Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Florence + The Machine – Ceremonials › Re: Florence + The Machine – Ceremonials
Wenn Sokrates hier das Musikalische Tagebuch zweitverwertet, kann ich ja auch meinen Kommentar aus dem SdT-Thread recyceln:
Go1Das erste Album von Florence and the Machine fand ich durchwachsen, aber vielversprechend; einige ihrer Tracks, wie „Dog Days are over“ und vor allem „Rabbit Heart (Raise it up)“ haben mir sehr gut gefallen. So habe ich ihr zweites Album durchaus mit etwas Vorfreude erwartet. Aber, puh, ich habe schon lange nichts mehr gehört, was so anstrengend gewesen wäre wie Ceremonials – ich glaube, ich stehe eher auf Easy Listening (die neue Björk zum Beispiel…). Florence Welch bemüht sich von Anfang an um einen großen, mächtigen, dichten Sound, um Drama und Pathos, um Power und Hymnen – und sie zieht das unbarmherzig bis zum Schluss des Albums durch. Diese Frau will die Charts erobern und Stadien beschallen. Das kann man ihr nicht vorwerfen, es ist vielleicht lobenswerte Ambition, aber ich komme da nicht mit – ich hätte es fast nicht bis zum Ende durchgehalten. Dabei könnten mir die meisten Tracks, für sich genommen, gefallen – ich mag Pathos! Die beiden Ausnahmen sind „Seven Devils“, das einfach schrecklich ist, und „Never let me Go“, das die volle Gospel-Power auffährt, was mich abstößt; die anderen Tracks sind gut, soweit ich das aufs erste Ohr beurteilen kann. Aber zwölf davon hintereinander sind einfach zuviel für mich. Atempausen, ruhige oder intimere Momente – Fehlanzeige. It’s just too much.
Das war mein erster Eindruck, und der zweite fiel ganz ähnlich aus. Es sind allerdings mehr als zwei Songs drauf, die mir schon für sich nicht taugen: Von „Never let me go“ (Musik für die ganz große Showbühne, so subtil wie Celine Dion) war ich anscheinend so erschlagen, dass ich gar nicht mehr registriert habe, was für ein bombastischer Scheiß der folgende Track „Breaking Down“ ist. Der Tiefpunkt bleibt jedoch „Seven Devils“: billig und effektheischend.
Rob Flemings Kommentar kann ich aber überhaupt nicht nachvollziehen: So gut wie jeder Song hier hat einen eingängigen Refrain, an den man sich spätestens nach dem zweiten Hören erinnern kann, bleibt also im Ohr, und die Stücke hören sich auch nicht gleich an. Es sind halt zwölf Variationen von hochgespanntem Pathos. Viele der Refrains klingen, als ob man dazu eine Flagge schwenken müsste („Shake it out“) oder wenigstens ein Feuerzeug.
In kleiner Dosis finde ich das streckenweise mitreißend: „Heartlines“ und das dunkle „What the Water Gave Me“ sind große, herausragende Pop-Hymnen, von denen ich mich gerne über den Alltag erheben lasse. Da funktioniert die Musik für mich im Sinne der Erfinderin. Aber von vorne bis hinten, als Ganzes, werde ich mir dieses bombastische Album bestimmt nie wieder anhören.
--
To Hell with Poverty