Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › "Nimm mich so wie ich bin"? – Die Definition von Schlager (und Pop)
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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@bb:
Welche Inspiration dahinter steckte, weiß ich natürlich nicht. Mir war nur spontan der Gedanke gekommen, ob der Einfluss nicht auch in die andere Richtung ging, schließlich gab es unzählige ausländische Interpreten, die hier erfolgreich Schlagerkost servierten/servieren mussten und diese Erfahrungen immerhin mit nach Hause nahmen. Das liegt aber nicht mehr nah genug am Thema.--
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WerbungReinoDu hältst also die Rolle von George Martin oder SWA, Berry Gordy Jr. und Jack White für nahezu identisch?
Was mir erstmal wichtig ist, dass man die Musikwelt nicht in gut und schlecht unterteilen kann, indem man fragt, ob eine Musik mit kommerziellen Absichten produziert und veröffentlicht wird oder nicht. Seit den späten 60ern wurde ja der Mythos gepflegt, im Rock ginge es allein um die hehre Kunst und das „Lebensgefühl einer Generation“ und Pop sei kommerzieller Dreck. Nun war der kommerzielle Erfolg von, sagen wir mal, Jimi Hendrix, The Doors, Led Zeppelin, Deep Purple, Genesis, Pink Floyd usw. usw. aber sicher kein Zufall. Rock war eben auch ein business. Dass Bands und (Indie-)Labels für kleine Fangemeinden produzieren und sich nicht an die Charts und die Majors „verkaufen“ wollen, dieser Gedanke wurde ja erst in der Punk- und Post Punk-Ära populär. Der strengen „Indie“-Ideologie folgten aber längst nicht alle, Bands wie The Clash und The Jam waren bei Majors und hatten Hits in Serie (zumindest im UK) und auch manche Bands auf Indie-Labels wurden zu Hitlieferanten (Madness, The Specials, The Cure, Depeche Mode, The Human League, The Smiths usw. usw.) Über die künstlerische Integrität sagt die kommerzielle Ausrichtung oder Nicht-Ausrichtung erstmal nichts aus.
Was Deine aufgezählten Beispiele jetzt sagen wollen, weiß ich nicht. Phil Spector und Berry Gordy wollten Hits, Hits, Hits. Es ist doch bekannt, wie verzweifelt Spector war, als „River Deep, Mountain High“ in den USA floppte (obwohl es im UK eine #1 war). Danach hat er nur noch gelegentlich produziert. Auch George Martin sollte nicht Kunst produzieren, sondern Hits. Jack White – ich nehme mal an, Du meinst nicht den deutschen Produzenten – ist der einzige in der Reihe, der einem „Indie“-Ideal anhängt, wobei er doch offensichtlich auch jemand ist, der durchaus den Erfolg will.
Und ihr könnt ja gerne SAW verachten, wie ihr wollt, aber für mich standen die in der Tradition von Spector und Gordy. Mal abgesehen davon, dass die ja als durchaus kredible Dancefloor-Produzenten begonnen haben, haben die auch in ihrer Hochphase genau das gemacht, was sie wollten: Teen-Pop für die Achtziger, so wie Chinn & Chapman den Teen-Pop der 70er definiert hatten. Das war musikalisch flacher, als das, was Spector und Gordy produzierten, aber auch die wollten in erster Linie Stars und Hits für die jugendlichen Fans kreieren.
Das heißt, es gibt genuin keinen deutschsprachigen Pop?
Es gibt deutschen bzw. deutschsprachigen Pop, klar, aber der ist ohne den angloamerikanischen Pop nicht vorstellbar. Ob die Beat-Bands der 60er, die Bands der neuen deutschen Welle der späten 70er/frühen 80er oder die Bands der Bad Salzufler/Hamburger Schule ab den späten 80ern – die stehen in angloamerikanischen Traditionen. Schlager ist dagegen ein Eigengewächs, dass immer wieder internationale und zeitgeistige Einflüsse aufgenommen hat.
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Blitzkrieg BettinaEs gibt doch auch sicher Pop den du richtig mies findest, was ist damit?
Klar gibt es den, aber was soll damit sein? In jedem Genre (und Pop ist ja noch nicht mal das) überwiegt das Durchschnittliche und Miese.
gollum
Für mich jedenfalls mit zu vernachlässigenden angloamerikanischen Einflüßen: zB die „Hit“-Singles von Kraftwerk.
Laut Ralf Hütter der Versuch einer elektronischen Volksmusik … mit auf Codeworte reduzierten Texten.Kraftwerk sind schon was besonderes, ja. Aber die Tatsache, wie aufmerksam sie in den USA, im UK usw. wahrgenommen wurden und einflussreich für unterschiedlichste Genres waren, zeigt, dass das in größere Zusammenhänge passte. Ohne den Rezeptionsrahmen „angloamerikanischer Pop“ wären Kraftwerk vermutlich obskur geblieben. Gilt m.E. auch für Can, Neu! und andere „Krautrocker“, die international beachtet wurden.
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Herr RossiKlar gibt es den, aber was soll damit sein? In jedem Genre (und Pop ist ja noch nicht mal das) überwiegt das Durchschnittliche und Miese.
Naja, du hattest ja nur Perlen des Pop-Schaffens rausgewählt, ich würde die Gemeinsamkeiten zwischen Schlager und Pop insofern sehen, dass beide mit eingängigen Melodien ein breites Publikum erreichen wollen, nur dass vielleicht qualitative Unterschiede bestehen. Und da wollte ich mal anfragen was mit Pop ist der diese Kriterien eben nicht erfüllt.
Kraftwerk sind schon was besonderes, ja. Aber die Tatsache, wie aufmerksam sie in den USA, im UK usw. wahrgenommen wurden und einflussreich für unterschiedlichste Genres waren, zeigt, dass das in größere Zusammenhänge passte. Ohne den Rezeptionsrahmen „angloamerikanischer Pop“ wären Kraftwerk vermutlich obskur geblieben. Gilt m.E. auch für Can, Neu! und andere „Krautrocker“, die international beachtet wurden.
Aber diese waren dort doch wahrscheinlich gerade erfolgreich weil Can und Kraftwerk sich eben nicht am angloamerikanischen Pop orientierten, sondern etwas völlig neues schufen, dies wurde dann möglicherweise andernorts als „typisch deutsch“ empfunden…
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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.Herr RossiNun war der kommerzielle Erfolg von, sagen wir mal, Jimi Hendrix, The Doors, Led Zeppelin, Deep Purple, Genesis, Pink Floyd usw. usw. aber sicher kein Zufall.
Lag aber sicher mehr an der Qualität der Band als am Einfluß der Produzenten auf ihr künstlerisches Schaffen.
Herr RossiJack White – ich nehme mal an, Du meinst nicht den deutschen Produzenten
Natürlich mein ich Horst Nußbaum. Wir sind schließlich im Schlager-Thread. Und wir haben WM.
Herr Rossi
Es gibt deutschen bzw. deutschsprachigen Pop, klar, aber der ist ohne den angloamerikanischen Pop nicht vorstellbar.Auch der angloamerikanische Pop ist ohne den angloamerikanischen Pop (der Vorjahre) nicht vorstellbar. Das ist also, als wenn jemand behauptet, es gäbe keinen deutschen Fußball.
Blitzkrieg BettinaNaja, du hattest ja nur Perlen des Pop-Schaffens rausgewählt, ich würde die Gemeinsamkeiten zwischen Schlager und Pop insofern sehen, dass beide mit eingängigen Melodien ein breites Publikum erreichen wollen, nur dass vielleicht qualitative Unterschiede bestehen.
Genau das halte ich für groben Unfug. Selbst klassische Musik unterscheidet sich vom Hiphop nicht in erster Linie durch die Qualität (und da kann man ja wirklich mit Beispielen klotzen). Beim schmalen Grat zwischen anspruchsvollem Schlager und Chanson mag Qualität ein billiges Unterscheidungsmerkmal sein, ansonsten muß es wirklich andere Kriterien geben.
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Noch mehr Comics für alle! Jetzt PDF herunterladen!ReinoLag aber sicher mehr an der Qualität der Band als am Einfluß der Produzenten auf ihr künstlerisches Schaffen.
Wie habe ich das übersehen können, ist ja schließlich Rock – also Qualität und Anspruch in Vollendung.:)
Auch der angloamerikanische Pop ist ohne den angloamerikanischen Pop (der Vorjahre) nicht vorstellbar. Das ist also, als wenn jemand behauptet, es gäbe keinen deutschen Fußball.
Ich habe nicht gesagt, dass es keinen deutschen bzw. deutschsprachigen Pop gibt. Aber er ist nicht autochthon.
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Reino
Genau das halte ich für groben Unfug. Selbst klassische Musik unterscheidet sich vom Hiphop nicht in erster Linie durch die Qualität (und da kann man ja wirklich mit Beispielen klotzen). Beim schmalen Grat zwischen anspruchsvollem Schlager und Chanson mag Qualität ein billiges Unterscheidungsmerkmal sein, ansonsten muß es wirklich andere Kriterien geben.
Auf qualitativen Unterschieden als Qualitätsmerkmal zu beharren ist sicher etwas wertend, aber ich denke schon dass man zum Beispiel textlich Unterscheidungen machen kann:
Während bei Schlagern häufig nicht nur die Musik eher simpel gestrickt ist, sondern auch die Texte bekannten Mustern folgen, gibt es im Pop doch häufig erstaunlich tiefsinniges oder überraschendes, einige Seiten vorher habe ich gegenüber coleporter, als er Motown in Schlager-Nähe rücken wollte, den Titel „Stop! In The Name Of Love“ als Beispiel für einen fast Anti-Love-Song angeführt, und etwas vergleichbares wirst du im Schlager eher weniger finden, denke ich.Allerdings wäre es für diese Diskussion hilfreich wenn Rossi uns mal mitteilen würde wo er genau die Trennlinie zwischen Pop und Schlager ziehen würde, ob es nur die Tatsache ist dass Pop eben den Sound der Zeit definiert, oder ob da noch mehr ist.
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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.Wenn man Udo Jürgens zum Schlager zählt und bedenkt, wie Bastian Sick vor jeder seiner Textzeilen in die Knie sinkt, muß es sowas also auch beim Schlager geben. Zumal wir grundsätzlich englische Texte viel tiefsinniger und vielschichtiger empfinden als deutsche. Schon weil die wenigsten Fremdsprachen so gut beherrschen, daß sie auch Sprachebenen und andere Feinheiten wirklich wahrnehmen und bewerten können. Im Deutschen springt uns aber jede Peinlichkeit mit breitem Arsch ins Gesicht.
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Noch mehr Comics für alle! Jetzt PDF herunterladen!Herr RossiIch habe nicht gesagt, dass es keinen deutschen bzw. deutschsprachigen Pop gibt. Aber er ist nicht autochthon.
Der angloamerikanische Pop ja auch nicht, zumindest würde ich (vermutlich mit Fug und Recht) behaupten, dass dieser stark von deutscher Musik vor und kurz nach dem 2. Weltkrieg beeinflusst war, als Beispiel sei nur mal Kurt Weill genannt.
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Es ist viel leichter in dem Werke eines großen Geistes die Fehler und Irrthümer nachzuweisen, als von dem Werthe desselben eine deutliche und vollständige Entwickelung zu geben. (Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Zürich 1988, S.531)Angloamerikanischer Pop hat halt viele Einflüsse, sei es über Country, der stark von irischer und schottischer Volksmusik beeinflusst ist, sei es über den Blues, der stark afrikanisch beeinflusst ist, oder über den Jazz, der sowohl afrikanische als auch europäische Einflüsse aufnimmt.
Wo siehst du Beeinflussung durch Weill, Cole? Ausser dass die Doors den „Alabama-Song“ aufgenommen haben, und dass Bob Dylan Brecht/Weill zu seinen Inspirationen zählt fällt mir nichts ein (und sind Dylan und die Doors Pop?)--
Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Blitzkrieg Bettina…Wo siehst du Beeinflussung durch Weill, Cole? …
Für den Pop fällt mir da spontan niemand ein, ansonsten vielleicht Tom Waits
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Wenn Rossi natürlich richtig anmerkt, wir haben hier kein geschlossenes System, gilt das selbstverständlich in alle Himmelsrichtungen. Die eine Spur ist allerdings stärker befahren als die andere.--
gollumWenn Rossi natürlich richtig anmerkt, wir haben hier kein geschlossenes System, gilt das selbstverständlich in alle Himmelsrichtungen. Die eine Spur ist allerdings stärker befahren als die andere.
Schön formuliert, kann ich mich wunderbar anschließen.
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Es ist viel leichter in dem Werke eines großen Geistes die Fehler und Irrthümer nachzuweisen, als von dem Werthe desselben eine deutliche und vollständige Entwickelung zu geben. (Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Zürich 1988, S.531)Könnte es auch damit etwas zu tun haben dass hierzulande die Trennung in E- und U-Musik stärker ist als anderswo, so dass hier Pop vorn vornherein weniger ernstgenommen wurde als in den USA, England oder Schweden, so dass hier dementsprechend auch weniger ernstzunehmender Pop entstand, und sich sein etwas missratener kleiner Bruder, der Schlager, hier richtig ausbreiten konnte? (Hinter den missratenen kleinen Bruder denke man sich bitte einen Zwinker-Smiley)
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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.Blitzkrieg Bettina
Wo siehst du Beeinflussung durch Weill, Cole? Ausser dass die Doors den „Alabama-Song“ aufgenommen haben, und dass Bob Dylan Brecht/Weill zu seinen Inspirationen zählt fällt mir nichts ein.Manche Leute schreiben es ihm (Kurt Weill) zu, ein ungewöhnliches Feingefühl in den populären amerikanischen Song getragen zu haben. Ironie und eine gewisse Portion boshaften Witzes, so etwas Makabres.
Referenzen: Tom Waits, Randy Newman, Bob Dylan, Elvis Costello, Nick Cave, Lou Reed, Sting, Marianne Faithfull, Dresden Dolls, etc.
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Herr Rossi
Phil Spector und Berry Gordy wollten Hits, Hits, Hits. Es ist doch bekannt, wie verzweifelt Spector war, als „River Deep, Mountain High“ in den USA floppte (obwohl es im UK eine #1 war). Danach hat er nur noch gelegentlich produziert.klingt dann aber nicht danach, als hätte er die Hits aus kommerziellen Gründen haben wollen…
hier ist (am Ende) nochmal eine Liste mit Aufnahmen von Weill-Songs, diese Compilation Lost in the Stars mit unter anderem Reed, Waits, Marianne Faithful, Van Dyke Parks find ich ganz schön… irgendwo hab ich auchmal ein Weill-Stück von David Bowie gesehen… für einen Songwriter der ca 30er Jahre find ich das einen ziemlich beachtlichen Einfluss!
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Schlagwörter: Schlager
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