Re: Black Sabbath – 13

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mikko
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Black Sabbath – 13 (LP/CD, Vertigo)

Diese Platte müsste eigentlich Album des Monats Juni sein. Aber bis zur nächsten Ausgabe von Guitars Galore will ich nicht warten. Und außerdem sollte den Top Spot dann vielleicht doch ein eher unbekannter Nachwuchskünstler bekommen. Also feiern wir das Comeback des Jahres hier und jetzt! Acht Tracks sind auf „13“, was übrigens mitnichten das 13. Studioalbum der Band ist. Auch nicht das 13. mit Ozzy. Es ist wohl das 19. Album. Auf jeden Fall ist es eine ganz erstaunliche Platte, die da anknüpft, wo der Output der Originalbesetzung begann erratisch zu werden. Ich weiß noch ziemlich genau, wie ich das Debüt der Band zum ersten Mal hörte. Irgendwann im Frühsommer 1970 muss das gewesen sein. Ich war schon von Led Zeppelin beeindruckt. Deren erste beiden LPs hörte ich rauf und runter. Deep Purple in Rock stand mir erst noch bevor. Und dann kam da diese Platte mit der schwarz gekleideten bleichen Figur auf dem Cover, halb im Unterholz neben einem knorrigen alten Baum stehend, am Rande eines Teiches, hinter dem wiederum ein altes Gemäuer emporragt vor einem grauen, rotstichigen Himmel. Dazu die altmodische Schrift und dann das auf dem Kopf stehende Kreuz, wenn man das Klappcover aufschlägt. Die Musik erklingt wie nichts was ich zuvor gehört habe. Dagegen sind Led Zeppelin harmlos. Aber auch hier sind noch die Wurzeln des Blues erkennbar. Archaischer, urwüchsiger und zugleich viel dunkler und drohender. Und dann das Konzert Ende Juni im Audimax der FU. Eines meiner ersten größeren Konzerte überhaupt. Leider sind die Erinnerungen daran verschwommen, aber eines weiß ich ganz sicher, die auf den Plakaten angekündigten deutschen Bands Frumpy und Hairy Chapter habe ich dort nicht gesehen. Genug davon. Diese und die folgenden LPs von Black Sabbath setzten den Standard für schweren, brachialen Rock. Die Dämonen und das Spiel mit Symbolen des Satanismus nahm man schon damals nicht ernst. Andererseits konnte man damit aber noch provozieren im Jahr 1970. Sabbath, Zeppelin und Purple waren zum die-Sau-rauslassen wie geschaffen. Neil Young, Cat Stevens und The Moody Blues waren mehr fürs Gefühl und die Abende zu zweit. Aber zurück zu Black Sabbath. Nach der vierten LP hab ich die Band seinerzeit aus den Augen und Ohren verloren. Ozzy war dann irgendwann mehr Skandalnudel und Witzfigur. Und nun dies. Unter der Leitung von Rick Rubin hat sich die Originalbesetzung von Black Sabbath wieder zusammen gefunden. Na fast die Originalbesetzung. Drummer Bill Ward ist wohl einerseits zu fertig und andererseits wollte er einen dezidierten Vertrag haben, heißt es. In Brad Wilk von Rage Against The Machine haben die drei übrigen Bandmitglieder einen vollwertigen Ersatz gefunden. Diese Scheibe hier ist ein Phänomen. Ich weiß, es hört sich abgedroschen an. Aber die Platte klingt so, als wäre es jetzt 1972 und das hier die aktuelle fünfte LP von Black Sabbath. Ozzys Stimme klingt noch immer so wie auf den ersten LPs. Tony Iommis Riffs und seine schweren Akkorde haben immer noch diesen dräuenden, fast lähmenden Druck in die Magengrube. Desgleichen der Bass von Geezer Butler, der auch hier wieder hauptverantwortlich für die Texte zeichnet. Neben den typischen schwer groovenden Tracks, die meist auch mit den typischen Breaks und Tempowechseln aufwarten, die man von Sabbath kennt, gibt es mit „Zeitgeist“ einen akustischen Track, der leise aber umso nachdenklicher daherkommt. Und immer wieder die so typischen Heavy Riffs, die stählernen Bassläufe, die treibenden Drums. Rick Rubin hat die alten Männer wieder zu sich selbst finden lassen, so scheint es. Er hat die alten Platten mit ihnen zusammen gehört und sie dann tagelang einfach nur jammen lassen, liest man. Schließlich kommt auch die Harmonika wieder zu Ehren in dem düsteren und doch abgeklärten „Damaged Soul“. Wie wir wissen ist Tony Iommi dem Sensenmann ja gerade erst noch mal entkommen. Sein Krebs ist vorläufig besiegt. In „Dear Father“ rechnet Geezer Butler mit seinem eigenen Vater ab, der ihn wohl als Kind missbrauchte. Und mit dem Donnergrollen und der Glocke vom ersten Album schließt sich der Kreis. Diese Platte ist schwer beeindruckend und geradezu apokalyptisch. ****1/2

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