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ClauDer größte Instrumentalist wohl nicht. Aber der größte Erneuerer viellciht.
Das höre ich auch immer wieder. Ich möchte dies mal in Frage stellen. Und an den einzelnen Richtungen erläutern, die Miles quasi erfunden haben soll. Zum Einstieg eine Anekdote: Nancy Reagan soll sich Miles auf einer Party folgendermaßen vorgestellt haben: ‚Ich bin die Frau des Präsidenten, und wer sind Sie?‘ Darauf Miles: ‚Ich habe dreimal den Jazz revolutioniert, und wer sind Sie?‘
Gehen wir also von drei Revolutionen aus, meint er sicherlich: Bebop, Cool, Modal.
a) Bebop: Hier war Miles sicherlich kein Neuerer. Parker und Gillespie zusammen mit Monk waren hier die wichtigen Leute. Miles war hier eher ein Schüler.
b) Cool:Wir schon schwieriger. Aber waren es nicht Leute wie Mulligan oder Gil Evans, die hier die ersten Akzente gesetzt haben?
c) Modal: Vielleicht am schwierigsten. Sicherlich war er einer der ersten, der in diesem Stil spielte. Aber was ist mit Bill Evans und George Russell? Waren die früher? Waren das die Innovatoren?
Wie gesagt, ich bin mir bei b und c absolut nicht sicher. Letztlich ja auch nicht wichtig, würde aber mal die Meinung von anderen darüber hören.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Ich würde die Aussagen von Davis ganz allgemein nicht überbewerten. Egal, ob er sich nun musikgeschichtlich äussert oder mal wieder Gift und Galle gegenüber anderen Musikern spuckt. Es gibt eindrucksvolle Anzeichen dafür, dass er da nicht immer ganz zurechnungsfähig war.
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aus dem schweizerischen wochenmagazin ‚weltwoche‘ zu den drei neu veröffentlichten aufnahmen von der europa-tournee 1960 von davis/coltrane (zürich, kopenhagen, den haag). ganz lesenswert.
Weltwoche
Neues vom Ende von Miles Davis/John Coltrane
von Peter RüediEs war eine Partnerschaft wie nur ganz wenige im Jazz, aber anders als der Weg aller Ehen in die alltägliche Routine gingen die beiden auch durch die Hölle. «Normal» war nichts an Miles Davis und John Coltrane, nicht an jedem einzeln und schon gar nicht an ihnen zusammen. Sie trafen sich, als der eine einen Heroinentzug eben hinter, der andere ihn noch vor sich hatte. Das konnte nicht gut gehen. Sie trennten sich, fanden sich wieder, und dann war ihre Begegnung nur noch mit der von Parker mit Gillespie zu vergleichen.Sie dauerte kaum drei Jahre.
Der Jazz und die Drogen: Diese Passionsgeschichte ist noch immer ungeschrieben. So offensichtlich das Thema, so marginal ist die Literatur darüber. Bei aller Untergeher-Romantik waltet da doch ein schweres Tabu. Nur so sind blinde Flecken in dieser Ecke der Sozial- und Kulturgeschichte zu erklären. Jedenfalls hing zur Zeit des Bebop, im ersten Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg, jeder zweite valable Jazzer an der Nadel. Das lag an der urbanen Bohèmekultur ebenso wie an den ökonomischen Folgen der Prohibition. Gleichviel, auf dem Gift waren auch Davis und Coltrane, aber als sie es los waren, spielten sie ein paar der ganz grossen Platten des Jazz ein, «Milestones» (1958) und vor allem «Kind of Blue» (1959). Um nicht in den Verdacht des Moralismus zu geraten: Auch unter Drogen entstand von beiden Bemerkenswertes. Die Kontinuität der Arbeit, ohne die die Folgerichtigkeit namentlich von Coltranes proteischen Verwandlungen nicht denkbar wäre, hätte sich in der chaotischen Drogen-Subkultur nie ergeben.
Coltrane war bald auf der Überholspur. Innerhalb von zwei Jahren trieb er die Erforschung sogenannt modaler Spielweisen so dringlich voran, dass Davis sich dabei wie ein Restposten aus der Vergangenheit vorkommen musste. Dabei war er es, der als letzter Schrei gefeiert wurde. Im Frühling 1960 wollte Coltrane raus aus der Band, als eben eine längere Europa-Tournee anstand. Noch einmal liess er sich von Miles überreden, aber im Kopf war er bereits eine Etappe weiter, bei den radikaleren Delikatessen seines Quartetts mit McCoy Tyner und Elvin Jones. Er war nicht zu stoppen. Seine Soli wuchsen ins Endlose, die von Miles wurden immer fragmentarischer, das immer ähnliche Repertoire begann Coltrane bis zum Zerreissen zu strapazieren .
Von jener letzten gemeinsamen Tournee von Davis und Coltrane waren bislang zwei Konzertmitschnitte zugänglich, einer aus Stockholm (22.3.) und einer aus dem Kurhaus Scheveningen (9.4.). Jetzt, mit einem Schlag, überraschen uns britische Editoren mit drei weiteren: Tivoli Kopenhagen (24.4.), Kongresshaus Zürich (8.4.) und ein zweites Konzert vom 9.4.in den Niederlanden, in Den Haag.
Was sich auf dem Papier wie Jazzarchäologie ausnimmt, ist ein Knüller. Nichts ist so spannend wie Momente des Umbruchs: Die Konflikte knistern, Coltrane spielt kaum mehr mit Davis zusammen, die biedere, wenn auch swingende Rhythmusgruppe kann den Auftrieb von Coltrane in höhere Stratosphären nur gerade mit Mühe im Rahmen halten. Der ist entfesselt. Er rast keineswegs nur durch seine Scales, sondern sprengt den courant normal auch durch insistent repetitiven Widerstand, ostinates Querdenken und bis an die Grenzen der Tonlosigkeit röhrende Überblas-Passagen. Während Davis im Walzer «All Blues» neckisch «Zwei Herzen im Dreivierteltakt» zitiert, setzt Coltrane den Presslufthammer an den Fundamenten an. Zürich ist in dieser Hinsicht schon extrem, aber im Mitschnitt aus Den Haag vom Tag drauf geht er noch weiter, da haut ihm auch Miles zu Beginn eines Solos über «’Round Midnight» in einem eigentlichen Wutanfall die eigene Insistenz um die Ohren.
Ein halbes Jahr später kam Miles noch mal nach Europa. Nun war Coltrane weg, und mit Sonny Stitt, vor allem auf dem Altsax, machte die Band einen Salto rückwärts in die Idiomatik des Bebop. Der Mitschnitt aus Manchester (26.9.) ist deshalb besonders verdienstvoll, weil diese Frontline kaum dokumentiert ist. (Auf allen vier CDs blicken Bonus-Tracks voraus und zurück: in Miles’ kommende und vergangene Perioden.) Quer- und Längsschnitte durch Jazzgeschichte im Entstehen – es sind ziemlich magmatische Vorgänge, die hier zu erleben sind.
Miles Davis Quintet with John Coltrane in Copenhagen 1960. Gambit Records 69227
Miles Davis Quintet with John Coltrane: Live in Zürich. Gambit Records 69220
Miles Davis Quintet feat. John Coltrane: Live in Den Haag. Lonehill Jazz LHJ 10206
Miles Davis Quintet: Manchester Concert. 1960 live at the Free Trade Hall. LHJ 10212--
atom@starship:
Hör dir mal Einspielungen von Jelly Roll Morton mit den „New Orleans Rhythm Kings“ oder den „Red Hot Peppers“ an, das lebt geradezu von der Improvisation.kenn ich zwar nicht, kann ich mir aber gut vorstellen.
trotzdem ist es sicher nicht bebop. wie würdest du denn bebop definieren?--
captain kiddDas höre ich auch immer wieder. Ich möchte dies mal in Frage stellen. Und an den einzelnen Richtungen erläutern, die Miles quasi erfunden haben soll. Zum Einstieg eine Anekdote: Nancy Reagan soll sich Miles auf einer Party folgendermaßen vorgestellt haben: ‚Ich bin die Frau des Präsidenten, und wer sind Sie?‘ Darauf Miles: ‚Ich habe dreimal den Jazz revolutioniert, und wer sind Sie?‘
Gehen wir also von drei Revolutionen aus, meint er sicherlich: Bebop, Cool, Modal.
Bebop meinte er ganz sicher nicht. Wenn man von drei Revolutionen ausgeht, dann Cool,, Modal und Fusion (im Sinne von Benutzung elektrischer Instrumente und im Sinne von Jazzrock -> In A Silent Way, Bitches Brew).
Selbst wenn Miles bei all diesen drei Revolutionen nicht der allererste gewesen sein sollte, der diese Richtungen gespielt oder „erfunden“ hat, so war er aber doch ganz sicherlich der, der diese Erneuerungen als erster einem breiteren Publikum nähergebracht hat und diese Richtungen in entscheidendem Maße auf den Weg gebracht hat.
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How does it feel to be one of the beautiful people?atomDa steckt jedenfalls mehr Troupe…
Was bedeutet „Troupe“?
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How does it feel to be one of the beautiful people?ClauBebop meinte er ganz sicher nicht. Wenn man von drei Revolutionen ausgeht, dann Cool,, Modal und Fusion (im Sinne von Benutzung elektrischer Instrumente und im Sinne von Jazzrock -> In A Silent Way, Bitches Brew).
Selbst wenn Miles bei all diesen drei Revolutionen nicht der allererste gewesen sein sollte, der diese Richtungen gespielt oder „erfunden“ hat, so war er aber doch ganz sicherlich der, der diese Erneuerungen als erster einem breiteren Publikum nähergebracht hat und diese Richtungen in entscheidendem Maße auf den Weg gebracht hat.
da bin ich mit allem einverstanden. aber warum wird er dann immer als der neuerer bezeichnet? er surfte eigentlich immer (nur) auf der gerade angesagten welle, oder?
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Do you believe in Rock n Roll?
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
ClauWas bedeutet „Troupe“?
Quincy Troupe ist der „Co-Autor“ der Davis-Autobiographie. Von ihm stammt auch die Biographie „Miles & Me“.
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captain kiddGehen wir also von drei Revolutionen aus, meint er sicherlich: Bebop, Cool, Modal.
a) Bebop: Hier war Miles sicherlich kein Neuerer. Parker und Gillespie zusammen mit Monk waren hier die wichtigen Leute. Miles war hier eher ein Schüler.
b) Cool:Wir schon schwieriger. Aber waren es nicht Leute wie Mulligan oder Gil Evans, die hier die ersten Akzente gesetzt haben?
c) Modal: Vielleicht am schwierigsten. Sicherlich war er einer der ersten, der in diesem Stil spielte. Aber was ist mit Bill Evans und George Russell? Waren die früher? Waren das die Innovatoren?
Wie gesagt, ich bin mir bei b und c absolut nicht sicher. Letztlich ja auch nicht wichtig, würde aber mal die Meinung von anderen darüber hören.
Fusion kommt noch dazu; dafür könnte man Bebop wieder streichen.
Ich habe keine feste Meinung zu dieser Frage, aber grundsätzlich gilt: Man ist nicht nur dann ein Erneuerer, wenn man eine Idee als erster entwickelt hat. Erneuerer ist man auch, wenn man die Idee durchsetzt.Was die Birth of the Cool Sessions angeht, so meine ich in irgendwelchen Liner Notes gelesen zu haben, daß Miles Davis der Organisator des ganzen gewesen ist, die Antriebskraft (Ideen wird wohl Gil Evans beigesteuert haben). Und seit irgendwann in den Fünfzigern war Miles meines Wissens eine einflußreiche Figur: was er getan hat, wurde von anderen Musikern beobachtet und auch nachgemacht. Andere Innovatoren standen vielleicht mehr am Rande und wurden einfach weniger wahrgenommen. Was schließlich Fusion betrifft, so war Miles sicher nicht der erste, aber eben erfolgreich, und aus seinen Bands sind viele Musiker hervorgegangen, die dann selbständig das Feld bearbeitet haben. (Just my two cents.)
Wie ich sehe, hat Clau gerade etwas ähnliches geschrieben.
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To Hell with PovertykramerQuincy Troupe ist der „Co-Autor“ der Davis-Autobiographie.
Ales klar, habe ich auch gerade nachgeschaut, trotzdem Danke. Angeblich soll Miles Davis selbst gesagt haben, daß er zur Entstehung dieser Autobiografie selbst nicht allzuviel beigetragen hat.
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How does it feel to be one of the beautiful people?Go1Fusion kommt noch dazu; dafür könnte man Bebop wieder streichen.
Ich habe keine feste Meinung zu dieser Frage, aber grundsätzlich gilt: Man ist nicht nur dann ein Erneuerer, wenn man eine Idee als erster entwickelt hat. Erneuerer ist man auch, wenn man die Idee durchsetzt.ja, siehe antwort zu clau. das mit der durchsetzung ist ein guter gedanke. danke für eure einschätzungen.
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Do you believe in Rock n Roll?starshipwie würdest du denn bebop definieren?
Die wichtigsten Aspekte sind für mich die Reduktion auf Combogröße, die größere Freiheit der Einzelnen (sowohl die Anzahl der Soli, als auch die individuelle Improvisation) und die größere Komplexität der Harmonik. Daneben gibt es natürlich noch wesentlich mehr Aspekte, die den Bebop vom Swing unterscheiden.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...captain kiddda bin ich mit allem einverstanden. aber warum wird er dann immer als der neuerer bezeichnet? er surfte eigentlich immer (nur) auf der gerade angesagten welle, oder?
Ja und nein. Er hat die Wellen ins Rollen gebracht. Es ist müßig darüber zu diskutieren, ob jemand anderes diese neuen Stile durchgesetzt hätte, wenn Miles nicht gewesen wäre. Man muß aber einfach sagen, daß es keinen anderen Jazzer gab, der maßgeblich an so vielen Wechseln beteiligt war.
Viele, wie z. B. Sun Ra mit dem Free Jazz, können sich glücklich schätzen an nur einem Weg entscheidend beteiligt gewesen zu sein.
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How does it feel to be one of the beautiful people?atomDie wichtigsten Aspekte sind für mich die Reduktion auf Combogröße, die größere Freiheit der Einzelnen (sowohl die Anzahl der Soli, als auch die individuelle Improvisation) und die größere Komplexität der Harmonik.
Sehe ich auch als die entscheidenden Aspekte an.
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How does it feel to be one of the beautiful people?Bebop ist natürlich auch schnell. Ha ha ha ha…
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A Kiss in the Dreamhouse -
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