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Die Musik auf Live In Tokyo ist tatsächlich ein solitäres Dokument, das war eine ziemlich berauschende und durchaus freie Musik. Die Musik unterscheidet sich nicht nur vom späteren Sound der Band, ich finde sogar, dass sie sich durchaus vom Debütalbum absetzt. Die Richtung von Tokyo wird bereits beim NDR Jazz-Workshop im Vorjahr eingeschlagen als diese Besetzung frisch zusammen war.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...Highlights von Rolling-Stone.deWerbungDas Debut ist ja auch noch ziemlich unausgegoren, ab Album #2 und eben „Live in Tokyo“ geht es mit der Band so richtig los, oder?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbanail75
gruenschnabel
Mich würde übrigens sehr – und gerne auch detailliert/vertiefend – interessieren, woran du die unübertroffene Kreativität der „Live in Tokyo“ festmachst.Wie gesagt: Die Musik atmet ganz eindeutig den Geist von Miles Davis, was nie verkehrt ist. Darüber hinaus besitzt sie eine ganz einzigartige Kraft, schöpft aus Jazz, aber auch aus Funk und Rock. Außerdem ist sie teilweise wahnsinnig rau und ungeschliffen – ein krasser Kontrast zu den späteren aalglatten super-professionellen Weather Report. Gypsys Bemerkung oben, dass das eine andere Band war, stimmt wirklich.
Dass das eine andere Band war, ist mehr als offensichtlich.
Dass das Album aus den genannten Genres/Stilen schöpft, ist bei WR allerdings absolut kein Alleinstellungsmerkmal, welches die angeblich außergewöhnliche Kreativität belegen könnte. Ich denke, dass das für so ziemlich alle WR-Alben gilt – mit jeweils unterschiedlich ausgeprägten Anteilen.
Zum Sound: „rau und ungeschliffen“ kann ich nachvollziehen, das höre ich auch so. Warum das aber kreativer sein soll als nachfolgende Alben, auf denen gerade Zawinul recht virtuos – und wie ich finde: sehr originell – mit Klangfarben spielt, erschließt sich mir nicht.--
gypsy-tail-wind@gruenschnabel Das mit Jaco ist wohl bei vielen (einst auch bei mir) beim Einstieg der Fall … und manche merken dann halt, dass es noch ganz andere Sachen von WR gibt (und wiederum manche finden diese dann deutlich besser
) – das mit der Suche mag so sein, ich bin sogar sofort bereit, das zu glauben … und das hatte alles auch mit dem „Personal“ zu tun, aber da halte ich dem nicht uneintlen Miroslav Vitous wohl die Stange, wenn er herumposaunt, einen besseren Bassisten als ihn hätte die Gruppe nie gehabt. Zudem finde ich Alphonso Johnson bei WR unterm Strich wohl gerade so gut und funky wie seinen Nachfolger Jaco. Wo ich bei der Theorie mit der Suche aber ein Fragezeichen dahintersetzen würde ist beim „Einrasten“ bzw. der Richtung. Ich vermute mal eher nicht, dass Zawinul/Shorter 1971 schon wussen, wo sie hinwollten, und dass sie sich bei „Heavy Weather“ auf die Schulter klopften und sagten: „we made it!“ – sondern dass auch dieses „Einrasten“ erst möglich wurde durch die Entwicklung davor (und eben: rastete nicht mit Alphonso Johnson auch schon was ein? „Tale Spinnin’“ ist doch ein super Album, und „Black Market“, auf dem er und Jaco zur Hälfte zu hören sind, ebenfalls). Ich höre so gesehen „Heavy Weather“ vielleicht tatsächlich eher als einen Schlusspunkt einer Tangente (die danach für mich auch mehr oder minder zum Stillstand kommt, ich habe neben dem Live-Set, das ja diese Diskussion auslöste, nur noch „8:30“).
Die Sache mit dem Kunstwerk im Würfel ist doch gar nicht so anders, als wenn Du sagst: perfekter Pop. Pop hat immer etwas Artifizielles, und genau darauf wollte ich mit dem Steely Dan-Vergleich ebenfalls hinaus, auch das ist für mich irgendwie totale Plasticmusik, flach und tot – und natürlich dennoch genial. Da ist aber wohl auch irgendwie meine Sozialisierung mit Jazz (und weiterer afro-amerikanischer Musik, vom Blues bis zum Soul und Funk) etwas, was mich prägt. Ich hatte bei Prince z.B. längere Zeit Mühe mit dem, was gemeinhin als seine Meisterwerke gelten – die Alben danach mit der New Power Generation mit ihrem pumpenden Live-Sound waren mir immer naher, auch wenn ich mich da längst (jüngst wieder durch die Box von „1999“) angenähert habe. Dass WR quasi den Gang vom „Free“* zum Pop gingen, ist da eben auch eine massive Veränderung des Klangbildes im Gang. In den Siebzigern klingen sie halt dann auch irgendwann total nach der Zeit, eben Musik, die in eine Form gepresst wird, nicht nur vom Material her, sondern auch vom Klangbild her.
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*) Sag ich jetzt einfach mal so, ist mir schon klar, dass sie nie Free Jazz machten, aber mich dünkt bei den ersten Fusion-Bands – auch Lifetime, Mahavishnu in der ersten Besetzung … da übrigens danach auch eine Entwicklung, an der ich keinerlei Interesse mehr habe – herrschte ein ähnlich offener Geist, der natürlich an anderen Einflüssen interessiert war als die Free Jazzer, an Jimis Bluesgitarre oder an brasilianischer Musik, wenn wir noch RTF dazunehmen (eigentlich bevor sie so hiessen, danach … die alte Leier), aber das spielte bei WR ja auch eine Rolle.Mit Jaco hatten sie später einen kaum weniger eitlen Bassisten… hat der sich nicht mal als besten der Welt bezeichnet? Ist aber auch egal: Vitous und Pastorius haben WR deutlich und jeweils unnachahmlich beeinflusst. Problem für Zawinul/Shorter: Sie wollten Richtung Funk und ausgeprägterem Groove, Vitous wollte das nicht. Alphonso Johnson bot ihnen genau das, und Zawinul selbst bezeichnete „Mysterious traveller“ als den Durchbruch, den er sich gewünscht hatte. Insofern höre ich es auch so: In puncto Funk steht Johnson nicht hinter Pastorius zurück. Letzterer hatte aber insgesamt für meine Begriffe eine ausgefallenere, farbigere, auffälligere Spielweise, eine bis dato einzigartige und markant-unverwechselbare (Bass-)Stimme. Johnsons Spiel ordnet sich mehr ein – und womöglich auch unter.
zuletzt geändert von gruenschnabel
Das mit der Richtung: Du hast sicher Recht, dass es natürlich Entwicklungen gab. Das mit dem „Einrasten“ war von mir ein vielleicht nicht ganz treffender Begriff dafür, dass Jaco für die Meisten inklusive Zawinul/Shorter wohl zum „Signature-Line Up“ gehört, er im Nachhinein als genau passendes Teil des Gebildes angesehen werden kann.
Das mit dem Plastikwürfel bleibt mir etwas fremd. Vielleicht verwendest du die Begriffe „artifiziell“ und „Pop“ auch einfach in einem Sinne, den ich nicht durchschaue. Ich habe auch Schwierigkeiten damit, die Begriffe „flach“, „tot“ und „genial“ in Bezug auf Musik zusammenzubringen. Aber beim Thema ‚Prince‘ kann ich mich erinnern, dass wir beide da einmal schon kurz unsere Einigkeit darin gefunden hatten, den „Live-Sound“ mehr zu schätzen als diesen plastikmäßigeren hochgelobten Minneapolis-Sound. Das ist bei mir trotz „1999“-Box auch bislang so geblieben. Mit einem solchen Plastik-Sound bringe ich WR kaum in Verbindung, vielleicht die ganz späten Jahre so ein bisschen. Wie ich weiter oben schrieb, halte ich sie mindestens bis Mitte der 70er für eine klanglich originelle, fantasievolle, eigenständige Band. Zeitgemäß, klar. Aber erstens ist das für mich grundsätzlich alles andere als ein Minuspunkt, und zweitens waren sie diesbezüglich überhaupt nicht epigonal, sondern markierten ihr ganz eigenes Ding. Ich kenne jedenfalls nichts, was schon vorher so klang wie sie. (Muss aber eingestehen, dass ich auch nicht gerade den ganz großen Überblick habe.)--
gypsy-tail-windDas Debut ist ja auch noch ziemlich unausgegoren, ab Album #2 und eben „Live in Tokyo“ geht es mit der Band so richtig los, oder?
Ich höre ab dem zweiten Album diesen härteren, raueren Sound, den Nail auch schon ansprach. Und klar, die flogen da gerade auf der zweiten Seite in wildere Gefilde. Auf dem ersten Album aber ist die „Orange lady“ schon ein Ausrufezeichen und der Rest sehr respektabel.
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Die meisten betreffenden Releases wurden wohl hier besprochen bzw. erwähnt – jetzt bietet Jazzmessengers bis Ende April die CDs von Resonance vergünstigt an:
https://www.jazzmessengers.com/en/3858-resonance-catalogue-discountDa sind einige Perlen dabei!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind Die meisten betreffenden Releases wurden wohl hier besprochen bzw. erwähnt – jetzt bietet Jazzmessengers bis Ende April die CDs von Resonance vergünstigt an: https://www.jazzmessengers.com/en/3858-resonance-catalogue-discount Da sind einige Perlen dabei!
@gypsy-tail-wind: welches wären denn Deine Perlen?
Danke! Hab jetzt Larry Young bestellt, Dolphy, und Back on Indiana Avenue von Wes Montgomery… von denen, die ich kenne, wuerd ich vor allem Echoes of Indiana Avenue empfehlen, und natuerlich die zwei von Grant Green, vor allem Oil Can Harry’s… wo die Bestellung draussen ist, aerger ich mich ein kleines bisschen, die Dennis Coffey nicht auch noch mitgenommen zu haben… Coffey ist ein legendaerer Studiogitarrist (Motown / Funk Brothers), der hier Ende der 60er mit einem ganz klassischen Orgeltrio (mit Lyman Woodard an der Orgel) zu hoeren ist, kein purer Jazz, aber sehr unterhaltsam
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.Ach, dass die Coffey interessant sein könnte, war mir völlig entgangen – aber Lyman Woodard ist sicher ein guter Grund, neugierig zu sein!
@kurganrs das ist die Art von Frage, für deren Beantwortung ich unter normaalen Umständen gerne eine Stunde aufwende, aber die Stunde geht im Moment dauernd für Zeug verloren, das ich sonst nicht tun muss (teils ordentlich lange Anstehen beim Einkaufen, täglich kochen und den Haushalt schmeissen) – das mit dem „alles verlangsamt sich“ mag ja stimmen, der andere Teil mit „mehr Zeit“ überhaupt nicht. Drum kurz:
Jones/Lewis für Big Band Fans essentiell – ich finde sie phänomenal
Dolphy ist super
Horn ist wunderbar
Montgomery meine liebst ist wohl „One Night in Indy“, aber „Smokin‘ in Seattle“ ist auch super, „Echoes“ fand ich etwas weniger toll, Paris ist auch schön (aber irgendwas war damit, Griffin betrunken?), die „Early Recordings“und „DeCamp“ sind ein mixed bag – für Montgomery-Fans ist das aber alles super (und ev. sind die ganzen Montgomery-Releases die wichtigste Tat von Resonance?)
Evans: die mit Gomez/DeJohnette sind wichtig, Top of Gate ist aber auch sehr gut, die in England habe ich erst einmal angehört
Green: der Club-Gig ist für unsereins ein tolles Dokument (konnten wir ja nie dabei sein), die frz. Sachen auch eher ein „mixed bag“ (im Studio ist der Drummer verkehrt, der im Konzert ist auch nicht der Hit, aber dafür ist dort Claude Bartee dabei)
die Larry Young ist schon sehr gut, aber nicht die erhoffte Offenbarung
Getz & Getz/Gilberto wunderbar, v.a. die mit Gilberto
Vaughan ist auch super (aber Horn mag ich persönlich schon viel lieber)
Flanagan/Byard und Hubbard hab ich noch kaum gehört, Three Sounds sind was sie sind (dafür ist das hier aber wohl ziemlich super), und Jaco ist Jaco (macht Spass – aber wieviel davon braucht man?), die LaFaro ist eine hübsche Resterampedie anderen (die drei Compilations, Liebman/Lovano, die zwei mit Eddie Daniels, die Coffey) kenne ich nicht
über die Cole-Box hab ich anderswo viel verlinkt und ein bisschen was geschrieben (was ich über diverse andere wohl auch Tat, die Google-Suche funktioniert jat gut)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@gypsy-tail-wind: Sorry, ich wollte nicht Deine Zeit in Anspruch nehmen.
Ich dachte mehr an 2-3 Titel aus der Hüfte geschossen. Danke sehr.kurganrs@.gypsy-tail-wind: Sorry, ich wollte nicht Deine Zeit in Anspruch nehmen.
Ich dachte mehr an 2-3 Titel aus der Hüfte geschossen. Danke sehr.Das ist bei dem Label nicht drin, sind halt letzlich (natürlich von Vorlieben abhängig) fast alles Perlen
Finde z.B. das Niveau deutlich konstanter als bei den Serien, die SWR, WDR und NDR am Laufen haben … Elemental operiert auf ähnlich hohem Niveau, scheint aber auch eine Art Spin-Off von Resonance zu sein.
zuletzt geändert von gypsy-tail-wind--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind
kurganrs@gypsy-tail-wind: Sorry, ich wollte nicht Deine Zeit in Anspruch nehmen. Ich dachte mehr an 2-3 Titel aus der Hüfte geschossen. Danke sehr.
Das ist bei dem Label nicht drin, sind halt letzlich (natürlich von Vorlieben abhängig) fast alles Perlen
Finde z.B. das Niveau deutlich konstanter als bei den Serien, die SWR und NDR am Laufen haben … Elemental operiert auf ähnlich hohem Niveau, scheint aber auch eine Art Spin-Off von Resonance zu sein.
Bin mit ihnen sehr zufrieden. Diese jetzt wäre die dritte Bestellung in den letzten zwei Wochen.
Danke für den Hinweis und die Beschreibungen, bei den Wes Montgomery VÖs sollte ich sicher auch mal zuschlagen. Die beiden Grant Green-Releases sind sicherlich hörenswert, wobei ich die Paris-Recordings schon für sehr gut halte.
@redbeans: Die Larry Young wird dir sicher gefallen, vor allem CD1.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75.
@redbeans: Die Larry Young wird dir sicher gefallen, vor allem CD1.die war der Grund was zu bestellen, konnt ja nicht angehen, dass ich das nicht hab (wo ich schon die Bonus Track Edition von Unity neulich verpasst hab…)
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.Bonus Track Edition von Unity?
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum. -
Schlagwörter: Erstveröffentlichungen alter Jazz-Aufnahmen, Jazz, Jazz aus dem Archiv
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