Re: Kabarett im TV

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hal-croves
אור

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MikkoWarum deren Art des Kabaretts, des Vorführens von Politikern humorlos ist, hat mir noch niemand schlüssig erklärt.

Naja, der Begriff des Erklärens impliziert ja rationale Analyse, und damit tu zumindest ich mich in bezug auf Kabarett schwer. Aber ich sehe ein Indiz: bei Hildebrand, Schramm und Priol wurde bzw. wird seitens des Publikums öfter geklatscht als gelacht. Vielleicht ist das eine Fehlinterpretation, aber ich sehe das als Anzeichen dafür, dass diese Kabarettisten dem Publikum als Aufklärer entgegentreten, die verborgene Wahrheiten zu enthüllen trachten. Und das Publikum applaudiert dem Kabarettisten exakt in dieser Rolle, in der er aber im Grunde ein verkappter Politiker ist, der den Anspruch vertritt, gewissermaßen eine wahrere Wahrheit zu verkünden als diejenigen, die er aufs Korn nimmt. In dieser Hinsicht nimmt er eine Art „heiligen Ernst“ unter einer Narrenkappe ein, aber die Narrenkappe ist keinesfalls ironisch, sondern als Tarnung gemeint.

Anders die von mir präferierten Kabarettisten: sie tragen keine Narrenkappe, sondern gehen mit absurdem Humor in die Offensive, spitzen die realen Absurditäten so weit zu, dass sie in ihrer Absurdität offen sichtbar werden. Und diese Absurdität reizt das Publikum zu einem befreienden Lachen; diese Methode ähnelt der Fabel vom nackten Kaiser, allerdings mit dem Unterschied, dass die Kabarettisten keinesfalls das Kind mimen. Dadurch erübrigt sich die aufklärerische Pose; der Kabarettist tritt nicht gewissermaßen als Lehrer dem Publikum gegenüber, sondern als listiger Fremder, der ungewohnte Perspektiven eröffnet.

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=