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AutorBeiträge
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Komisch, früher wurde hier über neue Matana-Roberts-Platten fleißig gestritten. Hört niemand die neue? Ist der Hype durch? Dabei finde ich, dass Chapter Four vielleicht das zupackendste, unmittelbar zugaenglichste ist. Und ich hätte gerne mit Leuten, die Nr 4 auch schon gehört haben, erörtert, ob ich auf Verständnis stoße, wenn ich hier mehrmals Echos von Moondog höre.
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WerbungHabe gerade gelesen, dass Moondog am Memphis Conservatory of Music studierte. Kann bitte mal ein Journalist, der Matana interviewt, nach der Moondog-Connection fragen?
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Um deine Frage oben zu beantworten, ich habe die Platte, aber leider noch nicht gehört. Seit dem etwas enttäuschenden letzten Album und dem etwas enttäuschenden Konzert war bei mir ein wenig die Luft raus – aber ich bin jetzt hoffnungsfroh.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Matana Roberts – Coin Coin Chapter Four: Memphis
Constellation CST145, Oktober 20191. Jewels of the Sky: Inscription
2. As Far as the Eye Can See
3. Trail of the Smiling Sphinx
4. Piddling
5. Shoes of Gold
6. Wild Fire Bare
7. Fit to Be Tied
8. Her Mighty Waters Run
9. All Things Beautiful
10. In the Fold
11. Raise Yourself Up
12. Backbone Once More
13. How Bright They ShineMatana Roberts – Alto Saxophone, Clarinet, Voice
Hannah Marcus – Electric Guitar, Guitar, Fiddle, Accordion, Voice
Sam Shalabi – Electric Guitar, Oud, Voice
Nicolas Caloia – Double Bass, Voice
Ryan Sawyer – Drums, Vibraphone, Jew’s Harp, Bells, VoiceGäste:
Steve Swell – Trombone, Voice
Ryan White – Vibraphone
Jessica Moss, Nadia Moss, Thierry Amar – Voice—
Für mich ein sehr schönes, stimmiges Album. Dass der Hype vorbei ist finde ich überhaupt nicht tragisch – er war mir ja geradezu suspekt, nicht nur hier im Forum. Die neue Band wirkt gut eingespielt, was wohl kein Wunder ist, denn mit Caloia und Shalabi hat Roberts 2014 ein Trio-Album veröffentlicht, „Feldspar“ (mit einem Thread, in dem zwar nicht viel gedieh, aber immerhin die Infos zu finden sind). Das fand ich kein umwerfendes Album (ich glaube im Free Jazz Blog kriegte es vier Sterne, bei mir wohl einen halben weniger), aber die erweiterte Besetzung, das gute Material, die stimmige Abfolge des ganzen Albums – das alles wirkt auf Coin Coin Chapter Four für mich sehr rund. Vielleicht braucht Roberts einen solchen Rahmen, der auf Material, einem Konzept, einiger Vorarbeit beruht – zuletzt hörte ich sie vor ein paar Jahren sowohl solo (mit viel zu wenig Saxophon, fand ich) als auch im Trio mit Alexander Hawkins und Lucas Niggli. Letztere war von diesen „loseren“ Sachen vielleicht das beste, was ich von ihr bisher gehört habe – denn in dem Trio war sie wirklich gefordert und konnte nicht auf ihre üblichen Licks und Vocals zurückfallen (sonst wäre sie quasi rausgefallen), was wohl meine Kritik an dem ist, was ich in den letzten Jahren (so ca. seit inkl. Coin Coin Chapter Three) mitgekriegt habe.
Auf mich wirkt das neue Album jedenfalls so, als sei Roberts wieder auf Kurs, als hätte sie hier wieder etwas gepackt und passend umgesetzt – und das kam auch wieder fast so befriediegend heraus, wie die ersten beiden Chapters – wobei ich Chapter Three keinesfalls schwach finde, es gefällt mir z.B. besser als das gerade erwähnte Album „Feldspar“. Auch zu den ersten beiden Chapters fand ich halt die zugehörigen Konzerte deutlich stärker, als das auf Platte überhaupt geht … und für diese Live-Erlebnisse bin ich auch sehr dankbar, denn sie waren tatsächlich unvergesslich (inkl. der persönlichen Begegnungen nach mehreren der Konzerte). Eine erneute Live-Gelegenheit (wieder mal solo und vermutlich mit mehr Visuals und Loops und Electronics als Live-Saxophon, so wenigstens meine Befürchtung) liess ich vor ein paar Wochen wegen zuvielen anderen Konzerten leider verstreichen, vielleicht tat sich ja an der Solo-Front auch wieder mal was – falls jemand sie kürzlich gehört hat, bitte ich um Bericht!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaEine Matana-Liveerfahrung, gegen die diese Platte verblassen könnte, habe ich nicht. Leider. Insofern aber auch zum Glück, dass kein Vergleich mir die Begeisterung relativiert. Ich finde Chapter Four sehr stimmig, straff, stringent, es gibt einen erzaehlerischen roten Faden. Für mich ist Coin Coin ein faszinierendes Projekt, das bisher unter seiner riesengroßen Ambition nicht in die Knie geht.
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bullschuetz
Eine Matana-Liveerfahrung, gegen die diese Platte verblassen könnte, habe ich nicht. Leider. Insofern aber auch zum Glück, dass kein Vergleich mir die Begeisterung relativiert.Das finde ich eher bedauerlich, denn die Konzerte gehören zum stärksten, was ich erlebt habe … und damit kann generell keine Platte mithalten
Aber:
bullschuetz
Ich finde Chapter Four sehr stimmig, straff, stringent, es gibt einen erzaehlerischen roten Faden. Für mich ist Coin Coin ein faszinierendes Projekt, das bisher unter seiner riesengroßen Ambition nicht in die Knie geht.Da stimme ich völlig zu. Dass Chapter Three als Solo-Album nach den ersten beiden einen etwas schwereren Stand hatte, überrascht mich nicht – aber man muss da wohl auch die Gegebenheiten mitdenken, und es ist schlicht nicht so, dass eine Matana Roberts über 15 oder 20 Jahre zwölf mit grosser Keller angerichtete Touren, passend zu zwölf ähnlich gelagerten Alben, in Europa gebucht werden könnte. Dazu fehlen schlicht die Spielstätten bzw. die Clubs und Festivals buchen halt nicht alle paar Jahre die gleichen Leute, selbst wenn sie ein neues Programm mitbringen (der wichtigste Club hier hatte sie z.B. noch überhaupt nie im Programm; die Solo-Konzerte fanden eher am Rand statt, die Coin Coins im Rahmen des Taktlos Festivals bzw. der damit assoziierten Konzertreihe, die leider inzwischen eingestellt wurde). Und ohne das ganze Drumherum geht halt das Aufrechterhalten des Hypes nicht.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbabullschuetz
Eine Matana-Liveerfahrung, gegen die diese Platte verblassen könnte, habe ich nicht. Leider. Insofern aber auch zum Glück, dass kein Vergleich mir die Begeisterung relativiert.Das finde ich eher bedauerlich, denn die Konzerte gehören zum stärksten, was ich erlebt habe … und damit kann generell keine Platte mithalten
Aber:
bullschuetz
Ich finde Chapter Four sehr stimmig, straff, stringent, es gibt einen erzaehlerischen roten Faden. Für mich ist Coin Coin ein faszinierendes Projekt, das bisher unter seiner riesengroßen Ambition nicht in die Knie geht.Da stimme ich völlig zu. Dass Chapter Three als Solo-Album nach den ersten beiden einen etwas schwereren Stand hatte, überrascht mich nicht – aber man muss da wohl auch die Gegebenheiten mitdenken, und es ist schlicht nicht so, dass eine Matana Roberts über 15 oder 20 Jahre zwölf mit grosser Keller angerichtete Touren, passend zu zwölf ähnlich gelagerten Alben, in Europa gebucht werden könnte. Dazu fehlen schlicht die Spielstätten bzw. die Clubs und Festivals buchen halt nicht alle paar Jahre die gleichen Leute, selbst wenn sie ein neues Programm mitbringen (der wichtigste Club hier hatte sie z.B. noch überhaupt nie im Programm; die Solo-Konzerte fanden eher am Rand statt, die Coin Coins im Rahmen des Taktlos Festivals bzw. der damit assoziierten Konzertreihe, die leider inzwischen eingestellt wurde). Und ohne das ganze Drumherum geht halt das Aufrechterhalten des Hypes nicht.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaUm ein wirklich fundiertes Urteil zu fällen, muss ich das Album noch öfter hören. (Was bei Free Jazz immer etwas komplizierter ist, da der Rest der Familie das nicht unbedingt erträgt – Banausen!)
Bisher könnte Chapter Four meine bisherige Nr. 2 der Reihe werden. Tolle Platte!
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Ich finde „Chapter Four“ grandios, nicht weniger. Das Großwerk, das ich mir erhofft, vielleicht sogar ihr zweites Meisterwerk. „Memphis“ ist ein dichtes, teils verstörendes Werk, als würde man ihr wirklich Schritt für Schritt durch die blutige Historie folgen. Der Vorgänger war mir etwas zu konturlos, bei Teil zwei hatte ich so meine Probleme mit dem Kontertenor als Gast. Hier führt der Weg wieder zurück zum ersten Teil, wenn auch nicht ganz.
Meine Eindrücke decken sich sehr gut mit dem, was Napo an anderer Stelle dazu geschrieben hat, auch sonst ein fantastischer Überblick über Ihr Werk: Klick.
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Hold on Magnolia to that great highway moonDanke, toll!
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Die Moondog-Echos glaube ich deutlich in den Tracks 6 und vor allem 11 zu hören. Die Idee eines Bezugs elektrisiert mich, weil sich dadurch Matanas sowieso weiter Horizont noch entgrenzter aufspannen würde.
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@napoleon-dynamite Sehr toller Text, der sowohl die unmittelbare sinnliche Erfahrung dieser Musik einfängt als auch die programmatische Tiefe, die improvisatorische Freiheit wie die konzeptuelle Durchdachtheit. Hinter viele Sätze will ich da ein „Ja, genau!“ setzen. Zum Beispiel hier:
In einem Jahrzehnt, in dem sich der politische Diskurs über Identität zunehmend verengte und kulturkämpferisch verhärtete, gewinnt ein ergebnisoffenes kulturhistorisches Werk wie der Coin Coin-Zyklus an selbstbewusster Persistenz, indem er auf einer Vorstellung von Kunst als fluidem Experimentierfeld beharrt.
Kulturelle Traditionen dienen nicht der Aus- und Abgrenzung, sondern sind ein für alle anzapfbares Repertoire, und wenn man die verschiedenen Elemente aneinander Funken schlagen, sich ergänzen und bereichern lässt, entsteht ein offener Raum des Solidarischen, der menschlichen Erfahrung, die in diesem Fall sowohl historisch präzise in der afroamerikanischen Leidenserfahrung verortet ist als auch eben den Blick darüber hinaus weitet, nicht abgeschottet ist. Das atmet!
Und ob Matana nun auf Moondog rekurriert oder nicht – es würde jedenfalls passen.
zuletzt geändert von bullschuetz--
gypsy-tail-wind
Das finde ich eher bedauerlich, denn die Konzerte gehören zum stärksten, was ich erlebt habe … und damit kann generell keine Platte mithaltenDas kann ich bestätigen. Ich habe Matana nur als Vor-Act erlebt, das war aber so, wie von Napo im Artikel beschrieben – visuelle Untermalung, ihr charakteristisches Sax-Spiel, Call and Response, das war schon eindrücklich.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Ihre beeindruckende Verschmelzung verschiedener musikalischer Traditionen gelingt ihr auf „Memphis“ besonders konsistent wie ich finde. Und was für eine tolle und vielseitige Sängerin ist sie doch: man höre nur „Her Mighty Waters Run“ oder die mantraartige Passage auf „Raise Yourself Up“. Zusammen mit Chapter 1 ist „Memphis“ sicherlich das eindrucksvollste Chapter bisher. Und wenn sich die Möglichkeit bietet: unbedingt live ansehen!!!
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you can't win them allbullschuetzEine Matana-Liveerfahrung, gegen die diese Platte verblassen könnte, habe ich nicht. Leider. Insofern aber auch zum Glück, dass kein Vergleich mir die Begeisterung relativiert. Ich finde Chapter Four sehr stimmig, straff, stringent, es gibt einen erzaehlerischen roten Faden. Für mich ist Coin Coin ein faszinierendes Projekt, das bisher unter seiner riesengroßen Ambition nicht in die Knie geht.
Ich bezog mich auf dieses Konzert. Da Coin Coin Ch 1 eine Liveaufnahme ist, wissen wir ja, dass es auch anders geht. Ich hätte Lust darauf sie mit voller Band zu sehen, aber einen Auftritt wie unten brauche ich nicht noch einmal.
https://www.regioactive.de/review/2016/10/24/enjoy-jazz-2016-matana-roberts-fordert-das-publikum-in-der-alten-feuerwache-mannheim-7mrRH8w1GP.html--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum. -
Schlagwörter: Coin Coin, Matana Roberts
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