Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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jackofh

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**** Rewind & Play (Alain Gomis, Forum)
1954 wurde Thelonious Monk zum Jazzfestival nach Paris eingeladen. Sein erster Auftritt in der französischen Hauptstadt. Was ihm davon im Gedächtnis geblieben ist, wird er 1969 in einem Porträt für das französische Fernsehen gefragt. Seine Antwort: Dass er damals zwar auf dem Cover der Magazine abgebildet war, jedoch keine Begleitband gestellt und die geringste Gage bekommen habe. Doch diese Antwort, so die Anweisung des Interviewers, solle doch bitte rausgeschnitten werden, denn: „It was not so nice“, wie er dem verdutzten Musiker erklärt. Gefragt ist Monk hier nämlich nur als Stichwortgeber eines eitlen, paternalistischen Moderators. Der Blick der Kamera auf den schwarzen Musiker ist unerbittlich objektivierend, exotisierend. Monk wird hier nicht gewürdigt, sondern ausgestellt. Banale Takes werden x-mal wiederholt, eine Qual für den Künstler. Alain Gomis‘ Montage des Footage-Materials aus dem Archiv dekonstruiert dieses französische TV-Porträt und demaskiert die Instinktlosigkeit und Brutalität der vorgeblichen Bewunderer des Jazzmusikers. Ungläubig, irritiert, zunehmend zermürbt und entkräftet schaut Monk dem unwürdigen Schauspiel zu, das er da über sich ergehen lassen muss. Erst am Piano kann er seine Umgebung endlich ignorieren. Als er auch hier zu einer Wiederholung gezwungen wird, wird sein Anschlag schließlich immer aggressiver. Direkt nach dem letzten Ton steht er auf und möchte gehen. Ein erschütterndes Zeitdokument, das nebenbei die Frage aufwirft, welches Englisch eigentlich das scheußlichere ist: das deutsche oder französische?

* Strana Sascha (Julia Trofimova, Generation)
Coming-of-Age nach Zahlen. Eine absolut unglaubwürdige, stinklangweilige, stockkonservative Feier der Heteronormativität. Wladimir Putin gefällt das.

**** Tytöt tytöt tytöt (Alli Haapasalo, Generation)
Ganz anders die Geschichte dieser drei jungen Finninnen. Regisseurin Haapasalo versteht es, ihre hervorragenden Darstellerinnen in Szene zu setzen. In exemplarischen Ausschnitten aus dem Teenager-Alltag demonstriert sie das Gefühlschaos ihrer Protagonistinnen: ein ständiges Schwanken zwischen Euphorie und Depression, einnehmend natürlich gespielt und pädagogisch weitgehend unaufdringlich inszeniert.

****1/2 So-seol-ga-ui yeong-hwa (Hong Sangsoo, Wettbewerb)
Hong Sangsoo macht wieder Hong-Sangsoo-Dinge. Sein neuester Streich ist ein verspieltes Nachsinnen zweier kluger Frauen über die Produktion von Kunst – und eine Liebeserklärung (ein Antrag?) an Kim Minhee.

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