Das Piano-Trio im Jazz

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  • #12563871  | PERMALINK

    vorgarten

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    parlan, tucker, harewood, us three (1960)

    das zweite trio-album von parlan, 2 monate nach dem ersten aufgenommen, ist homogener, aber weniger spannend, finde ich. auf jedenfall ein pianist, der seine höhepunkte in aller ruhe herausspielt, bis sich hypnotische figuren ergeben, die er dann wiederholt. passiert aber auch nicht immer (und im alter, soweit ich mich erinnere, kaum noch). stilistisch ist das etwas neues unter den sachen, die ich bisher gehört habe. george tucker ersetzt hier sam jones, und dieses trio war ja bis 1965 (dem tod tuckers) als verlässliche einheit unterwegs, aber trio-aufnahmen von parlan gibt es erst wieder in den 70ern, aus skandinavien.

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    #12563899  | PERMALINK

    vorgarten

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    evans, lafaro, motian, explorations (1961)

    das letzte studio-album vor den heiliggesprochenen live-dokumenten. angeblich spielt der bassist hier auf einem geliehenen instrument, was die frage aufwirft, wie er es hier mit der griffbrettnähe der saiten gelöst hat. das programm ist jedenfalls fertig. was noch ein bisschen stört, mich zumindest, ist die geradmäßig auf- und zuklappende hi-hat von motian, die ein bisschen gegen die in der luft liegende flexibilität arbeitet. das erinnere ich im village vanguard nicht so, aber ich mag das nicht überprüfen, ich habe ja beide alben kürzlich noch gehört und beschrieben – und sie kommen bei mir wahrscheinlich ohnehin nicht in die ganz enge auswahl.

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    #12563917  | PERMALINK

    vorgarten

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    hope, chambers, warren, jones, hogan (1961)

    elmo hope, zurück an der ostküste. das erste album, das trio- und sextett-aufnahmen kombiniert, hieß tatsächlich auch HOMECOMING. diese beiden sind noch früher entstanden, aber für kleinere labels. die rückkehr nach new york bedeutet in diesem fall auch die rückkehr zum alten material und zu den klassischen formen, für mich ein deutlicher rückschritt, zumindest im trio format (das RYKER’S ISLAND album ist ja super).

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    #12563923  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    Wegen Hope: ja, Riker’s Island ist prima, ich find auch Homecoming sehr sehr gut und The Fox von Harold Land… Zusammen mit dem Trioalbum auf HifiJazz ist das für mich die Spitzengruppe…

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    #12563927  | PERMALINK

    vorgarten

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    mance, carter, roker, happy time (1962)

    das ist der deutlich fröhlichere gottesdienst (im vergleich zu parlan), nicht nur sind die soul-elemente nach vorne gestellt, das crispe bass/schlagzeug-team entwickelt spaß aus der präzision. keine ahnung, warum ich mir das mal angeschafft habe (außer, weil es gut ist) – vielleicht wegen carter/roker, die ja auch das rückgrat von hancocks SPEAK LIKE A CHILD bilden, was wiederum ein schönes trioalbum gewesen wäre, hätte hancock das nicht langweilig gefunden und noch dunkle bläserwolken beigefügt (was ich ihm nicht verübeln kann, er wusste, was er tat).

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    #12563937  | PERMALINK

    vorgarten

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    pearson, howard, humphries, angel eyes (1961-62/1968)

    kommt ein bisschen aus der gleichen ecke, wurde aber bis 1968 (das cover!) geheimgehalten. funktioniert zwischendurch aber auch auf bop-ebene ganz gut (pearsons trio-aufnahmen aus den 50ern kenne ich nicht). sehr hübsch, nicht existenziell, aber ich mag gerade, wie sich das format in richtung pop entwickelt. pearsons tolle kompositione „jeannine“ tauchte später mal bei steve coleman auf, natürlich im 15/7-beat oder sowas.

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    #12563945  | PERMALINK

    vorgarten

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    evans, budwig, manne, empathy (1962)

    wenn creed taylor seine hände im spiel hat, kann auch bill evans pop – tatsächlich dachte ich gerade, dass das pearson-album weitergeht… ziemlich schlau, evans für sein erstes album auf verve erstmal aus seinen sich gerade verfestigenden formeln herauszuholen und ihn mit shelly manne und dessen bassisten zusammenzuführen (und fürs zweite album mit mcfarland). ich habe seit jeher einen soft spot dafür, evans spielt vergleichsweise hot und boppig, manne sorgt für ein hippes gegengewicht, alle können glänzen, das material ist sehr nach meinem geschmack (loesser!), auch die ruhigen stücke sind toll – ein stylisches zwischenspiel für den pianisten, sehr klug konzeptioniert und durchaus herausfordernd. ein anderes cover hätte der bekanntheit wahrscheinlich geholfen, das ist dann doch ein bisschen arg gegen das image gesetzt.

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    #12563953  | PERMALINK

    was
    Loner, again

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    vorgarten parlan, tucker, harewood, us three (1960) das zweite trio-album von parlan, 2 monate nach dem ersten aufgenommen, ist homogener, aber weniger spannend, finde ich. auf jedenfall ein pianist, der seine höhepunkte in aller ruhe herausspielt, bis sich hypnotische figuren ergeben, die er dann wiederholt. passiert aber auch nicht immer (und im alter, soweit ich mich erinnere, kaum noch). stilistisch ist das etwas neues unter den sachen, die ich bisher gehört habe. george tucker ersetzt hier sam jones, und dieses trio war ja bis 1965 (dem tod tuckers) als verlässliche einheit unterwegs, aber trio-aufnahmen von parlan gibt es erst wieder in den 70ern, aus skandinavien.

    Für die laufenden Umfrage kenne ich leider nicht genug Alben, aber die beiden Horace Parlan  Trio Alben wären da mit  dabei.

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    "In den Arsch kriechen, um zu unterwandern: noch nie gut gegangen." Peter Rühmkorf      
    #12563955  | PERMALINK

    vorgarten

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    letztes album für heute

    bley, swallow, la roca, footloose (1962/63)

    das erste ornette-coleman-inspirierte trioalbum, obwohl da ja kein klavier mehr vorkam. aber bley hatte ja auch noch carla bley als weitere inspiration. verrückt, sowas nach bill evans zu hören, als wäre man zwischendurch in eine zeitmaschine gestiegen. hier sind ganz neue ideen am werk, die mit dem amerikanischen liedbuch nichts mehr zu tun haben. die stücke heißen „floater“ und „syndrome“, und man hätte das alles viel eher mit dem cover von EMPATHY visualisieren können als die hipster bei verve. faszinierendes album, bley hat seine sprache fertig entwickelt, irgendwo in diesen irrlichternden läufen sitzen immer die akzente perfekt im beat, swallow hat sich von haden abgelauscht, wie man das frei grundiert, und la roca swingt in einer anderen welt. ist alles nochmal sehr gewachsen.

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    #12563975  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    Mike Nock – Ondas

    mit Eddie Gomez und Jon Christensen… laut meiner Liste in der ECM Umfrage das siebtbeste Klaviertrio auf ECM, siebzehntbestes ECM Album überhaupt… vier ECM Alben sollten gesetzt sein… Break Stuff von Iyer, Sunrise von Kikuchi, Tales of Another von Peacock und Changeless von Jarrett… die nächste vier sind sehr stark, Reflections von Bobo Stenson, Standards Vol 1, Ondas und Free At Last… aber dass man auch einfach alles mögliche andere in die Liste setzen kann, ändert das Spiel natürlich… bei SUnrise bin ich auch wieder am zweifeln, das muss ich unbedingt gegenhören, gegen Tethered Moon und so natürlich auch… Ondas ist jedenfalls fantastisch, genau so wie man sich ein ECM Klaviertrio vorstellt, und dann ein bisschen drängender und fokussierter

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    #12563979  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich komme hier wie gesagt grad überhaupt nicht mit, aber das Evans-Album mit Manne und Budwig mag ich auch sehr… auf Anhieb. Und mit Bley-Alben aus den Sechzigern könnte ich ne halbe Top 20 füllen … aber welche in die Liste dürfen ist ne Knacknuss für mich.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12563983  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    Tete Montoliu „Blues for Line“ (Discophon) 1972 ….das Trio mit Eric Peter und Joe Nay hätte das Zeug als Contender für das Georges Arvanitas Trio in den 70ern gehabt …. Tete Montoliu streute sein „Triopersonal“ jedoch folgend ziemlich breit/opportunistisch und Erfolge auf SteepleChase mit Sam Jones, NHOP und Albert Heath sollten ihm Recht (aber keine Richtung) geben …. aus dem Aspekt kontinuierlicher Weiterentwicklung in gleicher Besetzung eine vergebene Chanche ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12564005  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Dodo Marmarosa – Pittsburgh, 1958 | Bisschen was geht noch … Jahre vor der Zusammenstellung mit Aufnahmen aus der kurzen guten Zeit von Dodo Marmarosa hat Uptown schon diese CD herausgebracht. Im Booklet hat Sunenblick (der Produzent, Bob mit Vornamen, aber meistens ohne) die Geschichte von Marmarosa schon mal erzählt und auch ein 1995 geführtes Interview abgedruckt. Marmarosa ging also zurück „to family and stability“, verschwand aber zugleich in der „slow slide into obscurity as spelled P-I-T-T-S-B-U-R-G-H“ (Leonard Feather), wurde zu einem der „great Might Have Beens“ (nochmal Feather), spielte lokal aber weiterhin – und ab und zu las man seinen Namen in der „Strictly Ad Lib“ Kalender-Kolumne in down beat. In den Fünfzigern verschwand er zweimal wirklich fast: seine Frau verliess ihn – und damit verlor er auch seine beiden Töchter. Und 1954 wurde er in die Armee eingezogen: „labeled crazy, hospitalized, given shock treatments, and then discharged three months later“. Die Elektroschocks noch eine Parallele zu Bud Powell. Er zog sich zurück, lebte von Tag zu Tag, bemühte sich nicht mehr um Gigs, die sich nur noch ergaben, wenn ihn wer anrief (Danny Conn vor allem, der hier am Ende der CD auf zwei Stücken von 1957 an der Trompete zu hören ist9. Allerdings hat Marmarosa weiterhin ständig geübt, sein ganzes Leben drehte sich um das Klavier.

    „Full of self-doubts, he was unable to share his music – on some nights if you were there and heard him that was enough – no questions, no compliments, no requests, no encores. On other nights, he was very congenial. His family, first generation Italian, rejected any professional help, looking upon this as a stigma“ (Sunenblick). Das alles nach den steilen Anfängen in L.A. Mit 9 hielten seine Eltern ihn für das nächste Klassik-Piano-Wunderkind, doch dann hörte er Jazz, traf Erroll Garner (der an eine andere High School ging) und übte mit ihm, tausche Ideen aus, hing beim älteren Pianisten Tootsie Davis herum, der ihn ermutigte und anleitete – und mit 16 verliess Marmarosa Pittsburgh. Er hatte erste Gigs mit weniger bekannten Bands, doch als der Draft es für die Bandleader immer schwieriger machte, genug Leute zu finden, fand er sich bei Gene Krupa wieder, der die Band von Johnny „Scat“ Davis „plünderte“ – doch dann wurde Krupa wegen Besitz von Marihuana verhaftet und die Band zerbrach. Marmarosa, Jimmy Pupa und Buddy De Franco (beide aus der Davis-Band) schlossen einen Pakt: wenn einer einen guten Gig kriegte, sorgte er dafür, dass die beiden anderen auch in die Band kommen konnten. Das klappte bei Ted Fio Rito, Charlie Barnet und Tommy Dorsey. Mit Krupa und Dorsey war Marmarosa auch Teil von kleinen Bands, auch bei Barnet kriegte er mal ein Feature. Ende 1944 dann der grosse Treffer: die Band von Artie Shaw, landesweite Bekanntschaft, Aufnahmen für RCA und Musicraft, die Hot-Stücke (bei Auftritten und Aufnahmen) mit den Grammercy Five (zu denen auch Roy Eldridge und Barney Kessel gehörten).

    Shaw löste die Band Ende 1945 auf, Marmarosa blieb an der Westküste und ging zu Boyd Raeburn, der gerade eine abenteuerliche Band zusammenstellte, mit Arrangements von George Handy und der Sängerin Ginnie Powell. Marmarosa durfte jeweils ein paar Solo-Stücke spielen. In der Nachkriegszeit boomte L.A., viele Schwarze blieben und arbeiteten in Werften und Fabriken, überall entstanden kleine Jazzclubs, besonders um die Central Avenue und den eleganten Supper Club Billy Berg’s in Hollywood, wo bald Dizzy Gillespie und Charlie Parker auftraten. Gene Norman (Just Jazz) und Norman Granz (JATP) buchten immer wieder grosse Hallen, um All-Star-Konzerte zu veranstalten und Marmarosa war mittendrin, lebte in einem gemieteten Haus und übte ununterbrochen an seinem gemieteten Steinway-Upright – und wartete auf Anrufe. In der Zeit lief es richtig gut, er machte viele Aufnahmen, zog durch die After-Hours-Clubs, trat als Solist im Billy Berg’s und dem 400 Club auf. Das alles kam mit dem recording ban der AFM allmählich zu einem Ende und Marmarosa kehrte nach Pittsburgh zurück, spielte in einer Lounge mit einem p/g/b-Trio und mit Bläser-Trios (Blasinstrument mit Piano und Drums – anscheinend eine Pittsburgher Spezialität damals), bis Artie Shaw im November 1949 in wieder in seine neue Big Band holte … das ging nur kurz gut, die Geschichte(n) dazu im letzten Marmarosa-Post. Danach die Heirat in Pittsburgh, zwei Töchter, die Musik wurde um die Familie herum organisiert. Die Frau wollte nach L.A., wo er sie und die Töchter hinbrachte. Als er später nachfolgen wollte, reichte sie die Scheidung ein … Marmarosa wollte L.A. verlassen, bemühte sich immer wieder um seine Familie (und wurde in der Zeit von einem Amateur als Gast mit den Lighthouse All Stars aufgenommen). Irgendwann gab er auf und zog gen Osten. In Oklahoma wurde er wegen Trunkenheit verhaftet, der Vater musste die Kaution aufbringen und die over protective Familie hatte ihren Sohn wieder. Dann trudelt noch ein Formular ein, dass die Namen der Töchter geändert werden sollen – er unterschrieb, und sollte sie nie wieder sehen.

    Mit Charlie Spivak hatte er mal wieder einen Gig, ging mit der Band auf Tour – und beeindruckte die neuen Kollegen damit, dass er die ganzen Charts fast sofort beherrschte, ohne je die Noten anzuschauen. Darauf angesprochen, sagte er: „Well, it either goes up or goes down.“ – 1954 dann die Army-Erfahrung, kaum noch Arbeit. 1956 organisierte Danny Conn eine Konzertreihe an der Uni Pittsburgh und bucht auch Marmarosa, der zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr spielte (es gibt auf der CD ein Stück von so einem Konzert mit Johnny Vance-b, Chuck Spatafore-d und einer Ansage von Conn). Ein halbes Jahr später war er wieder im Geschäft, probte regelmässig und trat 1957-69 in der Midway Lounge mit der Haus-Rhythmusgruppe auf. Irgendwann im März 1958 schmuggelte Conn seinen Tape-Recorder rein und von da stammen die ersten zwölf Stücke der CD, mit Danny Mastri (b) und Henry Sciullo (d). Immer wieder beklagte er sich darüber, seine Töchter nicht sehen zu können und versucht, Pittsburgh zu verlassen – eines Tages taucht er dann nach so einem Trip in Chicago auf, wo er Gigs mischelt und Wind davon kriegt, dass Johnny „Scat“ Davis einen Pianisten sucht. Der stellt ihn wieder an, was zwei Monate gut dauert, bis Marmarosa wieder verschwindet (er war kurz davor eines Abends mit kahlgeschorenem Kopf und einer weissen Mütze aufgekreuzt). Neben dem einen Stück von 1956 gibt es am Ende der Uptown-CD noch zwei von November 1957 mit Conn (t), Buzzy Renn (as), Jimmy DeJulio (b) und Chuck Spatfore (d).

    Joe Segal hatte davon Wind gekriegt, dass Marmarosa in der Stadt sei und mit Jack Tracy beschlossen, ihn für Argo aufzunehmen. Doch sie mussten über ein Jahr warten, bis er wieder in der Stadt auftauchte. Dann nahmen sie im Mai 1961 mit Richard Evans (b) und Marshall Thompson (d) „Dodo’s Back“ auf. Leonard Feather schrieb in down beat eine lauwarme Kritik. 1962 gab es noch zwei Sessions in Chicago, mit Gene Ammons („Jug & Dodo“, zur Hälfte im Trio mit Sam Jones und Thompson, und zur Hälfte im Quartett mit Ammons, erst 1972 erschienen, weil Ammons bei Prestige exklusiv unter Vertrag stand, die Sessions aber für Argo gemacht wurden) und mit Bill Hardman (erst in den 80ern veröffentlicht, von der Aufnahme hatte ich nie was mitgekriegt, jetzt mal bestellt). Bei den Sessions traf Marmarosa die anderen im Studio zum ersten (und einzigen) Mal. Der Pianist war laut Drummer Marshall Thompson unkommunikativ, in sich gekehrt, und verweigerte sich Versuchen von Ammons, die Stücke irgendwie zu organisieren. Dass „You’re Driving Me Crazy“ das letzte Stück der Session war, mag also ein Kommentar sein. Auch von 1962 stammen drei Stücke mit Conn (t), Carlo Galluzzo (ts), Jimmy DeJulio (b) und Chuck Spatafore (d), gesielt bei der TV-Show „Jazz Scene“ (WQED, Pittsburgh) – das zweite Segment nach dem Trio auf der Uptown-CD. 1966 hat Chuck Nessa ihn mal in einer „hillbilly bar“ gesichtet – und erst später begriffen, dass das Marmarosa war, der öfter dort spielte, an einem Upright an der Wand, während sich niemand für ihn interessierte. Ende der Sechziger gab es dann noch einen Auftritt als Solo-Pianist im Colony Restaurant in Pittsburgh. Der Besitzer mochte Marmarosa sehr und holte ihn Abend für Abend ab. Nach 1968 ist kein Auftritt mehr dokumentiert. Die Familie scheint ihn komplett abgeschottet zu haben, ihn kaum mit seinen Musikerfreunden sprechen haben zu lassen (nur am Telefon natürlich). Nach der Army 1954 kriegte er eine monatliche Auszahlung wegen Behinderung, was vielleicht zusammen mit all dem anderen auch dazu führte, dass er wenig Ehrgeiz entwickelte, wieder als Musiker seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Laut Conn habe er aber auch 1995, als das Booklet zur Uptown-CD entstand, noch „sensitive and beautiful“ gespielt, „the same old Dodo“ (aus Sunenblicks Liner Notes).

    Der Musik fehlt für meine Ohren wirklich einiges, was in den frühen Aufnahmen steckt: Frische, der Überschwang, die irre Menge an Tönen, die aus Marmarosa förmlich herauszupurzeln schienen … eine Menge wie bei Erroll Garner, seinem Jugendfreund, auch wenn Marmarosas Spiel moderner akzentuiert war, vom Bebop getränkt. Weil aber so unglaublich viel Musik in Marmarosa steckte, sind auch diese späteren Aufnahmen immer noch toll und besonders – aber die gehören halt doch irgendwie zur Geschichte des „might have been“, die Feather schon früh erzählte. Schön, dass es sie gibt – aber irgendwie eben auch ein wenig traurig.

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    #12564043  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    über die Session mit Hardman hab ich mich auch sehr gewundert und gefreut, als ich die vor Jahren auf der Marmarosa CD entdeckte, die ich gerade gekauft hatte… danke für den schönen Text!

    This Is Hampton Hawes. Vol. 2: The Trio

    die beiden ersten Volumes hiervon liefen jetzt noch öfter, schon sehr schön, aber in die Liste kommt Hawes wohl eher mit was aus den 60ern… wobei ich ärgerlichweise The Seance noch nicht kenn, obwohl I’m all smiles aus den gleichen Sessions einer meiner Lieblinge von ihm ist

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    #12564057  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Biomasse

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    Vol. 2 ist glaub ich mein Highlight aus der The Trio-Trias … ich hab inzwischen so viel rausgekramt, dass ich echt nicht weiss, was bis Ende Januar drinliegt (Jarrett wiederhören z.B. eher nicht, aber frühe Sachen im neuen Kontext wieder mal überprüfen würde ich schon gerne).

    Die Affinity-CD mit der Hardman/Marmarosa-Session ist unterwegs … und ein Album von den Drummonds mit Renee Rosnes wird damit auch noch eintrudeln (eine mehr dieser furchtbaren 32 Jazz CDs, die ich trotz allem sehr mag :-) ) – hatte mich schon gewundert, ob’s von ihr was im Trio gibt, irgendwie haben sich bei mir vor Jahren ein paar Sachen angesammelt, aber alle mit Bläsern.

    Und vielleicht sollte ich aus den Marmarosa-Posts (und den kommenden zu Wallington und Haig) doch eher einen Bebop-Piano-Faden machen – auch wenn ich mich jetzt zumindest hörend schon auf die Trio-Sessions konzentriere. Von Wallington fehlt mir da das Verve 10″-Album … und ein Streicher-Album (auch Verve/Clef/Norgan) gab es auch noch, das ich ebenfalls nicht kenne.

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