Wiederhören im Forum…

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  • #1023103  | PERMALINK

    dominick-birdsey
    Birdcore

    Registriert seit: 23.12.2002

    Beiträge: 14,848

    @hansfuchs:
    ich hoffe, dass es dir gefallen wird!

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    #1023105  | PERMALINK

    keybee

    Registriert seit: 30.01.2003

    Beiträge: 296

    Habe gestern abend festgestellt, daß „Girlfriend“ ein kleines, von mir vorher leider vergessenes Juwel ist. Eine zeitlos gute CD. :)

    Schade ist nur, daß die Randy Newman Besprechung etwas ins hintertreffen geraten ist. Auch diese CD ist mit Sicherheit ein Meisterwerk, allerdings hätte ich mir einen anderen Produzenten gewünscht. Garnicht vorzustellen, wenn bei diesen Songs z. B. Glyn Johns an den Reglern gesessen hätte :zauber:

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    #1023107  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    Ausnahmsweise gibt es dieses mal eine Doppelfolge. Eine kurze Zeit hatte ich sogar die Idee, über jedes der ersten 6 Alben etwas zu schreiben, aber das wäre dann doch des guten zuviel gewesen.

    Iron Maiden – Powerslave (1984)

    Das schöne an dem Forum hier ist, daß man sich plötzlich wieder mit Bands zu beschäftigen beginnt, die man schon längst vergessen geglaubt hatte. In den 80ern waren Iron Maiden eine Zeit lang meine Lieblingsband und ich hatte alle Alben bis einschließlich 'Somewhere in time'. Leider habe ich irgendwann sämtliche Alben verkauft, was ich mittlerweile bereue und so beginne ich mich langsam wieder dem Phänomen dieser Band zu nähern. Als männlicher Teenager, der in den 80er Jahren aufgewachsen ist, war eine Heavy Metal Phase eigentlich unvermeidlich, und in diesem Fall lag wohl keine Band näher als eben Iron Maiden, erfüllten sie doch wie keine zweite Band die sattsam bekannten Heavy Klischees. Monstercover, martialische Bühnenshow, Lederkluft und natürlich die obligatorische Matte. Wobei letzteres halb so wild war, immerhin gehörte die Band ja nicht zur Hairsprayfraktion. Wenn man nun aber die ganzen Klischees einfach mal zur Seite tut und sich auf die Musik konzentriert, dann wird man feststellen, daß die Band weit mehr zu bieten hatte, als nur die Dampframme auszupacken. Nach einigen Überlegungen über welches Album ich hier nun schreiben möchte bin ich schließlich bei 'Powerslave' aus dem Jahr 1984 gelandet. Dieses Album war gleichzeitig mein erstes Iron Maiden Album, und als ich es zum ersten mal in den Händen hielt, war ich beinahe ein bißchen enttäuscht, denn statt des obligatorischen Eddie Covers gab es hier ein vertracktes Bild ägyptischer Mythologie. Ein Bild, auf dem es viel zu entdecken gibt und das im CD-Format beinahe schon eine Frechheit ist. Ausschlaggebend für den Kauf dieses Albums war das Stück '2 Minutes to midnight', das damals sogar ein paar mal im Radio lief. Und dieses Stück hat eigentlich alles, was einen guten Song dieser Art ausmacht: ein einfaches, eingängiges Riff, Tempo- und Rhythmuswechsel sowie einen melodiösen, eingängigen Refrain und natürlich 2 Soli der beiden Saitenmänner Dave Murray und Adrian Smith. Nicht zu unterschätzen ist übrigens die Rhytmussektion. Steve Harris ist ein klasse Bassist und Drummer Nicko McBrain ist wesentlich besser als sein Vorgänger Clive Burr. Und auch Sänger Bruce Dickinson hat weit mehr zu bieten als die üblichen Shoutereinlagen, vielmehr hat seine Stimme einen hohen Wiedererkennungswert. Bei '2 minutes to midnight' handelt es sich übrigens um ein Antikriegsstück, das die Angst vor einer nuklearen Katastrophe thematisiert. Sehr gelungen ist auch die Produktion, die überflüssigen Bombast außen vor läßt und immer auf den Punkt kommt, wie z.B. bei 'Flash of the blade', das ohne Solo beinahe als Punkstück durchgehen würde. Die Höhepunkte kommen allerdings gegen Ende des Albums. Da wäre zum einen der Titelsong, eine Dickinson Komposition, bei dem die Geschwindigkeit etwas herausgenommen wurde und der im Refrain mit klasse backing Vocals versehen wurde. Das letzte Stück 'Rime of the ancient mariner' ist wohl die ambitionierteste Komposition, die Steve Harris bis dahin geschrieben hatte. Das 13 minütige, mehrteilige Werk basiert auf einem Gedicht von Samuel Taylor Coleridge und zeigt die Band von ihrer besten Seite und wirkt trotz der Länge nie langweilig.
    'Powerslave' markierte auch das Ende einer Phase der Band. Danach ging es auf die mittlerweile wohl legendäre 'World slavery tour', die mit dem Doppelalbum 'Live after death' dokumentiert wurde.

    Iron Maiden – Somewhere in time (1986)

    Ursprünglich wollte ich ja nur über 'Powerslave' schreiben, aber nachdem ich nach all den Jahren endlich mal wieder 'Somewhere in time' gehört hatte, mußte auch dieses Album mit rein. Auf dem Höhepunkt meiner Maiden-Mania fand dieses Album zu mir und sorgte letztendlich auch dafür, daß ich mir die restlichen Platten zulegte. 'Somewhere in time' wurde jedoch zu meinem Lieblingsalbum. Eine Meinung, die ich vermutlich gar nicht mit so vielen teilte, kamen hier doch erstmals auch Synthesizer zum Einsatz, was bei Puristen logischerweise für blankes Entsetzen sorgen mußte. Komischerweise ist mir das damals gar nicht so sehr aufgefallen und aus heutiger Sicht hat der Einsatz das Klangspektrum der Band zum Positiven erweitert. 'Somewhere in time' steht somit am Anfang einer neuen Iron Maiden Ära und klingt im Vergleich zum vergleichsweise rohen Vorgänger deutlich 'sinfonischer'. Das Songwriting teilen sich auf diesem Album Steve Harris und Adrian Smith, wobei Harris für die langen, epischen Stücken verantworlich ist, wie z.B. das Titelstück oder 'The loneliness of the long distance runner', die beide mit irrwitzigem Tempo gespielt werden und natürlich auch mit den beinahe schon üblichen breaks und Tempowechsel ausgestattet sind. Beeindruckend ist hier, wie die Rhythmustruppe den Laden zusammenhält und trotz des Tempos nicht vergessen wurde, ein Melodie einzubauen. Mit dem abschließenden und hymnischen 'Alexander the Great' frönt Harris erneut seiner Voliebe für geschichtliche oder mythologische Vorlagen. Als Kontrast dazu sind die Smith Songs knapper und eingängiger gehalten. Als ich 'Wasted years' nach Jahren wieder hörte sind mir fast die Tränen gekommen und Harris' Bassspiel bei 'Sea of madness' zeigt, daß auch Heavy Metal durchaus grooven kann. Doch damit nicht genug, die Platte hat mir damals so gut gefallen, daß ich mir auch die beiden Maxi Singles zu 'Wasted years' und 'Stranger in a strange land' zulegte. Vor ein paar Jahren schenkte mir ein Freund die CD, auf der die beiden Singles drauf sind, diese lag jedoch Jahrelang ungehört im Schrank. Auf den Maxis gibt es 4 weitere Songs, darunter 3 Coverversionen: 'Reach out', 'That girl' und 'Juanita', wobei ich keines der Originale kenne und nur von 'That girl' die Herkunft (das Original stammt wohl von einer Band namens FM), dieses Stück ist auch gleichzeitig das beste dieser 4 B-Seiten. Die anderen sind nicht schlecht, muß man aber nicht unbedingt haben, 'Reach out' z.B. ist sehr 'Middle of the road', überrascht allerdings mit Adrian Smith als Sänger. Zurück zum Album, 'Somewhere in time' ist für mich auch heute noch das beste Maiden Album und natürlich ist da auch ein kleines Bißchen Nostalgie mit im Spiel, allerdings war ich auch überrascht, wie wenig angestaubt diese Platte heute für mich klingt. Iron Maiden erleben bei mir im Moment tatsächlich so etwas wie einen zweiten Frühling und irgendwie ist das gut so.

    Soweit also meine Eindrücke zu Iron Maiden, eine Band, die mich recht lange begleitete und meine Jugendzeit zumindest musikalisch beeinflußte. Rein optisch hat man mir den Metaller damals wohl kaum angesehen, keine langen Haare, keine Kutte oder Lederkluft sondern ein vergleichsweise 'biederes' Erscheinungsbild. Und auch den Kult drum herum habe ich nicht mitgemacht, es gab keine Eddie Poster die mein Zimmer zierten oder sonstiger Merchandise Kram. Live habe ich die Band auch nie gesehen, könnte mir aber vorstellen, das dieses jahr mal nachzuholen, irgendwie hätte ich da schon Lust drauf. Ansonsten gilt: Hammers rule OK! Up the Irons….

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #1023109  | PERMALINK

    dominick-birdsey
    Birdcore

    Registriert seit: 23.12.2002

    Beiträge: 14,848

    „rime of ancient mariner“ ist auch eines meiner lieblingsstücke. der mittelteil, indem man das knirschen und knarzen der segel eines schiffes und seiner takelage hört und das wiedereinsetzen des gitarren-riffs, löst noch immer eine gänsehaut bei mir aus. (schon mal erwähnt: bei den hieroglyphen auf dem cover kann man sogar micky maus erkennen)
    „the loneliness of the long distance runner“ basiert übrigens auf dem gleichnamigen roman von alan sillitoe.
    tolles wiederhören sparch! :twisted:

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    #1023111  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    Im ersten Post dieses Threads habe ich jetzt mal eine Übersicht aller bisher besprochenen Alben untergebracht, ein Inhaltverzeichnis sozusagen. Diese sehr gute Idee kam nicht von mir, sondern von KritikersLiebling. :twisted:

    Jetzt müßte man nur noch einzelne Beiträge verlinken können, dann wäre es perfekt. Oder wenn man direkt die Seite ansteuern könnte, was im Moment ja noch geht, aber bald nicht mehr.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #1023113  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Jetzt müßte man nur noch einzelne Beiträge verlinken können, dann wäre es perfekt. Oder wenn man direkt die Seite ansteuern könnte, was im Moment ja noch geht, aber bald nicht mehr.

    auf einem Umweg funktioniert das ja, deine Iron Maiden Besprechung ist z.B. hier:

    http://www.rollingstone-magazin.de/board/v…r=asc&start=107

    müsste also nur jemand die Beiträge zählen….

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    #1023115  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    Danke für den Tip, ich habe es angepaßt.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #1023117  | PERMALINK

    the-year-in-song

    Registriert seit: 23.01.2003

    Beiträge: 92

    Danke für den Tip, ich habe es angepaßt.

    Ganz einfach zwischendurch einmal: DANKE für die Mühe, die Du Dir gemacht hast! :D
    Hoffe noch auf viele derartige Beiträge von Dir und den anderen!
    MfG
    TYIS

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    Ohne Lächeln kommt der Mensch, ohne Lächeln geht er, drei fliegende Minuten war er froh
    #1023119  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,597

    Wollte auch mal loswerden, daß ich diesen Thread ganz große Klasse finde. Danke an alle, die sich so viel Mühe geben!!

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #1023121  | PERMALINK

    kritikersliebling

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 18,340

    Aerosmith – Pump
    Geffen – 1989

    Guck sie dir doch an, diese Rock'n Roll-Poser-Schlampen von Aerosmith. Kaputt und unbekannt. Das ist allerdings schon einige hundert Jahre her. Schauen Sie mal auf die gepflegten Zähne von Herrn Tyler und auch die anderen fallen durch ein gepflegtes Äußeres auf. Fönfrisuren durch Floor-Ventilation. Es lebe der Teleprompter auf der Bühne. „Pump“ ist ein erstaunliches Comeback auf Raten. Mein Einstieg in die Welt von … ja was eigentlich? Es hat auch nicht lang angehalten und dann nahm ich den Bus nach Bahrenfeld, doch vorher kaufte ich mir ein Bier, ach einen ganzen Sixpack, fletzte mich auf die Kunstleder-Rückbank des Nostalgie-Nightliners – Kopfhörer auf, Aerosmith an. Gleich zu Beginn wird die Richtung klar. Ein Blick auf's Cover und „Hähähä….“ lacht es wissend betrunken aus mir heraus. Ein Männeralbum, dem sich auch Frauen nicht entziehen können. „Young Lust“, der Titel ist Programm eröffnet den Reigen atemloser Rock-Songs ohne Schnörkel, aber mit Verzierungen. Da ist nun das musikalische Meisterwerk einer Band, die schon lange keiner mehr im Visier hatte. Mit „Permanent Vacation“ waren sie wieder ins richtige Fahrwasser gekommen. Das es ein Riesenalbum wurde liegt sicherlich an der wiedererlangten Disziplin und dem Erfolg vom Vorgänger. Und was diese Band wirklich will, ist doch lediglich Rock'n Roll und gute Parties. Mangels Masse mussten sie sich ihren Soundtrack dazu selber schreiben. Und Tyler zitiert gleich im ersten Song sein „Gagagaga….“ kurz und milde nach hinten gemischt. Dafür klingt die Snare fast ähnlich. Mit geschicktem Tempowechsel geht es rüber zu FINE und dann kommt für mich die schönste Stelle auf dem Album: Tyler's Lache am Anfang von „Love In An Elevator“. Seitdem fahre ich anders Fahrstuhl, immer in der Hoffnung von so einem jungen Ding gefragt zu werden: „Oh good morning Mr. Tyler. Going down???“ Feine Ironie eigentlich, aber was soll das. Ich heiße nicht Tyler. Diese Lache hätte ich aber dennoch gern mal bei Cliff Barnes (ja, der aus Dallas) gehört. Janie bekommt ein Gewehr and I become a beefsteak. Die Single, die bereits großes ankündigt und nicht nur deshalb besonders klingt, sondern so, als wolle sie Gegenpol sein. Keine Ballade, sondern Anti-irgendwas. Wenn ein Album ein Paradiesvogel sein könnte, dies wäre eins in der Art. So bunt wie die Tücher an Steven Tylers Mikroständer ist dieser Mix aus Bluesrock, Rock und unvermeidlicher Ballade. Dabei hält Bruce Fairbairn als Produzent die Truppe zusammen und bringt sie zum Mainstream-Olymp. Na und? Who cares. Wo gab es schon einen besseren Soundtrack zum hemmungslosen Betrinken mit anschließender Orgie als hier? Vielen Dank Mr. Tyler, „hehehe“ Jeder Song ist ein Füllhorn an Melodien. Ich kann kaum glauben, dass das die Jungs alles selbst geschrieben haben. Der Voodoo Medicine Man pumpt nochmal richtig los und dann geht es dem Ende zu. Fast glaube ich, Tylers Stimme leidet mit jedem Song, um am Schluß nur noch heiser zu sein. Ach ja, wie es sich für so ein Album gehört schließt es dann doch mit der „Ich nehme die Dunkelblonde mit dem großen Verständnis“-Ballade. Ein Album, das dermaßen viel Selbstbewußtsein versprüht, dass es zu Realitätsverlust führen kann. Die Dunkelblonde wird nicht mitkommen, die Realität verlangt nach Bier. Mehr Bier. „Endstation!“ sagt der Busfahrer. „Na dann…“ sage ich.

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    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #1023123  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    Toller Beitrag KL. Das beamt mich direkt zurück in den Herbst 1989. Schöne Zeit war das, damals…

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #1023125  | PERMALINK

    j-w
    Moderator
    maximum rhythm & blues

    Registriert seit: 09.07.2002

    Beiträge: 40,483

    Mensch KL, da haben wir ja schon wieder zur gleichen Zeit das gleiche gehört/empfunden. Danach kam dann „Get a grip“, die ja nicht schlecht war, nur die ganzen Single-Balladen und die Videos, die dann auf MTV rauf und runterliefen, haben mir dann Aerosmith bis auf heute verdorben. Ich leg mir die Band einfach nicht mehr auf und neu kaufen mag ich sie seitdem schon gar nicht mehr. :-o

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    Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue
    #1023127  | PERMALINK

    kritikersliebling

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 18,340

    Mensch KL, da haben wir ja schon wieder zur gleichen Zeit das gleiche gehört/empfunden. Danach kam dann „Get a grip“, die ja nicht schlecht war, nur die ganzen Single-Balladen und die Videos, die dann auf MTV rauf und runterliefen, haben mir dann Aerosmith bis auf heute verdorben. Ich leg mir die Band einfach nicht mehr auf und neu kaufen mag ich sie seitdem schon gar nicht mehr. :-o

    Ja, sehe ich auch so. „Pump“ war für mich auch das letzte hörbare Album. „Get A Grip“ hat eigentlich wenig vom Grip. Ein langweiliges Nachfolge-Album mit gleicher Rezeptur.

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    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #1023129  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    Queensrÿche – Rage for order (1986)

    Als ich im Sommer 1987 alle Iron Maiden Alben zusammen hatte, war es an der Zeit, sich auf die Suche nach neuen Bands zu machen. Sehr viel entdecken konnte man damals im Radio, da es hier auch unter anderem noch Spartensendungen gab. Ich erinnere mich noch gut an die Sendung Schlafrock auf SDR3 (heute SWR3), bei der sonntags immer Heavy Metal dran war. Von den meisten Bands die hier gespielt wurden hatte ich noch nie zuvor gehört und wußte oft auch gar nicht, wie man den Bandnamen überhaupt schreibt. So auch hier, ich dachte zunächst, die Band hieße Queenswitch, was natürlich auch irgendwie einen Sinn ergeben, aber dann doch recht albern klingen würde, aber einer deutschen Band würde ich das durchaus zutrauen. Aber Queensrÿche kommen ja bekanntlich aus Seattle und im Plattenladen habe ich denn schnell gesehen, wie man den Bandnamen richtig schreibt. Ein Blick auf die Innenhülle des Albums 'Rage for order' läßt zunächst einmal schlimmes erahnen: mit ihren explodierten Frisuren und selsamen Kostümen vermutete man die Band eher in der Hairsprayfraktion denn in sagen wir mal Progressive Metal. So in etwa würde ich ihre Musik heute beschreiben, und spätestens bei Erscheinen des Meisterwerks 'Operation:Mindecrime' mußten sie sich auch Pink Floyd Vergleiche gefallen lassen, wenngleich diese weit hergeholt waren. 'Rage for order' markierte sozusagen die Ruhe vor dem Sturm, vor dem Durchbruch zum weltweiten Erfolg. Dabei ist hier schon alles vorhanden was die Band so interessant machte, nur eben kompakter und vielleicht auch etwas zugänglicher. Auf jeden fall machte dieses Album aber im Vergleich zum durchschnittlichen und nicht weiter erwähnenswerten Debüt 'Warning' eine großen Schritt nach vorne, und die Band fand darauf ihren ganz eigenen Stil, der ihnen irgendwann in den 90ern leider abhanden kommen sollte. Obwohl dieses Album sicher kein Sommeralbum ist, war es für mich sozusagen der Soundtrack des Sommers 1987. Als Jugendlicher vom Land verbrachte man damals viel Zeit im örtlichen Freibad und wenn ich zu Hause war, donnerte sehr oft dieses Album aus den Boxen. Mein Lieblingssong dieser Band ist bis heute 'Neue Regel', ein Stück wie eine Visitenkarte. Ein ruhiges Intro, das sich langsam aufbaut, dann eine Stimme aus der Ferne, die langsam näher kommt und schließlich mündet das ganze in einem hymnischen Refrain. Sänger Geoff Tate, dessen hohes Organ sicher gewöhnungsbedürftig bzw. Geschmackssache ist singt die beiden deutschen Worte mit typisch amerikanischem Akzent, was ich immer irgendwie nunja cool fand. Desweiteren befindet sich auf dem Album ein Stück namens 'Gonna get close to you', welches im Original von Dalbello stammt, deren Version ist jedoch eher langweilig und somit kommt das Stück eigentlich erst hier durch die druckvolle Interpretation zur Geltung. Auch sonst ist 'Rage for order' ein sehr kurzweiliges Album, das viel zu bieten hat. So z.B. eingängiges wie 'Walk in the shadows', balladeskes wie 'I dream in infrared', heftig rockendes wie 'Surgical strike' und natürlich auch episches wie 'London'. Und die Schlußnummer 'I will remember' nimmt 'Silent lucidity' beinahe etwas vorweg, aber eben nur beinahe. Als das Album erschien, war die Band hierzulande noch relativ unbekannt, der große Wurf sollte erst mit dem nächsten Werk 'Operation:mindcrime' gelingen, aber so unverbraucht wie hier sollten sie nie wieder klingen.

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    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #1023131  | PERMALINK

    dominick-birdsey
    Birdcore

    Registriert seit: 23.12.2002

    Beiträge: 14,848


    Aimee Mann ∙ Whatever
    Imago (1993)

    Für das Gefühl, dass das Leben dort stattfindet, wo man selbst gerade nicht ist, benötigt man Trost. Die Einen finden ihn, indem sie ihre Gefühle vertexten und vertonen, die Anderen – so wie ich – darin, das Vertextete und Vertonte zu konsumieren. Und so sitzt man, nach der Frühschicht des Ferienjobs zu Hause vor seiner Stereoanlage und weiß nichts mit sich anzufangen, während andere (definiert als Freundin und Freunde) die Möglichkeit haben, sich auszuleben und in den Süden zu fahren.
    Ja, Mann, so ist schon das Leben.
    Und das beschreibt mit eindringlichen Texten über Liebe und Leben, verliebt sein und Verlust, über betrogen werden und betrübt sein und zumeist auch über Enttäuschung: Aimee Mann. Zynisch, auch sarkastisch, aber immer mit einem Funken Hoffnung – ja, tröstend – beseelt und mit Ironie auf den Lippen. Musikalisch segeln die Byrds vorbei, ein wenig Beatles-Harmonien vielleicht: sechziger Jahre Pop auf jeden Fall, Folk-Rock sicher auch. Aber das ist unangemessenes Schubladendenken.
    „Whatever“ ist das Solodebut der „’til tuesday“-Sängerin und ein sehr persönliches.
    Songs wie „Put me on Top“ oder „I’ve Had it“ setzen sich mit dem Thema Songwriting auseinander. Das Bemerkenswerteste aber ist, dass die Texte auch vom anderen Geschlecht mitgelitten werden können. Und man leidet mit, wenn man das Ende einer Beziehung (nämlich just, wenn die oben Definierten wieder aus dem Süden zurückkommen) hätte kommen sehen müssen („I Should’ve known“). Gern blickt man mit ihr auf längst vergangene Zeiten zurück („Fifty Years after the Fair“; „Way back then“). „4th of July“ kontrastiert die Feiertagsstimmung mit der Klage über eine verpasste Gelegenheit so traurig schön wie besonders.
    Die Ungeheuerlichkeit auf dem Album aber ist „Stupid Thing“. Obwohl der Text genau das Gegenteil aussagt, behauptet sich in der Musik der Wunsch nach Romantik und Kuschelei. Und so sitzt man vor seiner Stereoanlage. Und beim wiederholten (vielleicht fünftem, vielleicht elftem) Hören des Stückes, beim wiederholten „oh, you stupid thing | speaking of course as your dear departed | oh, you stupid thing | it wasn’t me that you outsmarted“-der-Anlage-bzw.-der-Wand-entgegen-Singen, stellt man fest, dass das Leben gar nicht woanders stattfindet, sondern genau in diesem Zimmer, mit Aimee Mann.*
    In „Whatever“ habe ich mich verliebt. Die nachfolgenden Alben haben diese Liebe bestätigt, jedoch niemals verstärken können.
    __________________________________________________________
    *(außer bei dem audiosupersensiblen Wohnheimnachbarn, der einem am nächsten Tag finster anschaut und greint: „Und beim nächsten Mal, machst du die Anlage auch aus, wenn du die Kopfhörer aufhast“!)

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