.

    Das hier ist mir aber ein gar zu modisches Deutungsmuster:

    kulturelle Dominanz der weißen Anglo-Amerikaner und West-Europäer

    Gab es diese „kulturelle Dominanz“ überhaupt? War das nicht eher eine finanzielle, kommerzielle – wenn überhaupt? Und wann genau? Dass schwarze Musik allermindest ein kulturell hochbedeutender wenn nicht gar der absolut dominante Faktor schlechthin  in der Popmusik des 20. Jahrhunderts war, bedarf doch keines Streits, oder?

    Die Musikpresse nannte das damals „Ethno Pop“: Musik von Menschen außerhalb der westlichen Welt, die auch keine Afro-Amerikaner waren. Eigentlich ein rassistischer Terminus, da Weiss-Sein in der Popmusik als Norm gesetzt wurde.

    Na, na. Wenn wir alles als Rassismus bezeichnen, ist irgendwann gar nichts mehr Rassismus. Ich empfehle Besonnenheit im Umgang mit dem Vorwurf.

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    #11119787  | PERMALINK

    jesseblue
    emotionsloser neukunde.

    Registriert seit: 14.01.2020

    Beiträge: 4,211

    Mit TikTok entwickelt sich die nächste soziale Plattform, die eine große Auswirkung auf die Musikbranche haben wird und Tracks schon jetzt viral gehen lässt. Ein kleiner Kommentar dazu: Wie TikTok die Musikindustrie verändert

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    #11119825  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Passt ganz gut dazu: Todd In The Shadows diskutiert am Beispiel des aktuellen Drake-Hits, wie Corona im aktuellen Musik-Mainstream reflektiert wird.

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    #11120303  | PERMALINK

    radiozettl

    Registriert seit: 07.08.2013

    Beiträge: 13,583

    go1Um wieder auf ältere Software zurückzukommen: „Rock ist tot“, sprich: das Genre hat seit den Nuller-Jahren an Popularität und Attraktivität eingebüßt. Auch manche Rock-Fans hören lieber ältere Aufnahmen als aktuelle (Mainstream-)Produktionen. Aber warum eigentlich? Rick Beato hat eine Hypothese und hat ein interessantes Video dazu gemacht. Die Idee selbst, die er äußert, ist nicht neu, aber er erklärt sie anschaulicher als ich das bisher gesehen hatte. Demzufolge liegt es an den vorherrschenden, gängigen Produktionsmethoden, an der Art und Weise, wie Musik aufgenommen und Musiksoftware (üblicherweise) eingesetzt wird, um Rock-Tracks zu produzieren (er erwähnt besonders Tools wie Beat Detective). Diese Programme und Methoden haben die Möglichkeiten und Kontrolle der Produzenten ungeheuer erweitert und eine vorher nie gekannte Genauigkeit und Fehlerlosigkeit ermöglicht – aber auf Kosten von „Groove“ und „Feel“ und der Energie, die aus dem Zusammenspiel von Musikern entstehen könnte (auf Kosten von Elementen also, die für die Attraktivität des Genres wesentlich waren). <iframe src=“https://www.youtube.com/embed/AFaRIW-wZlw?feature=oembed“ width=“500″ height=“281″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe>

    Das ist ein ganz tolles Video, denn es erklärt, warum Nickelback nicht groovt, nicht grooven kann.

    Dazu kommt, dass der Trend zum Subwoofer, die bass-lastigen Voreinstellungen von heutigen Autoradios und Computerlautsprechern, und die zu sehr bass-lastigen Masterings, die nötig sind, damit die weißen Earbuds, die bei Smartphones als Standard-„Kopfhörer“ mitgeliefert werden, überhaupt einen Bass haben, das Klangbild verändert haben. Diese Trends in der  modernen Sound-Technik favorisieren Stilrichtungen, die sich mit viel Wumms gut anhören. Außerdem verändern die heute üblichen Equalizer-Standardeinstellungen die Abmischung von Musik beim Abspielen. Da rücken dann wichtige Elemente der Rockmusik wie die Rhythmusgitarre oder der Gesang in den Hintergrund, wo sie nicht hingehören. Der Standard-Player „Groove-Musik“ von Windows verhält sich zumindest so.

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    #11127259  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    The Music That Defined The 2010s | Mic The Snare

    Unterhaltsamer und wohlinformierter Video-Essay über den (radikalen) Wandel des musikalischen Mainstreams in den letzten 10 Jahren anhand von 13 game changing moments. 40 Minuten, aber keine zuviel. Den Musik-Blogger „Mic The Snare“ habe ich erst in den letzten Wochen entdeckt und bin angetan von seinem schon sehr ausgefeilten und dabei leichthändigen Stil. Er hat noch vergleichsweise wenige Abonnenten (27.000), dabei wird es aber nicht bleiben.

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    #11127493  | PERMALINK

    pfingstluemmel
    Darknet Influencer

    Registriert seit: 14.09.2018

    Beiträge: 5,945

    Für welche These muss Gangnam Style herhalten?

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    Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.
    #11127573  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    @pfingstluemmel: Selber schauen macht schlau.;)

    („… would forever reshape, how we quantify a hit song“, außerdem erster nichtenglisch-sprachiger Welterfolg der 2010er, erster Vorbote der K-Pop-Mania und der Verbindung von Meme- und Musik-Kultur. Mic schickt zudem voraus: „A piece of music doesn’t have to be good, to be definitive“).

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    #11127575  | PERMALINK

    pfingstluemmel
    Darknet Influencer

    Registriert seit: 14.09.2018

    Beiträge: 5,945

    Danke. Jetzt frage ich mich nur noch, wer der Herr im weißen Shirt mit V-Ausschnitt ist.  :-)

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    #11127595  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Firmo en las paredes de tu laberinto
    Y hacer de tu cuerpo todo un manuscrit
    o ;)

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    #11127599  | PERMALINK

    pfingstluemmel
    Darknet Influencer

    Registriert seit: 14.09.2018

    Beiträge: 5,945

    Also doch Enrique Iglesias. :-p

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    #11127623  | PERMALINK

    pfingstluemmel
    Darknet Influencer

    Registriert seit: 14.09.2018

    Beiträge: 5,945

    Ich bin überrascht, wie hoch die Penetranz des Radio-Pops in Zeiten des Internets noch immer ist, so dass ich jedes Beispiel im Video zumindest vom Hören kannte. Gutes Video, einleuchtend strukturiert und locker präsentiert. Auch wenn die 2010er in meiner Erinnerung anders (und besser) klangen, bildet Mic The Snare die definitiven Mainstream-Momente treffend und gewissenhaft ab. :good:

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    #11348763  | PERMALINK

    jesseblue
    emotionsloser neukunde.

    Registriert seit: 14.01.2020

    Beiträge: 4,211

    Wohl noch nie konsumierte ich so viel und vor allem auch so gern aktuelle Musik wie in den letzten 1 1/2 Jahren. Gestern hörte ich auf Spotify in die „Top 50 der Welt“. Aus Neugierde als Musikinteressierter. Zurück blieb ein stark resigniertes Gefühl, dass meine Aktualität absolut nichts mit der globalen Aktualität gemein hat. The Beatles dürften mit „A Day In The Life“ in fünf Minuten mehr Variationen verarbeitet haben als die 150 Minuten der Top 50. Angeführt wird die Liste von „Drivers License“ des Disneystars Olivia Rodrigo mit aktuell 8,7 Millionen Streams pro Tag. Eine profillose Nummer, zu der sich ein Mädchen affektiert allein auf Straßen und im Auto sitzend inszeniert, dabei 10 Mal durchs Haar greift um es dann zu schütteln, da ihr Kerl ihr die große Liebe versprach und nun doch eine Andere trifft. Wann ist Liebeskummer so peinlich geworden? Aber diese TikTok-Ästhetik zieht wohl. Ich glaub, ich werde alt und verbittert. Verdammt!

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