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Herr RossiDen FAK-Track müsste ich nochmal hören, aber bei „Our Last Summer“ gehört das genau so dorthin bei der Entzauberung des Traummanns der Jugendzeit: „And now you’re working in a bank, a family man, a football fan, and your name is Harry. How dull it seems, that you were the hero of my dreams.“ Was soll daran doof sein?
Leider haben sie damit auch gleich den ganzen Song entzaubert. Der Kontext ist doch nun auch ohne den Harry mehr als offensichtlich. Und für alle, die es nach dem football-fan noch nicht geschnallt hatten, hätte man noch 1763 andere Attribute da einsetzen können, warum aber ausgerechnet einen völlig beknackten Namen, der da aus heiterem Himmel eine unfreiwillige Komik mit einfließen lässt, weil er überhaupt keinen Sinn macht. Harry hieß der Typ ja wohl schon immer, oder hatte er in den „crazy years of flower-power“ einen Hippie-Kampfnamen? Nee, nee, geht leider überhaupt gar nicht.
Jan LustigerMit der Wahl des Namens wird einem sofort das Bild eines amerikanischen Diners in den Kopf gesetzt, das Gedankenspiel also konkretisiert. Die Namenwahl ist damit sogar ziemlich clever gewählt, sie vermittelt ein Bild, mit dem man sich sofort im Song findet.
Bei mir wird vor allem in den Kopf gesetzt, wie zwei Schwedinnen Anfang zwanzig, beflügelt von ihrem US-Roadtrip die Perspektive wechseln. „Emmylou“ war noch zuhause im kalten Stockholm geerdet, von wo aus sie sich ihren Americana-Traum zurecht träumten und jetzt versuchen sie direkt eine amerikanische Geschichte vom All-American-Girl zu erzählen, der einsamen Bedienung im Diner. Haben sie sich dafür vom eigenen Instagram-Feed inspirieren lassen oder von der liebsten US-Serie? Egal, ich nehme es ihnen nicht ab und deshalb funktioniert der Song bei mir schon im Grundsatz nicht. Diese Namensnennung tut ihr übriges. Was auch immer die genau konkretisieren soll, so genau wollte ich es dann gar nicht wissen. Der lenkt einfach nur ab. Und interessant, dass du „Blue“ nennst, der Song geht mir nämlich aus ganz ähnlichen Gründen ab. Auch hier wird mit dem Holzhammer erzählt, ohne dass da zwischen den Zeilen viel übrig bleiben würde. Aber ist ja okay, wenn sie bei dir offensichtlich einen ganz anderen Nerv treffen als bei mir. Auf einen Pop vs. Folk Diskurs habe ich jetzt keine Lust, aber vielleicht ist es tatsächlich ein Minimum an Authentizität, das ich brauche. Amerikanische Geschichten höre ich nämlich sonst lieber gleich von Gillian Welch.
Jan Lustiger
Spekulation ist natürlich ein praktischer Weg, um Argumentationen unangreifbar zu machen. Bei Wetten auf Absolute zu setzen, ist allerdings meistens eine schlechte Idee.
OK, anders ausgedrückt: Live konnte ich anhand der Publikumsreaktionen keine Klassenunterschiede ausmachen. Außer bei „Emmylou“.
Jan Lustiger
The Lion’s Roar wäre Stay Gold auch ohne Emmylou um Längen überlegen. Als ob der Track das ganze Album getragen hätte.
Der Track trägt doch die ganze Karriere. Sie konnten damit in den USA landen, haben „Stay Gold“ entsprechend ausgerichtet und den Erfolg nochmal deutlich getoppt.
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