Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Connie Francis: Stupid Cupid / Carolina Moon 1958 D-MGM

Connie Francis muss wohl damit leben, im Nowhereland des seichten Mainstream verloren gegangen zu sein, ohne große Aufmerksamkeit, geschweige denn Anerkennung durch die Nachwelt. Dabei hat sie eine so wunderbare Stimme, hat sie so tolle Platten gemacht, sah sie damals so gut aus…
Ich weiß, sie hat noch ihre Fans. Nach Holland habe ich ihre dt. Singles immer gut abgeben können. Aber eben jene, die Schlager aus den 60s, von denen der eine oder andere sich sogar bis heute einigermaßen behaupten kann; allein auf Grund ihrer Stimme.
Diese Vocals sind es, diese gewisse Härte und ganz leicht verrauchte Tiefe, gepaart mit lasziver Weiblichkeit, die mich schon als Junge gepackt haben; einmal gehört, sofort darin verliebt.
Stupid Cupid ist einer ihrer größten Hits, eine leicht rockige Nummer, mit vielen kleinen, perfekt gesetzten Gimmicks. Kiekser in der Stimme, surrender Bass, Breaks, dröger Background-Chor etc. Stupid Cupid geht sofort ins Ohr und wird, einmal gehört, nicht wieder vergessen. Besser können Hits nicht programmiert und perfekter kaum produziert werden.

Es gibt noch so einiges Gute mehr von Mrs. Francis: Lipsticks on Your Collar (ihre beste Single und klar *****), Everybody’s Somebodys Fool, Who’s Sorry Now, Happiness und und und. Mein liebster dt.Track ist Schöner fremder Mann.

(·) Mit Connie Francis hatte die im Filmgeschäft angesiedelte MGM nach Hank endlich wieder ein echtes Zugpferd auf dem Singlesmarkt. Ihre dt. Platten verkauften sich sehr gut, wenn auch die frühen Singles eher noch relativ selten sind. Dennoch dürfte Stupid Cupid einigermaßen leicht zu bekommen sein. Das abgebildete Künstler-Loch-Cover ist möglicherweise nicht das Original. Ich nehme an, dass diese Sleeves erst etwas später benutzt wurden, als das MGM-Label schwarz wurde.

Don Gibson: Blue Blue Day / Too Soon To Know 1958 D-RCA

Die erste Don Gibson-LP und seine erste Single daraus sind reichlich gelobt. Auch in meinen Faves gab es ein Review zu dieser großartigen Double-A-Side. Dabei war das Paar Oh Lonesome Me / I Can’t Stop Loving you damals sicher nicht als solche gedacht. Es waren lediglich zwei Tracks auf eine Single gepackt, die ein gewisses Hitpotenzial besaßen. Wie sich erweisen sollte, waren es zwei Songs für die Ewigkeit. Und diese, seine nächste Single ist kaum weniger als eine Double-A. Auch wenn beide Titel deutlich seltener zu Coverehren kamen.

Blue Blue Day ist eine flotte Nummer aus der Zwischenwelt von Rock’n Roll und Country. Sie ist sparsamst instrumentiert, dennoch ausgesprochen pfiffig gemacht, da eine Orgel zurückhaltend den Rhythmus gibt, was im Kontext mit dem spärlichen Rest einen ganz eigenen Sound ergibt. Aber da sind noch weitere produktionstechnische Großtaten. Man höre nur die Backings (sind es die Jordanaires?), wie sie der führenden Melodie immer wieder ihr i-Tüpfelchen aufsetzen. Oder das Gitarrensolo, das den besten Rockabilly-Produktionen zur Ehre gereicht hätte.
Too Soon To Know ist eine Ballade mit den genreüblichen Arrangements der damaligen Zeit. Bei unerfahreneren Hörern mag der Backgroundchor möglicherweise gar ein leichtes Stirnrunzeln hervorrufen, aber das Ganze ist so unglaublich schlicht und gleichzeitig perfekt gemacht, dass man sich der überwältigenden Klasse von Song und Aufnahme nicht entziehen kann. Ich liebe die Platte.

(·) Die Platte ist relativ leicht zu bekommen.

Jody Reynolds: Endless Sleep / Tight Capris 1958 US-Demon

Es gibt immer noch Entdeckungen, die das musikalische Weltbild verändern können. Auch wenn es schon viel Jahre her ist, aber als ich Endless Sleep von Jody Reynolds zum ersten Mal bewusst hörte, war es ein unvergleichliches Aha-Erlebnis. Wie konnte es sein, dass eine derart überragende Platte lange Jahre an mir vorbei gegangen war. Eine Single, die natürlich ihren Platz hat in meinen Top100.
Aufgesetzter und kitschiger könnte der Text kaum sein, möchte man meinen: da geht das Mädchen ins Wasser und der Freund rettet die Geliebte. Und doch wird aus dieser Geschichte eine derart stimmige Pop-Inszenierung, dass dem Hörer nichts anderes bleibt als schiere Ergriffenheit.
Es beginnt mit einem tiefen, wabernd einschwingenden Gitarrenton, der die Grundstimmung von Anfang an in unnachahmlicher Weise definiert. Der ganze Track erholt sich nicht mehr davon, bleibt dieser melancholisch bedrückenden Atmosphäre bis zum Schluss verhaftet. Die kurzen rhythmischen und harmonischen Aufhellungen sind nur Zugabe, Hoffnung im Zeichen der Liebe, kein bisschen mehr. Gerade so viel, dass das Weiterleben lohnt. Das Ganze wird gekrönt durch Jody Reynolds Gesang. Eine Stimme, die widerspiegelt, was das Arrangement so großartig vorlegt. Betroffenheit, die keine Weinerlichkeit ist, Weichheit, die nicht schmierig klingt, Rückgrat, ohne wirkliche Hoffnung. Das ist eine Form von Rockabilly, wie es sie so nie wieder gab.
Marty Wildes Cover von Endless Sleep, ein UK-Hit, war sehr nahe dran am Original, vor allem was die Vocals anbelangt. Es erreichte aber nicht dessen Geschlossenheit, dafür war die E-Gitarre zu stark.
Die Flip: klassischer Rockabilly. Klasse.

(·) Für ein sehr gutes Original wird man ca. 20 $ ausgeben müssen.

Today’s Tops:
1 Endless Sleep *****
2 Blue Blue Day *****
3 This Little Girl… ****1/2
4 At The Hop ****1/2
5 Stupid Cupid ****1/2
6 Waterloo ****

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