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Frühling, Sommer & Herbst 1960
Ein erstes Konzert als Leader gab Coltrane am 16. April 1960 in der Town Hall in NYC, neben Dizzy Gillespie, Chris Connor, Oscar Peterson und Jackie McLean. John Mehegan hat das Konzert besprochen (New York Herald Tribune – bitte mit Jean-Seberg-Akzent lesen! – [Monday, April 18, 1960, p. 9]) und nennt Dizzy, OP und Connor als Paradebeispiele für „<melodic> improvisation“, während Coltrane (er besonders) und auch Jackie McLean als Beispiele für „non-melodic“ herhalten müssen:
Coltrane in particular represents a non-objective trend away from the melodic concept of improvisation into surreal areas of the „vertical line“ and tonal tension lying outside the prevailing scale. This exploration is of course valid, but he must eventually achieve a communicable sense of melody (in his terms) to justify the rather prolonged „trade“ enthusiams of his playing.
~ Coltrane Reference, 197
Mehegan hat wohl durchaus Recht – ich könnte mir vorstellen, dass er in etwa beschreibt, was Coltrane wirklich suchte. Auch versteht er offensichtlich, wovon er spricht. Auch wenn seine Aussage hart klingt, ist sie eigentlich fair und ich nehme an wohlwollend (was durch die Klammer „in his terms“ zum Ausdruck kommt).
Mit Steve Kuhn (der nach einigen Tagen/Wochen von McCoy Tyner ersetzt wurde), Steve Davis und Pete LaRoca hat Coltrane dann vom 3. Mai bis am 3. Juli in der Jazz Gallery in NYC gespielt. Tyner war in den ersten beiden Mai-Wochen noch mit dem Golson/Farmer-Jazztet im Village Vanguard und hat dann zu Coltrane gewechselt. Am 28. Juni enstand auch die erste der Sessions mit Don Cherry für das Album The Avant-Garde (Atlantic).
Vom 5.-17. Juli spielte Coltrane dann im Smalls‘ Paradise in Harlem, am 8. Nahm er die zweite Session mit Don Cherry auf.
Vom 18.-23. Juli spielte das Quartett im Shoboat in Philadelphia. Am 21. Juli wurde die im April 1959 aufgezeichnete TV-Show „The Sound of Miles Davis“ ausgestrahlt.
Vom 26.-31. Juli spielte Coltrane möglicherwise im Crawford Grill, Pittsburgh, PA (Simpkins p. 116, Porter p. 363 – not confirmed)
Vom 3.-14. August spielte Coltrane dann als Leader im Sutherland Hotel in Chicago, am 6. trat er zudem im Washington Park an der Bud Billiken Parade and Picnic auf (als John Coltraine oder John Coltrain)
Am 20. spielte die Gruppe am Randall’s Island Jazz Festival auf.
Vom 23.-28. spielte Pete LaRoca seinen letzten Gig mit Coltrane im Minor Key, Detroit, MI.
Die eine Live-Aufnahme, die ich mit LaRoca in der Band habe, ist toll. Coltrane scheint gehärtet aus dem Labor des Miles Quintett hervorgegangen zu sein, er spielt kürzere Soli, die zielgerichtet wirken. LaRoca ist natürlich ein toller Drummer, und Tyner bringt diese Frische in die Musik, wie nur er es konnte (damals, später nicht mehr… oder viel viel weniger). Die Stücke weisen bereits auf die späteren Atlantic-Sessions hin: „Liberia“, „The Night Has a Thousand Eyes“, „Summertime“, „Body and Soul“, „But Not for Me“, „Everytime We Say Goodbye“ und ein früher von „Exotica“ (das auf „I Can’t Get Started“ von Vernon Duke beruht). Tolle Aufnahme! Irgendwie bild ich mir ein, hier zu hören, wie Coltrane endlich als Leader unbändig ins Freie drängt!Mit Billy Higgins (sowie Tyner und Steve Davis) spielte Coltrane dann vom 1.-11. September in der Zebra Lounge, Los Angeles, CA.
Am 8. September wurde zudem für Symphony Sid’s „Birdland“-Serie die Hälfte für ein Album aufgenommen (die andere Hälfte stammte von Lee Morgan).
Die drei Stücke (plus ein Alternate Take) sind heute am ehesten noch auf der CD Like Sonny greifbar, auf der auch die oben erwähnte dritte LP von Ray Draper, A Tuba Jazz, enthalten ist (hier und hier).
Diese drei Stücke wirken zahm im Vergleich mit der Live-Aufnahme. Higgins ist viel zurückhaltender, scheint sich nicht wirklich in die Musik hineinzudenken. Coltrane allerdings klingt souverän, sein Ton wirkt aber hier in Studio-Qualität wieder eher etwas gebrechlich (wie auf den 1959er Atlantic Sessions). Sein Spiel ist allerdings wunderbar! Die drei Stücke sind alle bekannter von Atlantic-Aufnahmen: „One and Four“ (als „Mr. Day“), „Exotica“ (als „Untitled Original“ auf dem Atlantic-Reste-Album Coltrane Legacy), sowie einmal mehr „Like Sonny“ („Simple Like“).Vom 13.-25. September spielte das Quartett im Jazz Workshop in San Francisco. Wieder hat Ralph J. Gleason im San Francisco Chronicle („John Coltrane Here – A Major Artist,“ Thursday, Sept. 15, 1960, p. 33) über Coltrane geschrieben:
A dedicated musician (when he was with Miles Davis at the Black Hawk last year, he spent his free time during the day practicing in the empty club), Coltrane shares with Sonny Rollins the leadership of the tenor saxophone ranks.
[…]
The Coltrane style has been quite controversial, especially with the public – musicians have universally respected him […] Everything [Coltrane does is part of a deliberate attempt to develop his own musical creative personality. His consciously creative art is in direct contrast to the unconscious art of the original folk musicians who started jazz, and indicative of the music.~ Coltrane Reference, 205 (genauso, mit fehlender schliessender Klammer!)
Am 23.9. wurde Coltrane für Atlantic aufgenommen im Jazz Workshop, leider sind diese Bänder nie aufgetaucht.
Am 24.9. spielte das Quartett am Monterey Jazz Festival – Ralph J. Gleason gibt im San Francisco Chronicle („Jazz Festival’s Highest Point: Monterey Hears ‚New Music,'“ Sept. 25, 1960, p. 24) die Setlist als „Equinox“, „Naima“, „My Favorite Things“:
Coltrane’s quartet set up a pulsating minor mode in „Equinox,“ contrasted with a poignant ballad, „Naima,“ and culminating in „My Favorite Things,“ on which Coltrane played the soprano instead of the tenor saxophone. For the first time jazz now has a soprano saxophonist who does not sound like Sidney Bechet, and this opens whole new vistas for the return of this instrument to jazz playing. [Er hat offensichtlich Lacy noch nicht gehört – gtw.]
Following Coltrane’s set, Schuller presented a composition, „Abstraction,“ which featured Ornette Coleman. […]
If nothing else, it is hard to see how anyone who really listens to music (from whatever point of view) can regard John Coltrane and Ornette Coleman and others of the new jazz movement as anything but major contemporary artists reflecting tensions, anxieties, thrilling hints of the future and searing immediacy of the nuclear age.~ Coltrane Reference, p. 206
Auch im Down Beat („Monterey: The Afternoons,“ Nov. 19, 1960, p. 18) schrieb Gleason über Coltrane:
John Coltrane opened the program with a set of three numbers that displayed his fantastic facility, his increasing power of immediate communication, and a surprising (to some of the audience, at any rate) lyricism in both Naima and My Favorite Things. McCoy Tyner, his pianist, was particularly impressive on the emotionally moving Equinox.
~ ibid
Die Setlist enthielt also bereits Stücke, die im Oktober in den Marathon-Sessions für Atlantic aufgenommen werden sollten.
Vom 28. September bis am 1. Oktober spielte Coltrane dann in der Melody Lounge, Denver, CO. Erstmals stiess Elvin Jones dazu – er und Higgins spielten teils zusammen oder wechselten sich ab. Nach diesem Gig verliess Higgins die Band und Elvin Jones wurde zum festen Mitglied.
Vom 11.-30. Oktober (oder bis 6. Nov.) spielte das Quartett dann in NYC im Half Note.Am 21., 24. und 26. Oktober war das Quartett dann endlich in den Atlantic Studios und nahm genügend Musik für drei grossartige Alben auf: My Favorite Things (Atlantic 1361, März 1961), Coltrane Plays the Blues (Atlantic 1382, Juli 1962) und Coltrane’s Sound (Atlantic 1419, Juni 1964).
Quelle: Coltrane Reference, 197-206.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deDiese 24 Songs retten jedes Weihnachten
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Die Highlights sind viele… das unglaublich frische Spiel von Tyner, Elvin Jones, der bereits einen zwar feinen aber doch dichten Teppich aus Rhythmen legt. Die Arrangements sind noch immer so durchdacht wie auf Giant Steps oder Coltrane Jazz, aber die Ausführung wirkt offener, freier, gelassener, leichter – was natürlich trügt, aber genau das ist ja die Kunst!
:: 21. Oktober 1960 (13:00-17:30) ::
Am ersten Tag entstehen zwei Takes des über ein Ostinato konstruierten Village Blues sowie der grosse Hit My Favorite Things (mehr dazu hier). Takes von Equinox und The Night Has a Thousand Eyes sind wohl verloren. Village Blues wurde als erstes Stück dieser Sessions im Februar 1961 auf „Coltrane Jazz“ veröffentlicht, gemeinsam mit den Sessions vom November und Dezember 1959).
:: 24. Oktober 1960 (13:00-17:30) ::
Am 24. Oktober wurde dann in zwei Sessions (14:00-18:30 und 19:30-24:00) eine unglaubliche Menge an grossartiger Musik aufgezeichnet – Coltrane war eindeutig bereit! Und die wilden letzten Wochen mit Miles haben sein Spiel wohl noch einmal weitergebracht im Vergleich zu den Sessions von 1959. Am 24. begann das Quartett mit der bezaubernden Ballade Central Park West, die einmal mehr die Changes von „Giant Steps“ aufgriff. Coltranes Sopran klingt hier voller und weicher als üblich. Mr. Syms zeigt Coltrane auf dem Sopran in einem langsamen, harmonisch gepimpten (jaja, wir Kinder von MTV und Red Bull) Blues, wunderbar relaxt. Bei Exotica folgt dann wieder ein ausgeklügeltes Arrangement, in dem grosse Teile der Bass-Begleitung irgendwie fixiert scheinen, Tyner lasst Coltrane stellenweise allein über b/d solieren, sehr schön die Verbindung von fast statischer Begleitung mit dem treibenden Sopransax. Summertime dann wird auf dem Tenor in einer Härte dargeboten, wie ich sie sonst kaum für dieses Stück kenne – hier klingt zumindest im Thema sogar das Tenorsax nasal! Der A-Teil wird teilweise wieder über Pedal Points dargeboten und von Jones‘ tollen Rhythmen ausgefüllt. Coltrane ist unglaublich hier! Sein Solo klingt wie eine Kurzfassung der vielen ausufernden Soli, die er im März/April noch mit Miles gespielt hat. Body and Soul dann wird solistisch fast ganz von Tyner getragen, Coltrane beschränkt sich auf eine meisterliche Präsentation des Themas – auf dem Niveau von Coleman Hawkins? Jawoll, genau da! Eindrücklich, was für einen Weg er seit 1956 oder 1957 zurückgelegt hat!
Das Trio nahm dann ohne Coltrane noch Lazy Bird (kann man sich kaum vorstellen, dass Coltrane sich nochmals an diesem alten Stück versuchen wollte!) und In Your Own Sweet Way auf – die Stücke erschienen 1976 auf Atlantic SD 1696 mit je zwei Stücken von Chick Corea, Keith Jarrett und Herbie Hancock (die im Gegensatz zu Tyners Stücken schon zuvor veröffentlich worden waren).Nach dem Essen (vielleicht hat Coltrane ja stattdessen geübt?) ging’s weiter mit Mr. Knight – Elvin Jones ist hier unglaublich! Das Ostinato, das jeweils für ganz kurze Momente (Takte 9-10 meistens?) in ein swingendes 4/4 durchbricht ist toll und gibt Elvin sehr viel Raum. Dann folgt Elvins Blues to Elvin, dessen Entstehung man anhand von drei Takes und einem Breakdown nachvollziehen kann – bemerkenswerterweise wird das Tempo stets langsamer, der Groove immer fetter. Für mich eins der Highlights von diesen Sessions! Und wieder findet sich hier eine ganz einfache, sparsame, aber sehr effektive Basslinie, die Elvin und Tyner Raum für Ausschmückungen und Kommentare lässt. Das Stück stammt übrigens aus der Feder von Elvin Jones. Wie Coltrane Blues-Klischees reiht, „schmutzige“ Sounds produziert und das ganze zu einem kohärenten Statement formt gefällt mir ausserordentlich, und es lässt wohl seine Lehrjahre bei „Cleanhead“ anklingen, und besonders die Zeit bei Earl Bostic, von dem er ja einiges an nicht-akademischer Spieltechnik gelernt hat (hier)
Es folgen drei weitere Blues: Mr. Day ist wohl kein allzu entfernter Verwandter von „Mr. Knight“. Ähnlich wie dieses Stück ist es um ein Ostinato herum gebaut ist, Coltrane stürmt mit viel Energie durch sein Solo, nimmt sich zwischendurch etwa zurück, um selber statische Linien auszuprobieren, aus denen er dann neuen Schwung holt – dies ist das letzte Stück mit Tyner, der Rest der Session fand im Trio statt. Da ist zuerst grad ein weiteres Highlight der Sessions, Blues for You, ein mittelschneller Blues (mit Walking Bass, für einmal, geht ja im Trio auch kaum anders), in dem Coltrane (am Tenor) aus einem schier endlosen Reservoir von Ideen zu zehren scheint. Unglaublich! Fast ist man versucht, zu sagen dies sei ein Ausblick auf „Chasin‘ the Trane“ von den Village Vanguard Sessions ein Jahr später! Es gibt davon drei komplette Takes, und – die Welt ist wieder in Ordnung! – das Tempo nimmt von Take zu Take zu. Der Master Take ist unglaublich toll!
Dann folgt der letzte Blues des Tages (und des Blues-Albums), Blues to Bechet, eine Widmung an den grossen Alten Meister des Sopransaxophons, Sidney Bechet. Der wunderbare midtempo-Blues wird vom soliden Walking Bass von Davis getragen, Elvin umspielt den Beat, füllt, swingt unglaublich. Coltrane spielt natürlich Sopran und konstruiert ein Solo, das ans Tenorsolo auf „Blues to Elvin“ erinnert. Zum Ende dieser Aufnahme-Session gibt’s das echte Satellite, ein Thema, das geschickt mit Doubletime arbeitet und dann im schnellen Tempo ein weiteres tolles Tenorsolo von Coltrane bringt.:: 26. Oktober 1960 (13:00-17:30) ::
Der dritte Tag begann mit Everytime We Say Goodbye, einem Stück von Cole Porter, das auf dem Sopransax präsentiert wird, wieder im Rahmen eines geschickten, teilweise mit Pedal Points operierenden Arrangements. Elvin Jones spielt mit Besen, fürs Pianosolo geht’s in Doubletime, aber ohne die Stimmung im geringsten zu brechen – sehr schönes Solo von Tyner!
26-2 führt dann in nostalgischere Gefilde zurück, es beruht auf Charlie Parkers „Confirmation“ (das Coltrane auf dem Jazz West Album unter Paul Chambers Leitung 1956 aufnahm). Das abschliessende Thema wird dann auf dem Sopran gespielt. Es folgt ein weiterer Standard, But Not for Me, klingt hier etwas ruhiger und geordneter als in der Juni Live-Version, die ich heute mittag gehört habe. Was bei diesen beiden Stücken auffällt, die ganz ohne Ostinati auskommen: Tyner klingt sehr leicht, wenn er die linke Hand nicht ganz so stark braucht, sehr lyrisch… ein Touch Bill Evans ist da bestimmt drin, aber auch diese perlenden Läufe von Red Garland. Tolles Solo!
Weiter geht’s mit Liberia – zum ersten Mal wird ein Thema im Rubato (also ohne festes Metrum) präsentiert… dann verfestigt es sich und entpuppt sich als ein Verwandter von Dizzy Gillespies „A Night in Tunisia“. Das Stück wird wie Dizzys Klassiker durch Passagen mit Latin Beat (und Pedal Point) unterbrochen, Coltrane soliert grandios, absolut sicher und sehr beweglich. Elvin Jones gibt auch ziemlich gas. Ich überlege mir grad… ist es das Tenorspiel, das „Coltrane’s Sound“ vielleicht zum besten dieser drei Alben macht? Mit „Equinox“ und „Central Park West“ enthält es zwei meiner allerliebsten Coltrane-Kompositionen, dazu „Liberia“, das grossartige „Body and Soul“, „Satellite“, und zu guter letzt auch noch „The Night Has a Thousand Eyes“, ein weiteres Highlight von Coltranes Atlantic-Sessions! Das einzige Sopranstück ist gerade nichts eins der nasalen Röst-Stücke (die ich auch mag, aber wenn ich Coltrane denke, denke ich immer zuerst ans Tenor!)
Anyway, weiter geht’s mit The Night Has a Thousand Eyes, einem Standard in dem wieder zwischen Teilen mit einem Latinbeat mit Pedal-Bass und swingendem 4/4 hin und her gewechselt wird.
Und schliesslich zum Ende, vor einer Pause von über sechs Monaten, ein absolutes Juwel: Equinox. Mit einem hübschen kleinen Intro, aber kaum beginnt das Thema, wird’s ernst. Einmal mehr zeigt Coltrane, dass er ein grosser Blues-Spieler ist. Das Thema beruht auf einem leicht abgewandelten Standard-12-Takte-Schema, der Bass spielt ein sehr schönes Ostinato, und Coltrane lässt sich Zeit, konstruiert über viele Chorusse ein unglaubliches Solo.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHerbst 1960 – Sommer 1961
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:: November 1960 – Mai 1961 ::
Nach den Aufnahmen im Oktober spielte Coltrane vom 9.-20. November im Birdhouse in Chicago, IL, vom 22.-27. November im Minor Key in Detroit, MI, vom 28. November bis 3. Dezember im Crawford Grill in Pittsburgh, PA, und dann vom 13.-18. Dezember und wieder vom 3.-15. Januar 1961 im Copa City in Queens, NYC.
Um die Zeit des Januar-Gigs hat Reggie Workman Steve Davis abgelöst.Vom 17.-29. Januar spielte das Quartett – erstmals mit einem Gastbassisten (Art Davis, der diesen Job längere Zeit immer wieder übernehmen sollte) – im Half Note. Vom 16.-19 Februar dann wieder in der Kernbesetzung im Welcome Inn, Cleveland, OH (Im Cleveland Call and Post hiess er „Coletrane“). Vom 21.-26. Februar war Coltrane erneut im Minor Key in Detroit, MI.
Und – hiervon habe ich endlich wieder eine Aufnahme – vom 1.-12. März war die Gruppe wieder in der Sutherland Lounge im Sutherland Hotel in Chicagao. Diesmal stiess Donald Rafael Garrett ab und zu als Gast zur Band (auch auf dem überlebenden Radio-Broadcast). Porter (1998, 364) gibt an, Coltrane habe – nach Auskunft Andrew Hills – nach dem letzten Set manchmal mit Hill und anderen bei Garrett gejammt.
Vom 17-23. März spielte das Quartett im Apollo Theatre in NYC, am 20. und 21. war Coltrane als Gast zum allerletzten Mal im Studio mit Miles Davis (für zwei Stücke das sehr schönen Albums Someday My Prince Will Come – als einziges klassisches Miles-Album ging das in den „metal spine“ Boxen unter, nur die zwei Stücke mit Coltrane sind in der Miles/Coltrane Box, lohnt sich aber sehr, das zu haben auch Hank Mobley hat ein paar grosse Momente! Und Miles wurde durch Coltranes Weggang – wie Aufnahmen schon vom Herbst 1960 zeigen – wieder stark gefordert und wurde in seiner Band wieder zum tonangebenden Musiker, was auch seinem Spiel hörbar gut tat!)
Am 24./25. März spielte Coltranes Quartett im Cork ’n‘ Bib in Westbury, NY, dann am 26. im Coliseum in Baltimore, MD (wo Coltrane als Last Minute Ersatz für Ray Charles einsprang).
Vom 31. März bis am 8. April spielte das Quartett im Mardi Gras in Kasas City, MO, dann vom 11.-23. April in der Zebra Lounge in Los Angeles. Während diesem Gig sind Scott LaFaro und Roy Haynes (die Hälfte des damaligen Stan Getz Quartetts) einmal für Workman und Jones eingesprungen (Quelle).
Vom 25. April bis am 7. Mai war das Quartett dann im Jazz Workshop in San Francisco.
Ca. Mai/Juni spielte das Quartett dann im Impulse in Rochester, NY.
Am 23. und 25. Mai sowie am 7. Juni fanden dann die nächsten Studio-Sessions statt… wieder ein grosser Schritt!:: Olé Coltrane & Africa/Brass ::
Olé (Atlantic, rec. 25. Mai) ist womöglich der krönende Abschluss von Coltranes eineinhalb Jahren bei Atlantic. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war sein Vertrag schon abgelaufen, er hatte aber für dieses letzte, geschuldete Album, bereits Geld bekommen. Das Quartett wird ergänzt durch Freddie Hubbard (t), Eric Dolphy (als „George Lane“) (fl,as) und Art Davis (b – nur auf zwei der vier Stücke). Das Titelstück, das die ganze A-Seite der LP einnahm, basiert auf einem spanischen Volkslied (Miles hat ja etwas früher „Sketches of Spain“ aufgenommen, auch bei Gil Evans‘ eigenen Aufnahmen sind Spanische Skalen und Melodien zu hören). Grandios, wie die Rhythmusgruppe das Stück aufsetzt, wieder in der Ostinato-Tradition, Tyner greift mehr in die vollen als auf den Aufnahmen von 1960, seine linke Hand benutzt auch die tieferen Register des Klaviers. Jones klöppelt über 18 Minuten einen 3/4 Takt, ohne dass jemals Walzer-Feeling aufkommt. Tolle Soli von Dolphy und Hubbard folgen, dan ein äusserst repetitives von Tyner, die Bässe… und zum krönenden Abschluss Coltrane auf dem Sopran. Der Rest der Session verbleicht danach ein wenig… obwohl auch auf „Dahomey’s Dance“ die beiden Bässe toll sind! „Aisha“ von Tyner ist eine wunderbare Ballade, und dann gibt’s zuletzt noch „To Her Ladyship“, das ursprünglich auf dem Atlantic Reste-Album „The Coltrane Legacy“ erschienen ist.
Africa/Brass ist ein weiteres Highlight aus Coltranes Werk. Unglaublich, dass diese beiden Alben sozusagen zeitgleich entstanden! Mit diesem Album begann die Zusammenarbeit von Coltrane und dem neuen Impulse-Label (Creed Taylor hat es unter dem Dach von ABC Records aufgebaut, ging dann kurz darauf zu Verve, worauf Bob Thiele engagiert wurde, der als Produzent von Coltranes wichtigsten Alben fungierte).
Für Nicht-Original-Album-Fetischisten empfehle ich dringendst die Anschaffung der Doppel-CD „The Complete Africa/Brass Sessions“ (MCA 1995), da gibt’s zusätzlich zu den drei Stücken des ursprünglichen Albums einen Alternate Take von „Greensleeves“, eine „first version“ und einen Alternate Take von „Africa“, sowie Cal Masseys Komposition „The Damned Don’t Cry“ (in dem Booker Little das Thema spielt), sowie den von Coltrane arrangierten Traditional „Song of the Underground Railroad“.
Die Grundidee des Albums war es, das Quartett vor dem Hintergrund einer Big Band zu präsentieren. Diese ist mit viel Blech besetzt (erste/zweite Session: 2/1 t, 2 euph/1 tb & 1 euph, 4/5 frh, tuba, sowie Dolphy-as/fl/bcl, Garvin Bushell-picc/reeds [nach eigener Aussage fast nur Fagott], und Pat Patrick-bari) und dient fast nur der Untermalung. Einzig Cal Masseys Stück „The Damned Don’t Cry“ (mehr dazu hier).
Das Highlight is hier mit Sicherheit „Africa“, dessen Master Take sechzehneinhalb Minuten dauert und die ganze erste Seite des Albums einnahm. Hier taucht Paul Chambers als zweiter Bassist noch ein letztes Mal auf einer Coltrane-Session auf (ich sagte ja, er wäre von den „alten“ Begleitern am ehesten in der Lage gewesen, länger mit Coltrane zu spielen… wusste als ich das schrieb gar nicht mehr, dass er hier wieder auftaucht, hätte auf Art Davis getippt!) und die beiden Bässe legen wie bei „Olé“ ein tolles Fundament. Die echte Sensation hier ist jedoch Elvin Jones mit seinem Schlagzeugsolo (man ist fast versucht Trommelsolo zu schreiben).
Auf diesen beiden Sessions ist der Bezug zu Afrika nicht mehr blosses Lippenbekenntnis. Das Orchester baut eine eindrückliche Klangkulisse auf und auch Tyner soliert äusserst perkussiv. Grandiose Aufnahme!
Für die Arrangements waren überigens Tyner und Coltrane zuständig, Eric Dolphy übernahm die Orchestrierung. (Mit der Ausnahme von „The Damned Don’t Cry“, das von Cal Massey und Romulus Franceschini arrangiert und orchestriert wurde.):: Juni-Oktober 1961 ::
Vom 13.-18. Juni spielte das Quartett (+ Art Davis) im Abart’s Internationale in Washington, DC. Tony Gieske („Countdown at Abart’s: New King of Jazz Taking Flight Here“) hat in der Washington Post (Saturday, June 17, 1961, p. A13) einen Artikel darüber geschrieben, der mir abtippenswürdig erscheint:
Once every four or five years a new jazz king is crowned, and it’s an event that – unlike „My Fair Lady“ or the World Series – sneaks past everybody. In Jazz, it’s only afterwards that you realize you were there when history was being made.
So it is with John Coltrane’s new quintet. The few that hear it while it is in Washington will have an ineffaceable memory. After nearly 20 years, Coltrane has got it all together and he’s burning.
Yesterday morning at 12:02 a.m. I walked into Abart’s Internationale, a night club at 1928 9th st. nw., ordered a drink and sat down. At 12:05 a.m. Coltrane, a big, glum, dedicated fellow of 34 who has been mingling with jazz royalty – Dizzy Gillespie, Miles Davis – for a number of years, began playing a brisk blues called „Shifting Down,“ by Kenny Dorham.
Coltrane played this blues without letup until 12:55 a.m. During that period, he demonstrated that he has mastered everything that has been done with the tenor saxophone in the past 25 years, that there will be few jazz musicians who will not be indebted to him in, conservatively, the next five years, that, for the present, Coltrane wears the crown.
Coltrane stated his theme baldly enough, and for a few choruses it almost seemed that it didn’t really interest him. He was circling, mellow, ruminative. Then a door came open and it was like being hit with a straight stream from a 2 1/2 inch fire hose, with the notes spraying every which way.
Yet I had heard that when he was playing with trumpeter Davis. The same avalanche, the same maintenance of a constant climax; it was enough to show mastery.
Now came the adventure and the experimentation. For a few choruses, Coltrane stated his phrases at a hair-rising bias from what would have been the ordinary, well-tempered pitch.
A single chorus was next devoted to the timbres and rhythmic variations that could be extracted from a single pitch. Drummer Elvin Jones, absorbed in every note, spotted a triplet pattern by Coltrane an proceeded, without losing the intense meter, to play three triplets on a single beat – on the bass drum, with his foot.
Coltrane relaxed into a Davis-like lyricism for a few choruses. There were some compelling pedal-point patterns in the rhythm section. Then Coltrane launched into a long passage during which he managed to blow two and sometimes three notes simultaneously. He was playing chordal sequences on the saxophone.
The audience sat transfixed. It was now 12:35 a.m. Coltrane kept playing, shaking his instrument as though to see if there were any notes left. There were. The pressure mounted.
Coltrane left the key. Bassist Reggie Workman followed right along with him. At this point, my notes read, I felt like I was being nailed to the wall.
12:42 a.m. Jones, a wiry little fellow, begins to tire, not slowing down, but shoving a little too hard.
12:43. Coltrane stops dead. Pianist McCoy Tyner solos, Workman solos. Coltrane repeats the opening theme statement. It’s all over. Flat pause. Then applause. It is 12:55 a.m. And all us jazz types pay tribute to our new leader.~ Coltrane Reference, 223
Quite a ride! Kann man nur davon Träumen, sowas selber erlebt zu haben!
Der Schedule für den Sommer:
20.-25. Juni: Algiers (aka Algiers Lounge), Cleveland, OH
1. Juli: Music at Newport, Newport, RI (mit Art Davis)
11. Juli: Jones nimmt für Riverside das Album „Elvin“ auf (mit Hank Jones, Art Davis u.a.)
11.-23. Juli: Village Gate, NYC (mit Dolphy und Davis)
(bis am 16. Juli war das Booker Little Quintett mit Dolphy im Five Spot, danach Ornette Colemans Quartett mit Jimmy Garrison, der seit Mitte Juli mit Colemans Gruppe war)
24.-29. Juli: Showboat, Philadelphia, PA (mit Dolphy und Davis)
1.-6. August: Minor Key, Detroit, MI
8. August-3. September: Village Gate, NYC (mit Dolphy und Davis)LeRoi Jones (aka Amirir Baraka; Metronome, Dec. 1961, p. 36), in the course of an essay/review of three Coltrane LPs on Atlantic Records – Giant Steps, Coltrane Jazz, and My Favorite Things – includes a mini-review of this gig:
Coltrane recently had a rather extended engagement at the Village Gate (alias, The Cave Of The Winds). […] His performances there outstripped anything heard on his records. […] On some of the soprano solos Coltrane begins one of his long lines and without decreasing the power or drive of the solo the line suddenly seems to spread itself into two or three separate lines. […] The rest of the group, especially Elvin Jones and McCoy Tyner, can scare you to death. I only hope that Atlantic can get some of this music on tape.
~ Coltrane Reference, 229f.
Am 21. August waren Tyner, Art Davis und Jones mit Freddie Hubbard im Studio, um dessen Ready for Freddie aufzunehmen.
25. August: Downing Stadium, Randall’s Island Jaz Fest, NYC (mit Dolphy & Davis)
12. September-1. Oktober: Jazz Workshop, San Francisco, CA (mit Dolphy und Wes Montgomery [!] – die angeblich existierenden Tapes davon sind bisher noch nicht aufgetaucht…)
22. September: Monterey Jazz Festival, Monterey, CA (mit Montgomery & Dolphy)
3.-11. Oktober: Club Renaissance, Los Angeles, CA (mit Dolphy)
16.-21. Oktober: Showboat, Philadelphia, PAUnd dann folgten die Village Vanguard Sessions, auf einer grandiosen 4CD-Box dokumentiert (MCA, 1997). Auch hier lohnt sich unbedingt die Anschaffung (ursprünglich waren Aufnahmen auf der Hälfte von „Impressions“ sowie dem ganzen „Live at the Village Vanguard“ veröffentlicht worden, es folgte dann noch „The Other Village Vanguard Tapes“, 2LP 1977 und „Trane’s Modes“, 2LP 1979). Das gibt den nächsten Post…
Quelle: Coltrane Reference, 209-211, 214-
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Es ist schon irgendwie bestürzend zu sehen, wie viel Musik wir niemals zu hören bekommen werden, weil davon keine Aufnahmen existieren. Andererseits haben wir ja gerade von Coltrane viel großartige Musik. Irgendwo stand in einem Artikel, man werde viele Jahre benötigen, um das nachzuvollziehen, was Coltrane in so kurzer Zeit erschaffen hat. So etwas ähnliches habe ich vor Jahren hier auch einmal geschrieben. Wie sollte man das auch als Zeitgenosse tun, das gelang ja teilweise nicht einmal seiner Band.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Es ist schon irgendwie bestürzend zu sehen, wie viel Musik wir niemals zu hören bekommen werden, weil davon keine Aufnahmen existieren. Andererseits haben wir ja gerade von Coltrane viel großartige Musik. Irgendwo stand in einem Artikel, man werde viele Jahre benötigen, um das nachzuvollziehen, was Coltrane in so kurzer Zeit erschaffen hat. So etwas ähnliches habe ich vor Jahren hier auch einmal geschrieben. Wie sollte man das auch als Zeitgenosse tun, das gelang ja teilweise nicht einmal seiner Band.
Ja, klar! Ich höre Coltrane jetzt wohl seit 16 oder 17 Jahren. Das Atlantic-7CD-Set war mein erstes Box-Set überhaupt (und wohl so ca. CDs 40-47 in meinem Besitz, mittlerweile sind noch zwei Nullen und einige Hundert hinzugekommen). Coltrane fasziniert mich also seit langem – was wohl unschwer zu erkennen ist! Umso toller ist es, jetzt auch tatsächlich mal alles (was ich habe) chronologisch zu hören! Von den bekannten Live-Aufnahmen von 1960/61 habe ich leider nur wenige, aber im November 61, 62 und 63 gab’s dann gut dokumentierte Europa-Tourneen (von denen teilweise auch Musik auf dem 7CD-Set „Live Trane: The European Tours“ auf Pablo erschienen ist, die Box ist allerdings leider ein diskographisches Schlamassel). Coltrane wird mich wohl noch einige Wochen beschäftigen :wave:
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaGypsy,deine Texte sollte man binden und in einem Buch veröffentlichen:-).Ich habe auch vieles von Trane mir fehlt noch das Atlantic Set,dass ist ein große Lücke von bei mir.
Ich kann mit den ganz späten Trane nur wenig aufmachen,hier war schon in anderen Welt unterwegs,die mir leider verschlossen bleibt.
Mein Lieblingsalbum von Coltrane ist „Live at Newport“,dass ist richtig feurige Musik mit viel Emotionen! Hayens treibt Coltrane hier zuwahren Höchsleistungen.Höhepunkt ist das Duett bei Impressions! Richtig emotinale Musik!!
Alex
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alexischickeGypsy,deine Texte sollte man binden und in einem Buch veröffentlichen:-).Ich habe auch vieles von Trane mir fehlt noch das Atlantic Set,dass ist ein große Lücke von bei mir.
Ich kann mit den ganz späten Trane nur wenig aufmachen,hier war schon in anderen Welt unterwegs,die mir leider verschlossen bleibt.
Mein Lieblingsalbum von Coltrane ist „Live at Newport“,dass ist richtig feurige Musik mit viel Emotionen! Hayens treibt Coltrane hier zuwahren Höchsleistungen.Höhepunkt ist das Duett bei Impressions! Richtig emotinale Musik!!
Alex
hab oben irgendwo einen Link gepostet… hier ist er nochmal: die Atlantic Box ist derzeit bei Amazon.com für 60$ zu haben – lohnt sich!
Ich hab sie mir damals ja schenken lassen, aber ich glaub die hat hier so um die 150 CHF gekostet, als sie rauskam.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaVillage Vanguard, November 1961
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Ich hör jetzt auf (bzw. nehme es mir vor), alle aufnahmen „grandios“ und „grossartig“ zu finden… dann ab Oktober 1960 trifft das für mich generell auf fast alle Coltrane-Alben bzw. -Sessions sowieso zu (Ausnahmen? Die Softie-Trilogie wohl am ehesten, die sind alle sehr schön, aber grossartig find ich alle drei nicht… sonst wird’s schon schwierig… vielleicht 1965, als beim Quartett langsam die Luft raus war, Coltrane wieder nach neuen Wegen suchte… aber irgendwie find ich auch das fast alles grossartig zu hören!)
Also, die letzten Abende im Village Vanguard hat Impulse aufgenommen. Neben Coltrane, Tyner, Workman und Jones waren zugegen: Eric Dolphy (endlich auch an der Bassklarinette, aber auch am Altsax, die Flöte hört man hier nicht), Jimmy Garrison als zweiter Bassist, sowie auf bestimmten Stücken Ahmed Abdul-Malik an der Oud sowie Garvin Bushell an der Oboe und dem Kontrabassfagott. Auf einem Blues spielt Roy Haynes anstelle von Elvin Jones (er sollte in den kommenden Jahren ab und zu einspringen, sowohl live als auch im Studio).
Los geht’s am 1. November gleich mit dem exotischsten Stück der Sessions, India (zuerst in der 4CD Box erschienen). Coltrane am Sopran, Dolphy an der Bassklarinette, beide Bässe und eine Drohne, die von Abdul-Malik an der Tanbura produziert wird (danke Coltrane Reference! Ich hatte schon immer Zweifel daran, dass das eine Oud sein sollte, wäre ja ein arger Missbrauch!). Das Stück zeigt erstmals Coltranes Faszination für die Indische Musik. Das ist wohl die Musik, die LeRoi Jones auf Platte hören wollte!
Es folgt ein erster Take von Chasin‘ the Trane (ts, as, Workman, Jones – The Other VV Tapes), Coltrane spielt ein Tenorsolo, in dessen Verlauf sich die Phrasen auflösen, in kurze Fragemente zerfallen. Es folgt Dolphy mit einem typischen flüssigen Altsolo mit diesen irrwitzigen riesigen Sprüngen. Ähnlich geht’s weiter mit Impressions (ts, as, Tyner, Garrison, Jones – Trane’s Mode). Dolphy und Coltrane sind ein fantastisches Bläser-Paar, schade, dass sie nicht später wieder zusammentraffen!
Es folgt ein erster Take der neben „India“ anderen grossen Nummer dieser Sessions, Spiritual – hier noch im Quintett (ss, bcl, Tyner, Workman, Jones – The Other VV Tapes). Das Stück wird bei allen vier Versionen ähnlich präsentiert: Melodie (in C-moll) von Coltrane im Rubato (die Melodie beruht auf einem echten Spiritual), Coltrane-Solo über ein „two-chord minor scale pattern“, Dolphy-Solo über ein „two-chord major scale“ Pattern, dann Tyner in C-Moll, dann wieder das Thema. (Diese Beschreibung, gemäss David Wilds Liner Notes im 4CD-Set, soll vor Augen halten, wie Coltrane seit „My Favorite Things“ oder „Olé“ seine Stücke strukturiert… mit dieser Art von Strukturen kann man endlos spielen, hat die Freiheit, so lange zu solieren, wie man wünscht).
Es folgt ein Dolphy-Stück, Miles‘ Mode (aka „Red Planet“, ts, as, Tyner, Workman, Jones – Trane’s Modes), das auf einer Zwölftonreihe (die verkehrt herum wiederholt wird) beruht. Coltrane und Dolphy schrammen hier hart an der Grenze zum Atonalen vorbei – das Stück lädt natürlich dazu ein, auch wenn es modal strukturiert ist. Weiter geht’s mit dem ersten Take von Naima (ts, bcl, Tyner, Workman, Jones – Trane’s Modes) – „other-worldly“! Coltrane präsentiert nur das Thema, dann folgt ein wunderschönes Solo von Dolphy – seinen Solo-Exkursionen über „God Bless the Child“ ebenbürtig! Tyner geht in Doubletime, Elvin swingt wunderbar mit den Besen, dann nochmal Trane zum lyrischen Ausklang.
Es folgt ein weiteres aussergewöhnliches Stück: Brasilia (ts, as, Tyner, Workman, Jones – als „Untitled Original“ auf The Other VV Tapes), ein modales Stück, das mit einem Rubato beginnt (man höre auf Workman hier!), dann in einen swingenden mittelschnellen 4/4 wechselt, Coltrane spielt mit kleinen Ideen und Riffs, beugt den Ton, konstruiert ganz gelassen ein unglaubliches Solo (das Stück dauert 18 Minuten!), und dann folgen Dolphy, Tyner und Workman mit schönen Soli. (Eine ziemlich andersklingende Version von „Brasilia“ findet sich auf dem 1965 aufgenommenen Album „The John Coltrane Quartet Plays“.)Am zweiten Aufnahmetag, dem 2. November, geht’s los mit dem einzigen Stück mit Roy Haynes am Schlagzeug. Chasin‘ Another Trane (ts, as, Workman, Haynes, Tyner hört kurz nach dem Anfang auf, mitzuspielen – Trane’s Modes) dauert über eine Viertelstunde und wird geprägt von Haynes leichterem (aber kaum weniger komplexen) Schlagzeugspiel. Coltrane konstruiert ein weiteres dieser Singsang-Soli, Dolphy spielt zwischendurch kurz eins seiner typischen vokalen Altsoli, und dann wieder Coltrane – wunderbar!
Es folgt die zweite Version von India (ss, bcl, Tyner, Garrison, Workman, Jones, Abdul Malik, Bushell an der Oboe – From the Original Master Tapes, CD 1985). The plot thickens… tolle Musik! Und gleich drauf die zweite Version von Spiritual (ts/ss, bcl, Tyner, Workman, Jones, Bushell am Kontrafagott – From the Original Master Tapes, CD 1985).
Dann folgt das erste Stück, das fürs ursprüngliche Album (dem einige ja Vorwarfen, Dolphy quasi rauszuzensieren) gewählt wurde: eine wunderbare Version des Standards Softly As In a Morning Sunrise (ss, Tyner, Workman, Jones – Live at VV), den 1957 auch Sonny Rollins im Vanguard aufnahm (zu hören auf seinen klassischen Blue Note Aufnahmen „Live at the Village Vanguard“ – am besten die RVG Edition Doppel-CD mit allen Aufnahmen suchen!). Tyner spielt ein langes Solo, Jones swingt unglaublich, dann kommt Coltrane rein, für einmal Sopran ohne Walzer oder Exotica, einfach ein medium-up Swinger… und die Post geht ab!
Es folgt gleich das nächste Stück vom ursprünglichen Album und eins der grossen Highlights aus Coltranes ganzer Karriere: Chasin‘ the Trane (ts, Garrison, Jones – Live at VV, frühere Ausgaben nannten fälschlicherweise Workman als den Bassisten). Coltrane spielt in schnellem Tempo 16 Minuten lang Blues-Chorus nach Blues-Chorus… so ungefähr stell ich mir das vor, was Gieske (Post #364) meint, einfach dauerte das dort noch viel länger!
Dann folgt eine kürzere Version von Greensleeves (ss, Tyner, Workman, Jones – The Other VV Tapes) – gut, das in schöner RVG-Qualität zu hören nach den zwei Bootleg-Versionen, die ich gestern und heute morgen gehört habe!
Impressions (ts,as, Tyner, Garison, Jones – Impressions, 1963) ist auch eine der klassichen Coltrane-Nummern. Das Stück basiert auf einer Stuktur, die ähnlich funktioniert wie „So What“: 32 Takte, AABA (also vier 8er Gruppen), wobei der B-Teil in einer anderen Tonart gespielt wird als die A-Teile. Es gibt also eine feste Form, aber innerhalb dieser ist ziemlich alles frei. Coltrane (ohne Piano-Begleitung) und Dolphy nutzen dies für tolle Soli!Die Aufnahmen vom 3. November beginnen mit der dritten Version von Spiritual (ts/ss, bcl, Tyner, Workman, Jones – Live at the VV), dem letzten Stück des ursprünglichen Albums. Hier wird auf Bushell leider verzichtet, das Stück ist dennoch Klasse!
Es folgt die zweite Version von Naima (ts, bcl, Tyner, Workman, Jones – erstmals in der 4CD Box zu hören), wieder mit Dolphy als Hauptsolist. Wunderbar schon das eröffnende Thema, mit Auschmückungen von Elvin Jones! Dolphy spielt wieder ein wunderschönes Solo, Tyner wieder in Doubletime… weiter geht’s mit der zweiten Version von Impressions (ts, Tyner, Garrison, Jones – Impressions, Dolphy ist im Schlusston auch zu hören). Es wird bei diesen beiden Versionen klar, weshalb Coltrane das Stück anscheinend damals als „So What“ angesagt oder angezählt hat – das Thema ist wirklich sehr ähnlich! Coltrane gibt in seinem Solo sofort Gas, spielt kurze, zerrisssene Phrasen, konstruiert daraus ein unglaubliches Solo!
Als nächstes folgt die dritte Version von India (ss, bcl, Tyner, Garrison, Workman, Jones – Impressions), dem pièce de résistance der 1961er Village Vanguard SessionsVERDAMMT! Grenzenlose Enttäuschung! Hier hört die vierte CD auf zu spielen! Hat einen richtigen Sprung! Keine Ahnung, wie das geschehen konnte, die war immer in der Box drin! :roll:
So mühsam… jetzt muss ich mir diese Box echt nochmal kaufen! Aber ohne Spiritual und India vom 5. November (wieder mit dem ganzen Beigemüse) kann ich nicht sein!Mann, ist das fies!
Werde diesen Post wohl in ein paar Wochen noch fertigschreiben, wenn ich Ersatz habe!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDas tut mir leid! Um das Thema Alonzo Levister abzuschließen, so erinnert sich Dan Morgenstern:
Lonnie was a pretty good piano player. He would occasionally – very rarely he might sit in on a jam session. He had been to New England Conservatory. He was a talented composer. Lonnie’s still around. He’s older than me. He’s now in his 80s. Except for a brief period, when he was associated with Charlie Mingus and made an album on Mingus’s Debut label which has never been reissued, but one track was reissued in this big Debut CD package which reviewed the label. He was also later associated with Oscar Brown, Jr. He composed a number of short operas. He got a very nice review in the Village Voice from Gary Giddins many years ago when they were performed just a couple of times in New York and then did it again later. Unfortunately, nothing has ever happened with him, but there was one thing that he did do. He did some arranging and some work for Prestige. He did write a piece that was recorded by John Coltrane. It was called Trane’s Slow Dance. Years later, when – I hadn’t seen Lonnie in quite a while. I asked him – because this was after Coltrane’s death. Coltrane had become this iconic figure. I said, “You must be getting some nice royalties for Trane’s Slow Dance.” He said, “No. I never . . .” I said, “You have to contact the label. They’ve got stuff in escrow for you.” He did. Then he called me and said he got a big check. His stuff had been sitting there for years. So that was another aspect of my New York life.
aus seiner Oral History, die man – neben einigen anderen – hier finden kann… ein etwas chaotischer Text, ist aber viel drin…
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.Was ist denn die Softie-Trilogie? MFT, Plays the Blues und Olé?
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Light of LoveWas ist denn die Softie-Trilogie? MFT, Plays the Blues und Olé?
Ballads (?), With Johnny Hartman, With Duke Ellington; in dem Simpkins Buch wird ein Interview mit Coltrane zitiert (von Francis Kofsky), in dem Coltrane sowas sagt wie „the label wanted a balanced catalogue und das ist ja auch total verständlich“, und dass er ohnehin grad Ärger mit seinem Mundstück hatte… genauer erinner ich es grad nicht,
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.Light of LoveWas ist denn die Softie-Trilogie? MFT, Plays the Blues und Olé?
He he… nein, dachte da an „Ballads“, „John Coltrane and Johnny Hartman“ und „Duke Ellington & John Coltrane“.
Man könnte wohl das Impulse-Album „Coltrane“ (grad im Vergleich mit „Olé“, „Africa/Brass“ und den Village Vanguard Sessions) auch noch mitzählen, aber das gehört für mich zu den ganz grossen Coltrane-Alben, während die genannten drei Produzenten-Ideen waren, um den „wilden“ Coltrane einem grösseren Publikum schmackhaft zu machen. Natürlich sind alle drei sehr schön, aber sie haben eben doch nicht ganz das Niveau der meisten anderen Impulse-Aufnahmen!--
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redbeansandriceBallads (?), With Johnny Hartman, With Duke Ellington; in dem Cuthbertson Buch wird ein Interview mit Coltrane zitiert (von Francis Kofsky), in dem Coltrane sowas sagt wie „the label wanted a balanced catalogue und das ist ja auch total verständlich“, und dass er ohnehin grad Ärger mit seinem Mundstück hatte… genauer erinner ich es grad nicht,
Kofsky kommt im „Coltrane Reference“ auch grad (Ende 1961) irgendwo, muss wohl was anderes sein, muss ich morgen nachschauen.
Ich glaub die Mundstück-Probleme fallen tatsächlich auf diese Zeit, aber das würde ich nicht überbewerten. Das mit dem Mundstück und den Blättern ist ja eine Dauerbaustelle bei vielen Saxophonisten, ich glaub das war bei Coltrane auch so. Mal sehen.
Als nächstes folgt die November 1961 Tournee in Europa (mit Dolphy), und dann die nächsten Impulse-Studio-Sessions, vielleicht steht ja in „Coltrane Reference“ mehr zum Thema. (Oder bei Simpkins? Wenn Du mal einen Moment Zeit hast, was abzutippen oder zusammenzufassen!)--
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Schlagwörter: Coltrane, John Coltrane
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