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Grundidee des BFT, wie ich es verstehe: ein Mixtape an Jazztracks, anonymisiert, in maximal CD-Länge .Möglichweise werden ein paar von euch monieren, dass nicht alles Jazz sei, was ich da zusammengestellt habe. Für mich ist es das schon. Es sind aber drei Künstler dabei, die ihr sicher alle kennt, und drei, die den meisten von euch geläufig sein dürften. Alle andere sind zumindest Jazzfreunden nicht unbedingt ein Begriff.
Ich hatte kein Konzept im Kopf außer einer gewissen Grundstimmung und der Idee, dass die Songs nicht wirklich das sind, was man unter „traditionellem“ Swing/Cool/Bop/etc versteht, sondern fast alle Mischwesen aus Jazz und anderen Genres sind.
Bin gespannt wie ein Flitzebogen auf eure Reaktionen!Highlights von Rolling-Stone.deOh, du Hässliche! Die 25 schrecklichsten Weihnachtsalben-Cover
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1 Zomes – Life on the Wheel
Album: Earth Grid, 2011
Ein Stück Drone-Musik, im Geiste von 70er Jahre Krautrock. Einen Soundtrack für Werner Herzog könnte er auch machen.
Das Album wurde komplett instrumental vom Baltimorer Musikers und Künstlers (er hat auch das Cover gestaltet) Asa Osborne aufgenommen, als Ein-Mann-Projekt zuhause. Auf dem Label Thrill Jockey (Tortoise, The Sea And Cake) hat er neben den anderen Post- und Experimental-Rockern ein gutes Zuhause.
2 Don Cherry & Latif Khan – Untitled/Inspiration From Home
Album: Music/Sangam, 1978
Ich bin absolute kein Don-Cherry-Kenner, aber dies ist laut dieser website http://www.parisdjs.com/index.php/post/Don-Cherry-Latif-Khan-Music-Sangam offenbar ein Release, der nur hardcore-Fans bekannt ist. Meines Erachtens ist diese Ornette Colema-Komposition das zugänglichste Stück des Albums (die komplette B-Seite besteht aus Tabla- und Orgel-Improvisationen), die Kombination von Tabla, Orgel, Klavier und Trompete dürfte ziemlich einzigartig sein, großartig ist sie auf jeden Fall.3 Pink Freud – Come As You Are
Album: Jazz Fajny Jest, 2005
Ein Quartett aus Danzig, die eine nicht ganz unanstrengende Mischung aus Jazz, Rock und laut Eigenbeschreibung auch elektronischer Musik machen.4 Bugge Wesseltoft & Henrik Schwarz – Dudelange (live from Luxembourg)
Album: Duo, 2011
Ein Ravensburger Techno-DJ (Henrik) und ein norwegischer Jazzpianist (Bugge) gehen viel besser zusammen, als man auf Papier meinen könnte. Schließlich experimentiert Bugge schon seit Mitte der 90er auf seinem eigenen Label Jazzland mit Loops und elektronischer Verfremdung, was so großartige Platten wie Film’ing oder Moving zufolge hatte. Henrik Schwarz war mir bis dato kein Begriff, hat aber offenbar immer viel mit organischen Sounds aus Soul, Jazz und Funk gearbeitet. Ergebnis der Kooperation ist das für mich spannendste Jazz/Electro-Crossover-Projekt überhaupt, viel leiser als erwartet, zwischenzeitlich grenzt es schon mal an klassische Musik. Nie hätte ich gedacht, dass ein Techno-DJ derart sensibel und kreativ live auf einen Pianisten eingehen kann – auch ein Großteil der Songs auf dem Album sind improvisiert.5 Nicolas Jaar – Colomb
Album: Space is only Noise, 2011
Ein 21jähriger Ameriko-Chilene mit französischem Namen bringt eine der interessantesten elektronischen Platten des Jahres, irgendwo zwischen Minimal Techno und Dub, heraus. Er selbst nennt es „Blue-Wave“, eine hübsche Umschreibung dieses verträumten Chill-Sounds. Live setzt er das ganze auch mit Band um.6 Christian Prommer – High Noon
Album: Drumlesson Zwei, 2010
Der Session-Drummer, Produzent und DJ, u.a. Mitglied im Trüby Trio und bei Fauna Flash, hat schon zwei Drumlesson-Alben herausgebracht, die sich der Umsetzung von House- und Electro-tracks im (Dancefloor)-Jazz-Gewand widmen. Auf Vol. 1 waren auch einige bekanntere Tracks wie Kraftwerks Trans Europa Express und Daft Punks Around the World dabei, ansonsten bleibt es angenehm abstrus und unaufdringlich – hier werden keine Chartslisten durchgecovert.
Peter Kruder, auch er bei K7-Records, hat das ganze etwas arg glattgebügelt, trotzdem ein sehr geschmackssicheres Projekt. Vol. 2 ist etwas weniger tanzbar, düsterer, fast schon krautig. Live auf einem Festival gesehen – nothing short of a rave.
7 Martin Schulte Quartet – Heart-Shaped Box
Album: In Transit, 2011
Kölner Jazzgitarrist, der offenbar im Rheinland durchaus als Sessionmusiker gefragt ist. Für das erste Album seines eigenen Quartetts hat es etwas länger gedauert, eine Platte, die ihre Stärken im Gegenüber von Sax und Gitarre hat. Dieses Stück ist natürlich von Kurt Cobain, die Eigenkompositionen sind dagegen noch nicht so ausgereift. Bin gespannt, was von ihm noch kommen wird.8 Bill Frisell – I Heard It Through the Grapevine
Album: East/West, 2005
Was soll ich dazu noch schreiben? Ein fantastisches Stück Musik, ich freue mich, dass es hier soviel Anklang gefunden hat. Eine Liveplatte mit solchen Arrangements und einem solchen Spannungsbogen wird man im Jazz nicht noch einmal finden.Auflösung pt.2
9 Egberto Gismonti – O Sonho
Album: Orfeo Novo, 1971
Eine schönes Album zwischen Samba, Jazz und Bossa Nova, aufgenommen in Deutschland für das Label MPS. Habe ich auf einem tollen MPS-blog entdeckt, den es mittlerweile leider nicht mehr gibt. Dieser track sticht für mich heraus, vor allem durch das elegante Klavier von Egberto Gismonti.
10 From Leaf To Feather – Night Sun
Art Don’t Sleep – From L.A. With Love, 2007
Ich habe über diese Band nichts herausfinden können. Der Song stammt von einem Sampler, der neue Sounds aus LA vorstellt, der bekannteste Interpret daraus dürfte Flying Lotus sein.
11 The Bad Plus – Never Stop
Never Stop, 2010
Auch diese Band ist vor 10 Jahren mit einer Nirvana-Cover-Version bekannt geworden, auf ihrem letzten Album haben sie sich dann mal komplett auf Eigenkompositionen konzentriert. Eine etwas anstrengende Band, der Titelsong hier ist mit Abstand der eingängigste.12 Roedelius & Schneider – Single, Boogie
Stunden, 2011
Ich ziehe meinen Hut vor diesem Mann. Hans-Joachim Roedelius, mittlerweile 77, ist sicher jedem ein Begriff, der sich mit deutscher Experimentalmusik seit den 70ern beschäftigt hat, Cluster (neuerdings Qluster) und Harmonia sind nur zwei von unzähligen Projekten. Hier hat er mit Stefan Schneider, Gründungsmitglied von Kreidler, eine fantastische Ambient-Platte voller instrumentaler Miniaturen, die nur vom zurückhaltenden Einsatz von Klavier, Bass und Synthesizern lebt, aufgenommen. Nennt seine Musik Roedelius-Musik. Uneingeschränkt empfehlenswert.
Wenn jemand noch Empfehlungen hat, Platten von Roedelius (kenne sonst nur Harmonia) oder solche betreffend, die so wie dieser Song klingen, wäre ich sehr dankbar.
13 The Cinematic Orchestra – Evolution
Every Day, 2002
Wer „Every Day“ und „Motion“ nicht mag, der wird keine einzige der Jazzplatten aus meiner Sammlung mögen, da bin ich mir sicher. Mit diesen beiden Alben haben die Briten um Jason Swinscoe zwei Werke für die Ewigkeit abgeliefert. Sängerin ist Fontella Bass, deren 60s-Hit „Rescue Me“ mir unbekannt ist, die aber wohl ungerechterweise bekannter dafür ist, die Ehefrau von Art Ensemble of Chicago-Gründer Lester Bowie gewesen zu sein.Und Auflösung pt.3
14 Keith Jarrett – Rio Part VI
Rio, 2011
Ich schrieb es bereits: für mich gibt es kein besseres Jarrett-Album. So entspannt und wenig disharmonisch (vom Eröffnungssong darf man sich nicht irritieren lassen) habe ich ihn noch nie gehört. Dass „Rio“ einen einzigen Konzertabend in der brasilianischen Stadt darstellt, der in Gänze improvisiert wurde, wirkt fast unglaubhaft, so sagt es sogar Jarrett selbst. Was hier für wunderbare Miniaturen entstehen, Blues- und fast schon klassische Kompositionen und ein Stück, das mich sofort an Abdullah Ibrahim erinnerte – daran wird sich, so schreibt es allmusic.com, jede seiner zukünftigen Soloaufnahmen messen lassen müssen und auch die Aufnahmen anderer.
15 Nik Bärtsch’s Ronin – Modul 39_8
Holon, 2008
Hier muss ich mich entschuldigen, der track ist tatsächlich ziemlich brutal von mir abgeschnitten worden, weil ich ihn irgendwie unterbringen wollte, aber bei der Spielzeit von einer CD kein Platz gewesen wäre. Nicht sinnvoll, ist mir dann auch aufgegangen.
Jedenfalls hochinteressant, was der Schweizer Nik Bärtsch da für ein Projekt aus der Taufe gehoben hat, das vor allem von Improvisationen lebt. Seine Songtitel bestehen sämtlich aus dem Wort „Modul“ und dann einer Ziffer. Er selbst nennt es „Zen Funk“, andere haben schon die Begriffe „Minimalistische Klassik“ oder „Acoustic Techno“ verwandt.
16 Portico Quartet – Paper Scissors Stone
Isla, 2009
Das Instrument, was hier zu vernehmen ist, ist keine Steel Drum und kein Metallophon sondern eine Hang, eine Kreuzung aus beiden. Das englische Quartett war für mich die Entdeckung des Hamburger Elbjazz Festivals 2010, wo sie ein magisches mitternächtliches Konzert in einer Kirche spielten – fast ausschließlich illuminiert von Kerzen. Auch sie haben sich sicherlich viel von Radiohead & Co. abgeschaut, der Sog, den sie dabei entwickeln ist insbesondere live spürbar.
17 E.S.T. – Ballad for the Unborn
Seven Days of Falling, 2003
Dies ist nicht etwa der Schlusssong, sondern der Opener dieses Albums unter der Leitung des viel zu früh verstorbenen Esbjörn Svensson. E.S.T. haben mich immer begeistert, und auch live waren sie ein Erlebnis, aber irgendwie hatte ich oft das Gefühl, dass sie ihr Potential nicht komplett ausschöpfen. Diesen Song betrifft das allerdings nicht.JanPP
Möglichweise werden ein paar von euch monieren, dass nicht alles Jazz sei, was ich da zusammengestellt habe. Für mich ist es das schon. (…) Ich hatte kein Konzept im Kopf außer einer gewissen Grundstimmung und der Idee, dass die Songs nicht wirklich das sind, was man unter „traditionellem“ Swing/Cool/Bop/etc versteht, sondern fast alle Mischwesen aus Jazz und anderen Genres sind.
Bin gespannt wie ein Flitzebogen auf eure Reaktionen!erstmal vielen dank vorab, habe schnell mal alles angetestet, um erstmal meine vorurteile abzubauen. hatte etwas angst vor so oberflächlichen jazz-lounge-verbindungen, aber deine sachen gehen viel tiefer und lassen sich hier tatsächlich toll diskutieren, wenn die forumsmitglieder lust darauf und zeit dafür haben, was ich sehr hoffe…
ist im weitesten sinne „nu jazz“, was aber ja auch eine absurde kategorie ist. ein stück kenne ich & mag ich sehr.also: große empfehlung.
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große empfehlung.
Danke. Ich hätte tatsächlich noch schreiben sollen, dass dies kein Starbucks-Jazz-Sampler ist. Da wären Berührungsängste berechtigt gewesen.
vorgarten
ist im weitesten sinne „nu jazz“, was aber ja auch eine absurde kategorie ist.Stimmt, den Begriff hab ich nun auch schon seit Jahren nicht gelesen. Ich wüsste zwar auch keinen besseren, aber wer sagt denn, dass man überhaupt einen braucht? Ich würde eher sagen: das ist alles Jazz, nur fragmentiert und neu zusammengesetzt.
Hab’s auch downgeloaded. Nach oberflächlichem Durchzappen habe ich zumindest ein Stück bzw. einen Interpreten erkannt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist es das selbe Stück, das auch vorgarten erkannt hat.
Weiteres später.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)ach, schon wieder erster… nur, weil ich mir unbekanntes gerne vom leib schreibe…
ganz schöner & diskussionswürdiger bft, wie ich schon dachte. hat viel mit der sehnsucht zu tun, als jazzmusiker elektronik zu integrieren oder als electro-musiker den jazz – und mit der frage, was besser funktioniert… insgesamt alles sehr soundorientiert, sehr pianistisch, recht harmonisch und weich, ohne oberflächlich zu sein. bin sehr gespannt, was die anderen davon halten. hier jedenfalls meine bescheidenen kommentare:
#1
eine kleine drone macht den anfang. oder bordun, oder – passender – orgelpunkt. könnte aus einer synthesizer-frühphase stammen, 50er oder früher 60er. in dem bisschen, was da kommt, deuten sich fernöstliche motive an. dramaturgisch, als einstieg, erst mal beruhigend. eigentlich ist mir das aber zu wenig.#2
don cherry? sehr ethno jedenfalls, mit einem klavier, dass eher nach grand piano als nach saiten und kleinen hämmerchen klingt. die tabla ist ganz schön gespielt, soweit ich das beurteilen kann, aber klavier und diese kitschige bridge verleiden mir das alles ein wenig. so gar nicht meine tasse tee.#3
come as you are. beim intro dachte ich zuerst an einen elektronik-ausgangspunkt, jemand spaßiges und jazzaffines wie squarepusher z.b., aber dann kommt die trocken aufgenommene trompete und ich kann das alles eher in einer mäßig coolen jazzer-ecke ansiedeln. dachte an das rainer-winterschladen-projekt mit dem großartigen dj illvibe (dem sohn von schlippenbach, der wirklich jazzmäßig mit turntables improvisiert) – blue box oder wie die heißen – aber eine kurze recherche haben mich das schnell finden und richtung osteuropa schauen lassen. mhh. nicht schlecht, aber irgendwie etwas gewollt spaßig – cobain wird oft und gerne von jazzern gecovert und das wahrscheinlich zurecht und aus gründen, die weit über das genre-sprengende hinausgehen. aber mehr als diese geste hat es hier nicht unbedingt.#4
hier geht’s elektroaustisch weiter. bisschen klimperig, das klavier. leichte kitschtendenz trotz des unkitschigen settings. schön, wie das gesampelt und processt da reingerät. der beat, der sich dann entwickelt, vor dem gegenlaufenden metrum des elektroloops und mit den warmen akustischen akzenten des klaviers, ist sehr schön. auch was da an bass dazukommt, ist schön produziert. dann bleibt es aber irgendwie kleben in seinen braven zwei akkorden und seinem klavier-ansatz, der bei jarrett in den 70ern stehen geblieben scheint. das ende: naja, peinlich. könnte mir vorstellen, dass das eine 1-mann-produktion ist. aber allzuviel vertrauen in dessen gestaltungskraft habe ich nicht, trotz schöner details.#5
das kenne ich, weiß aber nicht woher. kommt natürlich klar aus der elektronischen ecke und bedient sich eher beim jazz in seinen sehr bewusst gesetzten akzenten. schön, auch komplex ist da alles frequenzmäßig und rhythmisch verteilt, obwohl es furchtbar simpel klingt. ärgerlich finde ich die vocal-samples, die so gregorianische kitschmystik aufbauen, schade.#6
nicht mein ding. so weichspüler-triphop, mit etwas sphärenakkorden, pseudo-dub-basslinie, pseudobrasilianischer perkussion, sehr loungig und nichts davon so richtig. obwohl auch hier ein sehr mit seinem instrument vertrauter pianist dahinter zu stecken scheint. entweder altmodisch oder tatsächlich aus den 90ern. so ähnliche sachen macht man heute doch eher komplett akustisch als das noch so zusammenzumischen, dass alles naht- und kantenlos ineinander übergeht.#7
hier machen jazzer funk, das klingt nach paul scofield und ist sowas von hart zu ertragen für mich… eine yuppie-delicatesse, muckertum, vordergründig tricky, aber so schulterklopfend sicher im schiefen rhythmus. das war große mode, als ich anfing, jazz zu hören (anfang der 90er), als delikate jazzrock-weiterentwicklung, das nur kurz zwischen after-work-besuch beim befreundeten hifihändler und toskana-rotwein auf dem heimischen schwarzen zweieinhalbsitzer leicht zu leben anfängt. ist das scofield mit lovano? das wäre dann der von mir mit entsetzen wahrgenommene höhepunkt dieser greuel. falls ich irgendwie aus dieser nummer noch rauskommen will: perfekt gespielt natürlich, alles ganz sauber. technisch (auf allen ebenen). gute musiker (in anderen momenten). sorry.#8
damit kann ich schon eher leben. der ließ ja schon immer den armen scofield ganz alt aussehen (auch in den schönen gemeinsamen platten mit marc johnson’s bass desires). eine sehr puristische aufnahme für ihn (in den country-sachen ist ja das puristische immer nur behauptung). wollte ganz originell am anfrang schreiben: das klingt ja wie i heard it through the grapevine, dann ist es das natürlich tatsächlich. schön, wie ernst er das nimmt, es sparsam aufbaut, grooven lässt. großartiger einsatz von elektronik, nicht erst, wenn er seine soundwall auftürmt am ende. sehe gerade, dass das gar nicht so alt ist – habe schon lange aufgehört, seine sachen zu verfolgen, war aber vielleicht zu früh.#9
das müsste ich eigentlich kennen, zweifellos brasilianisch. flöte unisono mit klavier haben sie irgendwie erfunden, warum auch immer – könnte also pascoal sein, der bassist klingt aber nach dave holland… schön, wie das in der luft hängt, mit den vielen fliehenden harmonien und melodien… sängerin ist jetzt wahrscheinlich nicht so bekannt. toll, diese passage kurz vor dem piano-solo. das wiederum könnte corea sein, dann wären das flora purim und joe farrell? mag gerade nicht suchen, weil ich das einfach schön finde, in gänze, in allen details… so pointiert unaufdringlich, leicht, schnell, komplex, kolibrihaft… dazu könnte ich ganz viel schreiben, vielleicht später. muss ich haben.#10
captain future, brasilianisch-in-ironisch. ist das das gleiche stück wie in #9? mit lauter zusammengebastelten retro-synth-sounds. habe nicht immer lust auf diese lustigen zitatpopper – jimi tenor und soweiter. bleibt etwas flach, oder? mag aber, wie die drums aufgenommen sind. wenn friedrich das noch nicht erkannt hat, ist es jedenfalls nicht stereolab. muss ich öfter hören.#11
das würde ich aus eigenen stücken nie hören, finde es aber nicht schlecht. hier liegt das zitathafte viel tiefer und ist so derartig vermischt, dass man die quellen nicht mehr heraushört. geht eher in die e.s.t.-richtung oder noch weiter, ronin oder so, dass es schon wieder für ECM interessant wird. das meinte ich bei #6, dass man heute so triphop-effekte wieder rein akustisch herstellt. trotzdem bleibt es für mich ein interessanter effekt, könnte kulturtipp auf arte oder im zeit-magazin sein, hat aber keinerlei brenzligkeit oder dringlichkeit. ist das dieses projekt, das house-stücke in jazzcoverversionen umbiegt? schönes stück für einen bft jedenfalls.#12
viel toller. hier sind soundfetischisten am werk, die genau wissen, was sie auf akustischer eben brauchen, um es rein elektronisch in etwas aufregendes umzuformen – wo auch so gitarren-greifgeräusche wichtiger werden als darauf produzierte töne, wo man bei klavieren den anschlag des hammers herausarbeitet usw. was oberflächlich als wabernde soundwolke erscheint, sind viele komplex organisierte loops und rhythmisch in mehrere richtungen arbeitende linien. sehr schön, auch wenn das nicht viel will. habe keine idee, wer genau das ist – da gibt es sehr viele, die so arbeiten (weil individualität auch nicht das ziel ist).#13
ok, das kenne ich auswendig. ein wahnsinnsalbum, eine wahnsinnsband, auch wenn sie irgendwann eingegangen sind. die verstehen total, was jazz ist, machen aber was ganz anderes daraus. und die idee, DIESE sängerin zu reaktivieren, sollte ihnen auf alle zeiten und in alle ewigkeiten einen platz im musikerhimmel verschaffen. und was sie wiederum daraus macht, ist pure aura. meine these ist ja immer: djs und elektronikmusiker kennen jazz viel besser als jazzer eletro & hiphop. das hier ist musik von leuten, die genug rare jazzplattenschätze geborgen und über mögliche musikalische gipfeltreffen nachgedacht haben, um zu den punkt zu kommen, dass man das, was man da hören möchte, nicht finden, sondern nur selbst produzieren kann.#14
wer das ist, ist klar. aber ich kenne das stück nicht – und finde es unglaublich toll. man hört genau, wie es ihn wegträgt – und darin liegt ja seine ganze philosophie, seine ganze begierde – sich im fluss aufzulösen. auch wenn er selbst dann noch was hinkriegt, wenn das nicht eintritt. hier gibt’s so kurze momente des innehaltens, aber dann verflüssigt sich auch sofort wieder alles – allein in der linken hand. vergleichsweise schnelles aufwachen und sofortiges ende. oder war es der huster? eine riesengroße miniatur.#15
das ist ein epigone vom herrn in #14. natürlich schön, wie allein das klavier drei simultane rhythmische angebote macht. der rest (bassklarinette? tabla?) ist mir zu tupfig, das schlagzeug zu stumpf. sehr abruptes ende (??).#16
steeldrums? fortsetzung von #15? ist jedenfalls auch nicht weit weg von den herren aus #13 (fast schon geklaut…). trotzdem nicht ganz mein ding (deswegen?). zwei akkorde sind zwar nu-jazz-typisch (ritual!), aber mir zu wenig. der arme saxophonist weiß ja sehr schnell nicht mehr, was er da noch spielen soll – verständlicherweise. ich könnte aber jeden verstehen, der das hier sehr schön findet. ein bisschen berechnend, so als gesamteindruck…#17
das kenne ich auch irgendwo her. ECM? jarrett oder ein guter kopist… entweder das genaue vorbild für e.s.t. oder es sind e.s.t…. in diese postmoderne-diskussion mag ich gar nicht einsteigen. ist das also schön ‚an sich‘? schon, oder? trotzdem hätte ich größere hochachtung davor, wenn es tatsächlich aus den 70ern wäre. was wurde dem also in dieser richtung hinzugefügt? muss immer was hinzugefügt werden? ich glaube jedenfalls (bzw. weiß es): es geht subtiler. mehr dazu im nächsten bft.--
Ich hoffe, unser Vorgärtner schätz es, dass ich ihm wieder den Vortritt gelassen habe
Lade mir die Musik gleich auf den ipod und höre morgen mal rein, hab hier abgesehen von Posts #1, #5 und #6 jedenfalls noch nichts gelesen und bin jetzt ziemlich gespannt!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDanke für dein ausführliches Feedback!
vorgarten#1
dramaturgisch, als einstieg, erst mal beruhigend. eigentlich ist mir das aber zu wenig.Verstehe nicht ganz? Zu wenig, weil es zu beruhigend ist?
#4
dann bleibt es aber irgendwie kleben in seinen braven zwei akkorden und seinem klavier-ansatz, der bei jarrett in den 70ern stehen geblieben scheint. das ende: naja, peinlich.Autsch, das tut weh. Aber das kommt eben davon, wenn man Lieblingssongs auswählt, die dann kritisiert werden. Ich finde es ganz und gar unpeinlich und fantastisch, gerade das Ende. Aber ich find ja auch #2 nicht kitschig. Über Geschmack lässt sich…
Bist du eigentlich Musiker?
könnte mir vorstellen, dass das eine 1-mann-produktion ist.
Meep. Falsch.
#9
so pointiert unaufdringlich, leicht, schnell, komplex, kolibrihaft… dazu könnte ich ganz viel schreibenKolibrihaft gefällt mir. Ich hab das Stück zum ersten Mal so richtig an einem unglaublich klaren Sommertag an der Außenalster sitzend gehört, dabei die Segelboote beobachtet… ich kam mir auch ganz nüchtern high vor.
#11
ist das dieses projekt, das house-stücke in jazzcoverversionen umbiegt?Lustig. Nein, das ist es nicht, das kommt aber in dieser Compilation auch vor.
#12
habe keine idee, wer genau das ist – da gibt es sehr viele, die so arbeiten (weil individualität auch nicht das ziel ist).Ist das so? aber nicht viele erreichen diese Beiläufigkeit. Ich habe jedenfalls vor 2 Jahren „Krautrock“ (wieder so eine unsäglich Schublade) entdeckt, das kommt so aus der Richtung. Da hab ich aber noch unheimlich viel Nachholbedarf und freue mich auf Anregungen (Tangerine Dream, anyone?)
#13
und die idee, DIESE sängerin zu reaktivieren, sollte ihnen auf alle zeiten und in alle ewigkeiten einen platz im musikerhimmel verschaffen.jajaja, danke. Alles wahr. Ich vergöttere diesen Song auch, und dieses Album sowieso.
#17
es geht subtiler.Ja, ok, aber das lässt sich mit etwas Hörerfahrung immer sagen, oder? Ich höre erst seit ein paar Jahren Jazz, und bin eben noch von anderen Dingen begeistert. So wie mich mit 16 Punk begeistert hat. Das Gehör wird eben feiner und empfindlicher und man schätzt irgendwann weniger Aufdringliches. Wobei mich dieser Song, in bestimmter Stimmung, immer packen wird.
JanPP
Verstehe nicht ganz? Zu wenig, weil es zu beruhigend ist?nein, ich höre einfach nicht viel in diesem stück, verstehe aber, dass man es als einstimmung an den anfang eines bfts setzt.
JanPPAutsch, das tut weh. Aber das kommt eben davon, wenn man Lieblingssongs auswählt, die dann kritisiert werden. Ich finde es ganz und gar unpeinlich und fantastisch, gerade das Ende. Aber ich find ja auch #2 nicht kitschig. Über Geschmack lässt sich…
das sollte nicht wehtun, ist ja alles ganz subjektiv. außerdem mag ich ja viel an dem stück.
JanPPBist du eigentlich Musiker?
nein, ich habe zwar gitarre gelernt und damit krach gemacht (neue musik, nicht punk), aber das ist lange her.
JanPP
Kolibrihaft gefällt mir. Ich hab das Stück zum ersten Mal so richtig an einem unglaublich klaren Sommertag an der Außenalster sitzend gehört, dabei die Segelboote beobachtet… ich kam mir auch ganz nüchtern high vor.das passt auch – es ist die beweglichkeit, die das stück so toll macht (und klar ist es auch).
JanPPLustig. Nein, das ist es nicht, das kommt aber in dieser Compilation auch vor.
wenn ich mich jetzt nur erinnern würde, von wem das war…
JanPP
Ja, ok, aber das lässt sich mit etwas Hörerfahrung immer sagen, oder? Ich höre erst seit ein paar Jahren Jazz, und bin eben noch von anderen Dingen begeistert. So wie mich mit 16 Punk begeistert hat. Das Gehör wird eben feiner und empfindlicher und man schätzt irgendwann weniger Aufdringliches. Wobei mich dieser Song, in bestimmter Stimmung, immer packen wird.ich glaube gar nicht daran, dass man als hörer reift oder dass das gehör sich verfeinert. bestimmte haltungen, die mit einer musik verbunden sind, ändern sich – und dann passt die musik nicht mehr. aber dass alles immer subtiler wird, was man so hört, daran glaube ich nicht. ich höre seit ca. 20 jahren jazz, aber daneben immer auch viel anderes. komischerweise erlebt man selten, dass vermischungen verschiedener stile gelingen, darum finde ich deinen bft ja so interessant.
sagst du mir nach den meldungen der ersten runde noch, ob ich bei den anderen sachen richtig oder auf dem falschen dampfer bin?
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vorgartenaber dass alles immer subtiler wird, was man so hört, daran glaube ich nicht.
Nicht alles. Aber grade im Bereich Jazz und elektronische Musik interessiert mich jetzt „Minimal“, wenn man das so sagen kann (ich weiß gar nicht, wie da die Definition ist) sehr viel mehr, Stücke, bei denen vermeintlich gar nicht so viel passiert.
komischerweise erlebt man selten, dass vermischungen verschiedener stile gelingen, darum finde ich deinen bft ja so interessant.
Das finde ich gar nicht. GERADE die Vermischungen interessieren mich am Jazz. Bin aber nun auch wirklich kein klassischer Bebop-Hörer. Ich habe schon immer Funkjazz gemocht, zB auch den von dir angesprochenen John Scofield (der sehr mainstream-poppig sein kann, aber ansonsten kann ich ihm nichts vorwerfen) und natürlich vergöttere ich so ziemlich alle BlueNote-Aufnahmen aus den 60s, aber wirklich spannend wirds für mich, als Miles elektrisch wurde. Dann ab ca. 74 wirds aber auch wieder furchtbar. Mit Weather Report kann ich zB gar nichts anfangen, auch wenn auf „Sweetnighter“ einige coole Sachen drauf sind. „Boogie Woogie Waltz“ wollte ich eigentlich mit auf den Sampler nehmen, hätte aber so gar nicht gepasst.
sagst du mir nach den meldungen der ersten runde noch, ob ich bei den anderen sachen richtig oder auf dem falschen dampfer bin?
das waren ja eigentlich nur 2 Songs, bei denen du dir unsicher warst, bei #2 und #17 lagst du mit deinen Vermutungen jedenfalls richtig.
Hier schon mal die erste Hälfte.
#01
Klingt fast wie frühe Kraftwerk, z.B. von RADIOKTIVITÄT. Fehlt nur noch das eine Stimme „Ohm, Sweet, Ohm“ intoniert. Ist aber was anderes. Eigentlich ein recht schön modulierter elektronischer Klang. Gefällt mir, auch wenn es nur ein kleiner Vorspann ist.#02
Orgel, Piano, Trompete, Tabla, hmmm …? Recht gefällig, leichter Hang zur Pseudo-Exotik. Keine Ahnung, was das ist. Ich finde das recht flott, wenngleich mir das etwas zu sehr nach Urlaub klingt.#03
Kinderzimmer! Ich kenne einen Musiker namens Guido Möbius, dessen Musik klingt, als versuche er Elektronika mit dem zu imitieren, was die Spielzeugkiste seines Sohnes hergibt. Hier klingt das so, als würde jemand versuchen Jazz zu spielen. Oder ist das Pascal Comelade mit irgendwelchen Spielzeuginstrumenten? Ich finde den do-it-yourself Ansatz jedenfalls amüsant.#04
Da klingt so, als sei es im Schlafzimmer auf dem Laptop produziert. Erst sehr geheimnisvoll. Dieses kleine Motiv auf dem E-Piano bringt eine jazzige Note rein. Das schält sich dann noch mehr raus, bekommt fast so etwas von einer kammermusikalischen Fingerübung auf dem Piano. Hübsch.#05
Auf jeden Fall schon mal ein geschickter Übergang mit dem E-Piano. Als der Beat einsetzt und ich die Stimme höre, denke ich zuerst das ist der Hype des letzten Jahres, James Blake. Aber das hier ist offenbar ein französischer Kollege von ihm. Eigentlich finde ich diesen am Laptop zusammengeklickten Beat ja ganz gut, aber ich mag diese Jammerstimme nicht hören. Geschmacksache.#06
Das ist vom Groove her etwas konventioneller, gefälliger, ein bisschen loungig. Versuche mir die ganze Zeit, die Bar vorzustellen, in der das im Hintergrund gespielt wird und welches Publikum welchen Drink dazu schlürft. In sofern finde ich das auch ganz okay, ist aber nichts, was mich begeistert. Ich glaube, das soll aber auch gar nicht begeistern.#07
„Echte“ Instrumente. Aber auch wieder sehr understated und athmosphärisch. Manchmal wird so was wie Aufregung angedeutet, die dann aber ausbleibt. Der Gitarrist hat diesen – ich sag mal: typischen, fast ein bisschen zum Klischee verkommenen Jazzklang wie z.B. der späte Wes Montgomery, hat etwas behagliches, das bei mir nicht so recht zündet.#08
Bei diesem Stück bin ich hängen geblieben. Der Übergang ist wieder super raffiniert, so dass ich bei der vorangegangenen etwas leichteren Kost zuerst gar nicht gemerkt habe, was sich hier anschleicht und mich dann langsam überrollt. Dann dachte ich, klingt irgendwie wie aus dem Soundtrack zu THE HOT SPOT von J.L. Hooker, Miles und Taj Mahal. Nach einer Weile ist aber klar, wer hier Gitarre spielt. Mut zum Understatement, unglaubliche Spannung, hier wird etwas in aller Ruhe aufgebaut und durcherxerziert, bis zum bitteren Ende. Erst die böse Vorahnung und dann kurz vor Schluss die Kopfschmerzen. Beim zweiten Hören war mir auch die Komposition klar, und auch das ist toll, wie dieser kleine 3 Minuten Ohrwurm hier langsam seziert wird. Ich finde auch das Spannungsverhältnis zwischen Original und Coverversion hier großartig. Das kommt zunächst scheinbar harmlos daher, aber dann hat man das Gefühl, es wird einem langsam der Boden unter den Füßen weggezogen. Habe früher sehr viel von diesem Gitarristen gehört, bis ich dachte, jetzt kenne ich eigentlich alles von ihm. Auch hier gibt es keine Stilmittel, die ich nicht schon an anderer Stelle von ihm gehört habe. Aber auf welchem Niveau! Große Kunst!--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)thx janPP
die zusammenstellung ist insgesamt einfach sehr stimmig mit einigen fantastischen songs
favs bisher #2, #8 , bei letzterem dachte ich sofort an den hier schon angedeuteten gitarristen. das ist aber keine albumversion oder, hab die eben nochmal verglichen, ist das live und wo ist das drauf, diese spannung , irre, muss die doch noch kaufen, einfach genial…..
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