Re: bft 4 – vorgarten

#8082451  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,140

Pardon, aber ich muss einfach nochmal…

katharsis#2 – Erinnert mich irgendwie an Eric Legnini.

Fies! Legnini ist – gerade mit/dank seinem Bezug auf Phineas Newborn – doch von den jungen Pianisten einer der erdigsten, bodenständigsten. Hör ihn Dir mal an mit der tollen Band von Stefano di Battista (mit Rosario Bonaccorso am erdigsten Post-Bop-Bass der letzten Jahre und dem tollen Drummer André Ceccarelli). Das ist zwar alles hoffnungslos retro, aber di Battista hält das Feuer am Brennen, ich nehme ihm seine Musik jederzeit ab (mag allerdings die angesammelten Live-Mitschnitte allesamt besser als die drei [?] Blue Note CDs, die ich von ihm mittlerweile habe).

katharsis#7 … Übrigens sehr ähnlich zu Joanne Grauer. Kennt die jemand?

Bisher leider nicht, nein! Kannst Du was empfehlen?

katharsis#10 – ….Beim Saxophon dann an Jan Garbarek (viel später an Yusef Lateef)

katharsis#14 … auf jeden Fall atmet der Flötist etwas Yusef Lateef.

Muss ich beide Male ziemlich vehement bestreiten. Lateefs Flöte hat nie so sauber und „europäisch“ geklungen, sie ist dreckig und bunt wie das Leben, das hier ist mir – bei allem Respekt vor Nicole Mitchell – in der Umsetzung etwas zu akademisch.

Beim Saxophon höre ich die Anklänge noch viel weniger!

vorgarten[#3] sehr schön beschrieben! kann ich alles gut nachvollziehen. dass ausgerechnet eine sun-ra-band diesen grad an intimität herstellen kann, begeistert mich nach wie vor.

Da muss ich ein wenig widersprechen: Ra hat doch eine Mischung aus Small Group Approach und Big Band Sound gepflegt, in dem eben für Intimität immer Raum war – und zudem:

katharsis#4 Das erinnert mich irgendwie sofort an West Coast Jazz, ein etwas progressiverer Bud Shank am Bariton. …

Hm, die West Coast Connection kann ich hier ehrlich gesagt nicht so ganz hören… magst Du das etwas ausführen?

vorgartenihr zwingt mich alle, den saxophonisten ernster zu nehmen! dabei wollte ich hier nur den pianisten vorstellen – auch das eine tolle pointe eines bft’s. witzigerweise habe ich heute ganz viel zeitlin gehört – auch mal ein kandidat für einen bft. aber connick will ja weg vom ornament, hin zu monk, zur schärfe, zur sperrigkeit – und das in einem äußerst smoothem setting…

Der Saxophonist ist doch hier die spannendste Stimme, nicht? Es gibt ja beim Übergang zum Piano auch diesen seltsamen Zeitsprung (nach vorne, nicht etwa zurück zu Monk!)… Connick müsste wohl mehr Piano spielen, um da seine Identität zu finden – auch wenn da ansatzweise doch was zu hören ist, das interessant werden könnte, wenn es denn eben richtig umgesetzt würde. Ich will das als Kompliment verstanden haben, nicht als die zweite Runde von Connick-Abwatschen. Hätte mich übrigens über eine Reaktion Deinerseits gefreut damals, als ich ihn heftig abgewatscht habe… das blieb so einfach im Raum stehen, war aber (wie ich auch geschrieben hatte, wenn mich nicht alles täuscht) nichts mehr als eine sehr spontane Reaktion, die ich einfach nicht zurückhalten konnte.

Von Zeitlin muss ich endlich mal das Mosaic Select haben… sehr interessant, auch wenn ich mir in meinem Urteil noch keineswegs sicher bin, dafür kenne ich seine Musik noch viel zu schlecht.

vorgartenschade. ich könnte keinen bft ohne diese post-free-leute machen, die für mich einfach sehr wichtig sind. all diese versuche, das freie spiel wieder an schönheit und wärme anzubinden, liebe ich (wenn sie gelingen). und gleichzeit hat das immer diese schimmernde melancholie von irrelevanz (post-free-jazz: keine aufführungsorte, europa-flucht, abkopplung von der bürgerrechtsbewegung usw.), die der musik so einen eigenen ton gibt.

Flucht nach Europa… ist das eine Abkopplung von der Bürgerrechtsbewegung? Hab ich mir nie so recht überlegt. Frustration und Flucht als Gegenbewegung zum Verarmen aber Kämpfen in der Heimat? Ist wohl alles etwas zu zugespitzt… aber grundsätztlich höchste Sympathie dazu. Da ist viel schöne Musik zu hören, die irgendwie zwischen Stuhl und Bank fällt, die aber in den meisten Fällen sehr viel mehr zu bieten hat als die ganzen Post-Musiken (Post-Bop, Post-Trane, Neo-Klassizimus, Young Lions). Lowe ist auf jeden Fall eine der grossen Stimmen der schwarzen Musik. Du kennst in diesem Bereich wohl mehr Musik als ich und hast Dich hier viel mehr vertieft. Würde mich interessieren, wenn Du an passender Stelle hie und da etwas vorstellen würdest (Alben, Musiker, lokale Szene, was immer), was Dir besonders wichtig ist!

vorgartenfür mich wird es erst durch die länge hypnotisch, bei aller größe des trompetenspiels. ich kannte das stück schon, bevor ich zum ersten mal den song for my father gehört habe – deshalb würde ich es nie zusammen bringen.

Der Zusammenhang ist einfach klar. Das Basslick kommt von Silvers Stück – das mag für Dich keine Rolle spielen, lässt sich aber nicht wegdiskutieren. Lustigerweise ist mir bei meinem ersten BFT auf Organissimo etwas ähnliches passiert: ich hatte eine wunderschöne Version von „Blood Count“, gespielt vom Tenorsaxer Andy Scherrer, drin – ohne allerdings damals die klassische Version von Johnny Hodges zu kennen. Geht dann irgendwie einfach nicht mehr, wenn man die mal kennt und um ihre Bedeutung weiss… das ist in diesem Fall hier viel weniger deutlich, aber wie gesagt: es lässt sich einfach nicht über dieses Stück schreiben, ohne „Song for My Father“ zu berücksichtigen!

Hoffe, ich komme jetzt nicht als rechthaberischer dick rüber, ist jedenfalls nicht meine Absicht, ich finde die ganze Diskussion hier sehr spannend!

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba