Morrissey

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  • #9276899  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    Slow TrainJa zugegeben, da bin ich etwas über das Ziel hinausgeschossen. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass ich zunehmend von Konzerten genau dann enttäuscht bin, wenn mich Teile des Publikums nerven. Zerbrechende Gläser bei ruhigen Parts, Leute, die zu Gigs gehen, weil man „sich dann endlich mal wieder sieht“ und den Saal an ihrem Privatleben teilhaben lassen, Menschen die mir Haare ins Gesicht schleudern oder zig Mal auf die Füße steigen. Ich selbst sage dann auch recht schnell mal, was ich davon halte.

    Sehe ich auch so. Mein Problem ist noch weitergehend und seltsamerweise auch gar nicht altersgebunden: Der widerliche Eventcharakter. Konzerte, Theater, Kino, eigentlich egal was, verkommt immer mehr zu Sammelstätten für verschmitzte, sensationsheischende Gesellen, denen die Kunst im Grunde gar nichts bedeutet. Völlig abgestumpft. Hauptsache wenig zahlen, das eigene Bier mitbringen dürfen, mittendrin über den Alltag labern und alle fünf Minuten beschissene Selfies schießen können. Ich war dabei! Oder alles fleißig mitfilmen um bei Facebook ein paar Likes von seinen ebenso abgestumpften Buddys zu bekommen. Und ich halt dem Sänger jetzt die Cam mal direkt vors Gesicht, ein Meter Abstand! Völlig egal, ob man gerade mittem im Kino sitzt und das Blitzlicht hochfährt, beim nächsten Gedenkkonzert oder beim Kirchentreff – der Pietätlosigkeit und Unwürde ist keine Grenze mehr gesetzt. Das ist stets auch der gleiche Schlag Mensch – und ein ganz anderer, als die Leute, die einfach gerne auf Musik steil gehen, sich ihr Lieblingslied wünschen, wild tanzen (und dabei mal daneben hopsen) oder ihren Nacken steif schlagen. Sowas finde ich sehr okay und ich glaube, dass die meisten Künstler bewegt sind, wenn nicht nur achthundert Zinnsoldaten im Eulenglubsch vor der Bühne stehen. Auch Bewegung darf sein! Und nichts ist schöner als wirklich leidenschaftliche Fans.

    Davon ab aber: Es ist nicht die Verwantworung des Künstlers, dass sich das Publikum gut benimmt und man muss auch nicht alles tolerieren. Wenn man vom Künstler schon „Dienstleistung“ erwartet, muss man damit auch konsequent sein – wenn man beim Friseurbesuch oder in der Pizzaria rumschreit und den Barbier beleidigt, fliegt man zurecht auch raus. Und wenn man noch ein paar dumme Sprüche über Italien los wird, hat man halt die eiserne Faust im Nacken. Bei großen öffentlichen Veranstaltungen meint aber jede noch so dumme Hanswurst mal richtig die Oktoberfestmentalität rauskramen zu können. Hauptsache der Hipsterbart klebt und die Schaumkrone ist vollauf.

    Im Grunde ist das leider der Lackmustest der Gesellschaft: Schnelllebig, kaum mehr bereit, um sich wirklich für Dinge zu interessieren, zu ignorant, um Kunst verstehen zu wollen und zu abgestumpft um sich aus seinem Alltag zu lösen. Und alles völlig frei von Gefühl. Kunst als Unterhaltungsvehikel, bischen Horrorshow, bischen Party, bischen Zoo. Deckel drauf.

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    Hold on Magnolia to that great highway moon
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #9276901  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,711

    Schöner rant, Irrlicht und alles wahr. Wobei ich so ein Verhalten nicht nur bei den Hipstern feststelle, sondern generell bei den Leuten die breitbeinig durchs Leben laufen. „Ich habe für die Karte gezahlt, deswegen dürfen meine Frau und ich auch machen, was ich will“ – die Welt als Dienstleistung und Kunst als reine Ware, die zu liefern ist („Wieso spielt der Kerl nicht seine größten Hits, dafür habe ich doch bezahlt!“). Genau, Arschlöcher zuhauf.

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #9276903  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    lathoSchöner rant, Irrlicht und alles wahr. Wobei ich so ein Verhalten nicht nur bei den Hipstern feststelle, sondern generell bei den Leuten die breitbeinig durchs Leben laufen. „Ich habe für die Karte gezahlt, deswegen dürfen meine Frau und ich auch machen, was ich will“ – die Welt als Dienstleistung und Kunst als reine Ware, die zu liefern ist („Wieso spielt der Kerl nicht seine größten Hits, dafür habe ich doch bezahlt!“).

    Ich frage mich, wie häufig eine solche Einstellung ist und welche Konzerte sie betrifft. Gibt es Leute, die so etwas sagen? Wieso habe ich sie dann noch nie getroffen? Wenn man vor einer vier- oder fünfstelligen Zahl von Zuschauern spielt, wird kein Künstler auf einen Teil seiner größten Hits verzichten können. Das wissen die Musiker ja auch, sie sind ja nicht doof. Spielraum haben sie ja dennoch genug – und die meisten nutzen ihn auch.

    Was viel häufiger vorkommt, sind Zuschauer, die einen bestimmten Song fordern – und das teilweise auch sehr penetrant. Amerikaner sind berühmt für ein solches Verhalten. Was in den USA auch erstaunlich häufig vorkommt, sind Fans, die komplett besoffen zum Konzert kommen und dann massiv stören. Betrifft übrigens auch deutsche Konzerte, auf denen Amerikaner zugegen sind – zuletzt erlebt bei Built To Spill.

    Insgesamt ist die Dienstleistungsmentalität („Ich habe bezahlt, also kann ich mir alles erlauben und der Typ auf der Bühne hat zu tun, was ich will“) in den USA viel ausgeprägter als in Deutschland. Hierzulande läuft mir eine solche Einstellung eigentlich selten über den Weg. Der Respekt gegenüber den Künstlern ist sehr ausgeprägt. Das deutsche Publikum gilt international als äußerst loyal, sehr geduldig und sehr aufmerksam – wenngleich nicht sonderlich begeisterungsfähig.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #9276905  | PERMALINK

    roseblood

    Registriert seit: 26.01.2009

    Beiträge: 7,089

    IrrlichtMein Problem ist noch weitergehend und seltsamerweise auch gar nicht altersgebunden: Der widerliche Eventcharakter. Konzerte, Theater, Kino, eigentlich egal was, verkommt immer mehr zu Sammelstätten für verschmitzte, sensationsheischende Gesellen, denen die Kunst im Grunde gar nichts bedeutet.

    Aber zu dieser Entwicklung haben zum Teil auch die Bands/Musiker selbst durch ihre Inszenierung/Performance beigetragen.
    Und dass manche Fans solche Veranstaltungen als Grund nehmen, um Freunde zu treffen, etwas (viel) Bier trinken zu können und zudem dabei noch mit Musik beschallt werden, gab es sicherlich auch schon vor 20 Jahren. Nur war es zu dieser Zeit weniger auffallend, da diese Momente nicht virtuell (und somit abrufbar für jedermann) dokumentiert werden konnten.

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    #9276907  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    RosebloodAber zu dieser Entwicklung haben zum Teil auch die Bands/Musiker selbst durch ihre Inszenierung/Performance beigetragen.

    Magst Du das konkretisieren?

    RosebloodUnd dass manche Fans solche Veranstaltungen als Grund nehmen, um Freunde zu treffen, etwas (viel) Bier trinken zu können und zudem dabei noch mit Musik beschallt werden, gab es sicherlich auch schon vor 20 Jahren.

    Das stimmt sicherlich teilweise, ich finde aber, dass sich die Mentalität definitiv stark verändert hat, das Ausmaß und auch die Art, wie man sein Kulturbanausentum und seine Scheißegalhaltung vor sich her trägt. Ich bin nun wirklich bei sehr vielen Konzerten und Veranstaltungen gewesen, schon vor gut zehn Jahren began das und ich nehme einen klaren Wandel wahr. Sicher, es gibt auch schöne Konzerte. Und es gibt auch ruhiges und engagiertes Publikum. Aber diese 24h Böllerstimmung, die man beständig sucht, wird zunehmend auch vom Club weg in die Kunstszene getragen. Ich hatte es vor kurzem mit einem lieben Fori davon: Im Grunde driftet die Sache immermehr in Richtung Exzess: Besinnungslos saufen, Gruppenbumsen und in der eigenen Kotze liegen. Alles vergessen, alles überironisieren. Die abartige Kehrseite des Yolo-Syndroms, die keine Stille, keine Werte, keine Würde, keinen Anstand und keine Hemmung kennt.

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    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #9276909  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    IrrlichtBesinnungslos saufen, Gruppenbumsen und in der eigenen Kotze liegen.

    Irrlichtwmf: Das Irrlicht ist, mit etwas Glück, bald Teil einer Studentenverbindung. Yeah! :-)

    ;-) Sorry.

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    #9276911  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    McGeady ;-) Sorry.

    Du gräbst ja Sachen aus. Aber wenn es Dich beruhigt: Gekommen um zu gehen. Die wollten mich nicht und ich wollte sie nicht. Kein Fechten, kein Bier, keine Deutschtümelei und vor allem kein Gehorsam. Hab‘ dann nicht nur die Idee mit Verbindung ad acta gelegt, sondern Stuttgart als Wohnort gleich mit.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #9276913  | PERMALINK

    august-ramone
    Ich habe fertig!

    Registriert seit: 19.08.2005

    Beiträge: 63,675

    IrrlichtDu gräbst ja Sachen aus. Aber wenn es Dich beruhigt: Gekommen um zu gehen. Die wollten mich nicht und ich wollte sie nicht. Kein Fechten, kein Bier, keine Deutschtümelei und vor allem kein Gehorsam. Hab‘ dann nicht nur die Idee mit Verbindung ad acta gelegt, sondern Stuttgart als Wohnort gleich mit.

    :sonne:

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    http://www.radiostonefm.de/ Wenn es um Menschenleben geht, ist es zweitrangig, dass der Dax einbricht und das Bruttoinlandsprodukt schrumpft.
    #9276915  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    IrrlichtDu gräbst ja Sachen aus.

    Tut mir wie gesagt leid, mein gutes Gedächtnis betrachte ich inzwischen fast nur noch als Last. In dem Fall konnte ich nicht wiederstehen

    Aber wenn es Dich beruhigt: Gekommen um zu gehen. Die wollten mich nicht und ich wollte sie nicht. Kein Fechten, kein Bier, keine Deutschtümelei und vor allem kein Gehorsam.

    :sonne:

    --

    #9276917  | PERMALINK

    brundlefly

    Registriert seit: 27.12.2008

    Beiträge: 4,766

    Irrlicht
    Das stimmt sicherlich teilweise, ich finde aber, dass sich die Mentalität definitiv stark verändert hat, das Ausmaß und auch die Art, wie man sein Kulturbanausentum und seine Scheißegalhaltung vor sich her trägt. Ich bin nun wirklich bei sehr vielen Konzerten und Veranstaltungen gewesen, schon vor gut zehn Jahren began das und ich nehme einen klaren Wandel wahr. Sicher, es gibt auch schöne Konzerte. Und es gibt auch ruhiges und engagiertes Publikum. Aber diese 24h Böllerstimmung, die man beständig sucht, wird zunehmend auch vom Club weg in die Kunstszene getragen. Ich hatte es vor kurzem mit einem lieben Fori davon: Im Grunde driftet die Sache immermehr in Richtung Exzess: Besinnungslos saufen, Gruppenbumsen und in der eigenen Kotze liegen. Alles vergessen, alles überironisieren. Die abartige Kehrseite des Yolo-Syndroms, die keine Stille, keine Werte, keine Würde, keinen Anstand und keine Hemmung kennt.

    Klingt für mich mehr nach Woodstock oder Altamont als nach antiseptischem YOLO-Hipstertum.

    --

    http://hyphish.wordpress.com "Every generation has its one defining moment. We are yours."
    #9276919  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    BrundleflyKlingt für mich mehr nach Woodstock oder Altamont als nach antiseptischem YOLO-Hipstertum.

    Muss auch beides die absolute Hölle gewesen sein.

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    #9276921  | PERMALINK

    dennis-blandford
    Jaggerized

    Registriert seit: 12.07.2006

    Beiträge: 12,381

    Direkt am Essener Colosseum gibt es ein mongolesisches Großrestaurant. Das heißt eigentlich: Viel Fleisch. Bin gespannt ob es morgen offen ist.

    --

    "And everything I know is what I need to know and everything I do's been done before."
    #9276923  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Dennis BlandfordDirekt am Essener Colosseum gibt es ein mongolisches Großrestaurant. Da heißt eigentlich: Viel Fleisch. Bin gespannt ob es morgen offen ist.

    :lol:

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #9276925  | PERMALINK

    nik

    Registriert seit: 06.09.2003

    Beiträge: 413

    Gestern abend lange schlangen vor der ausverkauften c-Halle, aber ein relativ verhaltenes Publikum – mit ein paar Ausnahmen (links vorne). In Berlin steht man lange an um dann in der halle rumzustehen. Auf der Empore gab es menschen, die mit EDIL oder Suedehead offenbar nichts anfangen konnten, von Asleep und Blind will ich gar nicht reden.

    Setlist ohne Änderungen zu Krakau, keine Überraschungen, Moz sehr gut bei stimme, chatty und gut drauf, boz darf zwischendurch an den Bühnenrand. Eine Lobende auf Berlin. MIM sehr gut in Szene gesetzt. Fünf Songs von der Neuen überflüssig, wenn hier etwas ansprechendes gekommen wäre, wäre alles super, so bleibt ein fader Beigeschmack.

    Und Heckler: Wer austeilen kann muss einstecken können. Aber da ist ja schon genug geschrieben worden.

    --

    Johnny Marr IS GOD
    #9276927  | PERMALINK

    dennis-blandford
    Jaggerized

    Registriert seit: 12.07.2006

    Beiträge: 12,381

    Schoene Infos, Nick. Er spielt echt wieder Alma?

    --

    "And everything I know is what I need to know and everything I do's been done before."
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