bft 4 – vorgarten

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  • #8082431  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Marian McPartlands Hickory House Trio 1956 (mit Bill Crow-b und Joe Morello-d)

    Bill Crow – von dessen Website obiges Bild stammt – hat auch einen Artikel über Marian geschrieben:
    http://www.billcrowbass.com/billcrowbass.com/Marian_McPartland.html

    Since her 80th birthday celebration at Town Hall last year, Marian says she is constantly being asked about her plans for retirement.

    „Retire to what?“ she asked. „When you like what you’re doing, are making money and having a ball? What I like best is being out there, keeping up with what’s going on. And when I have an evening free, I like nothing better than grabbing a friend and going out to hear some music. That’s my hobby.“

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #8082433  | PERMALINK

    vorgarten

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    nail75Das ist eine Musikerin, wie ich vermute? ;-)

    …die hier des öfteren (neben mantana roberts u.a.) als kreative antwort auf wynton marsalis genannt wurde. ;-)

    nail75
    Fazit dieses Tauschzirkels: Mehr Alice Coltrane, mehr Chicago Underground Trio und mehr Tubby Hayes.

    letzteres gilt für mich auch.

    --

    #8082435  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Sucht wenn’s irgendwie geht mal die Live-Aufnahmen auf „Down in the Village“ und „Late Spot at Scott’s“ – 1962 mit Jimmy Deuchar, Gordon Beck, Freddy Logan, Allan Ganley.

    Unter den Impressed Re-Pressed CDs gab’s eine ganze Reihe von Hayes: „Tubbs“ (1961), „Tubb’s Tours“ (1964) und „100% Proof“ (1966) mit grösseren Bands, „Mexican Green“ (1967 – Quartett mit Mike Pyne, Ron Matthewson und Tony Levin) sowie Jack Costanzos „Equation in Rhythm“, eine Perkussions-Session mit Hayes als Gast auf zwei oder drei Tracks.

    Die Proper-Box „Little Giant“ ist wohl erst was zur Vertiefung, da wird der frühe Hayes (1954-56) ausführlich dokumentiert, als Sideman mit Jack Parnell, Vic Lewis, Dizzy Reece, Jimmy Deuchar und Victor Feldman ebenso wie als Leader (Quartette mit Harry South, Pete Blannin, Bill Eyden bzw. Dickie Hawdon, Harry South, Eyden) und mehr. Die Liner Notes sind für einmal sehr gut, sie stammen von Simon Spillett, einem der wohl profundesten Kenner von Hayes‘ Musik.

    Hayes war zwar sehr früh sehr gut, aber seine Musik wird erst etwas später (so ab 1960) wirklich spannend. Am lohnendsten unter den früheren Sachen sind wohl die Aufnahmen der Jazz Couriers, des Quintetts, das Hayes und Ronnie Scott gemeinsam geleitet haben (gibt’s u.a. auf einem Avid-Set – ich glaub ordentliche Reissues sind da kaum zu finden).
    Von 1961 gibt’s noch die „New York Sessions“ (alte Columbia/Sony-CD) mit Horace Parlan, George Duvivier, Dave Bailey, sowie Eddie Costa und Clark Terry. Die hab ich bisher nie kaufen können, kostet meistens viel zu viel (und sit wie gesagt eine der alten CDs mit dem blauen Rahmen, die üblicherweise recht schlecht bis sehr schlecht klingen).
    In den letzten Jahren ist immer mehr Live-Material erschienen, ich hab da noch längst keinen richtigen Überblick.

    --

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    #8082437  | PERMALINK

    vorgarten

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    hier das stück, was ich eigentlich vorstellen wollte und das für mich ein immerschönes rätsel ist. pointe sind natürlich die beiden unisono spielenden baritonsaxophone:

    coisa no. 1

    das hier ist von seinem blue-note-album „saudade“, da sind dann leute wie jerome richardson dabei…

    KATHY

    blue-note-discographie:

    BN-LA 007-G Moacir Santos – Maestro
    Oscar Brashear (tp) Frank Rosolino (tb) David Duke (frh) Ray Pizzi (as, ss) Don Menza (ts, fl) Moacir Santos (bars, vo, per, arr) Hymie Lewak (p) Clair Fisher (org) Bill Henderson (el-p) Joe Pass (g) John Heard (b) unknown (d) unknown (per) Sheila Wilkinson (vo) Reggie Andrews (arr) and others
    A&R Studios, Los Angeles, CA, September 29, October 10, 1972
    tk.9 The Mirror’s Mirror
    tk.12 Kermis
    tk.15 April Child
    tk.16 Mother Iracema
    same personnel
    A&R Studios, Los Angeles, CA, September 29, October 18, 1972
    Nana
    tk.4 Luanne
    tk.17 Bluishmen
    Astral Whine (An Elegy To Any War)

    BN-LA 260-G Moacir Santos – Saudade
    Steve Huffsteter (tp, flh) Benny Powell (tb) Morris Repass (btb) Sidney Muldrow (frh) Ray Pizzi (basn, as, ts, fl, picc, basn) Jerome Richardson (ss, as, ts, bars, fl, afl) Moacir Santos (as, bars, arr, cond) Mark Levine (p, el-p, arr) Lee Ritenour (g, el-g) John Heard (b, el-b) Harvey Mason (d) Mayuto Correa, Carmelo Garcia (cga, per) Donald Alves, Mike Campbell, Jose Marino, Petsye Powell, Carmen Saveiros, Regina Werneck (back vo)
    United Artists Studios, West Hollywood, CA, March 5, 6 & 12, 1974
    13961-3 Early Morning Love
    13962-6 Suk Cha
    13963-4 Kathy
    13964-3 Off And On
    13965-7 A Saudade Matta A Gente
    13966-4 What’s My Name?
    13967-2 Amphibious
    13968-11 This Life
    13969-11 The City Of L.A.
    13970-3 Happily-Happy
    ** also issued on Blue Note (E) B1 27206.

    BN-LA 463-G Moacir Santos – Carnival Of The Spirits
    Oscar Brashear, Mike Price, Jerry Rusch (tp) George Bohanon, J.J. Johnson (tb) David Duke (frh) Ernie Watts (bfl) Jerome Richardson (ss, afl) Ray Pizzi (ss, cl, bcl) Gary Foster (as) Don Menza (ts, fl, afl) Clare Fischer (p) Jerry Peters (org) Larry Nash (el-p, clav) Dennis Budimir, Dean Parks (g) Chuck Domanico (b) Harvey Mason (d) Louis Alves, Paulinho Da Costa, Roberto Silva (per) Lynda Lawrence (vo) Moacir Santos (vo, as, bars, per, arr) Dale Oehler (arr)
    The Record Plant, Los Angeles, CA, March 17, 1975
    15760 (tk.5) Tomorrow Is Mine
    15759 (tk.8) Coisa, No. 2
    same personnel
    The Record Plant, Los Angeles, CA, March 18, 1975
    15761 (tk.7) Route
    15757 (tk.12) Kamba
    same personnel
    The Record Plant, Los Angeles, CA, March 19, 1975
    15755 (tk.7) Quiet Carnival
    15762 (tk.11) Anon
    same personnel
    The Record Plant, Los Angeles, CA, March 20, 1975
    15758 (tk.5) Sampaguita
    15756 (tk.11) Jequie

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    #8082439  | PERMALINK

    friedrich

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    Schöner, bunter Mix. Einiges gefällt mir, anderes irritiert und verblüfft mich und wieder anderes ist mir wurscht oder ich find’s sogar scheußlich. Das gehört wohl so. Hoffe, ich habe mit einigen vorlauten Äußerungen niemandem den Spaß verdorben.

    Moacir Santos ist für mich eine Entdeckung. Schade, das dessen Werk größtenteils auf Tonträger offenbar nur schwer bzw. zu atemberaubenden Preisen erhältlich ist.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #8082441  | PERMALINK

    nail75

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    Beiträge: 45,061

    @friedrich: Nein, im Gegenteil, ich hätte gerade gerne gelesen, was Du als scheußlich empfunden hast, etc.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8082443  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

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    nail75@Friedrich: Nein, im Gegenteil, ich hätte gerade gerne gelesen, was Du als scheußlich empfunden hast, etc.

    Naja, mir entwichen in Zusammenhang mit # 15 (STEVE LEHMAN) die Worte „grausam“, „hölzern“, „unmotiviert“ und „hilflos“. Das war sicher nicht sehr nett von mir.

    Wenn Du es wirklich noch mal in voller Länge lesen möchtest: http://forum.rollingstone.de/showpost.php?p=2528207&postcount=93

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #8082445  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

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    Hurra Hurra, ich konnte zwischenzeitlich schon mal reinschnuppern und habe ab morgen endlich mal wieder Zeit, mich um solche Dinge wie einen bft zu kümmern. Nochmals entschuldigung, dass ich bislang nichts beitragen konnte – ich gelobe Besserung!!!

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8082447  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

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    So, nun kommt endlich mein Schlusslichtpost.

    #1 Es dauert gar nicht lange, dann erinnert mich das Stück an das Art Ensemble of Chicago, besonders an „Theme de Yo Yo“, da beide einen ähnlich treibenden Groove haben. Letztlich finde ich es aber schade, dass die Band so wenig raus holt, da der Groove recht gleichmäßig bleibt und der Trompeter (oder ist das ein Flügelhorn), der mich von den Chops durchaus an Hubbard erinnert, als einziger ausschert. Soll aber auch eher als waberndes, mystisches Stück funktionieren, glaube ich. Finde ich ganz gut, kriegt mich aber noch nicht.

    #2 Datiere ich in die Neuzeit und finde auch gleich wieder die Bestätigung, warum mir da so wenig gefällt. Das Klavier klingt sehr metallisch und dünn, der Drummer strengt die Cymbals zu arg an und der Bassist klingt mir zu hoch. In meinen Ohren auch ein Stück, welches sich eher nach Turnübung anhört und nicht auf den Punkt zu kommen scheint. Virtuos ja, aber irgendwie auch selbstgefällig. Erinnert mich irgendwie an Eric Legnini.

    #3 Ein latino-kubanischer Rhythmus. Klingt von Beginn an irgendwie authentischer als so manch andere Experimente. Dürfte aber auch im Rahmen der Bossa-Welle entstanden sein. Ich mag das brassige, ohne dass die Musiker zu sehr auf den Putz hauen. Die Soli sind kurzweilig und werden durch den Pianisten schön kontrastiert. Auch hier merkt man die Authentizität deutlich. Gegen Ende hin hätte ich mir ein bißchen mehr erhofft, da das Stück recht schnell anfängt, schnell wieder aufhört, dazwischen Wohlgefallen hinterlässt, aber auch ein bißchen Harmlosigkeit. Schade finde ich außerdem immer, wenn während eines Solos ausgefadet wird.

    #4 Das erinnert mich irgendwie sofort an West Coast Jazz, ein etwas progressiverer Bud Shank am Bariton. Er spielt jedenfalls ganz ausgezeichnet auf dem Horn und exploriert die Möglichkeiten des irgendwie kammermusikalisch wirkenden Tracks wunderbar. Zwar ist die Stimmung schon durch den gestrichenen Bass geprägt, lockert dann aber wunderbar auf und durch die etwas schräge Spielweise des Pianisten nimmt die Mystik wieder zu. Die verhangene Atmosphäre mit dem Hall gefällt mir gut und ich könnte mich gut in die Erzählweise des Saxophonisten einfühlen. Schade, dass das Stück nur knapp 3 Minuten lang ist. Gefällt mir bislang schlagartig am besten!

    #5 Big Band und kurz darauf ein Songbird. Ich bin immer noch kein Freund von Big Band Arrangements, da geht mir zuviel Intimität verloren. Das Tenor-Solo ist kurz, knackig und schön auf dem Punkt. Die Sängerin finde ich von der Stimme her eigentlich ganz originell, aber von der Intonation etwas austauschbar. Wenn man auf die Artikulation achtet, dann drängt sich der Verdacht auf, dass das keine Amerikanerin ist.

    #6 Das sagt mir auf jeden Fall mehr zu, da das Setting intimer ist. Trotzdem springt der Funke irgendwo nicht gänzlich über, was bei Vocal Jazz aber eh nicht so häufig und so oft bei mir passiert. Bei Frauen reagiere ich sehr stark auf Unzulänglichkeiten und Unsauberkeiten im oberen Register, das höre ich hier in Anklängen. Die Band scheint dagegen gut eingespielt zu sein, aber auch hier sind mir die Soli zu kurz, besonders weil die Gute dem Tenoristen einfach mal in die Quere kommt. Würde ich mir aber mehr anhören.

    #7 Am Schluss verrät sich die Dame, denn ihre Stimme, bzw. das was sie sagt, kann ich einwandfrei zuordnen. Am Ende des Tages werde ich wohl nie wirklich von ihr begeistert sein, da mir ein bißchen der eigene Charme fehlt. Das ausgewählte Stück ist technisch einwandfrei und sehr boppig, aber irgendwie auch sehr zahm. Vielleicht fehlt mir die männliche Pranke, die mit etwas mehr Spielfreude und schnellen Läufen ausgeglichen werden soll. Übrigens sehr ähnlich zu Joanne Grauer. Kennt die jemand?

    #8 Da musste ich sofort an Vic Feldman denken. Den schätze ich sehr, finde ihn aber etwas glatt und schimmernd, etwa wie Dave Pike. Ich glaube, dass die Musik später entstanden ist, als ich im ersten Moment denke. Auf jeden Fall steht der Vibraphonist am Beginn im Zentrum der Aufmerksamkeit und ich bin mir nicht ganz sicher, ob er dieser gerecht wird. Ich bin stark daran gewöhnt, Alben am Stück zu hören, so dass ich mich auf einen Musiker mehr einlassen und ich besser einschätzen kann. Bei Einzelstücken habe ich oft Schwierigkeiten die Besonderheiten oder Stärken herauszuhören. Der Tenorist gefällt mir gut, weckt Erinnerungen an Zoot Sims. Hier fällt mir das erste Mal besonders der Drummer auf, der schöne Stops macht und den Groove dadurch am Leben hält, ohne zu hasten, oder zu beliebig zu klingen. Sehr schönes Stück, sehr entspannt, keine Höhenflüge, aber letztlich wunderbar. Das Thema ist mir irgendwie geläufig, oder es klingt einfach, als könnte man es gut einspielen.

    #9 Hier geht es wieder zurück in die Zukunft und gleich hört sich das Klavier wieder gedämpfter an. Das Thema kriegt mich aber sofort…und dann ist da auf einmal ein zweites Klavier. Schön finde ich, wie ein Instrument immer den Klangteppich webt, während das andere exploriert und dann beide gemeinsam in einem ansprechenden Thema münden. Gefällt mir sehr gut, habe aber bei so etwas keine Ahnung, wer das sein könnte, denn 70er aufwärts.
    Ich glaube, dass das Stück eine Sogwirkung entwickelt, wenn man das richtig laut hört und sich darauf einlässt. Werde ich mal probieren.

    #10 Es dauert keine 10 Sekunden und ich muss an Yann Tiersen denken. Beim Saxophon dann an Jan Garbarek (viel später an Yusef Lateef) und irgendeine mir sehr vertraute Musik, auf die ich nicht komme. Obwohl die Musik erst gleichmäßig voranschreitet, entwickeln sich immer mehr spannende rhythmische Verschiebungen. Der Saxophonist prägt sehr die Ruhe der Musik, obwohl im Hintergrund sanfte, aber sehr interessante Experimente passieren. Toll finde ich, dass sich der Ausdruck ändert und das Tempo angezogen wird, wie eine zweite Ebene. Auch da bleibt der Eindruck einer kontemplativen Herangehensweise bestehen, die irgendwie in sich ruhend klingt, dabei aber irgendwie stürmisch und aufgeweckt erscheint. Das kann ich nicht besser beschreiben. Irgendwie ist die Musik auch sehr schwer zu datieren, zeitlos. Der Leader ist zweifelsfrei der Pianist (Danny Zeitlin?), aber mich fasziniert der Drummer, der tolle Akzente setzt. Der Eindruck eines postmodernen Lateef bleibt übrigens bestehen.

    #11 E-Piano mag ich im Jazz gar nicht. Dann noch das gequetschte Horn! Irgendwie die Art von Funk, die mich nicht anspricht. Nope, sorry.

    #12 Im Prinzip wie der Vorgänger. Nur dass ich mich hiermit mehr anfreunden kann, da es mich letztlich an Nostalgia 77 etc. erinnert. Trotz einiger netter Momenten (die Dur-Auflösungen und das E-Piano im Diskant bspw.) interessiert mich das nicht. Und diese Funk-Bassläufe werde ich nie mögen.

    #13 Der Saxophonist ist irgendwie traditionell verankert. Ansonsten ist das Musik, auf die ich mich wirklich einlassen muss, um sie zu verstehen und genießen zu können. Gerade eben überfordert es mich. Das liegt nicht daran, dass ich musikalischen Experimenten gegenüber nicht aufgeschlossen bin…aber irgendwie mag ich dieses Getröte und Gehupe nicht, wenn es für mich genau danach klingt, also als Effekt eingesetzt.

    #14 Flöte, mag ich ja sehr gerne. Hier gefällt mir die Interaktion mit dem Bassisten sehr gut und der Drummer, der die Musik schattiert. Ich mag den weichen Ton der Flöte hier sehr gerne, keine harschen Töne, aber auch nicht zu sehr „lullaby“. Mit der Zeit meine ich, ein paar orientalische Anklänge hören zu können, auf jeden Fall atmet der Flötist etwas Yusef Lateef. Besonders toll finde ich, dass das Trio so voll und rund wirkt, trotz der Reduktion auf perkussive Klänge. Dick, warm, passt gerade perfekt zur Abendsonne.

    #15 Ordentlicher Groove, der mir aber wieder einen Ticken zu funkig ist. Geht fast in die Breakdance-Richtung. Beim Saxophonisten ist dann aber Schluss. Mir egal, ob man das als freie Spielweise verkaufen kann, ich kann es jedenfalls nicht leiden, wenn jemand penetrant falsch spielt und dann auch noch absolut banal neben dem Groove. Apropos banal: Der DJ cuttet grausam schlecht. Nein, auch hier sorry.

    #16 „Song for my father“. Die Trompete sagt dann Nein, hier kommt was anderes. Ich bin sehr dankbar, dass der Bass akustisch ist, ein E-Bass hätte die Atmosphäre doch zerstört. Die Musik ist von Anfang an hypnotisch und zieht in einen Strudel. Wahrscheinlich beeinflusst der „Song for my father“-Vergleich, aber der Trompeter erinnert mich stellenweise schon an Carmell Jones.

    Insgesamt ein sehr vielschichtiger bft, von dem ich bewusst nur ein Stück erkannt habe. Einige haben mich definitiv interessiert gemacht, andere überhaupt nicht. Aber genau deswegen bin ich dankbar, da man so einiges kennen und die Forenmitglieder besser einschätzen lernt. Danke!

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8082449  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    katharsisSo, nun kommt endlich mein Schlusslichtpost.

    auf einen solchen post wartet man gerne etwas länger!

    katharsis#1 Es dauert gar nicht lange, dann erinnert mich das Stück an das Art Ensemble of Chicago, besonders an „Theme de Yo Yo“, da beide einen ähnlich treibenden Groove haben. Letztlich finde ich es aber schade, dass die Band so wenig raus holt, da der Groove recht gleichmäßig bleibt und der Trompeter (oder ist das ein Flügelhorn), der mich von den Chops durchaus an Hubbard erinnert, als einziger ausschert. Soll aber auch eher als waberndes, mystisches Stück funktionieren, glaube ich. Finde ich ganz gut, kriegt mich aber noch nicht.

    klar, hier geht’s um energie: vollgas und dann vaporisieren. richtig ausscheren tut hier keiner. und „protest“ (der titel des stücks) hört sich meines erachtens auch anders an.

    katharsis#2 Datiere ich in die Neuzeit und finde auch gleich wieder die Bestätigung, warum mir da so wenig gefällt. Das Klavier klingt sehr metallisch und dünn, der Drummer strengt die Cymbals zu arg an und der Bassist klingt mir zu hoch. In meinen Ohren auch ein Stück, welches sich eher nach Turnübung anhört und nicht auf den Punkt zu kommen scheint. Virtuos ja, aber irgendwie auch selbstgefällig. Erinnert mich irgendwie an Eric Legnini.

    ich weiß nicht, wo bei dir die neuzeit anfängt, aber das ist von anfang der 70er. ich mag immer noch den punkigen nach-vorne-gestus und das hochkommunikative ineinanderspielen. aber das stück hat eindeutig seine grenzen.

    katharsis
    #3 Ein latino-kubanischer Rhythmus. Klingt von Beginn an irgendwie authentischer als so manch andere Experimente. Dürfte aber auch im Rahmen der Bossa-Welle entstanden sein. Ich mag das brassige, ohne dass die Musiker zu sehr auf den Putz hauen. Die Soli sind kurzweilig und werden durch den Pianisten schön kontrastiert. Auch hier merkt man die Authentizität deutlich. Gegen Ende hin hätte ich mir ein bißchen mehr erhofft, da das Stück recht schnell anfängt, schnell wieder aufhört, dazwischen Wohlgefallen hinterlässt, aber auch ein bißchen Harmlosigkeit. Schade finde ich außerdem immer, wenn während eines Solos ausgefadet wird.

    toll, dass dir (als einzigem) die bossa-nova-nähe aufgefallen ist. hier ging es mir eher um den sound, diese in leichte bewegung versetzte fläche.

    katharsis#4 Das erinnert mich irgendwie sofort an West Coast Jazz, ein etwas progressiverer Bud Shank am Bariton. Er spielt jedenfalls ganz ausgezeichnet auf dem Horn und exploriert die Möglichkeiten des irgendwie kammermusikalisch wirkenden Tracks wunderbar. Zwar ist die Stimmung schon durch den gestrichenen Bass geprägt, lockert dann aber wunderbar auf und durch die etwas schräge Spielweise des Pianisten nimmt die Mystik wieder zu. Die verhangene Atmosphäre mit dem Hall gefällt mir gut und ich könnte mich gut in die Erzählweise des Saxophonisten einfühlen. Schade, dass das Stück nur knapp 3 Minuten lang ist. Gefällt mir bislang schlagartig am besten!

    sehr schön beschrieben! kann ich alles gut nachvollziehen. dass ausgerechnet eine sun-ra-band diesen grad an intimität herstellen kann, begeistert mich nach wie vor.

    katharsis#5 Big Band und kurz darauf ein Songbird. Ich bin immer noch kein Freund von Big Band Arrangements, da geht mir zuviel Intimität verloren. Das Tenor-Solo ist kurz, knackig und schön auf dem Punkt. Die Sängerin finde ich von der Stimme her eigentlich ganz originell, aber von der Intonation etwas austauschbar. Wenn man auf die Artikulation achtet, dann drängt sich der Verdacht auf, dass das keine Amerikanerin ist.

    das kann ich alles komplett unterschreiben.

    katharsis#6 Das sagt mir auf jeden Fall mehr zu, da das Setting intimer ist. Trotzdem springt der Funke irgendwo nicht gänzlich über, was bei Vocal Jazz aber eh nicht so häufig und so oft bei mir passiert. Bei Frauen reagiere ich sehr stark auf Unzulänglichkeiten und Unsauberkeiten im oberen Register, das höre ich hier in Anklängen. Die Band scheint dagegen gut eingespielt zu sein, aber auch hier sind mir die Soli zu kurz, besonders weil die Gute dem Tenoristen einfach mal in die Quere kommt. Würde ich mir aber mehr anhören.

    wieder: tolle analyse. eine eingespielte band und eine stimme, der es um sauberkeit geht (weil das noch ihr problem ist). aber die intimität höre ich auch!

    katharsis#7 Am Schluss verrät sich die Dame, denn ihre Stimme, bzw. das was sie sagt, kann ich einwandfrei zuordnen. Am Ende des Tages werde ich wohl nie wirklich von ihr begeistert sein, da mir ein bißchen der eigene Charme fehlt. Das ausgewählte Stück ist technisch einwandfrei und sehr boppig, aber irgendwie auch sehr zahm. Vielleicht fehlt mir die männliche Pranke, die mit etwas mehr Spielfreude und schnellen Läufen ausgeglichen werden soll. Übrigens sehr ähnlich zu Joanne Grauer. Kennt die jemand?

    ja, wie blöd, dass ich das ende nicht abgeschnitten habe. ich finde es sehr eigen, sehr markant und großartig rhythmisiert. läufe vermisse ich überhaupt nicht.

    katharsis
    #8 Da musste ich sofort an Vic Feldman denken. Den schätze ich sehr, finde ihn aber etwas glatt und schimmernd, etwa wie Dave Pike. Ich glaube, dass die Musik später entstanden ist, als ich im ersten Moment denke. Auf jeden Fall steht der Vibraphonist am Beginn im Zentrum der Aufmerksamkeit und ich bin mir nicht ganz sicher, ob er dieser gerecht wird. Ich bin stark daran gewöhnt, Alben am Stück zu hören, so dass ich mich auf einen Musiker mehr einlassen und ich besser einschätzen kann. Bei Einzelstücken habe ich oft Schwierigkeiten die Besonderheiten oder Stärken herauszuhören. Der Tenorist gefällt mir gut, weckt Erinnerungen an Zoot Sims. Hier fällt mir das erste Mal besonders der Drummer auf, der schöne Stops macht und den Groove dadurch am Leben hält, ohne zu hasten, oder zu beliebig zu klingen. Sehr schönes Stück, sehr entspannt, keine Höhenflüge, aber letztlich wunderbar. Das Thema ist mir irgendwie geläufig, oder es klingt einfach, als könnte man es gut einspielen.

    schön, ein sonderlob für louis hayes! auf der platte gibt es vielleicht außergewöhnlichere stücke, aber da hätte man kirk sofort erkannt. ansonsten höre ich das hier genauso.

    katharsis#9 Hier geht es wieder zurück in die Zukunft und gleich hört sich das Klavier wieder gedämpfter an. Das Thema kriegt mich aber sofort…und dann ist da auf einmal ein zweites Klavier. Schön finde ich, wie ein Instrument immer den Klangteppich webt, während das andere exploriert und dann beide gemeinsam in einem ansprechenden Thema münden. Gefällt mir sehr gut, habe aber bei so etwas keine Ahnung, wer das sein könnte, denn 70er aufwärts.
    Ich glaube, dass das Stück eine Sogwirkung entwickelt, wenn man das richtig laut hört und sich darauf einlässt. Werde ich mal probieren.

    keine männliche pranke jedenfalls. hat mich sehr gefreut, dass das hier so gut ankam. ich glaube nach wie vor, dass das besondere der spielweise von alice coltrane noch nicht hinreichend erkannt und gewürdigt wird.

    katharsis#10 Es dauert keine 10 Sekunden und ich muss an Yann Tiersen denken. Beim Saxophon dann an Jan Garbarek (viel später an Yusef Lateef) und irgendeine mir sehr vertraute Musik, auf die ich nicht komme. Obwohl die Musik erst gleichmäßig voranschreitet, entwickeln sich immer mehr spannende rhythmische Verschiebungen. Der Saxophonist prägt sehr die Ruhe der Musik, obwohl im Hintergrund sanfte, aber sehr interessante Experimente passieren. Toll finde ich, dass sich der Ausdruck ändert und das Tempo angezogen wird, wie eine zweite Ebene. Auch da bleibt der Eindruck einer kontemplativen Herangehensweise bestehen, die irgendwie in sich ruhend klingt, dabei aber irgendwie stürmisch und aufgeweckt erscheint. Das kann ich nicht besser beschreiben. Irgendwie ist die Musik auch sehr schwer zu datieren, zeitlos. Der Leader ist zweifelsfrei der Pianist (Danny Zeitlin?), aber mich fasziniert der Drummer, der tolle Akzente setzt. Der Eindruck eines postmodernen Lateef bleibt übrigens bestehen.

    ihr zwingt mich alle, den saxophonisten ernster zu nehmen! dabei wollte ich hier nur den pianisten vorstellen – auch das eine tolle pointe eines bft’s. witzigerweise habe ich heute ganz viel zeitlin gehört – auch mal ein kandidat für einen bft. aber connick will ja weg vom ornament, hin zu monk, zur schärfe, zur sperrigkeit – und das in einem äußerst smoothem setting…

    katharsis#11 E-Piano mag ich im Jazz gar nicht. Dann noch das gequetschte Horn! Irgendwie die Art von Funk, die mich nicht anspricht. Nope, sorry.

    schade. wahrscheinlich auch die falsche wahl. höre nach redbeans‘ hinweise gerade die ONE TWO FREE von kloss, die ich ganz großartig finde. der ist schon toll.

    katharsis#12 Im Prinzip wie der Vorgänger. Nur dass ich mich hiermit mehr anfreunden kann, da es mich letztlich an Nostalgia 77 etc. erinnert. Trotz einiger netter Momenten (die Dur-Auflösungen und das E-Piano im Diskant bspw.) interessiert mich das nicht. Und diese Funk-Bassläufe werde ich nie mögen.

    die dur-auflösungen stören mich wiederum! die große kunst der funk-präzision und die schönheit des solistischen darüberschwebens scheint hier nicht einzuleuchten. war aber so oder so eine etwas unglückliche wahl.

    katharsis#13 Der Saxophonist ist irgendwie traditionell verankert. Ansonsten ist das Musik, auf die ich mich wirklich einlassen muss, um sie zu verstehen und genießen zu können. Gerade eben überfordert es mich. Das liegt nicht daran, dass ich musikalischen Experimenten gegenüber nicht aufgeschlossen bin…aber irgendwie mag ich dieses Getröte und Gehupe nicht, wenn es für mich genau danach klingt, also als Effekt eingesetzt.

    schade. ich könnte keinen bft ohne diese post-free-leute machen, die für mich einfach sehr wichtig sind. all diese versuche, das freie spiel wieder an schönheit und wärme anzubinden, liebe ich (wenn sie gelingen). und gleichzeit hat das immer diese schimmernde melancholie von irrelevanz (post-free-jazz: keine aufführungsorte, europa-flucht, abkopplung von der bürgerrechtsbewegung usw.), die der musik so einen eigenen ton gibt.

    katharsis#14 Flöte, mag ich ja sehr gerne. Hier gefällt mir die Interaktion mit dem Bassisten sehr gut und der Drummer, der die Musik schattiert. Ich mag den weichen Ton der Flöte hier sehr gerne, keine harschen Töne, aber auch nicht zu sehr „lullaby“. Mit der Zeit meine ich, ein paar orientalische Anklänge hören zu können, auf jeden Fall atmet der Flötist etwas Yusef Lateef. Besonders toll finde ich, dass das Trio so voll und rund wirkt, trotz der Reduktion auf perkussive Klänge. Dick, warm, passt gerade perfekt zur Abendsonne.

    sehr schön, dass du das so hörst und wertschätzt!

    katharsis#15 Ordentlicher Groove, der mir aber wieder einen Ticken zu funkig ist. Geht fast in die Breakdance-Richtung. Beim Saxophonisten ist dann aber Schluss. Mir egal, ob man das als freie Spielweise verkaufen kann, ich kann es jedenfalls nicht leiden, wenn jemand penetrant falsch spielt und dann auch noch absolut banal neben dem Groove. Apropos banal: Der DJ cuttet grausam schlecht. Nein, auch hier sorry.

    obwohl ich es nicht so höre, kann ich das gut nachvollziehen. das hat aber auch einen außermusikalischen spirit, den ich sehr bemerkenswert finde und der jenseits von gut und schlecht ist. aber das ist wahrscheinlich vom rest hier zu weit entfernt.

    katharsis#16 „Song for my father“. Die Trompete sagt dann Nein, hier kommt was anderes. Ich bin sehr dankbar, dass der Bass akustisch ist, ein E-Bass hätte die Atmosphäre doch zerstört. Die Musik ist von Anfang an hypnotisch und zieht in einen Strudel. Wahrscheinlich beeinflusst der „Song for my father“-Vergleich, aber der Trompeter erinnert mich stellenweise schon an Carmell Jones.

    für mich wird es erst durch die länge hypnotisch, bei aller größe des trompetenspiels. ich kannte das stück schon, bevor ich zum ersten mal den song for my father gehört habe – deshalb würde ich es nie zusammen bringen.

    katharsisInsgesamt ein sehr vielschichtiger bft, von dem ich bewusst nur ein Stück erkannt habe. Einige haben mich definitiv interessiert gemacht, andere überhaupt nicht. Aber genau deswegen bin ich dankbar, da man so einiges kennen und die Forenmitglieder besser einschätzen lernt. Danke!

    danke dir! als selbstporträt ist mir mein erster bft lieber, da hänge ich an den meisten stücken wirklich mit haut und haaren. diese sachen hier waren eigentlich material für diskussionen. aber ich habe dadurch von vielen teilnehmern hier ein besseren bild bekommen, auch von dir.

    bitte so schnell wie möglich nachziehen! ;-)

    --

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    gypsy-tail-wind
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    Pardon, aber ich muss einfach nochmal…

    katharsis#2 – Erinnert mich irgendwie an Eric Legnini.

    Fies! Legnini ist – gerade mit/dank seinem Bezug auf Phineas Newborn – doch von den jungen Pianisten einer der erdigsten, bodenständigsten. Hör ihn Dir mal an mit der tollen Band von Stefano di Battista (mit Rosario Bonaccorso am erdigsten Post-Bop-Bass der letzten Jahre und dem tollen Drummer André Ceccarelli). Das ist zwar alles hoffnungslos retro, aber di Battista hält das Feuer am Brennen, ich nehme ihm seine Musik jederzeit ab (mag allerdings die angesammelten Live-Mitschnitte allesamt besser als die drei [?] Blue Note CDs, die ich von ihm mittlerweile habe).

    katharsis#7 … Übrigens sehr ähnlich zu Joanne Grauer. Kennt die jemand?

    Bisher leider nicht, nein! Kannst Du was empfehlen?

    katharsis#10 – ….Beim Saxophon dann an Jan Garbarek (viel später an Yusef Lateef)

    katharsis#14 … auf jeden Fall atmet der Flötist etwas Yusef Lateef.

    Muss ich beide Male ziemlich vehement bestreiten. Lateefs Flöte hat nie so sauber und „europäisch“ geklungen, sie ist dreckig und bunt wie das Leben, das hier ist mir – bei allem Respekt vor Nicole Mitchell – in der Umsetzung etwas zu akademisch.

    Beim Saxophon höre ich die Anklänge noch viel weniger!

    vorgarten[#3] sehr schön beschrieben! kann ich alles gut nachvollziehen. dass ausgerechnet eine sun-ra-band diesen grad an intimität herstellen kann, begeistert mich nach wie vor.

    Da muss ich ein wenig widersprechen: Ra hat doch eine Mischung aus Small Group Approach und Big Band Sound gepflegt, in dem eben für Intimität immer Raum war – und zudem:

    katharsis#4 Das erinnert mich irgendwie sofort an West Coast Jazz, ein etwas progressiverer Bud Shank am Bariton. …

    Hm, die West Coast Connection kann ich hier ehrlich gesagt nicht so ganz hören… magst Du das etwas ausführen?

    vorgartenihr zwingt mich alle, den saxophonisten ernster zu nehmen! dabei wollte ich hier nur den pianisten vorstellen – auch das eine tolle pointe eines bft’s. witzigerweise habe ich heute ganz viel zeitlin gehört – auch mal ein kandidat für einen bft. aber connick will ja weg vom ornament, hin zu monk, zur schärfe, zur sperrigkeit – und das in einem äußerst smoothem setting…

    Der Saxophonist ist doch hier die spannendste Stimme, nicht? Es gibt ja beim Übergang zum Piano auch diesen seltsamen Zeitsprung (nach vorne, nicht etwa zurück zu Monk!)… Connick müsste wohl mehr Piano spielen, um da seine Identität zu finden – auch wenn da ansatzweise doch was zu hören ist, das interessant werden könnte, wenn es denn eben richtig umgesetzt würde. Ich will das als Kompliment verstanden haben, nicht als die zweite Runde von Connick-Abwatschen. Hätte mich übrigens über eine Reaktion Deinerseits gefreut damals, als ich ihn heftig abgewatscht habe… das blieb so einfach im Raum stehen, war aber (wie ich auch geschrieben hatte, wenn mich nicht alles täuscht) nichts mehr als eine sehr spontane Reaktion, die ich einfach nicht zurückhalten konnte.

    Von Zeitlin muss ich endlich mal das Mosaic Select haben… sehr interessant, auch wenn ich mir in meinem Urteil noch keineswegs sicher bin, dafür kenne ich seine Musik noch viel zu schlecht.

    vorgartenschade. ich könnte keinen bft ohne diese post-free-leute machen, die für mich einfach sehr wichtig sind. all diese versuche, das freie spiel wieder an schönheit und wärme anzubinden, liebe ich (wenn sie gelingen). und gleichzeit hat das immer diese schimmernde melancholie von irrelevanz (post-free-jazz: keine aufführungsorte, europa-flucht, abkopplung von der bürgerrechtsbewegung usw.), die der musik so einen eigenen ton gibt.

    Flucht nach Europa… ist das eine Abkopplung von der Bürgerrechtsbewegung? Hab ich mir nie so recht überlegt. Frustration und Flucht als Gegenbewegung zum Verarmen aber Kämpfen in der Heimat? Ist wohl alles etwas zu zugespitzt… aber grundsätztlich höchste Sympathie dazu. Da ist viel schöne Musik zu hören, die irgendwie zwischen Stuhl und Bank fällt, die aber in den meisten Fällen sehr viel mehr zu bieten hat als die ganzen Post-Musiken (Post-Bop, Post-Trane, Neo-Klassizimus, Young Lions). Lowe ist auf jeden Fall eine der grossen Stimmen der schwarzen Musik. Du kennst in diesem Bereich wohl mehr Musik als ich und hast Dich hier viel mehr vertieft. Würde mich interessieren, wenn Du an passender Stelle hie und da etwas vorstellen würdest (Alben, Musiker, lokale Szene, was immer), was Dir besonders wichtig ist!

    vorgartenfür mich wird es erst durch die länge hypnotisch, bei aller größe des trompetenspiels. ich kannte das stück schon, bevor ich zum ersten mal den song for my father gehört habe – deshalb würde ich es nie zusammen bringen.

    Der Zusammenhang ist einfach klar. Das Basslick kommt von Silvers Stück – das mag für Dich keine Rolle spielen, lässt sich aber nicht wegdiskutieren. Lustigerweise ist mir bei meinem ersten BFT auf Organissimo etwas ähnliches passiert: ich hatte eine wunderschöne Version von „Blood Count“, gespielt vom Tenorsaxer Andy Scherrer, drin – ohne allerdings damals die klassische Version von Johnny Hodges zu kennen. Geht dann irgendwie einfach nicht mehr, wenn man die mal kennt und um ihre Bedeutung weiss… das ist in diesem Fall hier viel weniger deutlich, aber wie gesagt: es lässt sich einfach nicht über dieses Stück schreiben, ohne „Song for My Father“ zu berücksichtigen!

    Hoffe, ich komme jetzt nicht als rechthaberischer dick rüber, ist jedenfalls nicht meine Absicht, ich finde die ganze Diskussion hier sehr spannend!

    --

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    katharsis

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    vorgartenauf einen solchen post wartet man gerne etwas länger!

    Das freut mich. Ich hatte mich schon etwas schlecht gefühlt, weil ich einfach nicht dazu gekommen bin und das nicht als Desinteresse oder mangelnde Wertschätzung aufgefasst haben wollte!

    vorgartenklar, hier geht’s um energie: vollgas und dann vaporisieren. richtig ausscheren tut hier keiner. und „protest“ (der titel des stücks) hört sich meines erachtens auch anders an.

    Das ist eben das, was mich etwas irritiert. Die Musik wirkt, als würde sie gerne Vollgas geben, aber irgendwie klemmt das Gaspedal. Ich glaube aber, dass das alleine mein Problem ist, da mich die Musik zu stark an „Theme de Yo-Yo“ erinnert, auch wenn vieles andersartig ist. Aber genau da passiert dieses Ausscheren, das druckvolle nach vorne gehen und der Protest. Fontella Bass unterstützt das natürlich noch doppelt.

    vorgartenich weiß nicht, wo bei dir die neuzeit anfängt, aber das ist von anfang der 70er. ich mag immer noch den punkigen nach-vorne-gestus und das hochkommunikative ineinanderspielen. aber das stück hat eindeutig seine grenzen.

    Der Witz ist, dass die Neuzeit für mich schon ab den 70ern beginnt, da meine Hörerfahrungen ab da recht eingeschränkt sind. Trotzdem habe ich hier eher an die 90er aufwärts gedacht.

    vorgartentoll, dass dir (als einzigem) die bossa-nova-nähe aufgefallen ist. hier ging es mir eher um den sound, diese in leichte bewegung versetzte fläche.

    Der Bossa drängt sich hier schon etwas auf, finde ich, aber eher in einer natürlichen, wenig artifiziellen (oder boshaft nachgespielten) Art. Das leichte ist mir auch aufgefallen. Weniger als Fläche, sondern als beschwingte, luftige Musik.

    vorgartensehr schön beschrieben! kann ich alles gut nachvollziehen. dass ausgerechnet eine sun-ra-band diesen grad an intimität herstellen kann, begeistert mich nach wie vor.

    Am Mangel an Intimität hätte ich mich jetzt nicht gestört, aber ich bin mit Ra zu wenig vertraut, daher war das eine schöne Überraschung. Obwohl es da noch was anderes gibt, aber das verrate ich noch nicht ;)

    vorgartenja, wie blöd, dass ich das ende nicht abgeschnitten habe. ich finde es sehr eigen, sehr markant und großartig rhythmisiert. läufe vermisse ich überhaupt nicht.

    Läufe vermisse ich auch nicht, wenn, dann hast Du mich missverstanden. Ich meinte eher, dass sie das kraftstrotzend männliche mit schnellen Läufen kompensiert. Sofern man so einen (dummen) Vergleich überhaupt anstrengen darf. Kennst Du die Dogs/Orange Aufnahmen? Die sollte ich mir auch mal anhören. Ich glaube, dass Hipp sich toll entwickelt hätte, wenn sie am Ball geblieben wäre. Übrigens finde ich die Sims-Kollabo gar nicht so belanglos oder schlecht. Ich finde, die hätten sich gut aneinander gewöhnen können.

    vorgartenschön, ein sonderlob für louis hayes! auf der platte gibt es vielleicht außergewöhnlichere stücke, aber da hätte man kirk sofort erkannt. ansonsten höre ich das hier genauso.

    Hayes mag ich gerne. Ein sehr guter Sessionmusiker, der weniger vom Ruhm abbekam als bspw. Art Taylor, aber der trickreichere und konsistentere Musiker war. Sein erstes Leader Album ist toll und auch später gibt es wunderbare Aufnahmen in seiner Diskographie.
    Nach der Session werde ich mich mal umsehen. Tubby Hayes ist mir immer noch zu unbekannt.

    vorgartenkeine männliche pranke jedenfalls. hat mich sehr gefreut, dass das hier so gut ankam. ich glaube nach wie vor, dass das besondere der spielweise von alice coltrane noch nicht hinreichend erkannt und gewürdigt wird.

    Ich glaube, dass die Ernsthaftigkeit von Alice Coltrane sehr von ihrer spirituellen Art überschattet wurde. Sie war eine großartige Musikerin, das hört man hier deutlich.

    vorgartenihr zwingt mich alle, den saxophonisten ernster zu nehmen! dabei wollte ich hier nur den pianisten vorstellen – auch das eine tolle pointe eines bft’s. witzigerweise habe ich heute ganz viel zeitlin gehört – auch mal ein kandidat für einen bft. aber connick will ja weg vom ornament, hin zu monk, zur schärfe, zur sperrigkeit – und das in einem äußerst smoothem setting…

    Ich finde, dass das ein tolles Stück ist, um sich die unterschiedlichen Musiker in verschiedenen Durchgängen genauer anzuhören.
    Wenn ich Zeitlin höre, dann erkenne ich sehr viel Bill Evans in ihm. Trotzdem habe ich bei Connick überhaupt nicht an Evans, sondern nur an Zeitlin gedacht. Das fand ich für mich persönlich überraschend.

    vorgartenschade. wahrscheinlich auch die falsche wahl. höre nach redbeans‘ hinweise gerade die ONE TWO FREE von kloss, die ich ganz großartig finde. der ist schon toll.

    Kloss finde ich an sich ganz gut. „Grits and Gravy“ macht mir am meisten Spaß. Aber so frühe Funk/Fusion-Experimente sind nicht mein Ding. Lustig fand ich, dass ich mir das nach der Auflösung nochmal angehört habe und sofort den späten Prestige-Sound erkannt habe.

    vorgartenfür mich wird es erst durch die länge hypnotisch, bei aller größe des trompetenspiels. ich kannte das stück schon, bevor ich zum ersten mal den song for my father gehört habe – deshalb würde ich es nie zusammen bringen.

    Klar, wenn man „Song for my father“ kennt, vielleicht schon etwas länger, dann drängt sich einem das sehr auf. Trotzdem passiert auf dem Beat ja etwas ganz anderes und nicht nur die Länge hypnotisiert, sondern auch die sehr ruhige Herangehensweise der Musiker. Manchmal finde ich es spannend, dass Musik so ruhig sein kann, ohne an Spannung zu verlieren.

    vorgartendanke dir! als selbstporträt ist mir mein erster bft lieber, da hänge ich an den meisten stücken wirklich mit haut und haaren. diese sachen hier waren eigentlich material für diskussionen. aber ich habe dadurch von vielen teilnehmern hier ein besseren bild bekommen, auch von dir.

    bitte so schnell wie möglich nachziehen! ;-)

    Oh ja, da schwanke ich gerade auch. Selbstporträt und Stücke, die einfach spannend zu errätseln sind. Ich werde aber nur Stücke aufnehmen, die ich wirklich gerne höre.
    Und ja, ich werde schnellstmöglich nachziehen!

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
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    katharsis

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    gypsy tail windFies! Legnini ist – gerade mit/dank seinem Bezug auf Phineas Newborn – doch von den jungen Pianisten einer der erdigsten, bodenständigsten. Hör ihn Dir mal an mit der tollen Band von Stefano di Battista (mit Rosario Bonaccorso am erdigsten Post-Bop-Bass der letzten Jahre und dem tollen Drummer André Ceccarelli). Das ist zwar alles hoffnungslos retro, aber di Battista hält das Feuer am Brennen, ich nehme ihm seine Musik jederzeit ab (mag allerdings die angesammelten Live-Mitschnitte allesamt besser als die drei [?] Blue Note CDs, die ich von ihm mittlerweile habe).!

    Ich kann das gar nicht näher begründen, da mir Legnini eigentlich gar nicht wirklich bekannt ist. Newborn als Referenz finde ich spannend, das macht mir gleich Interesse, das nachzuhören. Mit erdig magst Du recht haben, als Kontrast fehlt mir diese Erdigkeit im bft-Track. Das klirrt eher.
    Ich muss mal kucken, welche Scheibe ich von Legnini habe.

    gypsy tail windBisher leider nicht, nein! Kannst Du was empfehlen?!

    Ich bin selber durch Zufall über sie gestolpert und habe mich nie näher mit ihr beschäftigt. Ich habe das 57er Trio-Album für Mode mit Buddy Clark und Mel Lewis. Leider bleibt die Musik nicht sonderlich lange hängen. Sehr leichtfüßig und ähnlich wie Jutta Hipp von Bud Powell infiziert. Virtuos, gekonnt und vor allem wirklich sehr luftig.

    gypsy tail windMuss ich beide Male ziemlich vehement bestreiten. Lateefs Flöte hat nie so sauber und „europäisch“ geklungen, sie ist dreckig und bunt wie das Leben, das hier ist mir – bei allem Respekt vor Nicole Mitchell – in der Umsetzung etwas zu akademisch.

    Beim Saxophon höre ich die Anklänge noch viel weniger!!

    Hmm, ich weiß was Du meinst. Da muss ich morgen nochmal nachhören. Mir geht es da weniger um die Intonation, mehr um die Stimmung. Obwohl ich finde, dass auch Lateef stellenweise einen sehr klaren Klang hatte.

    gypsy tail windHm, die West Coast Connection kann ich hier ehrlich gesagt nicht so ganz hören… magst Du das etwas ausführen?!

    Mach ich gerne. Morgen :-)

    --

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    vorgarten

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    gypsy tail windPardon, aber ich muss einfach nochmal…

    sehr gerne!;-)

    gypsy tail wind
    Da muss ich ein wenig widersprechen: Ra hat doch eine Mischung aus Small Group Approach und Big Band Sound gepflegt, in dem eben für Intimität immer Raum war

    das wusste ich nicht und muss ich überprüfen. ich finde ras bigband-konzepte so vielschichtig, dass ich auf aufnahmen mit kleineren besetzungen bisher wohl kaum geachtet habe.

    gypsy tail wind
    Der Saxophonist ist doch hier die spannendste Stimme, nicht? Es gibt ja beim Übergang zum Piano auch diesen seltsamen Zeitsprung (nach vorne, nicht etwa zurück zu Monk!)… Connick müsste wohl mehr Piano spielen, um da seine Identität zu finden – auch wenn da ansatzweise doch was zu hören ist, das interessant werden könnte, wenn es denn eben richtig umgesetzt würde. Ich will das als Kompliment verstanden haben, nicht als die zweite Runde von Connick-Abwatschen. Hätte mich übrigens über eine Reaktion Deinerseits gefreut damals, als ich ihn heftig abgewatscht habe… das blieb so einfach im Raum stehen, war aber (wie ich auch geschrieben hatte, wenn mich nicht alles täuscht) nichts mehr als eine sehr spontane Reaktion, die ich einfach nicht zurückhalten konnte.

    zu der reaktion konnte ich mich nicht verhalten, dein urteil war ja nicht begründet. gleichzeitig verstehe ich solch eine wegbeiß-reaktion bei connick sehr gut und bin mir selbst überhaupt nicht sicher, ob ich ihn mag. und ich glaube auch, dass er seine identität (auch als sänger) noch nicht gefunden hat. aber der saxophonist hier die spannendste stimme? nein! wenn dir bei nicole mitchell das bunte leben fehlt und du ihr spiel leicht akademisch findest, wirkt der hier für mich so, als hätte er new yorker straßen bislang nur betreten, um auf dem schnellsten wege in die musikbibliothek zu kommen.

    gypsy tail windVon Zeitlin muss ich endlich mal das Mosaic Select haben… sehr interessant, auch wenn ich mir in meinem Urteil noch keineswegs sicher bin, dafür kenne ich seine Musik noch viel zu schlecht.

    ich auch. bislang nur CATHEXIS und LIVE AT THE TRIDENT. auf der GRITS & GRAVY von eric kloss ist die tolle zeitlin-komposition REPEAT zu finden (hat redbeans ja verlinkt – macht auch in jaki byards spielweise mehr spaß). bisher höre ich ihn als bill-evans-aufguss – ohne die bill-evansschen untiefen. das passt also, dass katharsis von connick direkt auf zeitlin kommt.

    gypsy tail windFlucht nach Europa… ist das eine Abkopplung von der Bürgerrechtsbewegung? Hab ich mir nie so recht überlegt. Frustration und Flucht als Gegenbewegung zum Verarmen aber Kämpfen in der Heimat? Ist wohl alles etwas zu zugespitzt… aber grundsätztlich höchste Sympathie dazu. Da ist viel schöne Musik zu hören, die irgendwie zwischen Stuhl und Bank fällt, die aber in den meisten Fällen sehr viel mehr zu bieten hat als die ganzen Post-Musiken (Post-Bop, Post-Trane, Neo-Klassizimus, Young Lions). Lowe ist auf jeden Fall eine der grossen Stimmen der schwarzen Musik. Du kennst in diesem Bereich wohl mehr Musik als ich und hast Dich hier viel mehr vertieft. Würde mich interessieren, wenn Du an passender Stelle hie und da etwas vorstellen würdest (Alben, Musiker, lokale Szene, was immer), was Dir besonders wichtig ist!

    ich fange da auch gerade erst an. mir geht es um das gefühl von irrelevanz, in sozialer und künstlerischer hinsicht. wenn die phase der energetischen fire music mitte bis ende der 60er noch bürgerrechtsbewegte protesthaltung war und – wenn auch kommerziell irrelevant – eine musik mit geschwellter brust, ist doch kurz danach alles weggebrochen: wertschätzung, respekt, auftritts- und aufnahmemöglichkeiten, einkünfte, politische identitäten, präsenz. all das, was – unter verlust der heimatbindung – in europa noch halbwegs zu finden war. ich frage micht: wie hat sich das in die musik eingeschrieben, wenn man (vor den young lions) nicht mehr selbstbewusst sagen konnte: ich bin musiker, ich spiele jazz. ich glaube, ohne das jetzt auf die schnelle begründen zu können, dass das die musik für mich so spannend macht: die fire music bleibt präsent, die irrelevanz führt zu individualistischen konzepten (man hört ja, womit lowe da alles herumprobiert), aus der melancholie entsteht schönheit. das wiederum hat die young lions überlebt, wenn man an den sound von gayle, ware, parker, ward, dixon, lincoln, ali usw. denkt.

    gypsy tail wind
    Der Zusammenhang ist einfach klar. Das Basslick kommt von Silvers Stück – das mag für Dich keine Rolle spielen, lässt sich aber nicht wegdiskutieren. Lustigerweise ist mir bei meinem ersten BFT auf Organissimo etwas ähnliches passiert: ich hatte eine wunderschöne Version von „Blood Count“, gespielt vom Tenorsaxer Andy Scherrer, drin – ohne allerdings damals die klassische Version von Johnny Hodges zu kennen. Geht dann irgendwie einfach nicht mehr, wenn man die mal kennt und um ihre Bedeutung weiss… das ist in diesem Fall hier viel weniger deutlich, aber wie gesagt: es lässt sich einfach nicht über dieses Stück schreiben, ohne „Song for My Father“ zu berücksichtigen!

    klar fällt mir jetzt die ähnlichkeit auf. und natürlich kannten die drei musiker hier den father song. aber die basslinie hat ja nicht diesen treibenden drive wie bei silver, sondern eine rhythmische verschleppung, macht die musik viel träger, weswegen masekela ja immer wieder diese spannung erzeugen kann (anfeuern, ausbrechen und dann wieder dieses ermattete sich-reinfallen-lassen). wegdiskutieren wollte ich es aber nicht.

    --

    #8082459  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgartenzu der reaktion konnte ich mich nicht verhalten, dein urteil war ja nicht begründet. gleichzeitig verstehe ich solch eine wegbeiß-reaktion bei connick sehr gut und bin mir selbst überhaupt nicht sicher, ob ich ihn mag. und ich glaube auch, dass er seine identität (auch als sänger) noch nicht gefunden hat. aber der saxophonist hier die spannendste stimme? nein! wenn dir bei nicole mitchell das bunte leben fehlt und du ihr spiel leicht akademisch findest, wirkt der hier für mich so, als hätte er new yorker straßen bislang nur betreten, um auf dem schnellsten wege in die musikbibliothek zu kommen.

    Stimmt natürlich, dass meine Reaktion nicht begründet war… aber doch, ich halte den Saxophonisten hier mit all seinem Retro-Chic dennoch für die individuellste Stimme. Bei Connick höre ich wie gesagt Ansätze, aber eben keine ausgereiften sondern nur unausgegorene… und natürlich kann man sagen, der Sax-Stimme hier fehle das Leben – das ist eben kein Kriterium, das ich überall anlege, ich halte auch Paul Desmond oder in jüngerer Zeit Michael Moore für enorm interessante Stimmen und gerade Desmond ist auch nicht für Rubens’sche Üppigkeit bekannt.

    vorgartenich fange da auch gerade erst an. mir geht es um das gefühl von irrelevanz, in sozialer und künstlerischer hinsicht. wenn die phase der energetischen fire music mitte bis ende der 60er noch bürgerrechtsbewegte protesthaltung war und – wenn auch kommerziell irrelevant – eine musik mit geschwellter brust, ist doch kurz danach alles weggebrochen: wertschätzung, respekt, auftritts- und aufnahmemöglichkeiten, einkünfte, politische identitäten, präsenz. all das, was – unter verlust der heimatbindung – in europa noch halbwegs zu finden war. ich frage micht: wie hat sich das in die musik eingeschrieben, wenn man (vor den young lions) nicht mehr selbstbewusst sagen konnte: ich bin musiker, ich spiele jazz. ich glaube, ohne das jetzt auf die schnelle begründen zu können, dass das die musik für mich so spannend macht: die fire music bleibt präsent, die irrelevanz führt zu individualistischen konzepten (man hört ja, womit lowe da alles herumprobiert), aus der melancholie entsteht schönheit. das wiederum hat die young lions überlebt, wenn man an den sound von gayle, ware, parker, ward, dixon, lincoln, ali usw. denkt.

    Sehr interessant, was Du hier andenkst. Wenn Du sagst, man hätte vor den Young Lions nicht selbstbewusst sagen können: Ich spiele Jazz – dann halte ich das doch für eine ziemlich überspitzte Formulierung. Es gab ja in den USA auch die Loft-Szene, in der viele der Leute aktiv waren, die zuvor in Europa waren… ich höre natürlich auch diese gewisse Leere oder Melancholie oder auch Orientierungslosigkeit und was darin entstehen kann empfinde ich wie Du teilweise als enorm spannend – wohl gerade auch, weil kein fester Rahmen mehr da ist, keine klaren Erwartungen (ausser den eigenen, an denen wohl auch mancher Musiker gescheitert ist), die man zu erfüllen hat. Was übrig bleibt ist gewissermassen die Kunst an sich. Und ja, was manche dieser Leute heute machen fasziniert mich in den meisten Fällen auch immer noch ungleich stärker als was die jüngeren Generationen machen.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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