Wer oder was definiert Soul?

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  • #44229  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Nach dem verunglückten Spin-Off aus dem Commodores-Thread nun noch mal von vorne und grundsätzlich: Seit ich mich näher mit Soul befasse, stelle ich immer wieder fest, dass es wohl recht divergierende Ansichten darüber gibt, was das eigentlich ist bzw. was kein Soul ist. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass von einigen Soulfans nur Southern Soul, wie er vor allem auf Atlantic und Stax erschienen ist, als „echter“ Soul aufgefasst wird. Motown gilt dann schon eher als Pop, während andere Soulhörer und -kritiker das Label an sich und Motownkünstler wie Marvin Gaye, Smokey Robinson, Stevie Wonder, die Temptations, Four Tops usw. zum Kernbestand des Soul rechnen.
    Noch umstrittener ist jene Richtung schwarzer Musik der 70er Jahre, wie sie von den von Gamble & Huff produzierten Künstlern (O’Jays, TSOP, Harold Melvin & The Bluenotes … – der „Philly Soul“ eben), Chi-Lites, Stylistics, Tavares, Barry White usw. repräsentiert wird. Für manche Soul-Fans ist das alles schon „Disco“, was dann (selbstverständlich?) eher abwertend gemeint ist. Um nicht zu sagen, es ist ein Todesurteil.;-) Andere würdigen die genannten Acts als wesentliche Protagonisten des Soul.
    Ist das alles wirklich den persönlichen Vorlieben anheimgestellt? Ist „Soul“ ein Ehrentitel, den man zu- und aberkennen kann, oder wird ein solches Genre von Labels und Künstlern definiert, ohne dass jedem Soul-Fan alles gefallen muss?

    --

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    #5736577  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
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    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Diesen Post wollte ich aus dem gelöschten Thread noch rüberholen:

    Timmkakiman kann’s auch ganz weit aufdröseln – allmusic.com bspw. bietet dazu jede Menge Anregungen:

    R&B: http://www.allmusic.com/cg/amg.dll?p=amg&sql=73:13334
    R&B/Soul: http://www.allmusic.com/cg/amg.dll?p=amg&sql=77:4492
    Soul: http://www.allmusic.com/cg/amg.dll?p=amg&sql=77:7
    Funk: http://www.allmusic.com/cg/amg.dll?p=amg&sql=77:13

    usw. usw. usw.

    Hier wird auch zum wiederholten mal deutlich, dass es den SOUL nicht gibt. Zuviel „Crossover“ der größten Interpreten, die man ‚üblicherweise‘ dem SOUL zuordnet haben die Grenzen (gab’s die je?) von jeher sehr durchlässig gemacht. Ray Charles, Aretha Franklin + Mavis Staples sind für mich beste Beispiele dafür.

    … ach, die Diskussion lässt sich wirklich endlos fortsetzen.

    Für mich ist SOUL auch immer mit Gefühl + Stimmung verbunden. Das macht die Sache so subjektiv, dass es m.E. keine 2 deckungsgleiche Meinungen geben kann

    --

    #5736579  | PERMALINK

    joliet-jake
    7474505B

    Registriert seit: 06.03.2005

    Beiträge: 37,987

    guter Anfang ;-)
    ich komm darauf zurück!

    --

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    #5736581  | PERMALINK

    cleetus

    Registriert seit: 29.06.2006

    Beiträge: 17,288

    Soul ist für mich nur ein Oberbegriff wie Pop oder Rock. Ich würde nie auf die Idee kommen einer Platte den Begriff „Soul“ aufzudrücken, quasi als Genre-Zuweisung. Meistens werden Spezifizierungen erfunden a la „Late-Philly-Raw-Soul“ oder „motownesker South-Bossa-Funk“. Auch wenn es sich meistens blöd anhört, weiß jeder was man damit meint.

    --

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    #5736583  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Wir hatten hier doch schon mal vor längerer Zeit eine Diskussion zum Thema „Northern Soul“. (Finde den Thread gerade nicht so schnell.) Dort wurde auch allgemein über die Definition des Begriffs Soul philosophiert. Im Philosophikum war das glaube ich auch.
    Für mich beginnt Soul in den frühen 60ern oder späten 50ern mit Ray Charles und Sam Cooke (aber auch anderen). Ich bin da eh nicht so der Auskenner. M.E. hat sich Soul dann zunehmend zu einem Genre Begriff entwickelt. Mit der Spezifizierung in den 70ern mit Philly Sound und Disco wurde das dann natürlich wieder problematisch wenn nicht gar obsolet. Klassischer Soul ist für mich die Schwarze Popmusik der 60er und frühen 70er Jahre.

    --

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    #5736585  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    Interessant zu hören, dass Tamla Motown kein Soul sein soll. Den Begriff Pop-Musik sehr ich da mehr als Überbegriff für alle Soul-Spielarten.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #5736587  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    lathoInteressant zu hören, dass Tamla Motown kein Soul sein soll.

    Wo steht das denn?

    lathoDen Begriff Pop-Musik sehr ich da mehr als Überbegriff für alle Soul-Spielarten.

    Deshalb schrieb ich ja auch „Soul ist für mich die Schwarze Popmusik…“

    --

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    #5736589  | PERMALINK

    popkid

    Registriert seit: 04.06.2003

    Beiträge: 7,763

    MikkoWo steht das denn?

    das war vermutlich bezugnehmend auf den folgenden absatz aus dem eingangspost:

    „Ich habe immer wieder den Eindruck, dass von einigen Soulfans nur Southern Soul, wie er vor allem auf Atlantic und Stax erschienen ist, als „echter“ Soul aufgefasst wird. Motown gilt dann schon eher als Pop, während andere Soulhörer und -kritiker das Label an sich und Motownkünstler wie Marvin Gaye, Smokey Robinson, Stevie Wonder, die Temptations, Four Tops usw. zum Kernbestand des Soul rechnen.“

    --

    I'm forever blowing bubbles, pretty bubbles in the air... Girls, go home! ...verdammt gut schaut er aus!
    #5736591  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,018

    Bin jetzt gerade in Eile, aber Joliet Jake hatte sich so ungefähr in Bezug auf Motown geäußert, aber er wird das sicher noch selbst präzisieren oder erläutern.

    --

    #5736593  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 36,937

    MikkoWo steht das denn?

    Siehe Post von popkid.

    Mikko
    Deshalb schrieb ich ja auch „Soul ist für mich die Schwarze Popmusik…“

    Dich hatte ich nicht gemeint. Aber ja – Soul als schwarze Popmusik, da stimme ich zu. Oder genauer: Soul gehört zur Popmusik.

    --

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    #5736595  | PERMALINK

    ah-um

    Registriert seit: 24.02.2006

    Beiträge: 1,398

    Zunächst: Stilbegriffe definieren keine klaren Grenzen, die in jedem Fall eine Festlegung zuließen, ob etwas dazugehört oder nicht. Und sie sind erst recht keine Qualitätssiegel.

    Im Kern ist Soul nach meinem Verständnis verweltlichte Gospel-Musik. Was man in den 50er-Jahren als „Rhythm & Blues“ bezeichnete, war im wesentlichen urbanisierter Blues und simplifizierter, deftiger Jazz. Jedenfalls war es weltliche Musik, und die Unterscheidung zur sactified music war im Bewusstsein der schwarzen Zuhörerschaft stets präsent.
    Der Soul nun bediene sich ganz offensiv bei der Musik der schwarzen Südstaaten-Kirchen und stellte diese in einen weltlichen Pop-Kontext. Nicht zufällig kamen praktisch alle der Soul-Größen der 60er vom Gospel. Und ihren Gesangsstil haben sie dabei kaum verändern müssen. Im Wesentlichen wurde „Lord Jesus“ durch „Honey Baby“ ersetzt. Aretha Franklin singt auf „Amazing Grace“ nicht wirklich anders als auf „I Never Loved A Man…“
    Je weniger von diesem churchy feel vorhanden ist, desto weniger würde ich von Soul sprechen.

    --

    There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)
    #5736597  | PERMALINK

    timmkaki

    Registriert seit: 11.10.2006

    Beiträge: 161

    Hi

    In einem anderen Forum hab ich vor einiger Zeit schon mal deutlich gemacht, dass ich SOUL als untrennbar verbunden mit den politischen Bedingungen + Veränderungen der damaligen Zeit ansehe.

    Als einer aus der Gruppe „alter Zausel“, nehme ich mir auch das Recht, unter Soul nur die alten Sachen aus der Zeit ab ca. 1956 bis in die frühen 70er zu verstehen. Dabei sind die Entwicklungen ab etwa 1968 schon sehr unterschiedlich und die Übergänge fleißend + konturlos.

    Für mich sind dabei die Label von Stax (meine absoluten Favoriten), Motown + Atlantic –mit ihren jeweiligen Unter-Labeln – bestimmend für die Soul-Musik. Daneben gab’s natürlich eine Vielzahl weiterer, die eine sehr ursprüngliche Version des Souls produzierten.

    Bei den Interpreten gehören Ray Charles (RIP), Aretha Franklin, Otis Redding und Wilson Picket zu meinen absoluten Favoriten.

    Soul zu definieren war schon damals sehr schwer. Man sollte als erstes das (schwarze) Umfeld der Protagonisten des Soul beachten. Segregation war gang und gebe, obwohl Gerichte und Parlamente schon vorhandene + gegenläufige Bestimmungen durchzusetzen versuchten. Das Selbstbewusstsein und der Wunsch nach Selbstbestimmung der Schwarzen (ich weiß, das pol.corr. ‚Afroamerikaner’ ist – bleibe aber aus Zeitsicht bei S.) wuchs mit steigendem Bildungsniveau. Damit wuchs auch der Bedarf an einer Musik, die sich nicht im Nachspielen oder Interpretation weißer Musik ergötzte, sondern die eigenen schwarzen Musikwurzeln aufgriff: à priori Gospel und Blues. Aus diesem Gegensatz des Religiösen und des allzu Weltlichen entstand eine Spannung, die sich in der intensiven + sehr persönlichen Interpretation der neuen Songs manifestierte – eben die Seele, der Soul.

    Es ist das Verdienst von Ray Charles + Sam Cooke, als eine der Ersten die verschieden Musikelemente zu mischen + zu etwas Neuem zu machen. Am Beispiel der Entwicklung von Aretha Franklin, die anfangs bei Columbia durch das Nachträllern weißer Schnulzen auf keinen grünen Zweig kam, ist deutlich, welche Explosion die neue Musik sein konnte. Auch als „Begleitung“ der Rassenunruhen der Endsechziger ist die Musik nicht weg zudenken; entlehnte sich aus ihr doch schließlich auch der Begriff „Soulbrother“. Viele Musiker, die sich noch eben im Motown-Pop bewegten, produzierten jetzt ‚politische Songs’.

    In der Weiterentwicklung des Souls in verschieden Stilrichtungen (Funk, Philly Sound, Disco etc.) zeigt sich die ?erfolgreiche? „Emanzipation“ der schwarzen Bevölkerung. Die Akzeptanz + Unterstützung der ‚aufgeklärten‘ weißen Bevölkerung gab dem Soul zusätzlich auch den notwendigen kommerziellen Erfolg (in diesen Kreisen).

    Diese Interpretation zum Thema SOUL ist meine persönliche Ansicht + mag nicht jedem schmecken. Deshalb immer mein Motto: jeder Mensch is anners verrückt.

    SOUL ist wie Jazz, Pop, Klassik + andere Gattungsbegriffe nicht abzugrenzen. Zumindest darin scheint es ja bei einigen von uns, relative Übereinstimmung zu geben.

    Ich find die Diskussion spannend … :bier:

    Besten Gruß Timm

    --

    ------------------- SOUL IS A CONSTANT. IT’S CULTURAL. IT’S ALWAYS GOING TO BE THERE, IN DIFFERENT FLAVOURS AND DEGREES. Aretha Franklin
    #5736599  | PERMALINK

    joliet-jake
    7474505B

    Registriert seit: 06.03.2005

    Beiträge: 37,987

    Ah Um / timmkaki: Umfassende, treffsichere und fundierte Beiträge.

    Speziell:

    Ah UmIm Kern ist Soul nach meinem Verständnis verweltlichte Gospel-Musik. Was man in den 50er-Jahren als „Rhythm & Blues“ bezeichnete, war im wesentlichen urbanisierter Blues und simplifizierter, deftiger Jazz. Jedenfalls war es weltliche Musik, und die Unterscheidung zur sactified music war im Bewusstsein der schwarzen Zuhörerschaft stets präsent.

    Ja! Ray Charles hat Gospel-Elemente auf Unterhaltungsmusik übertragen. Das war um 1950 rum sein ganzer Trick. Exakt der Trick, der die schwarze Musik komplett neu definierte.

    Ah UmDer Soul nun bediene sich ganz offensiv bei der Musik der schwarzen Südstaaten-Kirchen und stellte diese in einen weltlichen Pop-Kontext. Nicht zufällig kamen praktisch alle der Soul-Größen der 60er vom Gospel. Und ihren Gesangsstil haben sie dabei kaum verändern müssen. Im Wesentlichen wurde „Lord Jesus“ durch „Honey Baby“ ersetzt. Aretha Franklin singt auf „Amazing Grace“ nicht wirklich anders als auf „I Never Loved A Man…“

    Wiederum korrekt: Im Umkehrschluß behaupte ich deswegen, daß die Wiege des Soul im Süden stand. Deswegen hatte Atlantic Records auch diesen zeitlichen Vorsprung: Atlantic wurde 1947 gegründet, 12 Jahre vor Tamla Records (1959, ab 1960 in Motown aufgegangen). Atlantic hatte ja auch nicht nur R&B im Programm (zu dieser Zeit war es einfach nur „R&B“ oder noch einfacher „race music“), sondern ebenso Jazz (Mingus, Coltrane).
    Ich will hier absolut keine Wertung zwischen Labels abgeben, sondern einfach nur zeitliche Orientierung einbringen: als Motown (ich nenne es der Einfachheit halber jetzt so) startete, war Atlantic etabliert und deckte das Spektrum praktisch komplett ab. Als Motown startete, hatte z.B. Ray Charles seine Atlantic-Phase (1952-59) schon hinter sich! Eine Phase, die nicht nur für ihn, sondern auch für das Label und den Musikstil insgesamt außerordentlich produktiv, gewinnbringend und fortschrittlich war. Ungefähr zeitgleich mit der Gründung von Motown ging Atlantic die Vertriebsgemenschaft mit Stax ein, ein harter Brocken für ein upcoming Label!
    Mit anderen Worten: Motown wurde in einer Zeit gegründet, als die Landschaft definiert schien, als wichtige Vertreter des Genres das Label und die Ausrichtung bereits wieder änderten. Eine Zeit, die von erheblichen Umwälzungen musikalischer und kommerzieller Art geprägt war. Daß die Ausrichtung von Motown dann nur anders werden konnte und musste, ist völlig klar. Sie hatten keinen Ray Charles, der ab jetzt für ABC Country Music machte, keine Aretha Franklin, keinen Wilson Pickett. Sie konnten aber auch nicht mehr R&B im alten Stil machen, bzw den daraus abgeleiteten „Soul“ in der bekannten Form – das war, soweit es noch ging, von Atlantic besetzt. Atlantic hatte 1955 Spark Records, das Label von Jerry Leiber und Mike Stoller gekauft, und damit eine weitere Ecke besetzt. Man musste einfach neue Wegen gehen, um sich abzusetzen und Erfolg zu haben.

    Ah UmJe weniger von diesem churchy feel vorhanden ist, desto weniger würde ich von Soul sprechen.

    Mit eben diesem churchy feel (ein schönes Wort!) durfte Motown nicht mal versuchen zu punkten. Diese Zeit war vorbei.
    Das erklärt vielleicht (Kurzfassung ;-) ), warum die beiden Labels so unterschiedlich sind. Es ist nicht nur eine Frage der Philosophie oder des A&R – es ist schlicht eine Frage der Ära.
    Und damit verbietet sich jede Wertung nach identischen Kriterien.

    timmkakis erste drei Absätze gehen in die Richtung, die ich versuche darzustellen.

    Um hier dem Eindruck entgegenzutreten, ich würde Motown und die dahinterstehenden Interpreten nicht als wertvolle/gleichberechtigte Richtung anerkennen: Atlantic ist Atlantic, Motown ist Motown. Beide haben ihren Stil, ihre A&R-Philosophie, und somit ihre Berechtigung!
    Die beiden sind aber einfach zu verschieden, um für sich alles abzudecken. Das ist aus meiner Sicht der Grund, warum sie so polarisieren. Wir haben hier nichts anderes als die Diskussion „BMW oder Mercedes?“, „Kraft oder Chrom?“, „Sportcoupé oder Cabrio?“ – und natürlich die Schnittmengen, die es nicht einfacher, aber interessanter machen.

    Aber eins ist für mich klar: Die Wurzeln des R&B, ebenso die Erweiterung zum Soul liegen bei Atlantic, einfach aufgrund des oben beschriebenen zeitlichen Vorsprungs. 12 Jahre waren auch damals eine lange Zeit! Einen Motown-Interpreten aus den frühen 60ern mit einem Atlantic-Interpreten aus den frühen 50ern zu vergleichen kann schnell schiefgehen. Das hieße Beatles und Stones mit Pink Floyd und Led Zeppelin zu vergleichen. Wollen wir das? Wir können nur sagen, „mir liegen die Beatles mehr als Pink Floyd, und die Stones mehr als Led Zep.“ Oder eben umgekehrt.

    --

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    #5736601  | PERMALINK

    timmkaki

    Registriert seit: 11.10.2006

    Beiträge: 161

    @ Joliet Jake

    tks + zustimm

    Mir ist der Fokus auf Atlantic – bei den „ursprünglichen“ Soul-Sachen noch zu eng. An Stax&Co + den ganzen kleineren Labeln in + um Memphis geht einfach kein Weg vorbei. Es sind zwar die bekannten/berühmten Protagonisten, die den Soul auch außerhalb der USA bekannt gemacht haben, aber ohne die vielen Kleinen hätte er in den USA selbst nicht so eine Verbreitung gehabt. (und „NOrthern Soul“ wäre nie entstanden in der krampfhaften Suche nach möglichst unbekannten Künstlern …)

    Dabei muss man sich auch immer wieder vor Augen führen, dass erst die „Bezahlbarkeit“ der Musik den Aufstieg ermöglichte. War es anfangs die in Aufbruch befindliche + protestierende weiße amerikanische Jugend, die den Plattenfirmen das Geld in die Kassen spülte (Motown hat da ganz bewusst mit seinem „Pop-Soul“ weitere Schichten erschlossen!), war es später immer stärker die schwarze Bevölkerung, die die Soul-Stimmung trug + förderte.

    Im Gegensatz zu Ah Um bin ich allerdings der Meinung, dass „churchy feeling“ nicht unbedingt herauszuhören sein muss. Es ist fraglos eine der Wurzeln des Soul, aber bei so vielen Wurzeln + Verästelungen kann man auch mal auf eine verzichten, ohne dass deshalb gleich der Baum umfällt.

    Ich bleib dabei: was SOUL ist, muss jeder für sich selbst definieren + genießen.

    --

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    #5736603  | PERMALINK

    ah-um

    Registriert seit: 24.02.2006

    Beiträge: 1,398

    timmkaki
    Im Gegensatz zu Ah Um bin ich allerdings der Meinung, dass „churchy feeling“ nicht unbedingt herauszuhören sein muss. Es ist fraglos eine der Wurzeln des Soul, aber bei so vielen Wurzeln + Verästelungen kann man auch mal auf eine verzichten, ohne dass deshalb gleich der Baum umfällt.

    Das ist dir selbstverständlich unbenommen. Es ging mir v.a. um die inhaltliche Beschreibung von Soul im Speziellen gegenüber R&B im Allgemeinen. Im wohl gängigsten Sprachgebrauch steht „R&B“ einfach für schwarze Popmusik (exklusive HipHop, Jazz, Blues), wobei dieser Begriff in den Sechzigern zeitweise durch „Soul“ abgelöst wurde.
    Im Übrigen würde ich nie wagen, einer Aussage Aretha Franklins über Soul zu widersprechen. :-)

    --

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