100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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  • #12530727  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,445

    thelonica

    „Ruby, My Dear“ klingt wie für Hawkins geschrieben, allerdings besonders viele Stücke von Monk hatte Hawkins wohl nicht im Repertoire. Hier gibt es „In Walked Bud“. Blakey hatte dafür schon auf einigen Aufnahmesessions von Monk gespielt, auf ihn konnte sich Monk wohl ziemlich verlassen. Trotzdem finde ich es eher schlau von Hawkins, dass er sich was erklären lassen wollte. (…)

    Ganz genau so klingt das! Aber Monk hatte Ruby My Dear tatsächlich ja schon 10 Jahre vor dieser Aufnahme geschrieben. Doch Coleman Hawkins ist mit seinem romantischen und melodischen Spiel wohl genau der richtige Mann für dieses Stück.

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    “There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)
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    #12531249  | PERMALINK

    lotterlotta
    Schaffnerlos

    Registriert seit: 09.04.2005

    Beiträge: 6,305

    vorgarten40 THE BLUES AND THE ABSTRACT TRUTH nelson, hubbard, dolphy, barrow, evans, chambers, haynes, taylor, van gelder (23.2.1961) vor diesem wiederhören habe ich mich etwas gefürchtet, denn „stolen moments“ kann ich definitiv nicht mehr hören, und den rest hatte ich als substanziell schwächer in erinnerung. unbedingter fan bin ich jetzt, nachdem das seit ewigkeiten mal wieder lief, immer noch nicht, aber ich höre das heute anders als total begeistert vor 30 jahren und übersättigt seitdem. interessant erstmal, dass das wieder ein arrangeursalbum ist (und wieder zieht creed taylor dabei im hintergrund die strippen), vielleicht sogar mit einem arranger’s sax? dann der titel: wo kam der her? und baut der eigentlich einen gegensatz auf (zwischen blues und abstract, oder sogar zwischen blues und truth)? oder ist das eine addition? zuletzt die all-star-besetzung: ich hatte völlig vergessen, dass bill evans hier am klavier sitzt. also: die arrangements. das geheimnis liegt in den bläsersätzen, wie sie akkorde generieren, die ein blues-feeling erzeugen, aber so gesetzt sind, dass man beim spontanen improvisieren nie darauf käme (denke ich). das ist toll. weniger toll: die verteilung von melodielinien auf verschiedene instrumentenstimmen, das hat etwas streberhaftes. zum arrangement gehört aber auch: ich lade mir nicht irgendwelche stimmen ein, sondern nur solche, die sich frei bewegen wollen. das ergibt eine reibung, ein kratzen am schulbuchhaften, einen widerstand gegen die formel. und dann platziere ich bill evans in ein hart swingendes b/dm-gespann und spiele selbst lange gewichtige linien gegen einen hyperaktiven dolphy. hat nelson hier seine soli vorher ausgeschrieben? (das gerücht gab es ja mal.). kann nicht sein, direkt im ersten reagiert ein melodiefragment direkt auf eine zwischenfigur von evans. und dann ist es immer noch der ton, der die musik macht, ein eigenartiger cry, keine scheu vor dynamik, zu einem fast klassischen vibrato. der blues und die abstraktion. was ist hier blues? dass einzelne linien durch verschiedene akkorde gejagt werden? dass es keine angst vor wiederholungen gibt? dass hier sophistication aus einfachheit entsteht? ich finde nirgendwo was zur quelle des titels, aber er könnte auch vom produzenten sein, für den vielleicht blues und abstraktion gegensätze waren. all stars. was dolphy hier spielt, ist wahnsinn. genauso gewagt ist, dass bill evans das tatsächlich zu begleiten versucht. am ende ist dieses album vor allem das: die lust aufs nächste solo. und sie wird sehr oft befriedigt. ich frage mich zwischendurch: was, wenn la faro der bassist gewesen wäre? warum braucht es gerade im bass eine traditionelle absicherung? und warum hat bill evans kein trio mit roy haynes gebildet, nach diesem zusammenspiel hier?

    ……zwei schnelle anmerkungen

    1. …ist mir unerklärlich wie man sich daran überhören kann, vielleicht ist es schon fast zu perfekt arrangiert(hier nur zwei mingus-alben davor)….

    2. …gehört es für mich zu den 10 besten jazzalben aller zeiten, alle akteure agieren hier auf allerhöchstem niveau….

    --

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    #12531351  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 13,209

    lotterlotta
    1. …ist mir unerklärlich wie man sich daran überhören kann, vielleicht ist es schon fast zu perfekt arrangiert(hier nur zwei mingus-alben davor)….

    mir ist das auch ein rätsel. du weißt zwar nicht, wie oft ich das gehört habe in einer bestimmten phase, aber andere sachen kann ich mir tatsächlich nicht leidhören. beim arrangement würde ich aber sagen, vor allem mit dem gil-evans-album im ohr, für das @friedrich oben sehr schöne worte gefunden hat, dass nelson auch nur mit wasser kocht und die aufgabe insgesamt etwas einfacher war…

    lotterlotta2. …gehört es für mich zu den 10 besten jazzalben aller zeiten, alle akteure agieren hier auf allerhöchstem niveau….

    das stimmt natürlich.

    --

    #12531353  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 13,209

    friedrich
    Habe mir die Gil Evans Interpretation des Barbara Songs inzwischen ein paar mal aufmerksam angehört. Wenn ich es nicht schwarz-auf-weiß hätte, würde ich nicht glauben, dass die Vorlage ein Lied aus der Dreigroschenoper ist. Evans scheint die ursprüngliche Komposition als Ausgangspunkt genommen aber sie dann durch einen Filter nach dem anderen geschickt zu haben, bis das Original eigentlich nicht mehr zu erkennen ist. Eine fast vollständige Metamorphose. Da erkenne ich keinen Song mehr. Ich höre farbige Klangwolken, die sich langsam ausbreiten, vor- und hintereinander schieben und miteinander mischen, hier und da verdichtet sich etwas in Form eines Solos auf Sax oder Flöte und mit dem Klavier blitzen ein paar funkelnde Kristalle auf. Schichten von Klang in ungewöhnlichen dunklen Pastelltönen. Bass und drums ganz weit unten verbinden das nur noch locker mit festem Boden.

    irgendwer hat hier mal geschrieben: gil evans sei kein arrangeur, sondern ein zustand. warst du das?

    --

    #12531429  | PERMALINK

    lotterlotta
    Schaffnerlos

    Registriert seit: 09.04.2005

    Beiträge: 6,305

    @vorgarten

    von dem zustand ;-) hab ich nur die miles davis alben und eins mit ….

    die aussage mit den arrangements bezog sich auf mir vorliegende alben,  außerdem ist mit den beteiligten das arrangieren sicher nicht so schwer gewesen….okay da gibt es noch diverse ellington alben die auch davor liegen…

    --

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    #12531577  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,445

    @vorgarten(…) beim arrangement würde ich aber sagen, vor allem mit dem gil-evans-album im ohr, für das friedrich oben sehr schöne worte gefunden hat, dass nelson auch nur mit wasser kocht und die aufgabe insgesamt etwas einfacher war…
    (…)

    Vielen Dank! Das war aber auch eine schöne anregende Vorlage von Dir.

    Ich habe aktuell genug Zeit um mir den Barbara Song auf dem Sofa sitzend mehrmals hintereinander aufmerksam anzuhören und Worte dafür zu finden. Das Album The Individualism … steht als CD bei mir schon ewig im Regal. Aber ich hatte es nicht oft gehört, und wenn, dann weder in der ursprünglichen Reihenfolge der LP mit dem Barbara Song am Anfang (auf der erweiterten CD ist Time Of The Barracudas am Anfang und zieht zunächst die Aufmerksamkeit auf sich), noch mit der gebotenen Aufmerksamkeit. Dieser Thread war aber ein guter Anlass, da mal genauer hinzuhören und sich das Gehörte bewusst zu machen.

    vorgarten

    friedrich Habe mir die Gil Evans Interpretation des Barbara Songs inzwischen ein paar mal aufmerksam angehört. Wenn ich es nicht schwarz-auf-weiß hätte, würde ich nicht glauben, dass die Vorlage ein Lied aus der Dreigroschenoper ist. Evans scheint die ursprüngliche Komposition als Ausgangspunkt genommen aber sie dann durch einen Filter nach dem anderen geschickt zu haben, bis das Original eigentlich nicht mehr zu erkennen ist. Eine fast vollständige Metamorphose. Da erkenne ich keinen Song mehr. Ich höre farbige Klangwolken, die sich langsam ausbreiten, vor- und hintereinander schieben und miteinander mischen, hier und da verdichtet sich etwas in Form eines Solos auf Sax oder Flöte und mit dem Klavier blitzen ein paar funkelnde Kristalle auf. Schichten von Klang in ungewöhnlichen dunklen Pastelltönen. Bass und drums ganz weit unten verbinden das nur noch locker mit festem Boden.

    irgendwer hat hier mal geschrieben: gil evans sei kein arrangeur, sondern ein zustand. warst du das?

    Nein, das habe ich nicht gesagt und ich würde es auch nicht sagen. Ich denke, so eine Interpretation wie die des Barbara Songs ist ein langer kreativer Prozess, eine Bewegung. Sowas fällt Gil Evans ja nicht einfach so ein! Vielleicht blieb die Melodie irgendwo irgendwann irgendwie bei ihm im Ohr hängen, dann hat er etwas dazu-fantasiert, Stimmen und Schichten hinzugefügt, hier etwas gedehnt oder gestaucht, dort etwas verdichtet oder aufgelockert, dieses und jenes hinzugefügt oder weggelassen, es in seine eigene musikalische Sprache übersetzt und am Ende kommt etwas heraus, bei dem das Erbgut des Ursprungsmaterials zwar noch vorhanden ist, sich aber in ganz veränderter Form zeigt. Evolution, Transformation, Metamorphose oder wie immer man das nennen möchte.

    Ich habe festgestellt, das ich hier im Forum sogar mal einen Gil Evans-Thread eröffnet hatte. Komme ich ggf. mal drauf zurück.

    --

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    #12531711  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 13,209

    friedrich
    Ich habe festgestellt, das ich hier im Forum sogar mal einen Gil Evans-Thread eröffnet hatte. Komme ich ggf. mal drauf zurück.

    oh, da würde ich irgendwann auch mitmachen! in diesem thread wiederum gibt es einen verweis auf einen anderen über die schönsten jazz-soli, der im jazz-index noch gar nicht verlinkt ist und den ich komplett vergessen habe…

    ich habe THE INDIVIDUALISM gestern nochmal komplett inklusive bonustracks durchgehört, das ist wirklich alles zum hineinlegen. vom „barbara-song“ gibt es offenbar sonst kaum jazzversionen – bis auf eine von tethered moon (kikuchi, peacock, motian) auf dem PLAY KURT WEILL album, die lege ich mir für heute abend mal raus.

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    #12531713  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 13,209

    edit. das hier ist ganz interessant, andré previn und j.j.johnson, 1962:

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    #12531771  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Index ist nachgeführt – pardon!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #166: First Visit: Live-Dokumente aus dem Archiv von ezz-thetics/Hat Hut Records - 14.10., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12531877  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 13,209

    danke! kein pardon nötig.

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    #12531909  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Beiträge: 69,529

    Auf dem Weill-Album von John Lewis ist der „Barbara Song“ doch auch?

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    #12531919  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 13,209

    dann ist es doch gut, dass du ihn erwähnt hast ;-)

    weder mit lewis noch mit dolphy, sondern mit jerome richardson, thad jones, mike zwerin, jimmy raney, richard davis und connie kay (1965)

    --

    #12531965  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,688

    vorgartendann ist es doch gut, dass du ihn erwähnt hast <iframe title=“Barbara Song“ src=“https://www.youtube.com/embed/oqOIaZs6vkE?feature=oembed“ width=“500″ height=“375″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe> weder mit lewis noch mit dolphy, sondern mit jerome richardson, thad jones, mike zwerin, jimmy raney, richard davis und connie kay (1965)

     
    Lustig mit Lewis… Zwerin hat da oft drüber geschrieben, wie ihm quasi von der einen Session für das Album zur anderen der Rest der Frontline gestorben ist (Dolphy und Nick Travis), aber das mit Lewis hatte ich nicht auf dem Schirm, dass der auch ausgetauscht wurde ..

    --

    .
    #12531985  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 69,529

    Haha, sorry, hatte 18:30 ein Rendezvous mit Shepp im Kino und das Album lief schon so lange nicht mehr, dass ich das mit Lewis (im Gegensatz zu Dolphy vs. Richardson) nicht mehr präsent hatte.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #166: First Visit: Live-Dokumente aus dem Archiv von ezz-thetics/Hat Hut Records - 14.10., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12532331  | PERMALINK

    vorgarten

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    Beiträge: 13,209

    39

    JUJU
    shorter, tyner, workman, jones, lion, van gelder (3.8.1964)

    wenig blue note bisher in der liste, vor allem vermisse ich einiges aus der progressiven ecke (ca. 1962-67): mclean, hutcherson, young, hill, rivers, moncur, henderson, williams – fehlanzeige. es könnte daran liegen, dass sich die stimmen für einige dieser künstler gleichwertig auf mehrere alben verteilt haben, die alle erwähnenswert wären. aber das ist bei shorter eigentlich auch so – und trotzdem hat JUJU es in die liste geschafft. ausgerechnet, dachte ich zunächst, das coltrane-album von shorter, mit der coltrane-rhythm-section, den quartalakkorden, dem raum für elvin jones‘ rollende grooves, und der gleichbleibend hohen intensität im spiel shorters. manchmal höre ich das album wie eine einladung an coltrane zum quintett. zumindest hätte ich ihn gerne mal diese shorter-kompositionen spielen hören.

    ist das also ein album vor der selbstfindung? für die hancock zentral war, denke ich, und später joe chambers. und überhaupt die mitgliedschaft im quintett von miles davis, denn die wurde erst nach diesem album möglich. ich glaube aber, dass man das trotzdem nicht so sagen kann, und dass meine unverträglichkeit mit JUJU an manchen tagen vor allem mit dem blechernen sound meiner cd-ausgabe zu tun hat, die sich mit shorters ton nicht gut verträgt. alle kompositionen sind natürlich grandios, shorters latenter surrealismus („juju“ meint ja ein ritual der verhexung) kommt in stücken wie „mahjong“ und „house of jade“ gut zum vorschein. interessant, wie er den coltraneismen dann doch immer noch einen twist versetzt, der tyner ständig daran hindert, ins hymnische spiel zu kommen (das klappt am ehesten im vergleichsweise simplen „yes and no“), was dem aber gar nichts auszumachen scheint. und schließlich der saxofon-ton, wie blechern auch immer er sich überträgt – blumenthal schreibt von einer mischung aus kühnheit und verletzlichkeit, er scheint manchmal fast wund, aber sich in den hintergrund zu verziehen, kam hier nicht infrage. wenn sich shorter schon ein coltraneprogramm schreibt, dann wird er gewusst haben, was das mit ihm selbst zu tun hat. die verhexung tritt also am ende doch wieder ein – und ich gehe jetzt endlich mal eine vernünftige ausgabe shoppen.

    --

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