Antwort auf: Miles Davis

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vorgarten

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7. oktober 1974. „mtume“, „maiysha“.

wieder im studio, diesmal zu einer äußerst produktiven session. zunächst entsteht das tribalistisch-tranceartige „mtume“ als feature für den percussionisten. der trademark-teppich wird von fosters halbgeschlossener hi-hat ergänzt, außerdem gibt es auf der 4 einen schlag auf die snare. lucas spielt seine geräuschhaft-funkige rhythmusgitarre (nur ein akkord), cosey (?) begleitet auf dem doppelgong, miles mit schrägen orgelakkorden, gaumont (?) wiederholt flüssig im groove ein einziges motiv. das ganze funktioniert großartig. es gib aber auch einen b-teil, der von einem full stop der band eingeleitet wird, eine art refrain aus vier abwärts seufzenden akkorden, für die foster dezent rockig den beat wechselt.

erst nach ca. 7 minuten gibt es so etwas wie ein trompetensolo, das aber auch nur aus einem variierten motiv besteht. so baut sich aus patterns ein groove zusammen, in dem sich nur in kleinen momenten einzelne stimmen kurz befreien, bis cosey die sache mit einem durch noise-schichten hindurchgepresstes solo an sich reißt. bei 12:30 dann ein orgelakkord, full stop, geräuscheffekte, alles über dem originalgroove, akzentverschiebung bei lucas, das stück bekommt etwas tänzelndes, nochmal die einzelnen motive, schluss nach 15 minuten.

auf der ON THE CORNER SESSION box gibt es noch den track 11 von „mtume“, da liegt der akzent auf einem schönen, coltranesken sopransax-solo von fortune und einem weiteren von miles. für den veröffentlichten track reichen der groove und die trance.

„maiysha“ ist demgegenüber eine ziemliche überraschung. ein loser bossa-rhythmus, eine cheesige freddie-stone-gitarrenbegleitung von lucas, eine miles-orgel, die tatsächlich popakkorde vorgibt (allerdings mit der ganzen hand gespielt und ziemlich unberechenbar in ihren akkordwechseln). die percussion tut gar nicht erst so, als würde sie diese etwas biedere vorlage ernst nehmen. der verschrobene blaxpoitation-soundtrack wird über fast 10 minuten entwickelt, lasziv, halbernst, bekifft, ohne druck zu erzeugen. die simple melodie wird von miles verzerrt, abgekämpft und schleppend draufgesetzt, was in entschiedenem gegensatz zum leichten latin-muster der vorlage steht. fortune darf ein flötensolo beisteuern, das sich wiederum genau an dieses muster hält, aber gegen die cluster-orgel kaum ankommt.

bei 9:40 plötzlich ein wechsel. ein r&b-riff, ein gerader schlagzeuggroove, der allerdings im wechsel mal auf 1 und 3, mal auf 2 und 4 betont wird. ein zittriges, fast opernhaftes gitarrensolo erklingt (cosey? gaumont?), das immer geräuschhafter wird. dazu abstürzende orgelcluster. henderson spielt bass-riffs wie aus dem lehrbuch, lucas bietet am ende sogar noch reggae-impulse an. ernstnehmen kann man diese entwicklung nicht wirklich, aber womit man hier, 1974, auch am wenigsten bei dieser band rechnet, ist humor.

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