12.08.2007

Ansicht von 9 Beiträgen - 46 bis 54 (von insgesamt 54)
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  • #5836531  | PERMALINK

    dagobert

    Registriert seit: 09.07.2002

    Beiträge: 8,575

    ZEIT onlineEin Großer im Hintergrund war der amerikanische Songschreiber Lee Hazlewood. Lässig bis zum Ende verfolgte er einen Weg, der die Randzonen des Glamours auslotete und selbst in den kitschigsten Momenten noch Untiefen entdeckte. Am 4. August ist der Musiker, der vor allem anderen den Erfolg brachte, im Alter von 78 Jahren gestorben. Würdigungen finden sich in FAZ, SZ, Frankfurter Rundschau, Welt und taz. Für ZEITonline hat Sebastian Reier einen Nachruf verfasst.

    Karl Bruckmaier hebt in der SZ Hazlewoods größtes Talent hervor: „Er konnte Ton-Produkte kreieren, die besser klangen als echt, jedenfalls in den Ohren des Mainstreams. Natürlich wollten Vorstadt-Mami und Midtown-Papi keinen Hippie-Quatsch hören oder dieses Arbeitergewinsel aus Nashville, aber abends auf der Swingerparty durfte es schon mal was anderes sein als Sketches of Spain: Und Hazlewood paarte wie kein Zweiter Playboy-Ästhetik, Johnny Cash-Imitation und Teenie-Pop zu quasi-verruchten Dramoletten, in denen von möglicherweise wildem Sex, von hochhackigen Stiefeln, von Lederklamotten und geilen Pastorensöhnen die Rede war.“

    Sylvia Staude verweist in der FR auf die Parallelen zu Johnny Cash. „Beide erlebten ein spätes Comeback, verbunden auch mit der Bewunderung viel jüngerer Musiker. Beide produzierten, als ihnen der Tod schon im Nacken saß, anrührend altersweise Aufnahmen. Mit Stimmen, die Kraft verloren, aber die Fülle der Lebensklugheit gewonnen hatten, die Schmerz und, ja, auch Freude, vermitteln konnten, wie es junge Stimmen nicht können. Überhaupt: der große Brummler Johnny Cash, er fand in Lee Hazlewood seinen Meister. So sexy und so tief konnte niemand.“

    Quelle: www.zeit.de

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    #5836533  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
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    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    Danke für die Links, dagobert. Habe gerade den „Zeit online“-Nachruf von Reier gelesen. Erschreckend schlecht geschrieben, lausig recherchiert. Ein paar Fehler sind eher komisch. „These Boots Are Made For Walking“ ist also ein Duett und 1953 drehten sich „die Vinylscheiben noch 78mal in der Minute“.
    Den Rest lese ich später, ist hoffentlich fundierter und nicht noch mehr vom üblichen Feuilletonistenquark.

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    #5836535  | PERMALINK

    napoleon-dynamite
    Moderator

    Registriert seit: 09.11.2002

    Beiträge: 21,857

    Wolfgang Doebeling
    Vielen Dank für die positiven Rückmeldungen per PN, auch wenn sich mir beim einen oder anderen Hörer der Verdacht aufdrängt, diesen anonymen Weg gewählt zu haben, um ja nicht einer Forums-„Fraktion“ zugeschlagen zu werden. Da scheint ein wenig die Angst umzugehen, was bedauerlich wäre.

    Na, da heißt es doch mutig voranzugehen und, yeah, Gesicht zu zeigen: Auch von mir vielen herzlichen Dank für die Sendung. Wie du möglicherweise aus früheren Roots-Ausgaben weißt, stand ich bisher dem einen oder anderen gespielten Track (insbesondere zusammen mit Nancy) eher mürrisch gegenüber, meinte Lee nur in kleinen Dosen geniessen zu können. Das Special brachte mich nun aber ganz schön schnell auf Kurs. Könntest du bitte komplementär zu deiner Diskographien-Auswahl im RS hier noch auf spätere, lohnende LPs eingehen? Insbesondere „20th Century Lee“ hat mich durch das Axton-Cover neugierig gemacht. Thanks.

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    I'm making jokes for single digits now.
    #5836537  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
    KICKS ON 45 & 33

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    Freut mich, Napo. Von den späteren LPs unbedingt empfehlenswert sind nur „13“ und „20th Century Lee“, letzteres nochmal mit „The Fool“. Ebenfalls sehr lohnend ist „For Every Solution There’s A Problem“, eine von Al Casey noch höchstselbst musikalisch überwachte Track-Sammlung „of previously unreleased recordings from the Lee Hazlewood archives“. So der Untertitel, der nicht ganz stimmt, denn drei Cuts davon kamen Ende der 70er Jahre auf 45s heraus. Von den vielen anderen Schweden-Hap, sorry, Schweden-Platten, vermag mich keine komplett zu überzeugen. Waren halt größtenteils Audio-Dokumente von TV-Shows, Soundtracks und dergleichen. Eine von Lee persönlich daraus kompilierte Best-of titels „Cowboy In Sweden“ ist überall erhältlich, da jüngst wiederveröffentlicht (auf Smells Like Records).

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    #5836539  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
    KICKS ON 45 & 33

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    Weil verschiedentlich danach gefragt wurde, was LH denn so schlimm an den Beatles gefunden habe, daß er sich ob deren medialer Omnipräsenz 1964 vorübergehend ganz aus dem Musikbetrieb zurückzog: er empfand das Medien-Bohei um die Moptops als Kasperletheater, ihre Musik so kindisch wie ihr Publikum. Lees Problem war, daß er ’64 Musik gemacht hat, die zwar für 18jährige schon goutierbar war, nicht aber für 13jährige. Und plötzlich waren es letztere, die kreischend den Ton angaben. „Sie wurden immer jünger“, maulte er, „ich sehr schnell älter“. Die Musik der Beatles, so räumte er ein, hat er sich so genau gar nicht angehört damals („I couldn’t bring myself to listen to that kindergarten stuff“), fand aber auch später keinen Gefallen mehr daran. Die Stones dagegen mochte er sehr („I loved the way they scared the kids, girls grew up in a hurry, wetting their pants by just spinning those records and looking at pictures“.). Wir sprachen ziemlich lange über die Beatles/Stones-Dichotomie jener Tage, es schien Lee ein Bedürfnis zu sein, obschon es ihm fürwahr dreckig ging. Und ich fand mich in die ungewohnte Rolle gedrängt, die Beatles verteidigen zu müssen. Was mir allerdings nicht sonderlich schwerfiel, da ich ja ein ausgeprägtes Faible für die frühen Fabs habe. Erinnert mich an eine Eselei irgendwo hier im Forum, wonach es „Glück“ (also Zufall) für mich gewesen sei, daß Lee sich negativ über die Moptops geäußert habe (so wie es ein „Glück“ für mich sei, daß ich Künstler kenne, die analoge Aufnahmen den digitalen vorziehen). Heilige Einfalt. Aber egal, back to Lee: interessant wurde es dann, als wir zu Nancy und ihrem Beatles-Spleen kamen, zu den heftigen Diskussionen im Studio, zu (wirklich komischen) running gags, frivolen Deals und Stillhalteabkommen. Leider war für all das (und vieles andere) kein Platz mehr im RS-Artikel. Müßte also noch zu Papier gebracht werden. Irgendwann.

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    #5836541  | PERMALINK

    clau
    Coffee Bar Cat

    Registriert seit: 18.03.2005

    Beiträge: 91,583

    Wolfgang DoebelingMüßte also noch zu Papier gebracht werden. Irgendwann.

    Ja, bitte.

    --

    How does it feel to be one of the beautiful people?
    #5836543  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,188

    @wolfgang: Gibt es von Lee Hazlewood Aussagen, dass für seine Arbeit mit Nancy Sinatra das Team Serge Gainsbourg/France Gall vorbildhaft oder inspirierend war?

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    #5836545  | PERMALINK

    wolfgang-doebeling
    Moderator
    KICKS ON 45 & 33

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 7,351

    Nein, nicht daß ich wüßte. Lee kam ja erst 1966 nach Europa, blieb dann aber mit Unterbrechungen fast bis zuletzt. In Schweden hauptsächlich, eine Weile in Spanien, kurz auch in Paris. Da hatte er die wichtigsten Nancy & Lee-Aufnahmen aber bereits gemacht. „Vorbild“ in Sachen Produktion war am ehesten Phil Spector, eine Art Wiedergutmachung („He stole from me first“).
    Ich nehme an, Du spielst auf den Fellatio-Schlager an, den der Lebemann der kleinen France untergejubelt hat? Wann war das? 1966? Sehe da selbst keinen Zusammenhang. Die Nancy-Sessions sind ja gut dokumentiert, die Ideenverwertung nicht undurchsichtig. Mal abgesehen davon, daß Lee zwar einen Hang zum Frivolen hatte, aber nicht entfernt so schmierig war wie Gainsbourg.

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    #5836547  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
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    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 85,188

    @wolfgang: Ich dachte nicht konkret an „Les Sucettes“ (das war tatsächlich1966), sondern an diese Konstellation „erfahrener Mann“ und „naives Mädchen“. Gainsbourg und France Gall haben bereits 1964/65 zusammengearbeitet, u.a. „Poupée de cire, poupée de son“ und „Laisse tomber les filles“ waren große Erfolge, von daher hätte ich mir vorstellen können, dass das für Lee Hazlewood ein Vorbild war, als er die Arbeit mit Nancy Sinatra begann.
    Hazlewood hat die Anzüglichkeiten sicher nicht so weit und offenkundig getrieben wie Gainsbourg, ich erinnere mich aber an Interviews mit Nancy Sinatra, in denen sie sagte, sie sei sehr naiv gewesen und hätte viele Konnotationen – z.B. in „Some Velvet Morning“ – erst später verstanden. Ich verstehe Deinen Post #50 allerdings so, dass das wohl auch nicht so ganz stimmt.

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