Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?
-
AutorBeiträge
-
Staggerlee… Alt-68er (auch so ein Klicheeausdruck) …
Genau! Das war ein Generationenkampf um die Macht und die sich heute noch gern selbst verklärenden „Alt-68er“ haben einen glorreichen Sieg davongetragen und sitzen seit Jahren an den Schalthebeln der Macht. Aber „ehrlich“ sind sie wohl immer noch, ha!
Zum Thema zurück: ich sah schon elektronische Konzerte, die nach meinem Empfinden „handgemacht“ waren im Sinne von: auf der Bühne geschieht etwas, das ich als Beobachter direkt mit den Klängen in Verbindung bringe, die ich höre (viel „ehrlicher“ ist ja eine elektrische Gitarre mit ein paar Pedalen und Effekten auch nicht, aber da waren wir ja schon). Andererseits, klar, sass ich auch schon in Konzerten, die als solche nicht funktionierten, weil da zwei Typen in der Mitte des Raumes sassen, an zwei Tischen mit hunderten verkabelten Dingern drauf und drumrum (eine Gitarre war auch dabei, aber der wurde kein konventioneller Ton entlockt). Dennoch, auch da: diese Musik konnte man nur in dem einen Augenblick hören, ganz unabhängig davon, dass man da überhaupt nichts verstehen oder nachvollziehen konnte. Das läuft dann wohl unter „Live-Elektronik“ und schüttelt die althergebrachten Kategorien nochmal durcheinander.
Und nochmal, ganz naiv (denn: wer nicht fragt bleibt dumm): Die Gitarren, die man überall dutzendweise im Laden kaufen kann, die sind nicht wirklich andgemacht, oder? Mir persönlich ist das völlig Wurst und ich finde auch die Beiträge auf den letzten Seiten ganz interessant, die klarmachen, dass es bei der Diskussion um ganz anderes als um Musik oder nicht bloss Musik geht, sehr erhellend. Aber wenn man solche hehren Ideale vor sich herschiebt, gibt es halt auch mal etwas Gegenwind.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deIn diesen legendären Tonstudios entstanden große Alben
Todesursache von Jimi Hendrix: Wie starb der legendäre Gitarrist?
Fleetwood Mac: Alle Alben im ROLLING-STONE-Check
10 Fakten über den Queen-Hit „Radio Ga Ga“
Die letzten Stunden im Leben von Amy Winehouse
Joe Strummer von The Clash: Dies ist die Todesursache der Punk-Ikone
Werbunggypsy tail windich finde auch die Beiträge auf den letzten Seiten ganz interessant, die klarmachen, dass es bei der Diskussion um ganz anderes als um Musik oder nicht bloss Musik geht, sehr erhellend. Aber wenn man solche hehren Ideale vor sich herschiebt, gibt es halt auch mal etwas Gegenwind.
Dir ist aber schon aufgefallen, dass die Meinung „nur handgemacht ist ehrlich und gut“ in diesem Thread von niemandem hier aktiv vertreten wurde? Selbst Pumafreddy, der den Begriff ale erster(?) verteidigte, hat ihn offenbar nicht im Sinne von Klampfenromantik benutzt (sonst hätte er wohl kaum auch ABBA als „handgemacht“ eingeordnet). Es wurde nur davon berichtet, dann man mit derlei reaktionären Ansichten zu oft konfrontiert worden sei. Und die Erläuterung, dass der Begriff in der DDR wiederum tendenziell anders besetzt war, hat viel zur Klärung von Missverständnissen beigetragen.
gypsy tail wind
die sich heute noch gern selbst verklärenden „Alt-68er“ haben einen glorreichen Sieg davongetragen und sitzen seit Jahren an den Schalthebeln der Macht. Aber „ehrlich“ sind sie wohl immer noch, ha!
Oh-oh… Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort! :roll:Über die Bedeutung des gesellschaftlichen Aufbruchs von 1968 können wir gerne in einem anderen Thread diskutieren. Zur Klarstellung: Ich bin kein Alt-68er, ich war damals 8 Jahre jung; aber Spott oder Häme über das damals Geschehene mag ich trotzdem nicht.
--
Software ist die ultimative Bürokratie.Das mit den 68ern ist ein anderes Thema, das wir hier definitiv nicht weiterverfolgen müssen, aber diie 68er von Zürich sitzen überall auf den Chefsesseln und gehören zu den grössten Abzockern – „ehrlich“ ist da etwas das letzte, was ich damit verbinde.
Und schon klar, dass keiner das offen sagt ist ja eins der Probleme der Diskussion, dass so vieles unterschwellig mitschwingt oder mitgemeint wird (vielleicht nicht mal bei den Leuten hier sondern einfach bei dem Begriff, das wurde ja inzwischen hier ziemlich schön herausgearbeitet, darüber streiten scheint mir nicht nötig).
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDemonDir ist aber schon aufgefallen, dass die Meinung „nur handgemacht ist ehrlich und gut“ in diesem Thread von niemandem hier aktiv vertreten wurde? Selbst Pumafreddy, der den Begriff ale erster(?) verteidigte, hat ihn offenbar nicht im Sinne von Klampfenromantik benutzt (sonst hätte er wohl kaum auch ABBA als „handgemacht“ eingeordnet).
Naja, wenn man sich ein paar Live Mitschnitte von ABBA anschaut, dann sieht man, dass da viele Musiker mit „klassischen“ Instrumenten auf der Bühne stehen. Da wird es dann schwer, das als nicht „handgemacht“ zu bezeichnen. Das hat zwar nichts mit „Klampfenromantik“ zu tun, aber so war „handgemacht“ zu Beginn auch sicher nicht gemeint.
--
Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?sparchNaja, wenn man sich ein paar Live Mitschnitte von ABBA anschaut, dann sieht man, dass da viele Musiker mit „klassischen“ Instrumenten auf der Bühne stehen. Da wird es dann schwer, das als nicht „handgemacht“ zu bezeichnen.
Andererseits ist der typische Gesangs-Sound von ABBA das Produkt einer elektronischen Spielerei. Das hat der Produzent jedenfalls mal in einem Interview erklärt, aber das ist so lange her, dass ich mich an die Einzelheiten nicht mehr erinnern kann.
--
Software ist die ultimative Bürokratie.gypsy tail wind
Und nochmal, ganz naiv (denn: wer nicht fragt bleibt dumm): Die Gitarren, die man überall dutzendweise im Laden kaufen kann, die sind nicht wirklich andgemacht, oder? Mir persönlich ist das völlig Wurst und ich finde auch die Beiträge auf den letzten Seiten ganz interessant, die klarmachen, dass es bei der Diskussion um ganz anderes als um Musik oder nicht bloss Musik geht, sehr erhellend. Aber wenn man solche hehren Ideale vor sich herschiebt, gibt es halt auch mal etwas Gegenwind.Da real handmade stuff, aber mit non-handmade Verstärker. Die Diskussion bleibt kompliziert.
DemonAndererseits ist der typische Gesangs-Sound von ABBA das Produkt einer elektronischen Spielerei. Das hat der Produzent jedenfalls mal in einem Interview erklärt, aber das ist so lange her, dass ich mich an die Einzelheiten nicht mehr erinnern kann.
Selbst wenn sie live auf Effekte zurückgegriffen haben sollten, so dürfte das puma kaum stören solange sie tatsächlich gesungen haben. Jimmy Page hat schließlich auch auf Effektgeräte zurückgegriffen und Led Zeppelin ist für ihn ja ein Paradebeispiel für „handgemachte“ Musik. Mit anderen Worten: es ging ihm nie um Lagerfeuerromantik. „Handgemacht“ ist für ihn, wenn er die Musik, die er hört, von einer Band gespielt wird, die er sehen kann, so zumindest fasse ich seine Beiträge hier zusammen. Und dabei sollte die Band auch schon auf „klassische“ Instrumente wie Gitarre-Bass-Orgel-Schlagzeug zurückgreifen, alles andere scheint ihm suspekt zu sein. Und dass er das für überlegen/ehrlicher hält, geht z.B. schon so ein bisschen aus der Mail hervor, die er an Bullschütz geschrieben hatte.
--
Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?MikkoApropos, ich weiß, Du hattest Dein Buch irgendwann mal hier im Forum vorgestellt. Gibt es das noch? Wie komme ich da ran?
u.a. hier
--
Life is what´s happening while you are busy making other plans www.brycke.deDemonAndererseits ist der typische Gesangs-Sound von ABBA das Produkt einer elektronischen Spielerei. Das hat der Produzent jedenfalls mal in einem Interview erklärt, aber das ist so lange her, dass ich mich an die Einzelheiten nicht mehr erinnern kann.
Im Prinzip ja, nur war es nicht der Produzent (das waren Björn & Benny), sondern der Tontechniker Michael B. Tretow, es waren auch keine elektronischen Spielereien und es bezog sich auch nicht nur auf den Gesangssound.;-) Bei ABBA war alles „handgespielt“ (auch die Synths), aber der klassische ABBA-Sound das Ergebnis reiner Studio-Magie.
--
Komm mal wieder runter, Signore.
--
How does it feel to be one of the beautiful people?Lieb sein, Clau.
--
Ich gebe mir allergrößte Mühe. Ehrlich!
--
How does it feel to be one of the beautiful people?Was ist der Unterschied zwischen handgemachtem Brot und Industrie-Brot? Handwerk im klassischen Sinn.
Was ist der Unterschied zwischen handgemachten Lederschuhen und zusammengepappten Plastiktretern? Für die ersten brauchts einen Schuster, und für die anderen jemanden, der die Plastikrollen aufzieht und den Kleber nachkippt. Sein Manager darf die Temperatur kontrollieren. Werkzeug im weitesten Sinn brauchen freilich beide.
Und das ist für mich die Definition von „handgemacht“.
Daß jemand, der einen Laptop benutzt, genau so viel von Musik verstehen kann wie einer, der auf der Gitarre zupft, versteht sich ja von selbst.Solange sich dieser Ansatz auf Musik übertragen lässt, finde ich den Gebrauch des Worts angemessen oder sinnvoll. Aber nur dann.
--
Radio StoneFM | "Solos come and go. Riffs last forever." (Keith Richards) | The fact that there's a highway to hell but only a stairway to heaven says a lot about anticipated traffic numbers.Dann wäre eine Schema-F-Bluesrock im Irish Pub um die Ecke also nicht handgemacht, aber ein vom Songwriting bis hin zur Produktion durchdachter und perfekt konstruierter Electro-Track sehr wohl? Deal!
--
bullschuetz
Aber auch ich hätte hier gerne nochmal sorbistan mit dabei: Was genau verbandet Ihr in der DDR mit dem Etikett „handgemachte Musik“, was schwang da für Euch mit?Die Diskussion erinnerte mich (Wessi) an das von der Bundeszentrale für politische Bildung (!) herausgegebene Buch von Michael Rauhut „Rock in der DDR. 1964 bis 1989, das ich vor einigen Jahren gelesen habe.
Ich habe in der Schnelle etwas darin geblättert. Er schreibt darin (S. 74 ff.) über die Szene der „Kunden“, „Tramper“ und „Blueser“ (wohl synonym gebrauchte Selbstbezeichnungen) unter der Überschrift „Rock in rechtsgreien Raum“ u.a. Folgendes:
„Letztendlich konnten aber weder Verbot noch Unterwanderung die Macht des Faktischen brechen. Im Gegenteil: Der Druck des Staates wertete das Ereignis „Rockkonzert“ in den Augen vieler Nomkonformisten zur autonomen Zone, zur Enklave auf.“ Die Szene erlebte ihre Hochzeit in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre. Verbreitung: insb. „dörflicher Süden der DDR“.
„Und die Musik hielt das eigenwillige Happening wie eine Klammer zusammen. Analog zu Kleidung wurden solche Richtungen bevorzugt, die den Nimbus des ‚Handgemachte‚, ‚Authentischen‘ trugen. Hoch im Kurs standen Folk und Southern Rock. … Als Krone der Inbrunst aber galt der Blues. Er wurde geradezu kultisch verehrt.“
Soviel bis jetzt. Ich werde mal weiterlesen und ggf. Fundstellen posten.
--
"I spent a lot of money on booze, birds and fast cars. The rest I just squandered." - George Best --- Dienstags und donnerstags, ab 20 Uhr, samstags ab 20.30 Uhr: Radio StoneFM -
Schlagwörter: Deutsche Kulturarbeit, Ehrlich währt am längsten, entweder - oder, Handwerk, led zeppelin
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.