Otis´ 7" Faves

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  • #2456579  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,644

    Beeindruckend, otis. Ich kenne mich nicht aus in der britischen R&B-Szene und kenne die ausgewählten Singles noch nicht, aber wenn ich Deine Beschreibungen lese, meine ich sie schon zu hören und es wird völlig klar, was sie für Dich zu guten Singles macht. Kann man Singles überhaupt besser besprechen als Du das hier vorführst?

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    To Hell with Poverty
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    #2456581  | PERMALINK

    tops
    This charming man

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 3,598

    Na, wenn das keine schöne Überraschung ist! Dafür setze ich meine Forumsabstinenz gerne mal eben aus, voll des Lobes natürlich: gute Auswahl, sehr gute Texte. Was Du über die Things sagst, stimmt. Was Du über die Boots schreibst, ist sicher auch nicht falsch. Dennoch: sie waren in den Sixties die einzige deutsche Band, die keine kümmerliche Figur machte neben den Vorbildern aus dem UK und aus den Staaten. Dieses Verdienst sollte nicht zu gering veranschlagt werden. Auch ist „Gaby“ nicht ganz so hölzern wie Du behauptest. Was halt nur zum Tragen kommt, ist der Mangel an Swing und Lässigkeit, der sämtlichen deutschen Produktionen eigen war. Da fehlte es nicht nur an Know-how, sondern primär an Gefühl, insbesondere an Stilgefühl. Hör‘ Dir zum Vergleich nur die Intros von „Lucky Lips“ und „Rote Lippen soll man küssen“ an, dieses „durubdarara, durubdarara, durubdarara, oh-oh-oh“: ein Unterschied ums ganze. Dabei lag dem Botho-Lucas-Chor selbstverständlich das Shadows-Original vor, dennoch breitmaulten sie ihr „darabtarara“ auf das Schröcklichste und Stilloseste, weil sie es anders halt nicht intus hatten. Ähnlich verhielt es sich mit dem Abstand zwischen britischen und deutschen Beat-Gruppen, nur: The Boots waren die löbliche Ausnahme, die konnten beinahe mithalten, zumindest mit drittklassigen Brit-Bands. „Gaby“ höre ich also deutlich besser als Du, hatte die Single ja unlängst erst in „Roots“ gespielt, ebenso wie „Mystic Eyes“ und „Moanin'“, wenn ich mich recht entsinne. „Another Tear Falls“ freilich ist scheußlich, die Boots taten sich mit dieser bizarren Selbstüberforderung gewiß keinen Gefallen. Für mich als Walkers-Fan damals schon eine Lachnummer.
    Mein Ranking:
    1. Farlowe * * * * *
    2. Them * * * * *
    3. Yardbirds * * * * 1/2
    4. Pretties * * * * 1/2
    5. Animals * * * *
    6. Boots * * * *

    --

    #2456583  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    MikkoIch vergleiche Gaby produktionstechnisch allerdings eher mit englischen Produktionen der zweiten Liga. Also solchen, die mit geringerem Budget in kleinen Studios entstanden, wie z.B. alle Aufnahmen von The Creation oder The Smoke.

    The Smoke kenne ich nicht umfassend genug, aber The Creation sind sicher ein nicht nur in in dieser Hinsicht passender Bezug. Auch bei ihnen fehlt mir oft das gewisse Etwas, der Swing eben, das Roll vom Rock. Und das wiederum ist sicher nicht nur eine Frage der Produktion. Nicht umsonst sind die Jungs ja hierzulande so viel erfolgreicher gewesen als auf der Insel.

    topsNa, wenn das keine schöne Überraschung ist! Dafür setze ich meine Forumsabstinenz gerne mal eben aus…

    Weiter so, es gibt hier im Forum sicher noch viel mehr zu kommentieren nach tops-Art.

    topsAuch ist „Gaby“ nicht ganz so hölzern wie Du behauptest. Was halt nur zum Tragen kommt, ist der Mangel an Swing und Lässigkeit, der sämtlichen deutschen Produktionen eigen war…
    Hör‘ Dir zum Vergleich nur die Intros von „Lucky Lips“ und „Rote Lippen soll man küssen“ an…

    Nicht Gaby habe ich das Hölzerne nachgesagt, sondern der Flip. Die Sache mit dem Swing ist dennoch genau der Punkt (siehe oben).
    Der Vergleich der beiden Cliff-Versionen ist ein gutes Beispiel, obwohl er zunächst einmal nur das Unverständnis des Botho-Lucas-Chores belegt. Dass die Bands und ihre Produzenten diese notwendige Lässigkeit, den Swing halt, auch nicht drauf hatten, dafür steht mehr oder minder die komplette Beatszene in Deutschland. Da sind wir uns einig.

    tops „Gaby“ …hatte die Single ja unlängst erst in „Roots“ gespielt, ebenso wie „Mystic Eyes“ und „Moanin'“, wenn ich mich recht entsinne.

    Die Roots-Sendung war damals (es müsste schon einige Monate her sein) Anlass, die Singles hervorzuholen und sie einmal mit ihren Sleeves hier vorzustellen. So lange kann das dauern.

    --

    FAVOURITES
    #2456585  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Ok, mit dem fehlenden Swing und Roll in Deutschland hast Du vollkommen Recht, otis. Mich stört das halt nicht so sehr. Ich schätze deutsche Beat Singles aus anderen Gründen, ebenso auch die von The Creation.

    PS: Ich müsste auch mal weitermachen mit meinem 7″ Thread. Es gibt noch so viele tolle Singles vorzustellen!

    --

    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #2456587  | PERMALINK

    hat-and-beard
    dial 45-41-000

    Registriert seit: 19.03.2004

    Beiträge: 20,515

    Otis, tolle Texte wieder. Bitte weitermachen!

    --

    God told me to do it.
    #2456589  | PERMALINK

    prodigal-son

    Registriert seit: 26.12.2002

    Beiträge: 10,742

    Mikko
    PS: Ich müsste auch mal weitermachen mit meinem 7″ Thread. Es gibt noch so viele tolle Singles vorzustellen!

    Ja, bitte!

    Hat and beard Otis, tolle Texte wieder. Bitte weitermachen!

    Unbedingt!

    Habe von denen, die ihre Singles vorstellen, viele Anregungen im Laufe der Zeit mitgenommen. Einige Besprechungen „verleiteten“ mich direkt zum Kauf, blind sozusagen. Ich wurde nie enttäuscht.

    --

    If you try acting sad, you'll only make me glad.  
    #2456591  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Faves #80

    50 years ago
    1958 war ein sehr gutes Jahr in der Popmusik, nicht nur, was den Durchbruch Cliff Richards jenseits des Kanals und die allgemeine Aufbruchsstimmung dort anbelangte (ausführlich von W. Doebeling im Sommer im RS dargestellt), sondern es kamen natürlich auch aus den Staaten viele fantastische Singles, die weltweit Furore machten.
    Auf die Klassiker aus diesem Jahr von Elvis, Jerry Lee, Chuck Berry, Buddy Holly etc. verzichte ich, dafür habe ich ein paar Singles gewählt, deren Bekanntheitsgrad möglicherweise etwas geringer sein mag.

    Danny & The Juniors: At The Hop / Rock And Roll Is Here To Stay 1958 D-Electrola

    1958, der Rock’n Roll schien in den Augen vieler ein Auslaufmodell. Elvis wurde nach Deutschland verschickt und Doo Wop war mittlerweile sehr weiß und zur Musik der Stunde geworden. Er besaß eine große Street Credibility, war von heißen Jungs auf den Straßen dargeboten worden, die ganz auf ihre Stimmen vertrauend einfach loslegten, auch ohne Instrumente, und ihren adoleszenten Frust durch Freude an Gesang und Rhythmus zu kompensieren suchten. Dion & The Belmonts, die Diamonds und viele andere waren bald die Stars, die, von der Straße ins Studio geholt, Millionen von Platten verkauften.
    Für Danny & The Juniors gab es mit At The Hop Ende ’57 den ersten großen Hit in den Staaten, es wurde dann eine der erfolgreichsten Singles des Jahres ’58 überhaupt. Rock And Roll Is Here To Stay folgte noch im gleichen Jahr. Hierzulande hatte man die Veröffentlichung der ersten Platte verschlafen, weshalb beide Titel dann etwas später auf dieser Single gekoppelt wurden. Immerhin.
    Nüchtern betrachtet passiert musikalisch nicht viel mehr, als dass im Gefüge des zwölftaktigen Bluesschemas Melodiefragmente zu den jeweiligen Harmonien zum Besten gegeben werden. Zigtausendmal gibt es so etwas. Und doch, und das ist bei jedem Wiederhören das Faszinierende, hat At The Hop einen unvergleichlich eigenständigen Charakter und einen extrem hohen Wiedererkennungswert. Hört man dann wieder genauer hin, ist da aber wirklich kaum mehr, als ein nervös rasender Beat von Piano und Drums und der vokale Drive der Jungs, garniert mit ein paar vokalen Gimmicks. Grandios gemacht das ganze also.
    Dreht man die Single um, eine andere Tonart zwar, aber irgendwo das Ähnliche. Dennoch auch hier wieder eine vollkommen eigene Unverwechselbarkeit. Vielleicht um einen halben Stern schwächer als die A-Seite.

    (·) Zu Nachfrage und Preis kann ich kaum etwas sagen. In bestem Zustand ist diese dt. Pressung sicher selten, aber teuer?

    Ruth Brown: This Little Girl’s Gone Rockin’ / Why Me 1958 US-Atlantic

    Well-I well-I well-I well I washed all the dishes and I did a lot more, I even bought the dinner at the grocery store … ich war also lieb, hab die Arbeit brav getan, jetzt hält mich nichts mehr, ich mach mich auf die Socken und geh einen rocken…
    Und wie sie das tut, man muss es gehört haben.
    Dass in der braven Haustochter ein solch unglaubliches Energiebündel steckt, mag man zu Beginn während des langsamen Intros kaum ahnen können. Ganz das brave Mädchen schreibt sie ihrer Mutter eine kleine Notiz, dass sie ausgehen will. Dann aber bricht es los, Rock’n Roll is here to stay. In gar nicht mehr braver Tochtermanier betet Ruth Brown die Liste ihrer erledigten häuslichen Pflichten herunter. Eine vokale Performance, die, ergänzt von scharfen Gitarrenlicks und einem großartigen Sax (King Curtis), eine der heißesten weiblichen Rocknummern ergeben, die ich kenne. In 1:40 ein musikalisches Spektakel, das in der R&R-Historie seinesgleichen kaum findet. Was für eine Musik und was für ein zeittypisches Mädchenbild!

    (·) 20 $ wird man für ein gutes Exemplar wohl ausgeben müssen. Ein Schnäppchen angesichts des Hörerlebnisses. Meine obige Single hat leider das wol, ansonsten klingt sie noch sehr schön.

    Stonewall Jackson: Waterloo / Smoke Along The Track 1958 D-Philips

    Als ich Waterloo auf einem Sampler entdeckte, entsprach es meinem damaligen Verständnis von Country in keiner Weise. Es fiel komplett aus dem Rahmen. Eine rhythmisch höchst eigene, beinahe genrefremde Nummer, die es dennoch bis an die Spitze in den Country-Charts brachte und dann auch Crossover für Furore sorgte.
    Im Refrain ist nicht ansatzweise Leichtigkeit zu hören, kaum Swing, eher rhythmische Straightness bis zum Stehkragen. Ein dumpf plumper, harter On Beat, wie auf der Waschmitteltonne geschlagen, beherrscht den Chorus, beileibe nicht typisch für den C&W dieser Zeit. Hinzu kommt, dass Jacksons Stimme gedoppelt und die Gesangslinie mit Chor unterlegt wird, was dem Ganzen noch mehr vordergründigen Sing-along-Charakter verleiht.
    Und doch, da passt etwas nicht. Zum einen ist es der Text, in dem es um die individuellen Waterloos geht, die das Leben so mit sich bringt. Zum anderen hat dieser gradlinig stumpfe Beat im Refrain so ganz und gar nichts auftrumpfend Selbstgefälliges an sich. Eher scheint er, ganz im Sinne des Titels, ferne Kanonenschläge andeuten zu wollen. Vor allem in den Strophen wird er dann auch durch das dominante Banjo rhythmisch arg konterkariert.
    So passt dann alles schließlich doch ganz wunderbar zusammen, der dumpfe Beat, die mitreißende Melodie und die lebensweise Erkenntnis von den vielen Niederlagen, die es auszuhalten gilt.
    Die Flip ist weitaus lockerer gehalten, eine feine flotte C&W-Nummer.
    Obwohl Stonewall Jackson sich jahrzehntelang in der Country Hall of Fame halten konnte, ist Waterloo sein einziger wirklich großer Hit geblieben.
    (·) Ich bin ziemlich stolz auf meine dt. Ausgabe dieser Platte. Sie dürfte nicht häufig sein, irgendwann fiel sie mir in die Hände. Ich kann aber beim besten Willen nicht sagen, wie rar oder gesucht sie ist. Letzteres wahrscheinlich eher weniger, was den Preis im Rahmen halten dürfte.

    --

    FAVOURITES
    #2456593  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Connie Francis: Stupid Cupid / Carolina Moon 1958 D-MGM

    Connie Francis muss wohl damit leben, im Nowhereland des seichten Mainstream verloren gegangen zu sein, ohne große Aufmerksamkeit, geschweige denn Anerkennung durch die Nachwelt. Dabei hat sie eine so wunderbare Stimme, hat sie so tolle Platten gemacht, sah sie damals so gut aus…
    Ich weiß, sie hat noch ihre Fans. Nach Holland habe ich ihre dt. Singles immer gut abgeben können. Aber eben jene, die Schlager aus den 60s, von denen der eine oder andere sich sogar bis heute einigermaßen behaupten kann; allein auf Grund ihrer Stimme.
    Diese Vocals sind es, diese gewisse Härte und ganz leicht verrauchte Tiefe, gepaart mit lasziver Weiblichkeit, die mich schon als Junge gepackt haben; einmal gehört, sofort darin verliebt.
    Stupid Cupid ist einer ihrer größten Hits, eine leicht rockige Nummer, mit vielen kleinen, perfekt gesetzten Gimmicks. Kiekser in der Stimme, surrender Bass, Breaks, dröger Background-Chor etc. Stupid Cupid geht sofort ins Ohr und wird, einmal gehört, nicht wieder vergessen. Besser können Hits nicht programmiert und perfekter kaum produziert werden.

    Es gibt noch so einiges Gute mehr von Mrs. Francis: Lipsticks on Your Collar (ihre beste Single und klar *****), Everybody’s Somebodys Fool, Who’s Sorry Now, Happiness und und und. Mein liebster dt.Track ist Schöner fremder Mann.

    (·) Mit Connie Francis hatte die im Filmgeschäft angesiedelte MGM nach Hank endlich wieder ein echtes Zugpferd auf dem Singlesmarkt. Ihre dt. Platten verkauften sich sehr gut, wenn auch die frühen Singles eher noch relativ selten sind. Dennoch dürfte Stupid Cupid einigermaßen leicht zu bekommen sein. Das abgebildete Künstler-Loch-Cover ist möglicherweise nicht das Original. Ich nehme an, dass diese Sleeves erst etwas später benutzt wurden, als das MGM-Label schwarz wurde.

    Don Gibson: Blue Blue Day / Too Soon To Know 1958 D-RCA

    Die erste Don Gibson-LP und seine erste Single daraus sind reichlich gelobt. Auch in meinen Faves gab es ein Review zu dieser großartigen Double-A-Side. Dabei war das Paar Oh Lonesome Me / I Can’t Stop Loving you damals sicher nicht als solche gedacht. Es waren lediglich zwei Tracks auf eine Single gepackt, die ein gewisses Hitpotenzial besaßen. Wie sich erweisen sollte, waren es zwei Songs für die Ewigkeit. Und diese, seine nächste Single ist kaum weniger als eine Double-A. Auch wenn beide Titel deutlich seltener zu Coverehren kamen.

    Blue Blue Day ist eine flotte Nummer aus der Zwischenwelt von Rock’n Roll und Country. Sie ist sparsamst instrumentiert, dennoch ausgesprochen pfiffig gemacht, da eine Orgel zurückhaltend den Rhythmus gibt, was im Kontext mit dem spärlichen Rest einen ganz eigenen Sound ergibt. Aber da sind noch weitere produktionstechnische Großtaten. Man höre nur die Backings (sind es die Jordanaires?), wie sie der führenden Melodie immer wieder ihr i-Tüpfelchen aufsetzen. Oder das Gitarrensolo, das den besten Rockabilly-Produktionen zur Ehre gereicht hätte.
    Too Soon To Know ist eine Ballade mit den genreüblichen Arrangements der damaligen Zeit. Bei unerfahreneren Hörern mag der Backgroundchor möglicherweise gar ein leichtes Stirnrunzeln hervorrufen, aber das Ganze ist so unglaublich schlicht und gleichzeitig perfekt gemacht, dass man sich der überwältigenden Klasse von Song und Aufnahme nicht entziehen kann. Ich liebe die Platte.

    (·) Die Platte ist relativ leicht zu bekommen.

    Jody Reynolds: Endless Sleep / Tight Capris 1958 US-Demon

    Es gibt immer noch Entdeckungen, die das musikalische Weltbild verändern können. Auch wenn es schon viel Jahre her ist, aber als ich Endless Sleep von Jody Reynolds zum ersten Mal bewusst hörte, war es ein unvergleichliches Aha-Erlebnis. Wie konnte es sein, dass eine derart überragende Platte lange Jahre an mir vorbei gegangen war. Eine Single, die natürlich ihren Platz hat in meinen Top100.
    Aufgesetzter und kitschiger könnte der Text kaum sein, möchte man meinen: da geht das Mädchen ins Wasser und der Freund rettet die Geliebte. Und doch wird aus dieser Geschichte eine derart stimmige Pop-Inszenierung, dass dem Hörer nichts anderes bleibt als schiere Ergriffenheit.
    Es beginnt mit einem tiefen, wabernd einschwingenden Gitarrenton, der die Grundstimmung von Anfang an in unnachahmlicher Weise definiert. Der ganze Track erholt sich nicht mehr davon, bleibt dieser melancholisch bedrückenden Atmosphäre bis zum Schluss verhaftet. Die kurzen rhythmischen und harmonischen Aufhellungen sind nur Zugabe, Hoffnung im Zeichen der Liebe, kein bisschen mehr. Gerade so viel, dass das Weiterleben lohnt. Das Ganze wird gekrönt durch Jody Reynolds Gesang. Eine Stimme, die widerspiegelt, was das Arrangement so großartig vorlegt. Betroffenheit, die keine Weinerlichkeit ist, Weichheit, die nicht schmierig klingt, Rückgrat, ohne wirkliche Hoffnung. Das ist eine Form von Rockabilly, wie es sie so nie wieder gab.
    Marty Wildes Cover von Endless Sleep, ein UK-Hit, war sehr nahe dran am Original, vor allem was die Vocals anbelangt. Es erreichte aber nicht dessen Geschlossenheit, dafür war die E-Gitarre zu stark.
    Die Flip: klassischer Rockabilly. Klasse.

    (·) Für ein sehr gutes Original wird man ca. 20 $ ausgeben müssen.

    Today’s Tops:
    1 Endless Sleep *****
    2 Blue Blue Day *****
    3 This Little Girl… ****1/2
    4 At The Hop ****1/2
    5 Stupid Cupid ****1/2
    6 Waterloo ****

    --

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    #2456595  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,586

    Wundervoll, es geht weiter! Sehr schön geschrieben wieder und endlich mal etwas, das ich kenne: Stupid Cupid kommt bei mir auf satte * * * * * und nach der Single suche ich immer noch.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #2456597  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    „At the hop“ und „Stupid Cupid“ sind großartig. Ich muss aber zugeben, dass ich von beiden gelegentlich gelungene, ältere Coverversionen auflege.

    --

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    #2456599  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Welche denn, Pete? Die Originale sind m.E. die besten Versionen.
    Latho, kümmere dich dringend um Endless Sleep. Du wirst es lieben.

    --

    FAVOURITES
    #2456601  | PERMALINK

    tops
    This charming man

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 3,598

    Danke, otis. Große Klasse! Six 45s right up my alley, of course. Und 1958 war ohnehin ein fantastischer Jahrgang. Möchte Deine sehr stimmigen Texte nicht weiter kommentieren, obwohl mir zu jeder Single einiges einfallen würde. Mein Ranking…
    1. J.REYNOLDS * * * * *
    2. D.GIBSON * * * * *
    3. C.FRANCIS * * * * 1/2
    4. R.BROWN * * * * 1/2
    5. D&JUNIORS * * * * 1/2
    6. S.JACKSON * * * *

    --

    #2456603  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Was soll ich sagen, otis? – Tolle Singles wieder (soweit ich sie kenne) und vor allem tolle Beschreibungen dazu.

    Zumindest „At The Hop“ befindet sich auch in meiner Sammlung. Von den anderen ist mir nur „Stupid Cupid“ wirklich geläufig.

    --

    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #2456605  | PERMALINK

    whole-lotta-pete

    Registriert seit: 19.05.2003

    Beiträge: 17,435

    otisWelche denn, Pete? Die Originale sind m.E. die besten Versionen.
    Latho, kümmere dich dringend um Endless Sleep. Du wirst es lieben.

    Natürlich sind die Originale über Zweifel erhaben, und ich will sie durch diesen Kommentar auch nicht relativieren. Aber manchmal passen mir etwas eindringlichere Varianten besser. Ich mag die stimmlich rauhere Version von Wanda Jackson bei „Stupid Cupid“, müsste von 1961 sein. Von „At the hop“ gibt es einige grausame Re-Recordings, aber eine gute Coverversion machten Flash Cadillac And The Continental Kids. Die Band ist u.a. bekannt durch ihren Auftritt in „American Graffiti“, wo sie es ebenfalls spielten. Sie bringen es etwas schmissiger, was dem Song sehr gut steht. Ich hab es von einer LP, frühe 70er. Gab es auch als Single.

    --

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    #2456607  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 86,853

    Die Genauigkeit, mit der Du Höreindrücke wiedergeben kannst, ist beneidenswert und anregend – Jacksons „Waterloo“ z.B. höre ich jetzt ganz neu. Tolle Auswahl, Jody Reynolds Original von „Endless Sleep“ kenne ich noch nicht. Vielen Dank auch für die Würdigung von Connie Francis.

    --

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