Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert › Antwort auf: Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert
Es ist auch ein demographisches Ding. Heutzutage sind Afro-, Latino- oder Orient-Einflüsse in der modernen Mainstream-Popmusik viel deutlicher hörbar als früher. Wir erleben einen Epochenwechsel, wo die kulturelle Dominanz der weißen Anglo-Amerikaner und West-Europäer zu Ende geht und das Bevölkerungswachstum der Dritten Welt sich auch immer stärker in der Musik bemerkbar macht. Besonders beim Gesang fallen mir heutzutage alternierende oder Stakkato-mäßge Stile auf, die man früher bei westlicher Popmusik so nicht fand.
Zu meiner Jugendzeit vor 30 Jahren waren solche Künstler wie Mori Kante („Yeke yeke“) und Ofra Haza („Im ’nin alu“; von vielen Deutschen damals fälschlicherweise als „Türken-Pop“ bezeichnet) absolute Ausnahmen und One-Hit-Wonder, die schnell wieder von der Bildfläche verschwunden waren. Die Musikpresse nannte das damals „Ethno Pop“: Musik von Menschen außerhalb der westlichen Welt, die auch keine Afro-Amerikaner waren. Eigentlich ein rassistischer Terminus, da Weiss-Sein in der Popmusik als Norm gesetzt wurde. Das war so eine Selbstverständlichkeit, dass es damals gar nicht auffiel.
Der weltweite Musikmarkt war während des Kalten Krieges sowieso ziemlich klein: Nordamerika, Westeuropa und Australien schrieben die Pop-Geschichte im Alleingang, Japan war nur als Absatzmarkt interessant. Der Rest der Welt, wenn er überhaupt teilhaben durfte und nicht abgeschnitten war, spielte kaum eine Rolle. Dementsprechend hörte sich auch die Musik größtenteils an. Musik wurde ausschließlich übers Radio und Fernsehen verkauft.
Heute leben wir in einer globalisierten Welt und Musik wird übers Internet konsumiert und verkauft. Die ganze Welt kann teilhaben und um z.B. modern klingende Tanzmusik aufzunehmen, die sowieso überwiegend elektronisch ist und mit PC-Software produziert wird, muss man heute nicht mehr nach London oder Los Angeles fliegen, sondern kann auch in Rio oder Damaskus bleiben. Vor 40/50 Jahren war das noch nicht vorstellbar.
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