Sun Ra

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  • #10392607  | PERMALINK

    friedrich

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    Beiträge: 5,160

    Etwas weit hergeholt, aber darum erst recht:

    Zwei Doppelseiten aus der aktuellen epd-Film.

    Ich hatte im James Brown-Thread JB Ende der 60er als den ersten black superhero bezeichnet – obwohl ich wusste, dass es die Marvel-Figur des Black Panthers bereits ab 1966 gab. Aber es ging sowieso niemand auf meine steile These ein. JB erwähnt in seiner Autobiografie zumindest die politische Gruppe der Black Panthers, die ihn gerne für sich gewinnen möchte, was er aber zurückweist, da er black segregation und Gewalt gegen das System ablehnt, sondern umgekehrt selber als Afro-American ein erfolgreicher Teil des Systems werden will.

    Die epd-Film schlägt jetzt sogar den Bogen vom Marvel-Superhelden zum Afro-Futurismus von Sun Ra. Ich habe den Artikel noch nicht gelesen und vermute auch, dass auf das Thema nicht allzu ausführlich eingegangen wird. Der Artikel ist vier Doppelseiten lang, immerhin, aber das ist wohl nur ein Teilaspekt.

    Wäre eigentlich interessant, in diesem Zusammenhang mal Sun Ra und James Brown back to back zu hören. Und nebenbei Black Panther zu lesen.

    Eigenartige Koinzidenz: Chadwick Boseman, der im Biopic Get On Up! James Brown gespielt hatte, stellt auch den Black Panther dar.

    --

    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
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    #10453223  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Beiträge: 0

    mein persönliches Sun Ra Mix-Tape:

    mixed/remixed/re-arranged 

     

    volume 1: 

    youtube: https://youtu.be/AnbIOgsiPZc 

    mixcloud: https://www.mixcloud.com/AMBIENT_PIMP/sun-ra-mix-tape-vol1/ 

     

    volume 2: 

    youtube: https://youtu.be/lZpt_j8eJ0Y 

    mixcloud: https://www.mixcloud.com/AMBIENT_PIMP/sun-ra-mix-tape-vol2/

    --

    #10720245  | PERMALINK

    icculus66

    Registriert seit: 09.01.2007

    Beiträge: 2,378

    Sun Ra Arkestra
    Tour 2019

    Fri April 19th., London, U.K., Ronnie Scott’s
    Sat April 20th., London, U.K., Ronnie Scott’s
    Wed April 24th., Edinburgh, U.K., Summerhall
    Sat April 27th., Budapest, Hungary, Trafo
    Sun April 28th., Vienna, Austria, Porgy & Bess
    Tue April 30th., Brussels, Belgium, Bozar
    Sat May 4th., Mannheim, Germany, Alte Feuerwache
    Sun May 5th., Kassel, Germany, Theater Stubchen
    Thu May 16th., Liege, Belgium, Jazz a Liege
    Fri May 17th., Mainz, Germany, Frankfurter Hof
    Fri May 24th., London, U.K., Union Chapel
    Sun June 2nd., Berlin, Germany, Berlin Jazz Experiment

    --

    Free Jazz doesn't seem to care about getting paid, it sounds like truth. (Henry Rollins, Jan. 2013)
    #10723089  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,160

    icculus66Sun Ra Arkestra
    Tour 2019
    Fri April 19th., London, U.K., Ronnie Scott’s
    Sat April 20th., London, U.K., Ronnie Scott’s
    Wed April 24th., Edinburgh, U.K., Summerhall
    Sat April 27th., Budapest, Hungary, Trafo
    Sun April 28th., Vienna, Austria, Porgy & Bess
    Tue April 30th., Brussels, Belgium, Bozar
    Sat May 4th., Mannheim, Germany, Alte Feuerwache
    Sun May 5th., Kassel, Germany, Theater Stubchen
    Thu May 16th., Liege, Belgium, Jazz a Liege
    Fri May 17th., Mainz, Germany, Frankfurter Hof
    Fri May 24th., London, U.K., Union Chapel
    Sun June 2nd., Berlin, Germany, Berlin Jazz Experiment

    Wenn das Arkestra 2019 immer noch so begeisternd ist wie letztes Jahr im Festsaal Kreuzberg in Berlin, ist das ein Muss!

    --

    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #10911225  | PERMALINK

    gipetto
    Funk 'n' Punk

    Registriert seit: 04.02.2015

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    Ich bin ein völlig ahnungsloser Sun Ra-Novize, wollte mich aber immer mal zumindest grob mit ihm beschäftigen. Bin nun über eine Compilation gestolpert, die seine Singles von 1952-1961 zusammenfasst. Ist diese lohnenswert und repräsentativ für sein Werk? Zumal ich den Stellenwert von Singles im Jazz nicht kenne…

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    "Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop)
    #10911269  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    @gipetto Ich glaube nicht, dass die Singles (von denen es übrigens davor schon eine Doppel-CD mit superdickem Booklet gab, aber bei Strut ist man natürlich in Hyper-Bowlen, äh, Hyperbeln mehr als geübt) besonders repräsentativ sind … allerdings gibt das Set einen Überblick über eine längere Zeit. Wenn Du magst, findest Du hier im Thread sehr schöne Texte von vorgarten, der leider nicht mehr da ist, besonders über die Chicagoer-Jahre von Sun Ra – die mir wohl am Ende am liebsten sind. Wenn es eine Compilation sein soll, ist vielleicht „In the Orbit of Ra“ (auch Strut, 2 CD), von Marshall Allen zusammengestellt, das richtige? Und wenn es mehr davon sein mag, auch gleich noch „To Those Of Earth… And Other Worlds“, eine weitere Doppel-CD, die Gilles Peterson zusammengestellt hat (ebenfalls bei Strut).

    Wenn es eher ein Album sein soll, dann wird es schwierig, aber mein vielleicht allerliebstes ist so gut, dass es sowieso kein Fehlkauf ist, auch wenn danach mit Ra wieder Schluss sein sollte: „Jazz in Silhouette“. Ein anderer heisser Tipp, für den Free/NYC Ra wäre das 3-CD-Set „The Heliocentric Worlds of Sun Ra“ (ESP-Disk‘). (Dass bei den 10 Essential Albums, die Jazzwise zusammengestellt hat, ausgerechnet das Kohoutek-Konzert auftaucht, verstehe ich hingegen gar nicht, das ist dann eins der Alben Nr. 50 bis 90, die man auch noch kaufen kann … und kaufen kann man bei Ra, so man denn an die Sachen kommt, ja bekanntlich viel).

    Das Label Evidence brachte in den 90ern eine lange Reihe von CD-Reissues heraus, meist Twofer (2 LPs auf einer CD) … keine Leckerbissen, weder klanglich noch von der Aufmachung her, aber sehr okay und bei mir quasi den Grundstock bildend. Ein paar frühe Sachen gibt es auch bei Delmark (beide Alben sehr hörenswert) oder Savoy, auch Atavistic hat in seiner Unheard Music Series ein paar rare Ra-CDs herausgebracht (ich glaub wenigstens eine enthält zuvor nicht veröffentlichtes Live-Material – dazu schreibt vorgarten oben auch was) … für die spätere Zeit, die in der Regel den Chicago-Jahren völlig vor der Sonne steht, ist dann eher (nach den Sachen bei ESP-Disk‘, da gibt es auch noch die Doppel-CD „College Tour Volume One: The Complete Nothing Is…“ – ein Vol. 2 folgte leider nie) ist dann eher Art Yard zuständig, mir gelang mal „Art Yard in a Box“ zu einem vernünftigen Preis in die Hände … ich verstehe total, warum das eher der Ausgangspunkt für postume und postmoderne Hypes ist (auf denen das Arkestra ja bis heute segelt – das Jazzpublikum mag zwischen all den Millenials und Hipstern bei den Konzert auch noch teilweise irgendwo in der Ecke kauern, aber das erklärt nicht die vollen Hallen) ist als die früheren Sachen, aber an mir zieht das oft ein wenig vorbei, während ich mich bei den früheren Aufnahmen immer wieder verhake und wo immer ich eintauche gern vertiefen möchte …

    Bei mir lief übrigens letztes Wochenende endlich mal diese Doppel-CD, deren Erscheinen hier (nicht im Ra-Thread sondern wohl bei den Reissues) mal besprochen wurde, dich zu kaufen ich aber bis vor ein paar Tagen völlig versäumte:

    Solo-Aufnahmen – super!

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10913601  | PERMALINK

    gipetto
    Funk 'n' Punk

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    Beiträge: 13,686

    Vielen Dank für Deine ausführlichen Zeilen und entschuldige bitte, dass ich mich erst jetzt zurückmelde, @gypsy-tail-wind.

    Habe vom Kauf der genannten Singles Collection wieder Abstand genommen und werde die Augen nach einem Deiner Tipps offen halten. Ich hatte es mir schon fast gedacht, dass es nicht viel Sinn macht, sich einen Jazzkünstler außerhalb des Albums- und/oder Konzertkontextes zu erschließen.

    Aber die Fülle an Empfehlungen zeigt auch, warum ich mich nicht so richtig an eine aktive Beschäftigung mit dem Jazz herantraue: Auch wenn ich kein Komplettist bin, tendiere ich dazu, mir bei Gefallen eines Künstlers mindestens die Refernzwerke und ein paar links und rechts davon anzuschaffen. Das ist so schon kosten- und platzaufwändig genug. Käme nun noch ein neues Genre von fast null auf dazu – au weia… :wacko:

    --

    "Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop)
    #10913671  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

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    Beiträge: 68,340

    Kein Problem @gipetto – das mit dem Auswählen ist bei Sun Ra aber auch besonders schwierig … ich hab da einst mit zwei, drei zufälligen (und nicht optimalen) Einkäufen angefangen (den CDs, die es bei Impulse und Hat Hut halt grad gab, sowie davor schon der Doppel-CD-Ausgabe der Konzerte, die MPS einst für eine LP zusammengekürzt hatte). „Jazz in Silhouette“ ist aber auf jeden Fall ein Album, das unbedingt empfehlenswert ist – auch wenn es am Ende der einzige Kontakt mit Sun Ra bliebe.

    Ansonsten ist das halt so eine Sache, durch Discogs kommt man ja an sehr vieles, aber wenn es Neuwahre sein soll, ist die Auswahl umso beschränkter – das bietet durchaus auch die Möglichkeit, einfach mal irgendwo einzusteigen (war bei mir in den 90ern oft genug der Fall, ich stieg v.a. den Tenorsaxophonisten nach, John Gilmore blieb dabei lange eine der bekannten Leerstellen – und dann kam halt irgendwann etwas ins Regal, was grad greifbar war, Kreditkarte und Discogs hatte ich damals beides noch nicht zur Verfügung, es stand also grundsätzlich einfach das zur Verfügung, was die Läden halt so hergaben).

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    #10975571  | PERMALINK

    vorgarten

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    Beiträge: 12,714

    @gipetto (falls die recherche noch andauert) und andere:

    sun ra LLC und die aktuelle situation um reissues, nachlass, neu-lizensierungen

    da gerade neue, sorgfältig produzierte sun-ra-reissues und archivfunde (wie die von @gypsy-tail-wind oben erwähnte MONORAILS & SATELLITES-ausgabe, die beides ist) auf den markt kommen, vielleicht ein paar worte zu der erfreulichen aktuellen situation.

    durch die seit 2014 laufende produktive zusammenarbeit der beiden abgebildeten herren (links michael d. anderson, rechts irwin chusid) mit der „sun ra llc“ als nachlassverwaltung im hintergrund liegt mittlerweile ein großteil des saturn-katalogs in klanglich besseren ausgaben als jemals zuvor wenigstens als download, in einzelfällen auch in vinyl- und cd-ausgaben vor. ebenso gibt es neue kompilationen aus offiziellen quellen und bislang unveröffentlichtes material. in vielen fällen liegen erstmals stereo-versionen der aufnahmen vor, auch bei klassikern wie z.b. JAZZ IN SILHOUETTE.

    die zentrale bezugs- und infomationsquelle ist mittlerweile diese bandcamp-seite (eine zeitlang lag das zeug bei itunes, nachvollziehbarerweise jetzt nicht mehr), auf der alles auch kostenlos gestreamt werden kann: https://sunramusic.bandcamp.com/

    das erklärt sich – soweit mir bekannt – folgendermaßen:

    sun ras familie in alabama hat nach seinem tod die rechte an den kompositionen geerbt. sein schlagzeuger und mitbewohner michael anderson die physischen aufnahmen. durch den langen konflikt passiert erstmal gar nichts, weil keine seite ohne die andere etwas herausbringen konnte. anderson ordnete und pflegte offenbar unter höchst prekären finanziellen umständen die aufnahmebänder, fertigte digitale masterings an, ohne daran etwas zu verdienen. in ras familie gab es eine nichte, die die immateriellen rechte verwaltete, aber offensichtlich keinen bezug zum gegenstaand hatte. erst, seit sie von der nachlassverwaltung zurückgetreten ist (jetzt macht das ein neffe, thomas jenkins jr.), wurde der weg frei, sich mit anderson zu einigen. der radioredakteur irwin chusid, der anderson seit 20 jahren kannte, wurde damit von der familie beauftragt. seitdem können sowohl andersons master verwendet als auch aufnahmen fremdlizensiert werden. zunächst gab es dann sowas wie die strut-ausgabe der singles, mittlerweile gibt es aber auch zusammenarbeiten, in denen professionelle leute nochmal mit den masterbändern arbeiten (z.b. joe lizzo, der für modern harmonics das reissue von ASTRO BLACK angefertigt hat). chusid und anderson haben außerdem selbst ein neues label gegründet, „cosmic myth records“, auf dem sie u.a. erweiterte neuauflagen von MONORAILS AND SATELLITES, MY BROTHER THE WIND Vol.1 und die trio-aufnahme GOD IS MORE THAN LOVE CAN EVER BE herausgebracht haben, WHEN ANGELS SPEAK OF LOVE erscheint als nächstes.

    auch die kompilationen machen spaß – es gibt u.a. zwei mit fokus auf john gilmore, eine, die die sängerin june tyson featured, außerdem eine EXOTICA-sammlung usw.

    die geschichte der aufnahmen und ihrer herausbringung ist natürlich unübersichtlich.
    sun ras eigenes label „saturn records“ unterhielt er zusammen mit alton abraham in chicago, mit dem es spätestens mit dem umzug des arkestras nach new york und später nach philadelphia konflikte gab. 1977 gab es eine veritable trennung mit rosenkrieg, einen versuch von abraham, sich die rechte an allen veröffentlichungen zu sichern, später wohl eine situation, in der john corbett (von corbett vs. dempsey) die masterbänder, die abraham in chicago hortete, (nach dessen tod?) aus dem müll zog. corbett ist sowieso die große leerstelle in dieser erzählung – seine eigenen veröffentlichungen (CONTINUATION z.b., jetzt auch unter sun-ra-llc-lizenz) dürften auch nicht ganz legal gewesen sein, jedenfalls ist er in die aktuellen veröffentlichungen nicht involviert. ra veröffentlichte seit 1977 selbst (laut abraham „inoffizielle“) saturn-alben in philadelphia, mit hilfe der befreundeten toningenieure fred vargas und warren smith, die seit den 1960ern das arkestra des öfteren in ihrem new yorker „variety“-studio aufnahmen.

    1970/71 gab es den deal von ra und abraham mit impulse (ed michel), der einige saturn-übernahmen mit neuen covern und neue aufnahmen zur folge hatte, bevor abc alles wieder abblies. die lizenzen sind offensichtlich mittlerweile ausgelaufen. die wenigen von michel produzierten originalsessions sind mit ausnahme von SPACE IS THE PLACE nicht mehr unter dem impulse-label erhältlich. (es gab noch ASTRO BLACK, PATHWAYS TO UNKNOWN WORLDS und zwei unveröffentlichte sessions, die dann zuerst bei evidence herauskamen – CRYSTAL SPEARS und CYMBALS).

    der evidence-deal (1991), durch den um die 30 aufnahmen des arkestras erstmals auf cds veröffentlicht wurden, kam noch zu ras lebzeiten zustande – jerry gorden und sein partner hatten in ihren plattenläden schon saturn-lps verkauft und dann das label gegründet. auch diese ausgaben sind aktuell nicht mehr lieferbar.

    mit der reisetätigkeit des arkestras seit den frühen 1970ern häufen sich natürlich die konzertaufnahmen, die auf unzähligen labels erschienen sind, gerade wieder aufnahmen von mps (aus donaueschingen und berlin), die mittlerweile über edel in einer „kulturspiegel edition“ vertrieben werden (IT’S AFTER THE END OF THE WORLD).

    seit jeher gibt es natürlich – vor allem durch die geringen auflagen der originale provoziert – ein chaotisches feld aus bootlegs, unerlaubten vervielfältigungen, zweifelhaften verpackungen und neuerdings der pd-piraterie. hier ergibt sich durch die neuorganisationen aller wichtigen offiziellen akteure erstmals die möglichkeit eines überblicks über die legalen ausgaben, außerdem wahrscheinlich eine neubewertung der studioaufnahmen der philadelphia-zeit, die nun – sofern von ra produziert – von chusid und anderson betreut werden.

    --

    #10975579  | PERMALINK

    kurganrs

    Registriert seit: 25.12.2015

    Beiträge: 8,990

    @vorgarten: Toll und informativ! :good:

    #10975699  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,160

    Boah! Wenn das keine umfangreiche und unübersichtliche Diskografie ist, @vorgarten. Und wenn das keine Herausfporderung ist!

    Der in meinen Ohren niederschwelligste und konsumentenfreundlichste Zugang in das Paralleluniversum von Sun Ra ist die Compilation Sun Ra And His Arkestra – The Greatest Hits – Easy Listening Für Intergallactic Travel. Der Titel ist natürlich tongue in cheek und die Zusammenstellung hat auch Mut zu riesigen Lücken, fast so groß wie die Lücke zwischen der Milchstraße und dem Andromedanebel ;-) . Aber sie ist durchgängig sehr gut. Die von @gypsy-tail-wind empfohlenen Compis sind wohl auch beide empfehlenswert. Die erste davon kenne ich. Vllt besteht ja bei @gipetto nach wie vor Interesse.

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    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #10975711  | PERMALINK

    pinball-wizard
    Lost In Music

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    Wow @vorgarten und @gypsy-tail-wind . Das sind ja mal Informationen, die mehr als hilfreich sind. Ich steh nämlich auch seit längerem bei SunRa vor der Frage, wo ich da mal den Hebel ansetze. Glaube nämlich durchaus, dass ich mit den beiden Alben, die ich von ihm habe(Space Is The Place und Lanquidity) noch lange nicht die Spitze seines Schaffens kennengelernt habe.

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    Meine nächste Sendung auf Radio Stone FM: 12.11.2024, 20:00 Uhr: My Mixtape #152             Schwache Menschen rächen, starke Menschen vergeben, intelligente Menschen ignorieren - Albert Einstein  
    #10976187  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    pinball-wizardIch steh nämlich auch seit längerem bei SunRa vor der Frage, wo ich da mal den Hebel ansetze. Glaube nämlich durchaus, dass ich mit den beiden Alben, die ich von ihm habe(Space Is The Place und Lanquidity) noch lange nicht die Spitze seines Schaffens kennengelernt habe.

    @pinball-wizard
    es gibt keinen einfachen weg hinein in den sun-ra-kosmos, fürchte ich. man braucht schon ein minimum an beschäftigung mit einem konzept, einer haltung, zu der gerade gehört, dass es keine konsistenz und keine geschlossenheit gibt. deshalb haben für mich auch diese kompilationen (wie die GREATEST HITS, die @friedrich nennt) nie funktioniert, weil sie mich völlig orientierungslos machen angesichts von zeit und idee der jeweiligen aufnahme.

    die grobe einteilung nach den historischen home bases des arkestras (chicago 1956-61, new york 1961-68, seitdem philadelphia) funktioniert so halbwegs, weil es vor ort immer andere verknüpfungen mit verschiedenen szenen gab:

    das chicagoer arkestra war einerseits eine hart an komplizierten arragements arbeitende big band, die zumindest zeitweise versucht hat, an entsprechende jazztraditionen anzuknüpfen, andererseits aber immer den geruch der etwas schäbigen, rotlichigen, queeren orte an sich haften hatte, an denen sie hauptsächlich aufgetreten ist (aber auch das ist ja eine entertainment-tradition von frühen big bands). sun ras spezielle kosmologie, die ein imaginäres altägypten an weltraum-utopien anband (gemeinsamer nenner: es gibt auf der erde aktuell keinen ort, an dem schwarze kreative (schwule) personen „richtig“ wären) führte zu immer stärkerem einbezug von „afrikanischer percussion“, die aber eigentlich mehr mit exotica à la les baxter zu tun hatten als mit tatsächlichen musiktraditionen aus westafrika o.ä. (auch das markiert ja die haltung, das man sich immer etwas anderes für sich vorstellt als den aktuellen konkreten lebensort) – was dann in den aufnahmen zu ziemlich einzigartigen ergebnissen führte (JAZZ IN SILHOUETTE ist dabei besser an hard bop anschließbar, THE NUBIANS OF PLUTONIA ist aber für mich der unbedingte anspieltipp für die spezifischen arkestra-exotica).

    in new york gab es dann, auch weil es mit der jazzszene nie klappte, eine starke anbindung an die off-off-theaterszene, an frühe downtown-subkulturen (greenwich village in den frühen 60ern) und an frühaufrührerische universitäts-programme. da sun ra gleichzeitig (seiner zeit in richtung space age um ein paar jahre voraus) mit aufnahmetechniken und früher musikalischer elektronik spielte, sind die aufnahmen sehr experimentell und „free“. sie sind fast ausschließlich im kollektiv bewohnten haus entstanden (mit ausnahme der live-aufnahmen von den college tours, u.a. NOTHING IS) und alles andere als eingängig. während dieser zeit ist aber auch das live-show-konzept entstanden, z.t. mit kontakten zu den bürgerbewegten musik- und theaterprogrammen (black arts, amiri baraka), inklusive filmprojektionen, tanz, theatralischen saxofonduellen, weltraumakkorden, feuerschluckern etc. das funktionierte auf den college-touren wie beim regelmäßigen montagsauftritt im slug’s (bis zur schließung 1972, ab 1968 von philadelphia aus, das arkestra war eine pendler-band). und das slug’s-engagement war meiner ansicht nach auch dafür verantwortlich, dass es wieder eine anbindung an die jazzszene gab (dort gingen ja viele musiker hin, auch wegen der anwesenden dealer), die das arkestra vorher ignorierte, obwohl es ein integraler bestandteil der october revolution war (aber als bunte theatertruppe musikalisch eben nicht ernstgenommen wurde). wichtige aufnahmen aus der new yorker zeit sind THE MAGIC CITY und ATLANTIS, aber auch die HELIOCENTRIC WORLDS.

    der umzug ins (für sun ra unerträgliche) philadelphia fiel dann zusammen mit ersten buchungen aus europa (da war u.a. joachim ernst behrendt ganz weit vorne, der die erste europa-tour überhaupt mitfinanzierte, das arkestra kam damals zwischen paris und london auch nach donaueschingen und ins völlig überforderte berlin), dem tatsächlich ersten besuchen in ägypten, und dem impulse-deal (das arkestra war plötzlich an beginnende hippiebewegungen und spirituellen pop anschlussfähig, sun ra war visiting lecturer in berkeley usw.). die tänzerin und sängerin june tyson hatte großen anteil daran, dass sich das arkestra mehr richtung soul entwickelte, die show stimmte natürlich immer noch, also gibt es seitdem hauptsächlich live-aufnahmen, mit einigen schrägen seitenbewegung richtung disco und disney. ich habe allerdings noch keinen wirklichen überblick über das, was da alles zusammenkam, was parallel in studiosessions entstand (da gibt es z.b. ziemlich tolle aufnahmen in kleinen besetzungen, trio und quartett) – und auch nicht, wie sich die live-bands durch die musiker veränderten, die für bestimmte zeiten dazukamen (ahmed abdullah z.b., crag harris, julian priester u.a.). SPACE IS THE PLACE und LANQUIDITY sind hier ganz wichtige aufnahmen, aber auch ASTRO BLACK.

    man kann sich ja auf der bandcamp-seite gut umhören, aber ein einheitliches bild wird sich nie ergeben, so viel ist sicher. ;-)

    --

    #10976259  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    pinball-wizardWow @vorgarten und @gypsy-tail-wind . Das sind ja mal Informationen, die mehr als hilfreich sind. Ich steh nämlich auch seit längerem bei SunRa vor der Frage, wo ich da mal den Hebel ansetze. Glaube nämlich durchaus, dass ich mit den beiden Alben, die ich von ihm habe(Space Is The Place und Lanquidity) noch lange nicht die Spitze seines Schaffens kennengelernt habe.

    Das sind zwei seiner besten und bekanntesten Alben. Wenn dir das nicht zusagt, würde ich es sein lassen und eventuell in zehn Jahren nochmal probieren.

    Oder vielleicht nochmal „Jazz In Silhouette“ testen.

    zuletzt geändert von nail75

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #10976261  | PERMALINK

    pfingstluemmel
    Darknet Influencer

    Registriert seit: 14.09.2018

    Beiträge: 7,417

    @vorgarten: Wie kann public domain Piraterie sein? :scratch:

    --

    Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.
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