Was macht einen guten Song (nicht Track!) aus?

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  • #7377497  | PERMALINK

    tops
    This charming man

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 3,597

    keksofenAm Beispiel: Bewertest Du bei den von mir oben genannten Beispielen die Riffs mit oder nicht? Spielen und singen kann ich Satisfaction auch ohne Riff.

    Natürlich. Hör‘ Dir doch die zig Versionen davon an: Cat Power, Devo, Residents etc.: kein Riff, nur der Song.

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    #7377499  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,123

    Danke fürs Aussortieren, tops!

    Und ja, „Satisfaction“ bei Cat Power ist sehr erstaunlich! Kaum wiederzuerkennen, wenn man nicht aufpasst… ganz wunderbare Version!

    --

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    #7377501  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    topsNatürlich.

    Sehe ich ein.

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    #7377503  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,114

    Der Song ist das, was man singt. Deshalb heißt er auch Song.

    In der Regel besteht die Grundsubstanz des Songs aus Text und Melodie, die einen Menschen packen können, selbst wenn er von Akkorden, Harmonien und ihrer strukturierenden, „erklärenden“, harmonische Zusammenhänge stiftenden Bedeutung keine Ahnung hat. Der gute Song braucht also im Grunde nichtmal eine Lagerfeuergitarren-Begleitung. Er funktioniert auch a cappella.

    Spannend wird es bei besonders markanten Riffs – die Satisfaction-Version von Cat Power ist ja in der Tat erstaunlich. Aber wie Du schreibst, Gypsy Tail Wind: „kaum wiederzuerkennen, wenn man nicht aufpasst“.

    Und nun die Frage: Wie singt der hier vielbeschworene „Mann auf der Straße“ Satisfaction? Ich vermute mal, er legt so los:

    Räng-däng, däggedäng, gedägge-dägge, rang-däng, däggedäng, gedäggedägge, I can’t get no …

    In diesem Sinne könne viele Leute den Song singen, obwohl sie des Textes höchstens burchstückweise mächtig sind.

    Natürlich kann man diesen Song namens Satisfaction auch ohne Riff nachspielen – dennoch neige ich dazu, in diesem Fall die markante Gitarrenmelodie als Songbestandteil zu verstehen. Die bloße Tatsache, dass Cat Power ohne Riff auskommt, sagt da nicht viel aus. Man kann Songs ja auch covern, indem man die Melodie an manchen Stellen ändert oder Strophen umtextet oder gar neue hinzutextet.

    Die Definition von Song als Text und Melodie ist also im Grundsatz sinnvoll, aber wie jede Definition formal. Wenn man sie dogmatisch verwendet, besteht die Gefahr, dass der Blick für das Besondere eines einzelnen Kunstwerks, seine normsprengende oder normerweiternde Dimension, aus dem Blick gerät.

    --

    #7377505  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 25,920

    bullschuetz
    Spannend wird es bei besonders markanten Riffs – die Satisfaction-Version von Cat Power ist ja in der Tat erstaunlich. Aber wie Du schreibst, Gypsy Tail Wind: „kaum wiederzuerkennen, wenn man nicht aufpasst“.

    Cat Power läßt nicht nur den Riff weg, sondern auch den Refrain und singt den Song in moll, (a-moll, c, d-moll).
    Das nimmt den Song schon gehörig auseinander, die Komposition, das Songwriting würde man ohne den Text nicht wiedererkennen.

    Meine Fragestellungen gingen ja auch nicht dahin, was ein guter Song ist, sondern welche Faktoren ich beim Bewerten des Songwritings berücksichtigen muß.
    Da bleib‘ ich dabei, daß die Harmonien unerläßlich sind. Alles weitere ist Beiwerk.

    bullschuetz
    In der Regel besteht die Grundsubstanz des Songs aus Text und Melodie, die einen Menschen packen können, selbst wenn er von Akkorden, Harmonien und ihrer strukturierenden, „erklärenden“, harmonische Zusammenhänge stiftenden Bedeutung keine Ahnung hat. Der gute Song braucht also im Grunde nichtmal eine Lagerfeuergitarren-Begleitung. Er funktioniert auch a cappella.

    Er funktioniert aber nur dann a capella, wenn der Singer/Hörer die dazugehörigen Harmonien kennt. Die hat man nämlich beim singen immer im Hinterkopf.

    Wie Roseblood schon schrieb: Die Melodie von Blowin‘ in the wind funktioniert mit anderen Harmonien nicht.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #7377507  | PERMALINK

    skydog

    Registriert seit: 22.08.2008

    Beiträge: 2,788

    bullschuetzMan kann Songs ja auch covern, indem man die Melodie an manchen Stellen ändert oder Strophen umtextet oder gar neue hinzutextet.

    Dann ist es ein neuer Song basierend auf einem alten …

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    ***Is it me for a moment, the stars are falling The heat is rising, the past is calling***
    #7377509  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,114

    Bei Cat Powers Satisfaction-Version könnte ich mich diesem Urteil womöglich anschließen … nein, auch da nicht. Es ist sicher eine relativ radikale Umdeutung, eine höchst eigenwillige Lesart – und doch bleibt das dieser Anverwandlung zugrundeliegende Songskelett wichtig.
    Und würde ich zu Blowin in the Wind eine weitere Strophe hinzudichten und einzelne Zeilen umdeuten, umbiegen (wovor Vernunft und Einsicht mich behüten mögen bis ans Ende meiner Tage), würde daraus noch lang kein neuer Song. Und auch, wenn man im Refrain statt „blowing in the wind“ „blow-ow-ow-ow-owing in the wind“ singt, ist es kein neuer Song. Ich bleibe dabei: Selbstverständlich kann man einen Song erweitern, verändern, abspecken, teilweise umdichten, ohne dass daraus gleich ein neuer wird.

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    #7377511  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,114

    Wobei die Grenzen fließend sind, das sei eingeräumt. Man denke nur an Dylans Spätwerk und seine „eigenen“ Songs, die sich in extrem weitreichender Weise andere, alte Songs aneignen (canzione, Gott habe seine virtuelle Forumsseele gnädig, hat darauf ja mehr als einmal hingewiesen).

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    #7377513  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 25,920

    A-very-sporting-gentDann ist es ein neuer Song basierend auf einem alten …

    Eigentlich nicht: z.B. Peggy Lee’s Version von „Fever“ ist nach wie vor der von Cooley/Davenport geschriebene Song, auch wenn sie 2 Strophen dazugeschrieben hat und diese jeweils einen Halbton höher singt, bleibt es derselbe Song, wie auch die Originalaufnahme von Little Willie John.

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    #7377515  | PERMALINK

    coleporter

    Registriert seit: 23.02.2007

    Beiträge: 4,085

    bullschuetzWobei die Grenzen fließend sind, das sei eingeräumt. Man denke nur an Dylans Spätwerk und seine „eigenen“ Songs, die sich in extrem weitreichender Weise andere, alte Songs aneignen (canzione, Gott habe seine virtuelle Forumsseele gnädig, hat darauf ja mehr als einmal hingewiesen).

    „Blowin‘ In The Wind“ basiert ja, wenn ich recht informiert bin, auch schon auf einem Spiritual, stellt also eine Umformung eines vorhandenen Songs dar.

    --

    Es ist viel leichter in dem Werke eines großen Geistes die Fehler und Irrthümer nachzuweisen, als von dem Werthe desselben eine deutliche und vollständige Entwickelung zu geben. (Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Zürich 1988, S.531)
    #7377517  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    bullschuetzDer Song ist das, was man singt. Deshalb heißt er auch Song.

    In der Regel besteht die Grundsubstanz des Songs aus Text und Melodie, die einen Menschen packen können, selbst wenn er von Akkorden, Harmonien und ihrer strukturierenden, „erklärenden“, harmonische Zusammenhänge stiftenden Bedeutung keine Ahnung hat. Der gute Song braucht also im Grunde nichtmal eine Lagerfeuergitarren-Begleitung. Er funktioniert auch a cappella.

    Spannend wird es bei besonders markanten Riffs – die Satisfaction-Version von Cat Power ist ja in der Tat erstaunlich. Aber wie Du schreibst, Gypsy Tail Wind: „kaum wiederzuerkennen, wenn man nicht aufpasst“.

    Und nun die Frage: Wie singt der hier vielbeschworene „Mann auf der Straße“ Satisfaction? Ich vermute mal, er legt so los:

    Räng-däng, däggedäng, gedägge-dägge, rang-däng, däggedäng, gedäggedägge, I can’t get no …

    Alles richtig, Thread zumachen!

    Und natürlich enthält auch die Cat Power Version von Satisfaction das Riff. Sie betont es sogar – und zwar, weil sie es mit der Gewissheit nicht spielt, dass es trotzdem jeder hört.

    (ansonsten das übliche Problem des Forum, beim Aufstellen von allgemeinen Definitionen widmet man sich ausschließlich den exotischeren Spezialfällen.)

    --

    #7377519  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    .

    --

    #7377521  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,114

    KrautathausEr funktioniert aber nur dann a capella, wenn der Singer/Hörer die dazugehörigen Harmonien kennt. Die hat man nämlich beim singen immer im Hinterkopf. Wie Roseblood schon schrieb: Die Melodie von Blowin‘ in the wind funktioniert mit anderen Harmonien nicht.

    Der Witz bei BintheW ist aber, dass die Harmonien durch und durch konventionell sind, der Zuhörer „kennt“ sie, selbst wenn er den Song zum ersten Mal hört – die Akkorde ergeben sich aus der Melodie, sie werden von ihr nahegelegt. Und selbst, wenn man die Harmonien leicht abänderte (hier ein a-Moll statt eines C-Dur, da ein d-moll als Überleitung zwischen F- und G-Dur), bliebe die Song-Substanz unangetastet.

    Das Entscheidende ist: Das Unverwechselbare des Songs sind Text und Melodie.

    Ich gebe zu: Es ließen sich Fälle vorstellen, wo die Akkorde hochraffiniert sind und eine für sich genommen eher unmarkante Melodie erst spannend machen. Die A-cappella-Version würde dann nur funktionieren, weil unser musikalisches Gedächtnis den harmonischen Hintergrund mitdenkt.

    Mir fällt dafür bloß gerade kein Beispiel ein. Ich dachte eben an „One Note Samba“ – aber wenn ich es so vor mich hinsinge, bin ich mir gar nicht mehr so sicher … Kann mal eben bitte jemand ein Beispiel nennen, wo ein Song erst durch die Harmonien „verständlich“ wird und so richtig auflebt? Danke!

    --

    #7377523  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 25,920

    John Bill
    Und natürlich enthält auch die Cat Power Version von Satisfaction das Riff. Sie betont es sogar – und zwar, weil sie es mit der Gewissheit nicht spielt, dass es trotzdem jeder hört.

    Das verstehe ich nach dem fünften lesen nicht. An welcher Stelle betont sie das Riff, das sie nicht spielt?
    Dadurch, daß der Refrain nicht gespielt wird, denke ich mir auch das vorausgehende Riff nicht dazu.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #7377525  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,114

    John BillUnd natürlich enthält auch die Cat Power Version von Satisfaction das Riff. Sie betont es sogar – und zwar, weil sie es mit der Gewissheit nicht spielt, dass es trotzdem jeder hört.

    (ansonsten das übliche Problem des Forum, beim Aufstellen von allgemeinen Definitionen widmet man sich ausschließlich den exotischeren Spezialfällen.)

    Beides richtig!

    Ich gebe nur zu bedenken: In der Konzentration auf exotische Spezialfälle sehe ich kein Problem, sondern eine spannende Herausforderung – an ihnen lassen sich Tragweite und Grenzen der Definition messen. Und die Besonderheiten der abweichenden Einzelfälle lassen sich in ihrem Wesen besser verstehen, wenn man sie an der Definition (die den Regelfall stimmig benennt) misst.

    --

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