Antwort auf: Miles Davis

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vorgarten

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27. oktober 1973. newport jazzfestival in europe.

europatour mit 13 stationen. stockholm ist die zweite. und der auftritt ist eine qual. miles hat einen wackelkontakt an seinem equipment, der sich offensichtlich nicht fixen lässt. was da noch herauskommt, klingt erbärmlich. dafür legt liebman noch 10 effekte bei sich drauf (was es auch schon wieder spannender macht, weil es oft überhaupt nicht mehr nach einem blasinstrument klingt). die fernsehkamera ist überfordert, weil sie außerhalb der soli nie weiß, auf wen sie draufhalten soll. henderson und lucas bewegen ja allerhöchstens die letzten glieder ihrer finger (unfassbar, wie die da stehen, verschüchtert schief henderson und lucas wieder mit super outfit & tollem swag). cosey sizt wie ein hingeplumpster bär und dudelt an seinen geräten, als ob er figuren eines brettspiels bewegt. er ist hier auf der grenze zu seinem bluesspiel angelangt, ab und zu driftet er ins geräuschhafte, was jedesmal ziemlich toll ist, aber er wirkt trotz allem seltsam unbeteiligt und draußen. fosters coolness ist schwer zu lesen. bleibt mtume, dessen athletische feinnervigkeit großartig aussieht – in jedem finger einen sound, hellwach auf miles ausgerichtet, er kriegt wirklich jedes signal sofort mit.

das material ist noch im experimentierstadium. die jüngsten sessionergebnisse, „claypso frelimo“ und „mr foster“ sind schon dabei, aber noch nicht wirklich in den fingern. oft gibt es momente, wo sich alle zu fragen scheinen: was nun?

auch miles. er sieht ziemlich abgekämpft aus. sichtbar gealtert, riesige augen, die verpeilt um sich schauen, der kampf mit der technik, aber orgel spielt er auch kaum. er hält die band an und lässt sie wieder los. immer wieder. dann eine halbe stunde nicht mehr. am ende wieder permanent.

und trotz allem ergeben sich fantastische momente. vor allem miles‘ paradesolo über „mr foster“, für das er ein letztes mal versucht, etwas aus seinen geräten herauszuholen und dafür die band zur stille anhält. was da passiert, ist dann doch sehr berührend.

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