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sparch
MaggotBrain

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Queensrÿche – Rage for order (1986)

Als ich im Sommer 1987 alle Iron Maiden Alben zusammen hatte, war es an der Zeit, sich auf die Suche nach neuen Bands zu machen. Sehr viel entdecken konnte man damals im Radio, da es hier auch unter anderem noch Spartensendungen gab. Ich erinnere mich noch gut an die Sendung Schlafrock auf SDR3 (heute SWR3), bei der sonntags immer Heavy Metal dran war. Von den meisten Bands die hier gespielt wurden hatte ich noch nie zuvor gehört und wußte oft auch gar nicht, wie man den Bandnamen überhaupt schreibt. So auch hier, ich dachte zunächst, die Band hieße Queenswitch, was natürlich auch irgendwie einen Sinn ergeben, aber dann doch recht albern klingen würde, aber einer deutschen Band würde ich das durchaus zutrauen. Aber Queensrÿche kommen ja bekanntlich aus Seattle und im Plattenladen habe ich denn schnell gesehen, wie man den Bandnamen richtig schreibt. Ein Blick auf die Innenhülle des Albums 'Rage for order' läßt zunächst einmal schlimmes erahnen: mit ihren explodierten Frisuren und selsamen Kostümen vermutete man die Band eher in der Hairsprayfraktion denn in sagen wir mal Progressive Metal. So in etwa würde ich ihre Musik heute beschreiben, und spätestens bei Erscheinen des Meisterwerks 'Operation:Mindecrime' mußten sie sich auch Pink Floyd Vergleiche gefallen lassen, wenngleich diese weit hergeholt waren. 'Rage for order' markierte sozusagen die Ruhe vor dem Sturm, vor dem Durchbruch zum weltweiten Erfolg. Dabei ist hier schon alles vorhanden was die Band so interessant machte, nur eben kompakter und vielleicht auch etwas zugänglicher. Auf jeden fall machte dieses Album aber im Vergleich zum durchschnittlichen und nicht weiter erwähnenswerten Debüt 'Warning' eine großen Schritt nach vorne, und die Band fand darauf ihren ganz eigenen Stil, der ihnen irgendwann in den 90ern leider abhanden kommen sollte. Obwohl dieses Album sicher kein Sommeralbum ist, war es für mich sozusagen der Soundtrack des Sommers 1987. Als Jugendlicher vom Land verbrachte man damals viel Zeit im örtlichen Freibad und wenn ich zu Hause war, donnerte sehr oft dieses Album aus den Boxen. Mein Lieblingssong dieser Band ist bis heute 'Neue Regel', ein Stück wie eine Visitenkarte. Ein ruhiges Intro, das sich langsam aufbaut, dann eine Stimme aus der Ferne, die langsam näher kommt und schließlich mündet das ganze in einem hymnischen Refrain. Sänger Geoff Tate, dessen hohes Organ sicher gewöhnungsbedürftig bzw. Geschmackssache ist singt die beiden deutschen Worte mit typisch amerikanischem Akzent, was ich immer irgendwie nunja cool fand. Desweiteren befindet sich auf dem Album ein Stück namens 'Gonna get close to you', welches im Original von Dalbello stammt, deren Version ist jedoch eher langweilig und somit kommt das Stück eigentlich erst hier durch die druckvolle Interpretation zur Geltung. Auch sonst ist 'Rage for order' ein sehr kurzweiliges Album, das viel zu bieten hat. So z.B. eingängiges wie 'Walk in the shadows', balladeskes wie 'I dream in infrared', heftig rockendes wie 'Surgical strike' und natürlich auch episches wie 'London'. Und die Schlußnummer 'I will remember' nimmt 'Silent lucidity' beinahe etwas vorweg, aber eben nur beinahe. Als das Album erschien, war die Band hierzulande noch relativ unbekannt, der große Wurf sollte erst mit dem nächsten Werk 'Operation:mindcrime' gelingen, aber so unverbraucht wie hier sollten sie nie wieder klingen.

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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?