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@jackofh Danke, Jack, du hälst die schöne Forumstradition der Berlinale-Rezis aufrecht! Schöne Texte, rants welcome!
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Highlights von Rolling-Stone.deWerbung
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Es ist immer ein bisschen traurig von tollen Filmen zu lesen, die dann aber nicht ins Kino kommen und man auch sonst keine Chance hat, die zu sehen…
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**** Rewind & Play (Alain Gomis, Forum)
1954 wurde Thelonious Monk zum Jazzfestival nach Paris eingeladen. Sein erster Auftritt in der französischen Hauptstadt. Was ihm davon im Gedächtnis geblieben ist, wird er 1969 in einem Porträt für das französische Fernsehen gefragt. Seine Antwort: Dass er damals zwar auf dem Cover der Magazine abgebildet war, jedoch keine Begleitband gestellt und die geringste Gage bekommen habe. Doch diese Antwort, so die Anweisung des Interviewers, solle doch bitte rausgeschnitten werden, denn: „It was not so nice“, wie er dem verdutzten Musiker erklärt. Gefragt ist Monk hier nämlich nur als Stichwortgeber eines eitlen, paternalistischen Moderators. Der Blick der Kamera auf den schwarzen Musiker ist unerbittlich objektivierend, exotisierend. Monk wird hier nicht gewürdigt, sondern ausgestellt. Banale Takes werden x-mal wiederholt, eine Qual für den Künstler. Alain Gomis‘ Montage des Footage-Materials aus dem Archiv dekonstruiert dieses französische TV-Porträt und demaskiert die Instinktlosigkeit und Brutalität der vorgeblichen Bewunderer des Jazzmusikers. Ungläubig, irritiert, zunehmend zermürbt und entkräftet schaut Monk dem unwürdigen Schauspiel zu, das er da über sich ergehen lassen muss. Erst am Piano kann er seine Umgebung endlich ignorieren. Als er auch hier zu einer Wiederholung gezwungen wird, wird sein Anschlag schließlich immer aggressiver. Direkt nach dem letzten Ton steht er auf und möchte gehen. Ein erschütterndes Zeitdokument, das nebenbei die Frage aufwirft, welches Englisch eigentlich das scheußlichere ist: das deutsche oder französische?* Strana Sascha (Julia Trofimova, Generation)
Coming-of-Age nach Zahlen. Eine absolut unglaubwürdige, stinklangweilige, stockkonservative Feier der Heteronormativität. Wladimir Putin gefällt das.**** Tytöt tytöt tytöt (Alli Haapasalo, Generation)
Ganz anders die Geschichte dieser drei jungen Finninnen. Regisseurin Haapasalo versteht es, ihre hervorragenden Darstellerinnen in Szene zu setzen. In exemplarischen Ausschnitten aus dem Teenager-Alltag demonstriert sie das Gefühlschaos ihrer Protagonistinnen: ein ständiges Schwanken zwischen Euphorie und Depression, einnehmend natürlich gespielt und pädagogisch weitgehend unaufdringlich inszeniert.****1/2 So-seol-ga-ui yeong-hwa (Hong Sangsoo, Wettbewerb)
Hong Sangsoo macht wieder Hong-Sangsoo-Dinge. Sein neuester Streich ist ein verspieltes Nachsinnen zweier kluger Frauen über die Produktion von Kunst – und eine Liebeserklärung (ein Antrag?) an Kim Minhee.--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
jackofh
Hong Sangsoo macht wieder Hong-Sangsoo-Dinge.Mein Viennale-Dauerbrenner.
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Predestination (2014 / Michael und Peter Spierig) **1/2
Science-Fiction und ich, nach wie vor eine Kombination, die nur selten zusammengeht. Zeitsprünge, bis der Arzt kommt. Am Ende sind Vater, Mutter und Kind in einer Person vereint und man ist in einer einzigen großen Zeitschleife gefangen. Und es braucht zu lange bis zu der eigentlich schon lange unvermeidlichen Erkenntnis, dass der Hauptdarsteller letztlich über lange Zeit sich selber gejagt hat. Wenn schon Zeitschleife, dann doch lieber „Groundhog day“.
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there's room at the top they are telling you still but first you must learn how to smile as you killpipe-bowlWenn schon Zeitschleife, dann doch lieber „Groundhog day“.
Oder noch besser „Russian Doll/Matrjoschka“ mit der bezaubernden Natasha Lyon (und nem super Soundtrack) als Minisereie auf Netflix.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike RoykoOder noch besserer „Edge of tomorrow“ mit dem bezaubernden ❤️Tom Cruise❤️:
Gibts auf Prime und Netflix. (Russian Doll fand ich auch toll!)
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Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the blockcleetusOder noch besserer „Edge of tomorrow“ mit dem bezaubernden ❤️Tom Cruise❤️
Ja, Edge Of Tomorrow ist wirklich ein ziemlich gelungener Zeitschleifenfilm.
Wie schrieben zwei Kritiker auf Wiki:
„Der [Plot] darf sogar Leuten gefallen, die Tom Cruise nicht leiden können, weil dieser Film seinen Star zunächst ebenfalls nicht leiden kann und deshalb dermaßen durch den Plot schubst, zieht und tritt, dass hämisch cruisefeindliche Elemente vor Schadenfreude Brandlöcher in ihre 3D-Brillen starren werden. […] Erstklassiger, hemmungsloser, totaler Irrsinn.“
– Dietmar Dath: Frankfurter Allgemeine Zeitung„Edge of Tomorrow ist ein Fest für Tom-Cruise-Hasser: Noch nie konnten sie ihr Feindbild so oft in spektakulären Szenarien zerfetzt, plattgefahren, verbrannt, in die Luft gesprengt und in den Erdboden gerammt sehen.“
– Andreas Busche: Die Zeit--
Das Leben als Pensionär ist einfach nur geil!cleetusOder noch besserer „Edge of tomorrow“ mit dem bezaubernden ❤️Tom Cruise❤️: Gibts auf Prime und Netflix. (Russian Doll fand ich auch toll!)
Absolut und einer der besten Tom Cruise Filme. Großes Kinos, sagt man da glaub ich…
Ganz vergessen, dieser „Time Crimes“ ist auch eine Sehenswürdigkeit in diesem Genre:
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike RoykoJaa, „Los Cronocrimenes“. Jetzt wo du den nennst, glaube ich mich zu erinnern, dass wir schon mal einen Thread zu diesem Thema hatten. Ein weiterer, weitestgehend vergessener Film, mit einem Ende welches M. Night Shyamalan gerne so hingebracht hätte, ist Triangle:
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Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the blockBye
zuletzt geändert von motoerwolf--
And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fameYes, „Triangle“ hatte ich damals kurz nach „Time Crimes“ gesehen…die Szenen im Schiff unvergessen.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike RoykoOutlaws – Die wahre Geschichte der Kelly Gang (Justin Kurzel, 2019)
Ziemlich drastische und durchgeknallte Geschichte einer irischen Familie, die von Strafgefangenen abstammt, in Australien um 1870.
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Das Leben als Pensionär ist einfach nur geil!pipe-bowlPredestination (2014 / Michael und Peter Spierig) **1/2
Science-Fiction und ich, nach wie vor eine Kombination, die nur selten zusammengeht. Zeitsprünge, bis der Arzt kommt. Am Ende sind Vater, Mutter und Kind in einer Person vereint und man ist in einer einzigen großen Zeitschleife gefangen. Und es braucht zu lange bis zu der eigentlich schon lange unvermeidlichen Erkenntnis, dass der Hauptdarsteller letztlich über lange Zeit sich selber gejagt hat. Wenn schon Zeitschleife, dann doch lieber „Groundhog day“.na ja das ist halt wohl die bekannteste zeitschleifen-story überhaupt: „all you zombies“ von robert heinlein…
hier gibts eine grafische übersicht der schleife: https://en.wikipedia.org/wiki/All_You_Zombiesist natürlich im grunde irgendwann unlogisch, da es ein henne-/ei-problem gibt…ich fand die verfilmung ganz gelungen
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i don't care about the girls, i don't wanna see the world, i don't care if i'm all alone, as long as i can listen to the Ramones (the dubrovniks)Noch mehr Berlinale:
***1/2 Avec amour et acharnement (Claire Denis, Wettbewerb)
Dieser Film hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Vordergründig ist das eine typisch französische Ménage-à-trois-Geschichte. Mit starken Schauspielleistungen und durchaus hohem Schauwert, dank Juliette Binoche und toller Kamera. Allzu viel Handlung darf man da natürlich nicht erwarten. Etwa eine Stunde lang raunt es nur so vor sich hin – und als es dann endlich soweit ist, passiert auch nichts Außergewöhnliches. Die Protagonist*innen leben in der Vergangenheit und finden, solange sie in ihrer Dreiecksbeziehung gefangen sind, keinen Weg, ihre Zukunft zu gestalten. Gesprochen wird abseits der furiosen Streitszenen nur das nötigste. Erzählmedium sind in erster Linie die Gesichter der Schauspieler*innen (daher wohl der auffällige Verweis auf Šarūnas Bartas im Abspann). Große Sympathiepunkte sammelt in diesem Beziehungsdrama niemand. Ergo lässt die Haupthandlung einen auch relativ kalt. Könnte es also sein, dass es Denis hier mindestens gleichwertig noch um etwas ganz Anderes geht? Nämlich die Stigmatisierung marginalisierter gesellschaftlicher Gruppen: der Alten und Jugendlichen, der Migranten und PoC, von Delinquenten und Frauen? Anhaltspunkte dafür gibt es einige: die Gespräche von Binoches Figur als Radiomoderatorin (u.a. mit Lilian Thuram über Rassismus in Frankreich), das wiederholte Thematisieren der Haftstrafe ihres Mannes, der ganze recht raumgreifende Nebenstrang um dessen „Mischlingssohn“, die Tatsache, dass alle niederen Dienstleistungsjobs hier mit PoC besetzt sind … Die letzten Bilder, als der Film eigentlich schon zuende ist, gehören jedenfalls interessanterweise Vater und Sohn, die scheinbar die Kurve in eine bessere Zukunft noch bekommen haben.****1/2 Sonne (Kurdwin Ayub, Encounters)
Ein ebenso selbst- wie stilbewusstes Spielfilmdebüt der Seidl-Schülerin Kurdwin Ayub. Die erst 31-jährige Regisseurin wirft uns hier mitten hinein in das Leben dreier junger Österreicherinnen mit Migrationsgeschichte. Semi-dokumentarisch mit immer wieder eingestreuten Social-Media-Clips gefilmt, erschafft sie nicht nur eine außergewöhnlich authentische Atmosphäre, sondern zeigt auch das Potenzial der Geschichten vom Rande der Mehrheitsgesellschaft auf, wenn sie denn mal klischeefrei und aus der Binnenperspektive auf die Leinwand gebracht werden. „Sonne“ ist den meisten Coming-of-Age-Filmen aus dem Generation-Programm der Berlinale meilenweit voraus und hat vollkommen zurecht den Preis für den besten Erstlingsfilm erhalten.Außerdem gesehen:
**** L’ état et moi (Max Linz, Forum)
**1/2 Shabu (Shamira Raphaëla, Generation)
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