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Ausnahmsweise gibt es dieses mal eine Doppelfolge. Eine kurze Zeit hatte ich sogar die Idee, über jedes der ersten 6 Alben etwas zu schreiben, aber das wäre dann doch des guten zuviel gewesen.
Iron Maiden – Powerslave (1984)
Das schöne an dem Forum hier ist, daß man sich plötzlich wieder mit Bands zu beschäftigen beginnt, die man schon längst vergessen geglaubt hatte. In den 80ern waren Iron Maiden eine Zeit lang meine Lieblingsband und ich hatte alle Alben bis einschließlich 'Somewhere in time'. Leider habe ich irgendwann sämtliche Alben verkauft, was ich mittlerweile bereue und so beginne ich mich langsam wieder dem Phänomen dieser Band zu nähern. Als männlicher Teenager, der in den 80er Jahren aufgewachsen ist, war eine Heavy Metal Phase eigentlich unvermeidlich, und in diesem Fall lag wohl keine Band näher als eben Iron Maiden, erfüllten sie doch wie keine zweite Band die sattsam bekannten Heavy Klischees. Monstercover, martialische Bühnenshow, Lederkluft und natürlich die obligatorische Matte. Wobei letzteres halb so wild war, immerhin gehörte die Band ja nicht zur Hairsprayfraktion. Wenn man nun aber die ganzen Klischees einfach mal zur Seite tut und sich auf die Musik konzentriert, dann wird man feststellen, daß die Band weit mehr zu bieten hatte, als nur die Dampframme auszupacken. Nach einigen Überlegungen über welches Album ich hier nun schreiben möchte bin ich schließlich bei 'Powerslave' aus dem Jahr 1984 gelandet. Dieses Album war gleichzeitig mein erstes Iron Maiden Album, und als ich es zum ersten mal in den Händen hielt, war ich beinahe ein bißchen enttäuscht, denn statt des obligatorischen Eddie Covers gab es hier ein vertracktes Bild ägyptischer Mythologie. Ein Bild, auf dem es viel zu entdecken gibt und das im CD-Format beinahe schon eine Frechheit ist. Ausschlaggebend für den Kauf dieses Albums war das Stück '2 Minutes to midnight', das damals sogar ein paar mal im Radio lief. Und dieses Stück hat eigentlich alles, was einen guten Song dieser Art ausmacht: ein einfaches, eingängiges Riff, Tempo- und Rhythmuswechsel sowie einen melodiösen, eingängigen Refrain und natürlich 2 Soli der beiden Saitenmänner Dave Murray und Adrian Smith. Nicht zu unterschätzen ist übrigens die Rhytmussektion. Steve Harris ist ein klasse Bassist und Drummer Nicko McBrain ist wesentlich besser als sein Vorgänger Clive Burr. Und auch Sänger Bruce Dickinson hat weit mehr zu bieten als die üblichen Shoutereinlagen, vielmehr hat seine Stimme einen hohen Wiedererkennungswert. Bei '2 minutes to midnight' handelt es sich übrigens um ein Antikriegsstück, das die Angst vor einer nuklearen Katastrophe thematisiert. Sehr gelungen ist auch die Produktion, die überflüssigen Bombast außen vor läßt und immer auf den Punkt kommt, wie z.B. bei 'Flash of the blade', das ohne Solo beinahe als Punkstück durchgehen würde. Die Höhepunkte kommen allerdings gegen Ende des Albums. Da wäre zum einen der Titelsong, eine Dickinson Komposition, bei dem die Geschwindigkeit etwas herausgenommen wurde und der im Refrain mit klasse backing Vocals versehen wurde. Das letzte Stück 'Rime of the ancient mariner' ist wohl die ambitionierteste Komposition, die Steve Harris bis dahin geschrieben hatte. Das 13 minütige, mehrteilige Werk basiert auf einem Gedicht von Samuel Taylor Coleridge und zeigt die Band von ihrer besten Seite und wirkt trotz der Länge nie langweilig.
'Powerslave' markierte auch das Ende einer Phase der Band. Danach ging es auf die mittlerweile wohl legendäre 'World slavery tour', die mit dem Doppelalbum 'Live after death' dokumentiert wurde.
Iron Maiden – Somewhere in time (1986)
Ursprünglich wollte ich ja nur über 'Powerslave' schreiben, aber nachdem ich nach all den Jahren endlich mal wieder 'Somewhere in time' gehört hatte, mußte auch dieses Album mit rein. Auf dem Höhepunkt meiner Maiden-Mania fand dieses Album zu mir und sorgte letztendlich auch dafür, daß ich mir die restlichen Platten zulegte. 'Somewhere in time' wurde jedoch zu meinem Lieblingsalbum. Eine Meinung, die ich vermutlich gar nicht mit so vielen teilte, kamen hier doch erstmals auch Synthesizer zum Einsatz, was bei Puristen logischerweise für blankes Entsetzen sorgen mußte. Komischerweise ist mir das damals gar nicht so sehr aufgefallen und aus heutiger Sicht hat der Einsatz das Klangspektrum der Band zum Positiven erweitert. 'Somewhere in time' steht somit am Anfang einer neuen Iron Maiden Ära und klingt im Vergleich zum vergleichsweise rohen Vorgänger deutlich 'sinfonischer'. Das Songwriting teilen sich auf diesem Album Steve Harris und Adrian Smith, wobei Harris für die langen, epischen Stücken verantworlich ist, wie z.B. das Titelstück oder 'The loneliness of the long distance runner', die beide mit irrwitzigem Tempo gespielt werden und natürlich auch mit den beinahe schon üblichen breaks und Tempowechsel ausgestattet sind. Beeindruckend ist hier, wie die Rhythmustruppe den Laden zusammenhält und trotz des Tempos nicht vergessen wurde, ein Melodie einzubauen. Mit dem abschließenden und hymnischen 'Alexander the Great' frönt Harris erneut seiner Voliebe für geschichtliche oder mythologische Vorlagen. Als Kontrast dazu sind die Smith Songs knapper und eingängiger gehalten. Als ich 'Wasted years' nach Jahren wieder hörte sind mir fast die Tränen gekommen und Harris' Bassspiel bei 'Sea of madness' zeigt, daß auch Heavy Metal durchaus grooven kann. Doch damit nicht genug, die Platte hat mir damals so gut gefallen, daß ich mir auch die beiden Maxi Singles zu 'Wasted years' und 'Stranger in a strange land' zulegte. Vor ein paar Jahren schenkte mir ein Freund die CD, auf der die beiden Singles drauf sind, diese lag jedoch Jahrelang ungehört im Schrank. Auf den Maxis gibt es 4 weitere Songs, darunter 3 Coverversionen: 'Reach out', 'That girl' und 'Juanita', wobei ich keines der Originale kenne und nur von 'That girl' die Herkunft (das Original stammt wohl von einer Band namens FM), dieses Stück ist auch gleichzeitig das beste dieser 4 B-Seiten. Die anderen sind nicht schlecht, muß man aber nicht unbedingt haben, 'Reach out' z.B. ist sehr 'Middle of the road', überrascht allerdings mit Adrian Smith als Sänger. Zurück zum Album, 'Somewhere in time' ist für mich auch heute noch das beste Maiden Album und natürlich ist da auch ein kleines Bißchen Nostalgie mit im Spiel, allerdings war ich auch überrascht, wie wenig angestaubt diese Platte heute für mich klingt. Iron Maiden erleben bei mir im Moment tatsächlich so etwas wie einen zweiten Frühling und irgendwie ist das gut so.
Soweit also meine Eindrücke zu Iron Maiden, eine Band, die mich recht lange begleitete und meine Jugendzeit zumindest musikalisch beeinflußte. Rein optisch hat man mir den Metaller damals wohl kaum angesehen, keine langen Haare, keine Kutte oder Lederkluft sondern ein vergleichsweise 'biederes' Erscheinungsbild. Und auch den Kult drum herum habe ich nicht mitgemacht, es gab keine Eddie Poster die mein Zimmer zierten oder sonstiger Merchandise Kram. Live habe ich die Band auch nie gesehen, könnte mir aber vorstellen, das dieses jahr mal nachzuholen, irgendwie hätte ich da schon Lust drauf. Ansonsten gilt: Hammers rule OK! Up the Irons….
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?