Re: Der deutsche Jazz

#8364135  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,139

Berendts Text über Monk in der frühesten der Ausgaben (April 1953) hast Du gelesen? Der ist in der Tat super! Man nimmt ihm nicht übel, wenn er schreibt, Monk sie (im Gegensatz zu Bud Powell) ein „schlechter Techniker“. Er nähert sich Monk sehr differenziert an und meint auch, dieser habe technisch ziemlich zugelegt… („Criss Cross“ b/w „Eronel“ war die damals jüngste vorliegende Veröffentlichung, so scheint es, JEB nennt sie zumindest „eine seiner neuesten Platten“ und erwähnt keine anderen).

Die Combo, die in der April und auch der Mai 1953 Nummer immer wieder gelobt wird, ist übrigens das Hans Koller Quintett mit Mangelsdorff und Jutta Hipp (deren Trio-Version von „Midnight Sun“ der Höhepunkt eines Konzertes im Kölner Metropolitheater gewesen sei, S. 12 der Mai-Nummer).
Das ist interessant, denn ebenfalls in der Mai-Nummer schreibt Berendt in seiner erste „Kontrapunkt“-Kolumne (den Titel hat er von Hentoff geklaut, der im Down Beat auch eine solche Kolumne schrieb), dass die Österreicher in Sachen Jazz erstaunlicherweise viel avantgardistischer seien als die Deutschen. Er macht das an den vorangegangenen Polls fest, deren Sieger ich nicht kenne, aber er nennt einige Namen und stellt Vergleiche an und kommt zum Fazit, dass die fiktive All Star Band der Österreicher „von einer erstaunlichen, geradezu idealen stilistischen Geschlossenenheit“ sei – eien perfekte Cool-Jazz Band mit Lee Konitz (der vor Parker gewann, in Deutschland gewann Parker), Serge Chaloff (in Deutschland gewann Carney, der in Österreich nicht vorkam, auf den Rängen lagen Mulligan, Ventura, Leo Parker und Lars Gullin) und (fast) Miles (der in Österreich nur 8 Stimmen hinter Louis Armstrong zu liegen kam, der wiederum in Detuschland fast doppelt so viele Stimmen erhielt wie Miles, der dort nur auf den dritten Rang kam).

Fazit:

So genügt es also wohl, auf die ganze Sache hingewiesen zu haben, und vielleicht noch mit ein wenig Neid zu konstatieren: in Österreich scheint der Krieg zwischen „alt“ und „neu“ weniger erbittert zu toben. Harry Carney allerdings sollten sie dort unten trotzdem kennenlernen.

:bier:

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba