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alexischicke Jimmy Jungermann war der Moderator.
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Seine Stimme und seine Sendungen, auch beim BR, sind unvergessen!
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„Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ (Goethe) "Allerhand Durcheinand #100, 04.06.2024, 22:00 Uhr https://www.radiostonefm.de/naechste-sendungen/8993-240606-allerhand-durcheinand-102Highlights von Rolling-Stone.deSo klingen die größten Schlagzeuger ohne ihre Band
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WerbungalexischickeIch glaube,der erste international anerkannte deutsche Jazzstar war Rolf Kühn.
Einige seiner tollen frühen Alben wurden ja neulich von Universal neu augelegt:
Rolf Kühn feat. Klaus Doldinger
Rolf & Joachim Kühn Quartet – Impressions of New York
Rolf & Joachim Kühn Quintet – TransfigurationDie drei kann ich wärmstens empfehlen! Die Doldinger-Scheibe besteht aus kurzen Stücken (eins gab’s auf meinem letzten BFT), die Band ist eigentlich das Doldinger Quartett (mit Ingfried Hoffman und Cees See sowie dem Bassisten Hermann Schoonderwalt, der für Helmut Kandlberger oder Peter Trunk einsprang).
Die Scheibe aus New York mit Garrison und Aldo Romano erschien auch bei Impulse und ist wie die „Transfiguration“ (mit Karlhanns Berger, heute eher als Karl bekannt) ziemlich nun ja, avantgardistisch… Die Band war vielleicht neben dem Mangelsdorff Quintett die damals beste und wichtigste in Deutschland.Von Kühn sind in der gleichen Unviersal/MPS-Reihe noch Symphonic Swampfire und Total Space erschienen, die mich allerdings nicht sonderlich ansprechen… früher gab’s schon Joachim Kühns Hip Elegy, eine nicht sonderlich tolle Jazzrock-Scheibe.
Was ich sehr schade finde ist, dass die ebenfalls tollen Kühn-Scheiben „Solarius“ und „In East-Berlin“ kaum zu finden sind. Beide gab’s auch mal auf CD, beide hat mir ein Bekannter mal kopiert… und es sind vielleicht meine liebsten Kühn-Scheiben, noch vor dem Impulse-Album.Weitere MPS-Reissues gab’s von Volker Kriegel: Octember Variations, Lift!, Tropical Harvest hab ich mir alle letztes Jahr mal billig gekauft, wirklich essentiell ist keines… die beste ist womöglich Inside: Missing Link, die ich noch nicht habe… früher gab’s von ihm noch Spectrum, die auch nicht essentiell ist… Kriegel mag ich irgendwie mehr als Idee denn in der Umsetzung.
Zudem vom Dave Pike Set: Infra-Red, Noisy Silence – Gentle Noise, Four Reasons und Salomão – alles hübsche Scheiben, die mir recht gut gefallen, auf denen auch Kriegel gut ist, aber der heimliche Star ist das tolle Rhythmusgespann aus J.A. Rettenbacher und Peter Baumeister!
Von Pike gibt’s eine weitere Scheibe bei Promising Music, Live at the Philharmonie. Viel schönere Aufmachung aber auch etwas teuer – auch eine gute Scheibe.
Es fehlt noch ein Reissue von „Album“. Und zum Einstieg oder für Nicht-Komplettisten taugt auch die Masterpieces-Compilation, falls man sie billig findet.Von Peter Herbolzheimer gab’s eine Box mit allen MPS-Aufnahmen und inzwischen mindestens zwei einzelne CD-Reissues, aber mit seiner Musik kann ich bei aller Sympathie für den Mann mit dem Kugelbauch wenig anfangen.
Toll finde ich allerdings das 4CD-Set der gesammelten Philips-Aufnahmen des Klaus Doldinger Quartetts, Early Doldinger – The Complete Philips Sessions (einen Track daraus gab’s ebenfalls in meinem letzten BFT). Auf CD4 sind diverse Raritäten und Live-Mitschnitte zu finden, Tracks, bei denen Doldinger mit anderen Bands spielt, Ausschnitte von NDR Jazz Workshops etc.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaZu MPS noch eine Anmerkung: Promising Music ist ein kleines feines Label, das gewisse MPS-Titel herausbringt, an denen Universal Deutschland zumeist kein Interesse zu haben scheint (es gibt wenige Überschneidungen, zumindest die eine von George Duke, dessen MPS-Alben Universal auch gesammelt neu aufgelegt hat).
Promising Music macht zwar schöne Reissues und es sind einige schöne Sachen dabei: „Free Action“ von Dauner, Jan Hammers „Maliny Maliny“, „Transitory“ von Jasper van’t Hofs Pork Pie, Barney Wilens „Dear Prof. Leary“, John Tchicais „Afrodisiaca“ und zuletzt das tolle „Jazz Meets India“ mit Irene Schweizer, Barney Wilen etc, das ich noch brauche.
Aber insgesamt scheint mir das Label bisher noch eine eher vertane Chance, zuviel Fusion, der auch anderswo unterkommen könnte, zuwenig von den tollen Avantgarde-Sachen, die’s bei MPS gab und an denen Universal kein Interesse hat.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDann natürlich Albert Mangelsdorff hab leider kaum was von seinen MPS Alben.
Hab ihn mal live gesehen mit Wolfgang Dauner in einem kleinen Club war ein unvergessliches Erlebnis! Hab von ihm sogar noch ein Autogramm.
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Die MPS-Alben gab’s ja komplett… zwei „Originals“-5CD-Sets (mit je fünf Alben), ein Live- und ein Solo-2CD-Set (mit zwei bzw. drei Alben), dazu gab’s früher schon „Albert Mangelsdorff & His Friends“.
Die beiden besten Mangelsdorff-Alben sind für mich jedoch klar „Now Jazz Ramwong“ und „Tension“. Ganz toll ist zudem auch „Triplicity“ (Skip), die Veröffentlichung des NDR Jazz Workshop #144, Albert im Trio mit Arild Andersen und Pierre Favre. Ein Trio, das den bekannteren bei MPS-Trios ebenbürtig ist („The Wide Point“ mit Palle Danielsson und Elvin Jones, „Triple Entente“ mit Léon Francioli und Favre, beide im zweiten Originals-Set, „Trilogue – Live!“ mit Jaco Pastorius und Alphonse Mouzon, „Live in Montreux“ mit J-F Jenny-Clark und Ronald Shannon Jackson, beide im „Live“-2CD-Set).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbasehr erstaunlich der werdegang vom Rolf Kühn.
von benny goodman zur modernen avantgarde…
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redbeansandricedie alten Jazzpodiumhefte liegen mittlerweile bei gypsy… dort wurde schon klar unterschieden, kann mich aber nicht mehr richtig erinnern; und als Klaus Doldinger von den Amateuren zu den Profis wechselte, war das denen jedenfalls eine (neutrale) Meldung wert – das war jedenfalls nicht so wischi-waschi wie heute…
Zumindest wurde bei den Preisen wohl zwischen Profis und Amateuren unterschieden.
In seiner Freizeit spielte er zunächst Jazzgitarre in der Band Feetwarmers, mit der er beim deutschen Amateur-Jazz-Festival 1957 zum besten Jazzgitarristen Deutschlands gekürt wurde.
Wikipedia über Dieter Süverkrüp (Volker Kriegel gewann da 1964 – übrigens beide ja auch Zeichner).
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Noch mehr Comics für alle! Jetzt PDF herunterladen!alexischickesehr erstaunlich der werdegang vom Rolf Kühn.
von benny goodman zur modernen avantgarde…
So selten war das in Europa nicht damals… viele fingen mit Dixieland an, als sie noch gar nichts von Parker oder Miles oder Coltrane wussten, dann entdeckten sie irgendwann (z.B. Paris 1949 oder auch erst 1960), dass die Amerikaner gar nicht mehr in diesem Stil spielten… und neue Möglichkeiten öffneten sich.
Kühn hat ja inzwischen längst zu sowas wie „modern Mainstream“ (sorry Alex, aber sag mir eine bessere Bezeichnung!) zurückgefunden… ich hab allerdings aus jüngerer Zeit von ihm nur die 1995er CD „Bouncing with Bud“, auf der er mit der NDR Big Band Musik von Bud Powell interpretiert – ziemlich gut.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbahat sogar 1993 ein Goodman Album aufgenommen.
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Zu einer Jam-Session aus dem Jahre 1949.
„Wir haben uns gewundert und können uns nicht erklären, dass solch fragwürdige Veranstaltungen einiger irrsinniger, erotischer Menschen möglich sind, dass polizeiliche Genehmigungen für derartige sittenwidrige Auswüchse erteilt werden. Wir können nicht verstehen, dass solch schmutzigen Gesellen nicht das Handwerk gelegt wird … Es ist an der Zeit, auch dem kulturschändenden Treiben der sogenannten Musikpiraten den Kampf anzusagen … Wir appellieren an alle! DGB, Gewerkschaft Musik, Bühne, Artistik, Film, Ortsverwaltung Bochum. H. Herbert.“Die Zeitungsnotiz (wohl eine Leserzuschrift) hat Joachim E. Berendt seinem Artikel „Louis Armstrongs ‚Original Be-Bop‘: Eine Glosse zur Jazzkritik in der deutschen Presse“ vorangestellt, Jazz Podium, Nr. 3/II, April 1953, S. 13
Sehr interessanter Text von Berendt, der in der folgenden Passage – ohne allzu explizit werden zu müssen – die politische Einordnung nachliefert:
Mit einer wahrhaft frappierenden Einmütigkeit scheinen die Zeitungen aller Richtungen und Parteien in Ost und West, von Stadt und Land, davon überzeugt zu sein, dass man vom Jazz nichts verstehen müsse, um darüber schreiben zu können.
Der Unterschied ist nur derr: vor ein paar Jahren war die Jazzmusik so ungefähr das einzige, woran man seinen Zorn auf ie „amerikanischen Kulturschänder“ auslassen konnte. „Es lebe die Jazzkritik! Hier kann man sagen, was man denkt und was im politischen Teil verboten ist.“ Dann merkten die Herren, dass das alles doch nicht so einfach war . . . . dass es da gewisse Widersprüche gab, die ein verantwortungsbewusster Redakteur nicht auf sich nehmen konnte. Also begann man plätzlich und beinahe über Nacht, f ü r den Jaz zu schreiben. Aber damit wird alles nur noch verwunderlicher.
Solange man sich nur mit denen, die dagegen waren, auseinanerzusetzen brauchte, war alles ziemlich einfach. Wenn aber diejenigen, die dafür sind, aus Gründen dafür sind, die für uns allenfalls Gründe wären, dagegen zu sein, dann wird es kompliziert.
Der Titel des Artikels stammmt übrigens aus einer Armstrong-Kritik des Hamburger Abendblattes – Berendt:
Den schönsten „lift“ gab mir das Hamburger Abendblatt. Nach ihm präsentiert Louis Armstrong „seinen begeisterten Anhängern den Cool-Swing und Original-Be-Bop“.
Ein ziemlicher Brüller!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaBerendt war damals auch einer der führenden Köpfe im deutschen Jazzverein.
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Berendts Texte in den Jazzpodium Heften der frühen 50er Jahre fand ich echt beeindruckend, weiß nicht ob es daran liegt, dass mein eigenes Jazz-Weltbild so stark von ihm geprägt ist, aber gefühlt sind das mit die besten Stücke Jazzjournalismus weltweit, die ich aus dieser Zeit kenne (was man für die meisten anderen Autoren des Hefts so nicht sagen kann, da gehen zB Philly Joe Jones und Jo Jones munter durcheinander etc… Horst Lippmann war auch sehr gut, aber Berendt nochmal eine andere Liga)
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.Berendts Text über Monk in der frühesten der Ausgaben (April 1953) hast Du gelesen? Der ist in der Tat super! Man nimmt ihm nicht übel, wenn er schreibt, Monk sie (im Gegensatz zu Bud Powell) ein „schlechter Techniker“. Er nähert sich Monk sehr differenziert an und meint auch, dieser habe technisch ziemlich zugelegt… („Criss Cross“ b/w „Eronel“ war die damals jüngste vorliegende Veröffentlichung, so scheint es, JEB nennt sie zumindest „eine seiner neuesten Platten“ und erwähnt keine anderen).
Die Combo, die in der April und auch der Mai 1953 Nummer immer wieder gelobt wird, ist übrigens das Hans Koller Quintett mit Mangelsdorff und Jutta Hipp (deren Trio-Version von „Midnight Sun“ der Höhepunkt eines Konzertes im Kölner Metropolitheater gewesen sei, S. 12 der Mai-Nummer).
Das ist interessant, denn ebenfalls in der Mai-Nummer schreibt Berendt in seiner erste „Kontrapunkt“-Kolumne (den Titel hat er von Hentoff geklaut, der im Down Beat auch eine solche Kolumne schrieb), dass die Österreicher in Sachen Jazz erstaunlicherweise viel avantgardistischer seien als die Deutschen. Er macht das an den vorangegangenen Polls fest, deren Sieger ich nicht kenne, aber er nennt einige Namen und stellt Vergleiche an und kommt zum Fazit, dass die fiktive All Star Band der Österreicher „von einer erstaunlichen, geradezu idealen stilistischen Geschlossenenheit“ sei – eien perfekte Cool-Jazz Band mit Lee Konitz (der vor Parker gewann, in Deutschland gewann Parker), Serge Chaloff (in Deutschland gewann Carney, der in Österreich nicht vorkam, auf den Rängen lagen Mulligan, Ventura, Leo Parker und Lars Gullin) und (fast) Miles (der in Österreich nur 8 Stimmen hinter Louis Armstrong zu liegen kam, der wiederum in Detuschland fast doppelt so viele Stimmen erhielt wie Miles, der dort nur auf den dritten Rang kam).Fazit:
So genügt es also wohl, auf die ganze Sache hingewiesen zu haben, und vielleicht noch mit ein wenig Neid zu konstatieren: in Österreich scheint der Krieg zwischen „alt“ und „neu“ weniger erbittert zu toben. Harry Carney allerdings sollten sie dort unten trotzdem kennenlernen.
:bier:
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaJa viele haben hauptberfulflich Unterhaltungsmusik gemacht und dann ab und zu Jazz. Die Jazzgemeinde war damals noch kleiner als heute.
Das Jazzbuch von Berendt war mein erster Einstieg in den Jazz.
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Das gehört eigentlich nicht zum deutschen Jazz, aber wenn wir hier auch über „Jazz in Deutschland“ diskutieren dürfen (was ich ja eh längst schon mache)…
Jazz at the Philharmonic tourte Anfang 1953 und machte auch in Deutschland halt. Im Jazzpodium vom April wurde darüber berichtet, mit ziemlich zwiespältigen Gefühlen was die Musik, besonders aber auch das rauhe Publikum betrifft: „Ein zart vorgetragenes Klaviersolo, ein gefühlvoll gesungenes Lied haben keine Chancen mehr, Beifall zu erhalten – aber das geschmakloseste Zeug hat noch Aussicht auf frenetischen Beifall, wenn es nur auf der Trompete – oder besser noch – auf dem Schlagzeug vorgetragen wird.“
Die alte Diskussion: JATP – Musik oder Zirkus? Die Wahrheit liegt dazwischen und auch die intensiven Stücke, die in einzelnen Momenten, einzelnen Soli, durchaus ins Geschmacklose abgleiten, enthalten oft tolle musikalische Momente. Schön ist dabei, dass gleich unterhalb des Textes von Werner Götze Flip Phillips abgebildet ist – es wird im kurzen Text unter dem Foto zwar auch seine Fähigkeit, „das kühlste Jazz-Auditorium zum Kochen“ zu bringen betont, aber ein abfälliges Wort sucht man vergebens. Mit dabei auf der 1953er Tour waren: Charlie Shavers (t – er neigte hie und da durchaus zum… sagen wir Überschwang), Willie Smith (as), Lester Young und Phillips (ts), Oscar Petersons Trio (mit Barney Kessel und Ray Brown) sowie die Drummer Gene Krupa und J.C. Heard. Götze fand „am eindrucksvollsten ohne Frage das Peterson-Trio und Melodien wie sein ‚Tenderly'“. Dizzy Gillespie kommt daneben sehr schlecht weg. Wenn ich’s richtig verstehe war er – wie auch das bejubelte Hans Koller Quintett – mit eigener Band im Rahmen der gleichen package unterwegs oder trat zumindest an einem der betreffenden Konzerte auch auf. (die Düsseldorfer Rheinhalle wird im Text zu Gillespie/Koller erwähnt, Götze berichtet über das Konzert im Deutschen Museum in München (und nur über JATP), während im Haupttext über JATP, Dizzy und Koller geschrieben wird aber kein Ort genannt wird.
Im Haupt-Text werden allerdings viele halbgare Klischees aufbereit über die „Wahrhaftigkeit der Aussage, die ihrem ganzen Wesen nach Allgemeingültigkeit hat“, so denn der Jazz, die Musik eine „Bindung zum menschlichen Dasein“ habe. Fehle diese im Jazz, „so wird die Musik zum reinen Effekt und verliert ihre stärksten Momente. Das Ergreifende und Fesselnde der Musik der amerikanischen Neger Louisianas am Beginn unseres Jahrhunderts lag in ihre Ausdrucksstärke.“ Da wird heftig romantisiert und es fehlt wohl auch einiges an – heute selbstverständlichem – Wissen. Der Text ist übrigens nur mit „mm“ unterzeichnet, am Anfang steht das „djf“-Kürzel, das wohl für die Deutsche Jazz-Föderation steht, einen Autoren mit den Initialen M.M. gibt’s im Impressum nicht, ich bin da ratlos… die Rubrik heisst „Man schreibt uns über die letzten Jazzkonzerte“, der Text über Dizzy/Koller ist gar nicht unterzeichnet, nur Götzes Glosse (unter dem Titel „Auch das muss einmal gesagt werden…“) ist klar gezeichnet.
Die negativen Berichte über Dizzy hebe ich mir für den künftigen Dizzy-Thread auf, da es noch keinen Thread und nur weniges über ihn zu lesen gibt hier und ich ihn nicht gleich mit übelsten Anmerkungen einführen möchte. Soviel nur: 1953 war in der Tat eins der schlechtesten Jahre in seiner ganzen Karriere, die Band war unangemessen, die Clownerien nahmen überhand. Aber selbst da gibt es tolle Momente, die andere Trompeter so leicht nicht hingezaubert hätten…
Im September schreibt Berendt dann übrigens bei den Plattenkritiken über eine Live-Aufnahme von Charlie Ventura, die im Rahmen eines „Just Jazz“-Konzertes statt fand: „Gene Normans Just-Jazz-Konzerte haben keinen so grossen Namen wie die Jazz-at-the-Philharmonic-Konzerte von Norman Granz, aber sie haben diesen eines voraus: sie spekulieren nicht ganz so bedenkenlos auf die schlechten Instinkte der Jazzfans.“ Einigermassen lustig, dass das ausgerechnet bei Ventura steht, der zwar schöne Musik gemacht hat, aber mit seinem „Bop for the People“-Konzept durchaus die Instinkte des Publikums ansprechen wollte (und dies auch auf nicht immer sonderlich subtile Art und Weise getan hat… was seiner Grösse nichts anhaben soll, ich mag ihn gerne!).
In der Mai-Ausgabe gibt es auf S. 8 ganz unten versteckt eine kleine Notiz, dass Howard Lucraft, Hollywood-Korrespondent des Melody Maker, im Juni „eine Gruppe bekannter Jazz-Solisten nach Europa“ bringen werde: Red Norvos Trio, zudem Shelly Manne, Art Pepper, Shorty Roger, Wardell Gray, Milt Bernhardt und June Christy. Am 5. Juni solle in Frankfurt der Auftakt zur Tour stattfinden.
June Christy zierte dann das Cover der Juni-Nummer, in der abgesehen von der Todesmeldung Djangos, den Plattenkritiken und einiger kurzer Notizen (Kenton gewährt seiner Band 14 Tage Urlaub und bezahlt allen die Reise heim und zurück nach Kalifornien – Dizzy verklagt einen unachtsamen Autofahrer, der ihn beinahe überfahren hätte, auf 25.000 Dollar – Ray Anthony stellt die Band um – Dan Dailey ist Favorit für die Hauptrolle des geplanten Biopics über Glenn Miller – Lionel Hampton hat, „ständig auf der Suche nach neuen show-Effekten“, mit Elsie Smith eine Tenorsaxophonistin in der Band, Monk West spielt den „electronic bass“ und Quincy Jones‘ Trompete töne „mittels eines Spezialdämpfers wie ein Saxophon“…) keine Neuigkeiten zu internationalem Jazz zu finden sind.
In der Juli-Nummer – nach Ella und June ist Sassy das dritte Cover-Girl in Folge, zu Ella gab’s einen kleinen Text, zu June einen Konzerthinweis, zu Sarah Vaughan gar nichts… korrigierte Nasen helfen eben, das Heft zu verkaufen – findet sich dann der kurze Text „Wo blieben Christy, Norvo & Co?“, in dem über Terminprobleme berichtet wird und darüber, dass Lucraft das Zustandekommen der Tournee inzwischen für ziemlich unwahrscheinlich halte. Im gleichen Text wird allerdings für August die Europa-Tournee von Stan Kenton angekündigt.
Die Notizen sind selten so witzig wie die obigen, hier gibt’s eine, die zur gerade im Posaunen-Thread geposteten gehört: „Die Zeiten für Jazz-Musiker sind schlecht. Sie arbeiten als Kellner, Taxi-Chauffeure, oder in anderen Berufen, wie z. B. Claude Jones, J. J. Johnson u.a.“
Ansonsten wird über Konzerte von Johnny Dankworth (Don Rendell wird besonders hervorgestrichen, wen wundert’s!) und Joe Turner berichtet, und zuhinterst gibt’s ein Inserat für Roger Gitarren mit einem hübschen Foto, das Barney Kessel und John Rediske gemeinsm zeigt, beide mit der Super Cut Away in der einen, Sonnenbrille, dünnem Oberlippenbärtchen, big grin und Glas in der andern Hand.
Stan Kenton war denn also das lang-ersehnte Konzert aus den USA, nachdem im Frühjahr JATP durch die Lande zog. Er ziert (nunja) den Titel der August-Nummer, wird herzlich willkommen geheissen, sein Photo und ein kurzer Text sind auf S. 3 zu finden und blättert man um ist fast wieder nur Kenton – links die ganzseitige Anzeige mit dem Angebot an die österreichischen Leser, am 16. September nach München ans Kenton-Konzert zu fahren (250 Schilling inkl. mittlerer, 290 Schilling inkl. besserer Konzertkarte, Arrangements für Nächtigung bzw. Halb- oder Vollpension ab 45 Schilling) und rechts nochmal „Stan Kenton kommt!“.
In den Jazz-News werden mögliche Touren von Mary Lou Williams und Jimmy McPartland mit Marian erwähnt. Die beiden hätten beim letzten Aufenthalt – unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner – in Aachen den Bunds fürs Leben (so lange sollte er nicht währen) geschlossen. Pearl Bailey und ihr Mann Louie Bellson befänden sich zudem auf Vergnügungsreise iin Europa.
Zudem wird über eine Aufnahmesession bei Blue Note berichtet (ermutlich aus gehöriger Distanz). Auffällig dabei ist, dass schon zum zweiten Mal (seit der April-Nummer, der ersten, die ich habe) nur „Francis Wolfe – früher Fanz Wolff vom Hot Club Berlin“ als Produzent erwähnt wird, der Name Lion nicht fällt (das erste Mal, dass das vorkam, war in einer Plattenkritik).Zudem wird berichtet, dass Lil Armstrong nach Berlin reiste, wo sie an einer Jam Session teilnahm, aber anschliessend unverrichteter Dinge abreiste – „wegen der Ereignisse im Ost-Sektor“ sei das Konzert abgesagt worden. Welche Ereignisse mögen da gemeint sein? Dass neuerding Personalausweise der DDR ausgestellt wurden?
In der September-Nummer wird dann der Besuch Stan Kentons in einem kleinen Dossier ausgiebig gefeiert. Auf dem Titel ist Conte Condoli (sic), Solist der Band, Berendt stellte verschiedene Zitate zusammen („Stan Kenton und seine Musik im Urteil der Fachleute“), June Christys burschikoser Charme (confession corner: ich mochte immer ihre Stimme, ihren Look nicht so sehr) dient einmal mehr der Verzierung, die Musiker „Zoot“ Sims, Frank Rosolino und Erni (sic) Royal werden auf der dritten Seite ebenfalls abgebildet (wobei die Legenden zu Royal und Sims vertauscht sind… in der August-Nummer wurde schon gemeldet, dass Kenton mit Royal erstmals einen „Farbigen“ in seinem Orchester habe (Nachtrag zu oben: Der integrative Aspekt von JATP wird natürlich unterschlagen… das ist ja eigentlich bis heute üblich, nur der Zirkus wird lauthals beklagt, dass Granz ein Vorkämpfer gegen die Rassentrennung war, wird viel zu selten gewürdigt, lieber zerreisst man sich die Nase über seine „künstlerisch fragwürdigen“ Produktionen).
Zu Kenton gibt’s in der September-Nummer auch einen biographischen Artikel, der seinen Werdegang bis hin zum Innovations Orchestra (1950/51) verfolgt und ihm wie mir scheint ziemlich nahe kommt. Vermutlich stammt der Text von Berendt.
Zudem wird als Vorschau Lionel Hampton angekündigt (der durch Skandinavien touren soll, ebenso wie später im Jahr auch noch Count Basie).
Und hinten im Heft gibt’s noch eine Seite eye candy:
„Chris Connors [sic] war dazu ausersehen, die ausgedehnte Europa-Tournee des Orchesters Stan Kenton als Sängerin mitzumachen.
P O D I U M hatte für sie bereits das Titelblatt reserviert. Inzwischen ist June Christy mit von der Partie, die wir unseren Lesern auf dem Titelbild des Juni-Heftes vorgestellt haben.
Von den künstlerischen Qualitäten Chris Connor wissen wir nicht viel, da sie aber zumindest eine äusserst aparte Erscheinung sein dürfte, wollen wir ihr Bild unseren Lesern doch nicht vorenthalten.“
Hört hört… Macho-Getue allenthalben.In seiner Kontrapunkt-Kolumne im September-Heft unternimmt Berendt den löblichen und notwendigen Versuch, Herrn Wiesengrunds klägliche Gedanken zum Jazz zu demontieren. Dazu vielleicht später mal mehr… da müsste man mal etwas tiefer nachlesen.
Zu Stan Kenton folgten dann in der Oktober-Nummer weitere Berichte: ein Auszug aus einem SWF-Interview, das Berendt geführt hat, sowie ein Text von Hans Dieter Klee.
Dann ging es recht schnell: Lionel Hampton ging nicht nur nach Skandinavien sonder beehrte auch andere europäische Gebiete, trat in Hamburg, Düsseldorf, München, Frankfurt und Berlin auf – Aufnahmen gibt es aus Basel (zwei CDs bei TCB) und in Paris fanden diverse Sessions statt, auch welche ohne den Leader, obwohl dieser seinen Leuten genau dies untersagt hatte (aber hey, die Entlassung hat sich gelohnt… wir hätten sonst nicht die Vogue-Aufnahmen von Clifford Brown!).
Im November-Heft berichtet Berendt dann über eine grossartige, vierstündige Jam Session von Hampton mit Clifford Brown, G. G. (Gigi) Gryce, Al Hayes (Hayse) sowie den wichtigsten Jazzern der Edelhagen-Band, die am 5. Oktober in Baden-Baden stattfand, als die Hampton-Band ihre Deutschland-Konzerte beendet und vor der Weiterreise nach Frankreich waren. Anscheinend nahm Berendt die ganze Sache auf und erhielt auch die Erlaubnis, sie am Radio auszustrahlen – praktischerweise sind im Jazz Podium ja stets auch Hinweise auf Jazz-Sendungen zu finden, im SWF lief also am 1. Dezember 1953 um 23:30 eine halbstündige Sendung mit Ausschnitten dieser Jam Session – würd ich verdammt gerne hören, das!
Über Clifford Brown heisst es:
Er war „the end“. Wir hatten ihn in Frankfurt gehört. Niemand erschien dort bemerkenswert. Ausser Hampton selbst. Aber jetzt spielte Brownie wie ein Nachwtwandler. „Man kann das nicht fassen“, sagte einer unserer Edelhagen All Stars. „Du musst dein Leben ändern, wenn du das hörst“, ein anderer. Wir fielen ununterbrochen: von nun an, den ganzen Abend lang, in einen Abgrund nach dem anderen. Und jeder war tiefer als der vorhergehende. Aber jeder war voll mit Ideen. Ideen, in denen alles anklang: gespenstisches und engelhaftes, aber nur ganz wenig menschliches.
Interessant eine kleine Meldung aus New York: das George Wallington Quartett stelle sich als „eine der grössten musikalischen Überraschungen dar“ – interessant, weil Ernie Henry am Altsax mitwirkte. Das zu hören, dafür gäbe ich ein Arm und ein Bein!
Im Frankfurter Jazz-Domicile fand zudem eine Jam-Session mit Fagott und Waldhorn statt: Fred Dutton, der bei Brubeck Bass und gelegentlich Fagott gespielt hat, und David Amram, leiteten ihre Dienstzeit in Deutschland ab. Dutton habe gemeint, die neue Jutta Hipp Combo mit Emil Mangelsdorff und Joki Freund (über die im November-Heft auch berichtet wird), sei den besten modernen Musikern der USA ebenbürtig. Es war aber nicht Emil sondern Albert Mangelsdorff, der bei der Jam Session auftauchte.
Zudem im November Heft ein kleiner Text, der eine weitere damalige Realität aufzeigt: „Halerm Band in Europa ohne Engegement“ [sic]. Die Gruppe von Freddy Mitchell, die in italien für eine Tour gebucht wurde, eine „Negerband aus Harlem, weist folgende Besetzung auf: Benny Bailey […] tp; Leon Comeggs [sic] (tb); […] Elmer Williams (ts)“ – die anderen Musiker sind mir auch nicht vertraut, aber hey… Mitchell hatte damals „einige grössere Anzahl Platten mit eigener Ban für die Marken Derby, Mercury und Brunswick“ auf dem Markt, hatte mit Beny Carter, Fletcher Henderson oder Sy Oliver gespielt. Bailey war natürlich bei Hampton dabei (vermutlich blieb er grad in Europa?) und Comegys hatte in Dizzys Bop Big Band gesessen, 1953 mit Max Roach aufgenommen und gehörte 1954 auch zu Hamptons Band (zu hören z.B. auf der Apollo-LP) und später spielte er mit Howard McGhees Big Band. Elmer Williams hatte mit Basie, Chick Webb, Armstrong oder Fletcher Henderson gespielt… und solche Leute sassen ohne Engagement (und möglicherweise pleite und ohne Möglichkeit, heimzureisen – das ging ja später auch Quincy Jones‘ Big Band noch so) in Mailand herum… immerhin wird eine Kontaktadresse gleich mitgeliefert.
Im Dezember-Heft gibt’s dann zuvorderst einen Ausblick auf kommende Deutschland-Konzerte. Angekündigt sind wieer JTP, zudem das Orchester von Harry James, das Modern Jazz Quartet, Count Basie, Woody Herman und Louis Jordan.
In der Bild-Unterschrift zu James steht: „Auch wenn Harry James heute weit davon entfernt ist Jazz zu spielen, hat er doch wegen seines technisch blendenden Spiels noch viele Anhänger.“ – Es fällt auf, dass Jazz auf ähnliche Weise immer wieder abgegrenzt wird, bzw. dass von gewissen Leuten gesagt wird, sie spielen „recht viel Jazz“ oder sie hätten „viel Jazz im Programm“. Die Abgrenzung verläuft wohl gegen Show-Bands, Tanz-Bands, was immer, wie sie James etwa leitete – was wiederum nicht heissen muss, dass bei James kein Raum für Jazz-Solisten oder gelegentliche Jazz-Soli von diesen war. Zu Erwin Lehn heisst es auch mal (im Bericht zur „Woche der leichten Musik“ des SDR in der November-Nummer), dass „seine Solisten auch in freier Form aus sich selbst schöpfen können, warum zeigen sie das nur unter sich?“ Es wird also bedauert, dass Bands mit tollen Leuten diesen kaum Raum gewähren, um auch mal persönliches in die Musik einzubringen… das erinnert mich grad noch an etwas: Max Greger wird mehrmals sehr lobend erwähnt – im November-Heft heisst es, „Greger scheint auf [Lionel] Hampton grossen Eindruck gemacht zu haben.“ (Unmittelbar davor steht, dass Kenton – „auch geistig ganz von seiner Musik erfüllt, beherrscht und völlig ublasiert“ – unmittelbar vor seinem Konzert in München eine „interessante Pressenkonferenz“ gegeben hätte. „Hampton legte sich nach seiner Ankunft schlafen; die farbigen Musiker wussten offenbar nichts über ihre Musik zu sagen. Kenton hatte ein Konzertpublikum, Hamptons Publikum tobte.“ Nunja… Und gleich noch eine hübsche Abschweifung: an der „Woche der leichten Musik“ des Jahres 1966 trat die Cecil Taylor Unit (mit Jimmy Lyons, Alan Silva und Andrew Cyrille) im Sendesaal der hehren Villa Berg zu Stuttgart auf… leichte Musik, ha! – (hier das zugehörige Jazzpodium-Cover – das Konzert wurde mitgeschnitten, mehrfach ausgestrahlt und ist im Umlauf – fantastisch natürlich.)
Kenton vertritt – passenderweise – „die Ansicht, dass man in Europa seiner Art Jazz zu spielen mehr Sympathien entgegenbringt als dem Jazz der Neger. Die musikalische Substanz des alten Neger-Jazz genüge den Europäern nicht, deswegen bevorzuge man die modernen Jazzformen und sei besonders auch Lennie Tristano und Lee Konitz gegenüber aufgeschlossen“. Kenton gefiel es also in Deutschland diesen Aussagen gemäss mindestens so gut, wie derjenige, der dies schrieb, es sich erwünschte… dass die Tendenz zum „Cool“ geht ist nicht weiter verwunderlich, allerdings werden auch Monk und Miles gleichermassen dem „Cool“ wie dem Bop zugerechnet, so gesehen ist das Bild etwas – etwas! – weniger schief. Es fehlen allerdings abgesehen vom tollen Text über Monk, den Berendt in der April-Nummer geschrieben hat, auch vertiefende Texte über schwarze Jazzmusiker ziemlich (es gibt ein paar Berichte über Blue Note Platten-Sessions mit Jimmy Hamilton, Art Hodes etc, aber das ist ja so wenig der damals aktuelle Jazz wie es die Musik von Lionel Hamptons Band war).
Es wird überdies gemeldet, Down Beat habe beschlossen, bei den Polls künftig – der besseren Klarheit zu Liebe – sowohl nach dem besten Tanz-Orchester und nach der besten Jazz-Big Band zu fragen.
Dieter Krause berichte über die Old-Time-Jazz-Aktivitäten in Paris, u.a. im Trois Mailletz, wo Peanuts Holland als Gast mit französischen Musikern auftrat. Er hörte zudem Bill Coleman (mit Bill Tamper, Benny Waters, Eddie de Haas, Wallace Bishop u.a.). Nicht nur ist das Quartier Latin „Zentrum des europäischen Jazzlebens“ sondern das Pariser Publikum ist viel zivilisierter (es „wurde weger gepfiffen noch getrampelt, an Knarren, Hörner und andere Lärminstrumente war nicht zu denken“) bei gleichzeitig grosser Begeisterung, kennt sich viel besser aus („nicht etwa ‚Rag Mop‘ oder ‚Trumpet Blues'“ würden gewünscht „sondern echte Jazzthemen“) und im Gegensatz zu Deutschland bilden die Männer in Paris keine „erdrückende Mehrheit“. In den Juke-Boxen sind zudem nicht „die in den USA populäre[n] Schlager“ zu finden sondern „Sidney Bechet, Claude Luter, Louis Armstrong und Earl Bostic nehmen oft den grössten Teil des Programms ein“.
Soweit das kleine Sittenbild…
Und als Nachtrag: von 1954 kenne ich nur ein Heft, Nr. 7/III vom Juli (in dem zudem S.9/10 fehlen). Es gibt darin v.a. einen Bericht über den Pariser Salon de Jazz, bei dem Albert Nicholas und Jonah Jones die „Alten“ vertraten (Bechet musste krankheitsbedingt absagen), während der moderne Jazz von Thelonious Monk und Gerry Mulligan vetreten wurde. Die Konzerte, die letzterer mit seinem Quartett mit Bob Brookmeyer in der Salle Pleyel spielte, sind von Vogue veröffentlicht worden und in der Tat äusserst hörenswert. Vogue lockte Monk damals ebenfalls ins Studio und entlockte ihm die wohl schönste seiner Solo-Aufnahmen überhaupt. Zudem sind Mary Lou Williams und Martial Solal aufgetreten.
Das mag zusammen mit obigem Bericht über die Trad-Szene im Quartier Latin verdeutlichen, dass damals in Paris sehr viel mehr los war als in Deutschland. Dass immer wieder die Combos von Hans Koller und Jutta Hipp erwähnt werden (in fast jeder Nummer, oft mit Bild) zeigt auch, dass damals in Sachen moderner Jazz noch nicht viel lief.
Ein letztes: Im (Leser-)Forum der Juli-Nummer findet sich unter der Überschrift „Jazz in der DDR“ eine Reaktion auf eine vorangegangene Zuschrift eines Reginald Rudorf aus Leipzig, die sich wehrt, weil Rudorf geschrieben hätte, „wer sich dem Jazz verpflichtet fühle, dürfe keine Schranken errichten“ und die rhetorische Frage stellt, wer denn da die Schranken errichte. Dass Rudorf sich als Leser des Jazz-Podiums bezeichnet, weckt zudem den Argwohn, „dass er eine Sondergenehmigung des DDR-Kultusministeriums“ habe – das dürfte in der Tat der Fall gewesen sein (klick).
Es folgt dann ein Bericht über eine Veranstaltung, bei der selbiger Rudorf zum Thema „Um Jazz und eine neue Tanzmusik“ in Halle gesprochen habe, die damit beworben wurde, dass Beispiele von Armstrong und Ellington gespielt würden. Die Türen wurden verschlossen, bevor der Saal voll war, Volkspolizisten stifteten unter den draussen gebliebenen Unruhe, um Vorwände für Verhaftungen zu kriegen, immer mehr SED-Funktionäre seien aufgetaucht, in der Hoffnung, Namen der gefährlichen Elemente aufzuschnappen etc. etc. Fazit: Armstrong als Rattenfänger für die SED.
Rudorf scheint ja gemäss verlinkten dem Wiki-Artikel wenige Jahre später selbst in Ungnade gefallen zu sein. 2008 verstorben wird er bei Wiki immerhin (u.a.) als Dissident geführt.
Welche Version eher stimmt, jene im Jazz Podium oder jene bei Wiki (das Jazz Podium legt ja immerhin nahe, dass Rudorf Teil des ganzen SED-Planes hätte gewesen sein können) weiss ich natürlich nicht, von Rudorf (der später den Mediendienst rundy gründete, den heute sein Sohn leitet) hatte ich noch nie gehört.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba -
Schlagwörter: Albert Mangelsdorff, Cool Jazz, Free Jazz, Hans Koller, Jazz in Deutschland, Jutta Hipp
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