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AutorBeiträge
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Friedrich
Ich stehe hier vor dem Dilemma, einerseits Monk-Fan zu sein, andererseits aber auch zu wissen, dass seine Musik die eines Mannes ist, der definitv einen an der Waffel hatte und dass er zwar viel Geniales geschaffen hat, aber eben auch noch mehr Überflüssiges.
ich bin zwar kein sonderlicher monk-fan (für mich ist er ein ewiges, selten eingelöstes versprechen), bin aber bei solchen kontextualisierungen sehr vorsichtig. ich weiß nicht, wieviel es brauchte, um bis in die 80er hinein einen schwarzen künstler als gaga zu bezeichnen und sogar offiziell zu diagnostizieren, der bestimmte ’spielregeln‘ nicht eingehalten hat. anders gefragt: wieviel unangepasst-sein durfte man sich als afroamerikaner erlauben? und was ging sozusagen da hand in hand, künstlerischen und soziales ‚ausscheren‘? seit foucault (spätestens) wissen wir um die konstruktion von ‚verrücktheit‘. andererseits suchen wir permanent nach persönlichkeiten, die nicht so ’normal‘ sind wie wir.
ich glaube, dass mittlerweile hinlänglich bewiesen ist, wieviel musikalische tradition im spiel von monk steckt, um ihn nicht in extraterrestrische umlaufbahnen zu schicken. und ich habe kaum ein negatives wort von (auch traditionellen) musikern über ihn gehört. egal. ich finde ihn wahnsinnig interessant, seine kompositionen gehen mir aber meistens auf die nerven, weil sie zwar skurril, aber doch auch ziemlich platt sind. von ROUND MIDNIGHT mal abgesehen. ich bekenne mich da aber auch zu bildungslücken und lasse mich gerne eines besseren belehren.Friedrich
Und wer braucht die x-te Aufnahme von Straight, No Chaser oder Well, You Needn’t, ob nun live in Italien, Frankreich oder sonst wo, live oder im Studio, wenn es schon reichlich andere gibt, die sich nicht großartig voneinander unterscheiden?Für meinen Geschmack tut man sich als Hörer und eigentlich auch dem Werk von Thelonious Monk keinen Gefallen, wenn man es so breit wie möglich auswalzt. Er hatte halt ein grandioses aber sehr begrenztes Repertoire und mit seinen Stilmitteln sieht es nicht anders aus. Er hat eigentlich immer das gleiche gemacht. Es unterscheidet sich nur voneinander durch seine jeweilige Tagesform, seine Begleiter und die Umgebung in der er aufnahm und –trat. Mal hatte das einen eher günstigen Einfluss, mal aber auch eher nicht. Auch zweitklassige Aufnahmen von Monk sind immer noch gut. Nur: Es gibt davon sehr viele, und sie unterscheiden sich qualitativ oft nicht bedeutend voneinander. Wie oft hat er Straight, No Chaser oder Well, You Needn’t denn aufgenommen? Muss man das alles gehört haben? Da schöpfe ich doch lieber die Sahne ab, als mich durch den Wust von Material zweiter Wahl zu wühlen.
sehr interessant, dieser freundliche zusammenprall von komplettismus und klassizismus. mir ist ersteres ja auch sehr fremd. andererseits hört man alles ja in unterschiedlichen phasen durchaus anders. aber daraus eine panik zu entwickeln, etwas zu verpassen, weil man die 83. liveaufnahme von RUBY MY DEAR nicht kennt…? wobei ich das hier niemandem unterstellen will, aber solche leute gibt’s, vor allem, wenn das objekt der begierde nicht mehr lebt, und man einen potentiell überschaubaren werkkomplex zum abarbeiten zur verfügung hat…
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WerbungNee, also platt lass ich jetzt wirklich nicht gelten!
Klar, wenn man nicht genauer hinhört mögen manche seiner Kompositionen etwas gleichtönig klingen, aber da sind doch unglaubliche Dinge dabei… „Criss Cross“ etwa mit seiner verqueren Struktur, und neben „‚Round Midnight“ einige weitere wunderschöne Balladen wie „Pannonica“, „Reflections“ oder „Crepuscule with Nellie“… dann Kleinigkeiten (echte und vermeintliche) wie „I Mean You“ oder „Off Minor“, „Thelonious“ oder „Blue Monk“. Platt ist da wirklich nichts.
Was den Komplettismus betrifft… ich fühl mich da jetzt mal nicht angesprochen. Sammelwut – ja, meinetwegen. Panik etwas zu verpassen – aber bestimmt nicht! Dazu ist das Leben doch zu kurz. (Und die Kunst zu lang.)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaFriedrich … Ich stehe hier vor dem Dilemma, einerseits Monk-Fan zu sein, andererseits aber auch zu wissen, dass seine Musik die eines Mannes ist, der definitv einen an der Waffel hatte und dass er zwar viel Geniales geschaffen hat, aber eben auch noch mehr Überflüssiges. …
Da ist wieder unser Experte. Sun Ra. Jetzt auch Monk. Herzlichen Glückwunsch!
Vermutlich hat das weder was mit Monk (noch mit Sun Ra) zu tun. Wer hier wohl was an der Waffel hat …--
Free Jazz doesn't seem to care about getting paid, it sounds like truth. (Henry Rollins, Jan. 2013)tejazzWieso ist es ein Dilemma, Musik eines Mannes zu hören, der sehr wahrscheinlich einige psychische Probleme hatte?
Zumal viele Künstler, nicht nur Musiker, zumindest etwas exaltiert waren bzw. sind. Ich denke, es ist keine Grundvoraussetzung, aber scheinbar auch nicht hinderlich. Und Kunst ist dann vielleicht ihre verständlichere Äußerung …
vorgartenich bin zwar kein sonderlicher monk-fan (für mich ist er ein ewiges, selten eingelöstes versprechen), bin aber bei solchen kontextualisierungen sehr vorsichtig. ich weiß nicht, wieviel es brauchte, um bis in die 80er hinein einen schwarzen künstler als gaga zu bezeichnen und sogar offiziell zu diagnostizieren, der bestimmte ’spielregeln‘ nicht eingehalten hat. anders gefragt: wieviel unangepasst-sein durfte man sich als afroamerikaner erlauben? und was ging sozusagen da hand in hand, künstlerischen und soziales ‚ausscheren‘? seit foucault (spätestens) wissen wir um die konstruktion von ‚verrücktheit‘. andererseits suchen wir permanent nach persönlichkeiten, die nicht so ’normal‘ sind wie wir.
Ich habe mir heute Nachmittag noch mal die Film-Doku Straight No Chaser angeschaut. Da ich dabei krankheitsbedingt in Bademantel, Pantoffeln, Schal und Wollmütze auf dem Sofa lag, muss ich Thelonious Monk in seinen letzten Lebensjahren sehr ähnlich gesehen haben. Fehlte eigentlich nur noch die Skyline von NYC im Hintergrund und die Baroness Pannonica de Koenigswarter, die mir Tee und Kekse serviert.
Die DVD hat den vermutlich blödesten aller blöden Klappentexte: „…Meilenstein des Jazzfilms. Publikum und Presse waren sich einig: „Granddaddy of cool“ Thelonious Monk ist der Größte, …“ Das ist nicht nur für sich gesehen galoppierender Blödsinn, es gibt auch den Inhalt des Filmes völlig falsch wieder.
Die Coolness, die die Figur Monk umgibt, die Verweigerung bürgerlicher „Spielregeln“, das Festhalten am eigenen Rhythmus, die souveräne Exzentrik , sowohl in seiner Musik, als auch in seinem Äußeren – die Hüte, die coolen Sonnenbrillen – all dies hippe Gebaren machen ja tatsächlich einen besonderen Reiz der Person Thelonious Monk aus. Genau die Art Persönlichkeit, „die nicht so ’normal‘ ist wie wir“ und die uns daher fasziniert. Das hat mich lange Zeit begeistert und wirkt auch heute noch, wenn auch in anderer Weise.
Wenn man aber in Straight No Chaser hört, wie Monks Manager Harry Colomby erzählt, dass Monks Cover Story für TIME fast geplatzt wäre, weil Monk während eines Treffens mit TIME auf einmal „strange behaviour“ zeigte, wenn man sieht, dass Monk sich offenbar kaum selbst die Schuhe zubinden konnte, aber seine Frau Nellie unablässig damit beschäftigt ist Monks Alltag zu organisieren, während er selbst völlig teilnahmslos herumsitzt oder -tanzt, wie sein langjähriger Partner Charlie Rouse ihm bei Proben mit einer Engelsgeduld jeden Akkord einzeln aus der Nase ziehen muss und wie Thelonious Monk Jr. schwer atmend berichtet, dass sein Vater während seiner oft tagelangen lethargischen Phasen seinen eigenen Sohn manchmal nicht erkannte und seine Familie ihn mehrfach in eine Klinik einweisen ließ, dann lässt sich das kaum mit dem etwas romantischen Bild vom schrulligen Künstler, einer „konstruierten Verrücktheit“ und schon gar nicht mit Monks afro-amerikanischer Herkunft erklären. Die Formulierung „einen an der Waffel haben“ erscheint mir in diesem Zusammenhang noch eher scherzhaft. Es gibt sogar eine Szene, in der Monk selbst sagt, dass man jeden anderen dafür in eine Zwangsjacke stecken würde. Dabei war er ja eigentlich harmlos …
Damit wird aus der Faszination der coolen Persönlichkeit Thelonious Monk und seiner Musik, die ja oft sehr eng miteinander verknüpft werden, eine etwas ambivalente Angelegenheit. Erklärt das mein „Dilemma“? Aber vielleicht wird Monk durch diese Ambivalenz sogar noch interessanter.
vorgartenich finde ihn wahnsinnig interessant, seine kompositionen gehen mir aber meistens auf die nerven, weil sie zwar skurril, aber doch auch ziemlich platt sind. von ROUND MIDNIGHT mal abgesehen. ich bekenne mich da aber auch zu bildungslücken und lasse mich gerne eines besseren belehren. .
gypsy tail windNee, also platt lass ich jetzt wirklich nicht gelten!
Klar, wenn man nicht genauer hinhört mögen manche seiner Kompositionen etwas gleichtönig klingen, aber da sind doch unglaubliche Dinge dabei… „Criss Cross“ etwa mit seiner verqueren Struktur, und neben „‚Round Midnight“ einige weitere wunderschöne Balladen wie „Pannonica“, „Reflections“ oder „Crepuscule with Nellie“… dann Kleinigkeiten (echte und vermeintliche) wie „I Mean You“ oder „Off Minor“, „Thelonious“ oder „Blue Monk“. Platt ist da wirklich nichts.
Da sind gypsy und ich uns einig! CRISS CROSS: großartig und ich möchte beide mir bekannten Aufnahmen (die von 1951 und die von 1963, wobei ich letztere bevorzuge) nicht missen. Bei CREPUSCULE WTH NELLIE halte ich die Luft an und auch hier sind beide mir bekannten Studioaufnahmen (1957 mit Coleman Hawkins und Coltrane und 1963 mit Charlie Rouse) ganz wunderbar!
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Pannonicas Nichte Hannah Rothschild hat ein Buch über sie geschrieben:
http://www.guardian.co.uk/books/2012/apr/22/hannah-rothschild-nica-jazz-thelonious-monk-interview--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaIch höre gerade „Criss Cross“ von der Complete Quartett Columbia Editon von Popmatters.com. Habe die Box günstig in Berlin bekommen. Die Musik macht schon sehr viel Spass. Die Musik hat Humor so z.B Monk das Theme von Tea for Two sogar zweimal.
Monk nimmt sich hier etwas zurück und lässt von seinem Schlagzeuger treiben.Charlie Rouse passt sichs Monks Spiel perfekt an.
Bin schon gespannt auf die anderen Quartett Alben, höre mir sowas immer chronolgisch an.
Schade das Popmatters die Alben eher lieblos raushaut im Moment.
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alexischicke
Schade das Popmatters die Alben eher lieblos raushaut im Moment.
Was meinst Du mit lieblos?
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?Die packen viele Alben in ein Papkartons und hauen sie auf dem Markt raus.Bei vielen haben sie auch nur die alten Masters genommnen und nicht nochmals neu remastered.
Bist du großer Monk Fan? Ich werde langsam mit ihm warm.
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Nö, die sind schon okay die Boxen … klar, die Booklets dürften gerne etwas umfangreicher sein, aber die Remasters sind gut. Es handelt sich so vorhanden jeweils um die Sony/Legacy-Remasters (nicht mit den alten Columbia/Legacys zu verwechseln, die CDs mit den blauen und roten Rahmen und dem runden Masterpieces-Logo). Da nochmal neue Remasters zu machen, würde wohl kaum viel bringen. Soweit ich das sehe, wurden Aufnahmen, von denen keine jüngeren Remasters vorlagen, für die Boxen neu gemastert – so etwa die Wayne Shorter-Box (die man allerdings nur kaufen soll, wenn man weiss, dass man sie kaufen will … für Blindkäufe würd ich die absolut nicht empfehlen, auch wenn die Musik gut ist!)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaalexischickeDie packen viele Alben in ein Papkartons und hauen sie auf dem Markt raus.Bei vielen haben sie auch nur die alten Masters genommnen und nicht nochmals neu remastered.
Ok. Die Monk Box habe ich auch, da gibt es für mich eigentlich nichts zu meckern, wie auch bei den anderen Boxen aus der Serie, die ich kenne. Zu den Preisen sind diese Complete Boxen recht wertig aufgemacht und haben auch alle wichtigen Informationen.
Bist du großer Monk Fan? Ich werde langsam mit ihm warm.
Die Box ist mein Einstieg. Besonders angetan hat es mir bislang Straight, No Chaser. Allerdings sehe ich mich im Bereich Jazz noch allgemein eher als Newbie.
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?Die hauen mir zuviele Boxen raus, sollten lieber etwas weniger machen.
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Ja ich habe lange gebraucht um bei Monk einen Zugang zu finden. Mir war die Musik bisher etwas wirr-die beiden Columbia Alben von der Box haben aber viel Biss.
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alexischickeDie hauen mir zuviele Boxen raus, sollten lieber etwas weniger machen.
Das Material liegt vor, wurde vielfach veröffentlicht, noch macht es Sinn, es rauszuhauen, also machen sie es. In 5 Jahren hat sich das Thema erledigt.
Ich habe die Box übrigens auch bestellt.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.alexischickeJa ich habe lange gebraucht um bei Monk einen Zugang zu finden. Mir war die Musik bisher etwas wirr-die beiden Columbia Alben von der Box haben aber viel Biss.
Die ersten beiden vielleicht … sonst sind sie eher ein Verwalten erreichter Dinge. Daran ist nichts falsch, es sind auch alles gute Alben (und „Monk’s Dream“ gehört für mich gewiss zu den besten), aber den Biss, den höre ich da eben eher nicht mehr, sondern ich höre einen etwas (etwas, ja?) gemässigteren, weicheren Monk – er stiess nicht mehr jeden vor den Kopf, hatte als Musiker endlich Erfolg (er war ja auf dem Time Magazine). Den Biss, den gibt’s in den frühen Aufnahmen zu hören, Blue Note, manchal bei Prestige (v.a. die Trios, die sind trotz unsäglicher Klaviere und trotz Gary Mapp fantastisch) und auch in den ersten Jahren bei Riverside, danach nimmt das etwas ab (mag übrigens auch an Charlie Rouse liegen, Rollins, Coltrane oder Griffin hatten mehr Biss, finde ich).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDas schaut mir allen nach großem Ausverkauf aus, die CD Ära neigt sich dem Ende zu.
Finde das lustig wie Monk mit der Harmonik spielt und mag sein Stride Piano Spiel recht gerne.
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Schlagwörter: Bebop, Jazz, Piano, Thelonious Monk
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