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AutorBeiträge
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MelodyNelson@Niko: Vielen Dank für den schönen Text! Ich werde die geplante Serie mit großem Interesse verfolgen.
Ich ebenfalls. Cales Soloschaffen ist mir bisher noch gänzlich unbekannt, eine gute Gelegenheit also sich etwas näher mit ihm zu befassen.
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WerbungDanke soweit! Wenn ihr die Alben kennt, immer raus mit der Meinung, das ist keine One-Man Show.
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and now we rise and we are everywhere#2: CHURCH OF ANTHRAX (Columbia,1971)
Nach der sehr eingängigen Seite von Cale auf „Vintage Violence“ präsentierte er sich auf seinen Folgewerken weitaus kantiger. Auf den beiden größtenteils instrumentalen Alben „Church of Anthrax“ und „The Academy In Peril“ kollaborierte zum einen mit minimal composer Terry Riley, zum anderen u.a. mit dem Royal Philharmonic Orchestra. Beide Alben gelten nicht als Großtaten von Cale, „Church of Anthrax“ halte ich aber für so interessant, um es näher vorzustellen. Abgesehen von den ungenannten Drummern Bobby Colomby und Bobby Gregg und der Gesangseinlage von Adam Miller haben Cale (Bass, Harpsichord, Piano, Guitar, Violoa, Organ) und Riley (Piano, Organ, Soprano Saxophone) hier alles selbst in der Hand.
Das einleitende Titelstück ist der Killer Track der LP. Wie auf einer schlechten Droge erklingen ein prägnanter Basslauf, klimpernde Keyboards, Loops, Drones und vermengen alles in ein hypnotisch funkiges FreeJazz/Krautrock/SisterRay Monster, welches auch über neun Minuten seine Wirkung nicht verfehlt. The Hall Of Mirrors In The Palace At Versailles beginnt mit Cales Staccato Anschlägen, wozu Riley ein sehr schlängelndes Sopran Saxophone Solo spielt. Das Ganze mäandert vor sich hin und wenn auch Riley dröhnendes Saxophon seine Reize hat, auf die acht Minuten Spieldauer verliert sich das Stück in Beliebigkeit. Das nächste Lied The Soul Of Patrick Lee ist dann zur Überraschung ein Pop Song, der mit seiner traurigen Beerdigungsbratsche und dem beinahe westkalifornischen Chorgesang vielleicht auf dem dritten Alben von The Velvet Underground gepasst hätte, hier ist er doch ein Fremdkörper. Das überlange Ides Of March zeigt, dass Cale bei LaMonte Young gut gelernt hat: Das provokante Anrennen von bearbeitetes Piano links (Riley) gegen rhythmisches Pianotrommeln rechts (Cale) mit jeweils zwei wahnsinnigen Schlagzeugern macht schwindelig, aber wie zu lange Karussellfahrten auch ziemlich Spaß. Das vergleichsweise unspektakuläre The Protoge versucht noch einmal, die vorherigen Zutaten in ein 3 Minuten Kostüm zu pressen, welches aber aufgrund Melodienarmut und wenigen Spielfreude nicht recht gelingt. Auch wenn „Church Of Anthrax“ kein Album ist, welches man selbst als Cale Fan oft hören wird, als Spiegelbild der 70er mit all seinen guten und schlechten Seiten ist es ein interessantes Kind seiner Zeit.
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and now we rise and we are everywherenikodemusDie Melodien sind im Vergleich zu dem was war und noch kommen sollte unglaublich leichtfüßig (weibliche background Uuhs, handclaps), zu viel klingt gefällig und doch, hier eine steel guitar, dort ein paar Streicher, einfache Klavierläufe; wäre nicht der miserable Sound der dünnen Produktion wäre es ein schöner Einstieg für alle, die noch nicht bereit sind für den richtig guten Cale. Mehr Pop war nie, weniger Cale auch nie, umso ironischer liest sich der Albumtitel.
Ich kann gut verstehen, dass man an Cale andere Seiten schätzt, aber ich mag diese luftige Spielerei mit verschiedenen Spielen und fast unverschämt eingängigen Melodien. Kein Meisterwerk, aber mir noch einen halben Stern mehr wert als Niko.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
nail75Kein Meisterwerk, aber mir noch einen halben Stern mehr wert als Niko.
Sehe ich genau so.
Dafür bekommt Church Of Anthrax von mir einen Stern weniger. Mit dem experimentellen Cale kann ich wenig anfangen, der melodieselige ist mir deutlich lieber.--
nikodemusDanke soweit! Wenn ihr die Alben kennt, immer raus mit der Meinung, das ist keine One-Man Show.
„Vintage Violence“ findet sich (noch) nicht in meinem Besitz, dafür aber nun das Album mit dem „hässlichen“ Cover. Ich bin sehr, sehr davon angetan.
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Das besagte Album ist auch deutlich besser, schön dass es dir gefällt (ich bin dann sehr auf deine Einschätzung gespannt). „Vintage Violence“ lohnt sich aber auch, allein weil er zuvor und dananch nie mehr solche radiofreundlichen Songs eingespielt hat.
@Nail/Spiff
Kann ich nachvollziehen, ich glaube VV hätte ein richtig gutes Album werden können (manche halten es bereits dafür), die Produktion mag ich aber nicht und manche Melodien sind zwar eingängig, fesseln mich aber in keinster Weise.--
and now we rise and we are everywhere#3: PARIS 1919 (Reprise, 1973)
»This record is an example of the nicest ways of saying something ugly«
Nach den nicht gerade publikumswirksamen Instrumentalalben schuf Cale mit PARIS 1919 ein leicht zugängliches Album, welches mit seiner baroken Schönheit voller Streicher, teils beatlesken Melodien und vor allem den lebhaften Pinselstrichen des Little Feat Gitarritsten Lowell George als wohl beste LP von John Cale gilt. Aufrecht und so englisch wie es einem stolzen Waliser möglich ist, führt uns Cale durch den Aufstieg und Fall des Europas und deren Einwohner im 20. Jahrhundert. Hinter den vor allen melancholischen Tracks lauern indes geheimnisvolle Texte, in denen Cale poetisch und brutal menschlichen Ehrgeiz, Missbrauch und Gewalt in mystischen Orten, fernen Städten und der eigenen Kindheit umschreibt.
Es pfeift der Zug und orgelt der Kantor im eröffnenden „Child’s Christmas in Wales“, während Orangen ermordet werden, grasende Kühe uns vor unseren Türen verführen und die Nachbarschaft jubiliert. Im oberflächlich albernen „Hanky Panky Nohow“ versteckt sich weltmüder Witz über unsinnige Gesetze und fundamentalistischer Religionseifer, während das Titelstück mit seinem dem spöttischen Refrain (You’re a ghost la la la, i’m the church and i’ve come, to claim you with my iron drum) die Pariser Friedenskonferenz (die WW I beendete) bewitzelt.
Was durchgehend beeindruckt ist das Zusammenspiel der heiteren Gitarre Georges mit Cales getragenem Klavier- und Orgelspiel, die Fröhlichkeit der Melodien und die mystische Melancholie, die das Album durchzieht. Die zynischen und brutalen Graham Greene und Macbeth versprühen etwas frühsiebziger Glam Charme, retten uns vor den Höllenhunden, um uns dann die Köpfe zu zerhacken… somebody knows for sure, it’s gotta be me or it’s gotta be you. Alles nichts gegen den schicksalsergebene Leiden des müden Soldaten in „Half Past France“, der im Zug nach Hause sitzend sich anschaut, zu was die hässliche Gattung Mensch alles im Stande ist um abschließend ganz nebenbei die denkbar bittersten Zeile auszusprechen: people always bored me anyway. Und wer nicht weiß, wie wirkungsvoll diese modulationsarme Stimme singen kann, sollte sich das spukige Flüstern in „Antarctica Starts Here“ anhören, diese leise, mitfühlende Hymne auf den glanzlosen Untergang einer irren Filmkönigin. Besser geht nicht. [vgl. M. Spector, Liner Notes Paris 1919, 2006]
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and now we rise and we are everywhereWer „Paris 1919“ noch nicht sein Eigen nennt, sollte nikos Würdigung zum Anlass nehmen, um es sich zu besorgen. Besser geht es kaum.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
MelodyNelsonBesser geht es kaum.
Dem kann ich nur beipflichten!
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Die die sich nur annähernd für Cale interessieren, werden um Paris 1919 nicht herumkommen. Der Bruch danach ist verständlich, ein zweites Album dieser Art wäre wohl enttäuschend gewesen.
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and now we rise and we are everywherenikodemusDer Bruch danach ist verständlich, ein zweites Album dieser Art wäre wohl enttäuschend gewesen.
Sicherlich. Obwohl der Bruch, den du ansprichst, ein eher schleichender war. Die Island-Alben dokumentieren den Übergang recht eindrucksvoll.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Gerade entdeckt
Jetzt läuft gerade eine halbstündige Sendung auf BR 2 mit Liveaufnahmen aus München 1983/84--
Vinbtage ist Cales Pop-Album. Man kann sich kaum vorstellen, dass er solche Musik nicht sehr lange nach VU machen konnte. Popsongs wie an Perlenschnüren gezogen.
Eingestiegen bin ioch damals mit ANthrax, dann ewig kein Cale, schließlich Slow Dazzle. Dort arbeitet er mit Tempoverschiebungen, irgendwie ein bißchen wie Vanilla Fudge. Beispiel Heartbreak Hotel.--
Include me out!Habe ich den Hinweis nur nicht gefunden? „Paris 1919“ gibt es seit 2006 als Rhino Rem. CD, erweitert um 1 outtake und 10 alt. versions. Die Musik war
schon immer großartig, jetzt sind endlich auch Klang und Infos (Booklet) auf
ähnlichem Niveau.--
die frage:Haben sie hirn? kann letzten endes nur der metzger beantworten. -
Schlagwörter: John Cale
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