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Wolfgang, bei allem Respekt, die Frage hatte nail75 gestellt bevor Du ihn im The Damned-Thread zurechtgewiesen hast.
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Highlights von Rolling-Stone.deWerbungJa, Senol. Aber nachdem er mir Dogmatismus und einen ideologischen Umgang mit Musik vorwarf. Mehrfach, andernorts. Und nachdem er einen Beitrag kramers mit den Worten kommentiert hatte: „Da hat wieder einer an den Zitzen der Muttersau gesaugt“. Ein Bild, das mir nicht sonderlich zusagt. Vor allem aber ein Bild, das nahelegt, daß sein Schöpfer die Zitzen bestimmt verschmäht. Aber gut, meinetwegen: Chuzpe also.
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Wolfgang DoebelingJa, Senol. Aber nachdem er mir Dogmatismus und einen ideologischen Umgang mit Musik vorwarf. Mehrfach, andernorts. Und nachdem er einen Beitrag kramers mit den Worten kommentiert hatte: „Da hat wieder einer an den Zitzen der Muttersau gesaugt“. Ein Bild, das mir nicht sonderlich zusagt. Vor allem aber ein Bild, das nahelegt, daß sein Schöpfer die Zitzen bestimmt verschmäht. Aber gut, meinetwegen: Chuzpe also.
Wolfgang, ich habe von Dir und durch Dich sehr viele Anregungen in Bezug auf gute Musik erhalten und dafür bin ich Dir dankbar. Ich lese auch immer wieder gerne Deine Berichte und Kritiken und höre (nicht immer, aber oft) Roots.
Allerdings stören mich gewisse dogmatische (oder ideologische) Grundhaltungen, die Du immer wieder äußerst und die für sehr fragwürdig halte. Diese Äußerungen werden von Anderen dann aufgegriffen (oder sie sind selbst zu denselben Erkenntnissen gelangt – das will ich jetzt hier gar nicht thematisieren) und in einer Vehemenz vertreten, die keinen Widerspruch zuzulassen scheint.
Die beiden obigen Fragen beziehen sich auf solche Themen. Mir ist bewusst, dass ich Dir im „Country“-Thread unterstellt habe, die Thesen, im Jazz sei nach 1970 nichts mehr „Ernsthaftes“ entstanden bzw. europäischer Jazz tauge nichts oder sei eben kein Jazz mehr, seien von Dir ausgegangen. Daraufhin widersprach jemand und meinte, Du wärst nicht dieser Meinung (der entsprechende Post ist inzwischen gelöscht). Das wollte ich gerne klären.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Wolfgang, ich habe von Dir und durch Dich sehr viele Anregungen in Bezug auf gute Musik erhalten und dafür bin ich Dir dankbar. Ich lese auch immer wieder gerne Deine Berichte und Kritiken und höre (nicht immer, aber oft) Roots.
Allerdings stören mich gewisse dogmatische (oder ideologische) Grundhaltungen, die Du immer wieder äußerst und die für sehr fragwürdig halte. Diese Äußerungen werden von Anderen dann aufgegriffen (oder sie sind selbst zu denselben Erkenntnissen gelangt – das will ich jetzt hier gar nicht thematisieren) und in einer Vehemenz vertreten, die keinen Widerspruch zuzulassen scheint.
Die beiden obigen Fragen beziehen sich auf solche Themen. Mir ist bewusst, dass ich Dir im „Country“-Thread unterstellt habe, die Thesen, im Jazz sei nach 1970 nichts mehr „Ernsthaftes“ entstanden bzw. europäischer Jazz tauge nichts oder sei eben kein Jazz mehr, seien von Dir ausgegangen. Daraufhin widersprach jemand und meinte, Du wärst nicht dieser Meinung (der entsprechende Post ist inzwischen gelöscht). Das wollte ich gerne klären.
Zum ersten Absatz: Ich nehme erfreut zur Kenntnis, daß Du wie ich die alten Höflichkeits-Versalien in der Anrede verwendest. Hoffentlich dreht Dir keiner einen Strick daraus („nail75 ist zu den Doebeling-Vasallen desertiert“ oder so).
Zum zweiten Absatz: Keine Ahnung, wovon Du redest. Hoffentlich nicht von Überzeugungen. Die auf intensivsten/extensivsten Studien und Erfahrungen basieren. Erkenntnisse mithin, keine Dogmen. Ideologie? Wüßte wirklich nicht wo.
Zum dritten Absatz: Vielleicht nimmst Du Dir mal die Zeit, im Jazz-Forum ein paar alte Diskussionen durchzulesen, die von den Leuten geführt wurden, die Du als Ferkel verunglimpft hast. Zum Beispiel den Thread „Das Schlagzeug im Jazz“ oder so ähnlich. Nichts tiefgründiges natürlich (ist hier schließlich alles bloß Cyber-Geplänkel), mehr ein unterhaltsamer Schlagabtausch zwischen einander respektierenden Musikliebhabern, die kleine Differenzen austragen, indes vom gleichen Boden aus (ohne irgendwie hörig zu sein). Die These, Jazz sei nur Amerika und seit 1967 sowieso tot, habe ich nie vertreten. Freilich hatte der Jazz dort und damals seine Blütezeit, sowohl musikalisch wie auch auf der kulturellen Bedeutungsebene. Ähnliches gilt für Blues, Honky Tonk, Rockabilly, DooWop, Soul oder Surf. Und so sind fraglos (fast) alle wichtigen Aufnahmen dieser Genres/Stile in einer bestimmten Epoche, an bestimmten soziokulturellen Schnittstellen passiert. Anders ausgedrückt: Kansas City 1939 ist nicht Oslo 2007, der Cotton Club in Harlem zur Zeit der Prohibition ist eine fundamental andere Kultur-Koordinate als Ronnie Scott’s in der Oxford Street heute. Jazz wurde und wird hier wie dort gemacht, doch hat er damals auch gebrannt, an beiden Enden, heute wird er gepflegt, entweder eher restaurativ oder modern, mehr oder weniger virtuos/inspiriert. Auch in Europa. Und in Asien. Und…
Auch wenn Deine Fragen damit womöglich nur vorläufig beantwortet sind, muß ich jetzt erstmal weg.--
Alles klar. Ich freue mich über die Antwort und hoffe auf mehr.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.@WD:
Ich habe eine etwas vom Hauptthema des Threads abweichende Frage:
Mich würde das „Studio – Equipment“ interessieren, insbesondere welche Plattenspieler/Tonabnehmer während der Sendung zum abspielen der LP´s verwendet werden. Evtl. EMT?--
@ Wolfgang
Wie bewertest Du die I.R.S.-Alben (einschl. der ersten EP) von R.E.M.? Vor Jahren hattest Du sie in der RS-Rubrik „DDD“ als zweitbeste amerikanische Band der 80er eingestuft, nach GREEN ON RED.
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Wolfgang, mich würde Deine Bewertung der Platten (vornehmlich LPs, gerne auch EPs/7″s) von Ray Condo & His Hardrock Goners bzw. Ricochets sehr interessieren. Darüber hinaus wäre ich dankbar, wenn Du insbesondere zu Ray Condo, der 2004 verstarb, etwas schreiben könntest. Selbst kenne ich nur ein paar Songs aus Roots-Ausgabe 27-05 (wie das famose „I’m Coming Come“), gekauft wurde nun seine erste LP „Crazy Date“ auf Pipeline Records.
Von Johnny Dilks (& His Vistacion Valley Boys) gibt es nur die LP „Acres Of Heartache“, richtig?
@ nail75
Leider hast Du meine obige Einlassung nur mit Freude & Dank quittiert und mich in völliger Dunkelheit gelassen betreffs meiner angeblichen Dogmen und Ideologien. Muß daher vermuten, daß Du damit ganz allgemein apodiktische Statements meinst. Die passen bekanntlich vielen nicht ins bequem eingerichtete Musikzimmer. Sollen sie ja auch nicht. Erinnere mich an einen Proteststurm im PN-Glas, als ich bekundete, daß Bands, die via LP debütieren, nichts taugen. Eine nicht nur empirisch überprüfbare Aussage, sondern auch eine leicht zu begründende und daher unmittelbar einleuchtende. Für den, der etwas von der Materie Pop versteht. Ich antwortete also den erzürnten PN-Schreibern brav, explizierte und illustrierte, darauf hoffend, beim einen oder anderen zumindest einen kleinen Erkenntnisschub zu bewirken. Vergebens. Es stellte sich heraus, daß die Herrschaften an Erklärungen nicht das mindeste Interesse hatten, sondern indigniert waren, weil sie zu der Gattung gehören, die gern Offenbarungseide ablegen wie „Ich höre/kaufe keine Singles“ oder „Ich habe keinen Plattenspieler“. Und da fühlten sie sich durch obiges Apodiktum in ihrer Existenz als Musikhörer angegriffen. Hey, ich habe nur CD-Alben, bin ich deshalb ein Mensch zweiter Klasse? So ähnlich, kein Witz. Man weiß plötzlich, wie sich ein Ernährungsberater fühlen muß, der viel frisches Obst und Gemüse empfiehlt und dann hören muß: hey, ich esse lieber Currywurst mit Pommes, bin ich deshalb minderwertig? Auf Deine Unterstellungen umgemünzt, hieße das: wenn Du besagten Ernährungsberater für einen Ideologen und Dogmatiker hältst, dann bin ich wohl auch einer.
Noch kurz zum Jazz-Verständnis: die jüngste Jazz-Platte in meinem Besitz ist „From One Charlie“ vom Charlie Watts Quintet. Aus England zwar und von englischen Musikern, aber eine (wunderbare) Ode an Bird und seine Musik. Die Ende der 40er Jahre virulent war, in Amerika. Eine Verbeugung nur, wenngleich eine hochinspirierte. Meine letzte „originäre“ Jazz-LP datiert von 1968, ist von Monk („Monk’s Blues“) und zwar noch sehr hörenswert, aber nicht besonders wichtig. Die letzte LP mit einiger Wichtigkeit für mich ist sein „Straight, No Chaser“ von 1966 (bin kein großer Freund der späten Trane-Esoterik). Es gibt auch aus der Zeit danach noch Jazz-Platten, denen ich einiges abgewinnen kann („In A Silent Way“ etwa), aber für das Walhalla meiner Plattensammlung reicht es nicht. Hoffe, damit ist erstmal das Wesemtliche gesagt.@ Rebel32
Ja, EMT. Wenn Du mir mitteilst, warum Dich das interessiert, schaue ich nächstens genauer nach re. Typ/Modell. Spiele damit übrigens nicht nur LPs.
@ Senol
Murmur * * * *
Reckoning * * * * 1/2
Fables Of The Reconstruction * * * *
Lifes Rich Pageant * * * *
Document * * * 1/2Chronic Town * * * *
@ Sweetheart
Hardrock Goners LPs
Crazy Date * * * *
Hot’n’Cold * * * * 1/2
Condo Country * * * *
Hillbilly Holiday * * * 1/2
Come On * * * 1/2
Ricochets LPs
Sing Brother Sing * * * 1/2
Door To Door Maniac * * * 1/2
High & Wild * * * *Ray war ein großartiger Kerl, obsessiv, kompromisslos, tunnelvisionär und von ungeheuer ansteckender Begeisterungsfähigkeit. Bedaure sehr, nie ein richtiges Interview mit ihm geführt zu haben, obwohl sich die Gelegenheit dazu geboten hätte. Wie es halt oft so ist: man denkt, das könne man ja immer noch machen, und dann ist es plötzlich zu spät. File under: missed opportunities. Über seine Musik gäbe es eine Menge zu sagen, vom Wahnwitz, Rockabilly mit Fiddle aufzuladen (was ihm bei Puristen einigen Spott einbrachte) bis hin zur Canada/California-Dichotomie, die ihn mal bremste, dann wieder beflügelte. Ausgebrannt war er jedenfalls nicht, man hätte noch einiges von ihm erwarten dürfen. Umso trauriger.
Dilks hatte das Pech, daß „Acres“ herauskam, kurz bevor Hightone in finanzielle Schwierigkeiten geriet. So konnte die LP kaum beworben werden und verkaufte sich nicht wie erhofft. Blieb dort also seine einzige, leider. Ist aber exzellent, wie Du wohl weißt.PN-Ecke
Ranking der „Aftermath“-Tracks1. Goin‘ Home
2. Out Of Time
3. Mother’s Little Helper
4. Under My Thumb
5. Think
6. Lady Jane
7. I Am Waiting
8. Take It Or Leave It
9. High And Dry
10. Doncha Bother Me
11. Stupid Girl
12. What To Do
13. Flight 505
14. It’s Not Easy--
Besten Dank für Besternung und die Zeilen zu Ray.
Wolfgang DoebelingDilks hatte das Pech, daß „Acres“ herauskam, kurz bevor Hightone in finanzielle Schwierigkeiten geriet. So konnte die LP kaum beworben werden und verkaufte sich nicht wie erhofft. Blieb dort also seine einzige, leider.
Seine Band nennt sich nun nicht mehr „Vistacion Valley Boys“, sondern „Country Soul Brothers“. Wie seiner Website zu entnehmen ist, sind sie gerade im Studio und nehmen ein neues Album auf.
Bei diesen Einflüssen (Hank Williams Sr., George Jones, Buck Owens, Del Reeves, Johnny Darrell, Merle Haggard, Gosdin Brothers) ist wieder Großartiges zu erwarten!
Wolfgang, ich dachte, ich warte erst einmal ab, was Du noch schreibst. Am Liebsten würde ich nur über Jazz diskutieren, das scheint am Interessantesten zu sein. Ich äußere mich aber auch gerne zu den Dogmen.
Dafür brauche ich jedoch etwas Zeit, die ich an diesem Wochenende nicht habe. Ich bin heute und morgen den größten Teil des Tages außer Haus. Aber ich schreibe noch etwas dazu, mit Sicherheit.--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Danke für die schnelle Antwort, der Grund für mein Interesse ist einfach prinzipielles Interesse für Analogtechnik/Studiotechnik und im Speziellen das ich die Sendung schon eine Weile einigermassen regelmässig auf Tape aufzeichne um sie mir mehrmals anhören zu können und manchmal zwischen den Tape -Mitschnitten und LP´s/Singles die ich mir Aufgrund in der Sendung gespielter Stücke gekauft habe, klangliche Unterschiede feststelle, natürlich ist mir klar das das analoge Signal durch die Umwandlungen und Komprimierungen verändert wird und es daher direkt vom Plattenspieler anders klingen muss, es interessiert mich trotzdem, insbesondere die Tonabnehmer, ist ein Denon 103 dabei?
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Wolfgang Doebeling@ nail75
Leider hast Du meine obige Einlassung nur mit Freude & Dank quittiert und mich in völliger Dunkelheit gelassen betreffs meiner angeblichen Dogmen und Ideologien. Muß daher vermuten, daß Du damit ganz allgemein apodiktische Statements meinst. Die passen bekanntlich vielen nicht ins bequem eingerichtete Musikzimmer. Sollen sie ja auch nicht. Erinnere mich an einen Proteststurm im PN-Glas, als ich bekundete, daß Bands, die via LP debütieren, nichts taugen. Eine nicht nur empirisch überprüfbare Aussage, sondern auch eine leicht zu begründende und daher unmittelbar einleuchtende. Für den, der etwas von der Materie Pop versteht. Ich antwortete also den erzürnten PN-Schreibern brav, explizierte und illustrierte, darauf hoffend, beim einen oder anderen zumindest einen kleinen Erkenntnisschub zu bewirken. Vergebens. Es stellte sich heraus, daß die Herrschaften an Erklärungen nicht das mindeste Interesse hatten, sondern indigniert waren, weil sie zu der Gattung gehören, die gern Offenbarungseide ablegen wie „Ich höre/kaufe keine Singles“ oder „Ich habe keinen Plattenspieler“. Und da fühlten sie sich durch obiges Apodiktum in ihrer Existenz als Musikhörer angegriffen. Hey, ich habe nur CD-Alben, bin ich deshalb ein Mensch zweiter Klasse? So ähnlich, kein Witz. Man weiß plötzlich, wie sich ein Ernährungsberater fühlen muß, der viel frisches Obst und Gemüse empfiehlt und dann hören muß: hey, ich esse lieber Currywurst mit Pommes, bin ich deshalb minderwertig? Auf Deine Unterstellungen umgemünzt, hieße das: wenn Du besagten Ernährungsberater für einen Ideologen und Dogmatiker hältst, dann bin ich wohl auch einer.
Ich fange mal mit der Erwiderung auf diese Zeilen an. Das Thema Vinyl/CD lasse ich mal außen vor.
Ich gehöre ja auch denjenigen, die sich gelegentlich apodiktisch äußern Diese Äußerungen stoßen natürlich bei denjenigen, die anderer Meinung sind nicht auf große Begeisterung. Da muss man dann eben durch.
Wenn Leute Deine Ratschläge nicht annehmen, dann musst Du Dich damit trösten, dass andere sie sehr wohl annehmen. Wie ich übrigens auch: das betrifft jedenfalls die Musikempfehlungen.
Ich frage mich jedoch, ob sich hinter diesen Äußerungen mehr als eine – in Deinem Fall durch jahrzehntelange Recherchen und Beschäftigungen mit der Materie entwickelte – Meinung steckt.
Konkret meine ich die These „Bands, die mit einem Album debütieren, taugen nichts.“ Ich finde diese These sowohl plausibel, als auch begründbar. Du nennst diese These oben jedoch „empirisch überprüfbar“ und das bereitet mir Schwierigkeiten.
„Empirische“ Erkenntnisse sind nun, meinem Verständnis nach, mit einer wissenschaftlichen Methode gewonnene Erkenntnisse. Da liegt natürlich die Frage nahe, welche Methode Du verwendet hast. Ich rate einfach mal und nenne: Studium der Musik sowie des Kontextes, in dem sie entstanden ist, Recherche bezüglich der Personen, des Stils mit Hilfe von Konzertbesuchen, Interviews, Besuchen vor Ort usw. Wenn noch mehr dazukommt, dann kannst Du das ja ergänzen.
Wenn ich also Deine Erkenntnisse überprüfen will, dann muss ich gleichsam diese oder ähnliche Studien durchführen. Nehmen wir die obige Aussage als empirisch zu überprüfende These und formulieren sie etwa anders. „Bands, die mit einem Album debütieren, sind qualitativ minderwertig (im Vergleich zu Bands, die mit einer Single debütieren)“ Dazu bilden wir eine Vergleichsmenge A (Bands, die mit einem Album debütierten) und eine Vergleichsmenge B (Bands, die mit einer Single debütierten).
Das ist kein Problem. Das Problem ist der qualitative Vergleichsmaßstab. Wie operationalisiere ich jetzt „Qualität“, d.h. wie unterscheide ich gute von schlechten Bands? Da gibt es nun verschiedene Möglichkeiten, einen indirekten und einen direkten Weg. Der erste basiert letztlich auf der Aggregierung der Meinungen anderer Menschen: Ich könnte beispielsweise die Verkaufszahlen zum Erscheinungszeitpunkt des Debuts nehmen. Oder die Verkaufszahlen über einen längeren Zeitraum. Man könnte auch die Bewertungen verschiedener Kritiker sammeln (wie bei metacritic.com) und damit ein System zur Messung von Qualität erstellen. Ich nehme mal einfach an, dass Du von diesen Methoden wenig halten würdest.
Die andere (direkte) Methode basiert darauf, Bewertungsmaßstäbe zu entwickeln, um den Faktor der Qualität zu messen. Man könnte die Qualität der Produktion, des Songwritings, der Aufnahme, der instrumentellen Fähigkeiten als Maßstab nehmen. Das Problem bei diesen Kriterien ist jedoch, dass ihre Feststellung in der Regel mit sehr subjektiven Werturteilen verbunden ist. In der Popmusik würde man zusätzlich vor dem Problem stehen, dass die am Besten produzierte oder gespielte Musik häufig nicht unbedingt die beste Musik darstellt. Welche Kriterien sollte man also verwenden?
Eine interessante Möglichkeit könnte die quantitative Überprüfung von Coverversionen bilden. Je häufiger die Lieder einer Band von anderen Künstlern gecovert wurden, desto – bereinigt nach Zeit und Veröffentlichungsoutput – qualitativ besser ist sie. Dieses System hätte jedoch den Nachteil, dass es bestimmte grundsätzliche Unterschiede zwischen verschiedenen Musikstilen ignoriert. Außerdem gibt es sicherlich Bands, die obwohl sehr gut, wenig gecovert worden sind. Im Country/Folk-Bereich könnte das System dennoch am Ehesten ein sinnvolles Ergebnis erbringen.
Nehmen wir an, jemand hat eine Reihe von Kriterien entwickelt (welche auch immer das sind) und versucht mit diesen, seine These zu unterstützen. Wenn man jetzt eine Tabelle erstellte (nicht unähnlich einer der Stiftung Warentest), dann würde man vermutlich erkennen, dass die Vergabe von positiven oder negativen Bewertungen von anderen Experten in Frage gestellt würde. Einige würden sicherlich auch zustimmen, einige mehr oder weniger ablehend reagieren. Einige würden sicherlich auch erklären, dass die Maßstäbe oder deren Gewichtung falsch sind und würde eigene Vorschläge machen.
Am Ende hätte man dann Hunderte von Listen, die alle mehr oder weniger verschiedene Aussagen zur Verifizierung (ist strenggenommen nicht möglich, es könnte ja morgen eine Band kommen, die das Gegenteil beweist) und Widerlegung Deiner These enthielten. Wie sollte man jetzt aber entscheiden, welche richtig ist?
In den Naturwissenschaften kann man Thesen durch Experimente falsifizieren, selbst in den Geistes- und Sozialwissenschaften, ist es möglich, Thesen zu widerlegen (wenn es auch schwieriger ist). Wie widerlege ich jedoch eine These wie „A ist besser als B“? Es muss eine Möglichkeit geben, diese These zu verwerfen, damit sie empirisch überprüfbar ist. Aber damit das geschieht, brauchen wir Kriterien, um zu entscheiden, was „Qualität“ in der Musik darstellt. Ohne die, haben wir letztlich nur Meinungen, die auf verschiedenen Ansprüchen an Musik basieren und sich nur durch das vom Zuhörer erworbene Wissen über Musik unterscheiden. Das macht dieses Wissen nicht wertlos, es erschwert jedoch, überhaupt empirisch überprüfbare Thesen zu formulieren!
Ein Beispiel: Nehmen wir King Crimson, die – soweit ich das weiß – mit einem Album debütiert haben (Wenn dem nicht so ist, egal. Dann suchen wir eine andere Prog-Band). Du würdest vermutlich erklären, dass die Band nichts taugt. (Wenn nicht, dann nehmen wir eine andere Prog-Band). Jetzt müsste ich, um Deine These (jedenfalls theoretisch) widerlegen zu können, Deine Maßstäbe kennen, auf deren Grundlage Du dieses Urteil entwickelt hast.
Selbst wenn Du diese Maßstäbe liefern könntest (und sie würden mich definitiv interessieren), könnte ich Deine Bewertung aushebeln, indem ich behauptete, Deine Maßstäbe wären falsch. Stattdessen nehme ich meine eigenen Maßstäbe: Bands mit langen Songs sind besser als Bands mit kurzen Songs und Bands, die ein Mellotron verwenden, schlagen alle anderen Bands.
Das ist nun erkennbarer Unsinn, aber damit könnte ich zeigen, dass King Crimson die beste Band überhaupt sind. Du könntest meine Bewertungsmaßstäbe attackieren, aber letztlich hättest Du – meiner Ansicht nach – keine Möglichkeit meine These zu widerlegen. Mit anderen Worten: Wir hätten wieder „nur“ zwei Meinungen und keine Möglichkeit zu entscheiden, welche die „richtige“ ist. Das ist ein Dilemma, das jeder hat, der über Musik spricht. So gerne wir auch objektive Kriterien hätten, es fällt uns unglaublich schwer, sie zu entwickeln, wenn es konkret wird. Wie sollen wir dieses Dilemma nun lösen? Ich habe darauf keine Antwort.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Die These, dass Bands, die mit einer Single debütiert haben erfahrungsgemäß besser sind als solche, die dies mit einer LP taten finde ich hochinteressant. Ich habe mir diese Frage bisher nicht gestellt, stimme nach einigem Nachdenken zu. Meiner Meinung nach gilt dies allerdings vorrangig für Pop und Rock, dort ist nach wie vor die Single das Leitmedium. Aber gilt dies auch z.B. für den Jazz?
Gern würde ich obiger These eine weitere zur Seite stellen:
Bands, die zunächst mit Liveauftritten ihre Meriten erworben haben sind eindeutig solchen Bands vorzuziehen, die mehr oder weniger im Studio entstanden sind. Hier gibt es unendlich viele Beispiele, die britische Clubscene der 60er: Rolling Stones, Yardbirds, Pink Floyd. UK Punk und CBGB. Folk & Country, überall wo es eine funktionierende (Live-)Clubscene gibt entstammt hervorragende Musik!
Wen noch erinnert die Diskussion in diesem Threat an die alte subjektiv/objektiv Debatte in der SOUNDS?
Meine Haltung dazu: Es gibt sehr wohl objektive Bewertungskriterien auch für Populärmusik, abseits der klassischen musikalischen Maßstäbe. Dazu kommen subjektive Maßstäbe, die durch Erfahrung erworben wurden. Je tiefer und breiter der musikalische Erfahrungshintergrund des Kritikers desto relevanter auch die subjektiven Kriterien. Kennt man den Kritiker länger, weiß man seine Arbeit einzuordnen. Also höre ich auf WD und nicht auf Frau Fuß, nur um mal ein Beispiel zu nennen. Das hat also gar nichts mit Dogma oder Apologethentum zu tun sondern beruht auf langjähriger Lese- und Hörerfahrung.
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Gerry, Dein Beitrag ist sehr interessant, und ich würde auch weitgehend beipflichten. Was Du als relativer Forumsnovize nicht wissen kannst, dieser Thread ist kein Diskussionsthread. Hier werden Fragen an WD gestellt und allenfalls mit ihm diskutiert, nicht untereinander. Dafür steht das ganze restliche Forum zur Verfügung.
Wenn vielleicht ein Moderator gerrys Beitrag in einen passenden Thread im Philosophicum verlagern könnte?--
Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties! -
Schlagwörter: DJ, Ex cathedra, out to lunch, Playlists, Radio Eins, Roots, Warten auf die Rückkehr des Herrn
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