Re: Clark Terry

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Im September 1977 enstand in London unter der Leitung von Peter Herbolzheimer ein Balladen-Album in grosser Besetzung. Terry wird von einer Big Band (u.a. mit Kenny Wheeler, Nat Peck, Dave Horler, Stan Sulzman, Tony Coe, Ronnie Ross sowie der Rhythmusgruppe Gordon Beck, Martin Kershaw, Chris Laurence und Alan Ganley) und Streichern begleitet, er steht als Solist im Mittelpunkt, die Rhythmusgruppe ist aber sehr prominent abgemischt und Beck kriegt zwei Solos (auf „Clark After Dark“ und „Willow Weep for Me“), Gitarrist Kershaw eins auf „Girl Talk“. Zudem sind kurz Dave Horler („Clark After Dark“) und Tony Coe („Girl Talk“) solistisch zu hören.
Terry glänzt schon auf dem einleitenden „Misty“ mit wunderschönem, warmem Ton (er beschränkt sich aufs Flügelhorn), Beck ist sehr prominent zu hören. Es folgen „Nature Boy“, „Georgia on My Mind“ und „November Song“, dann „Clark After Dark“, das Herbolzheimer geschrieben hat. Die zweite Hälfte besteht aus „Willow Weep for Me“, „Yesterdays“, „Emily“, „Angel Eyes“ und zum Abschluss Neal Heftis „Girl Talk“.
Die Streicher sind manchmal etwas gar üppig gesetzt, die Bläser werden oft nur als Klangteppich und für Schattierungen genützt – das ganze ist allerdings sehr zweckdienlich und bietet Terry einen erstklassigen Hintergrund. Er macht das beste daraus und glänzt mit schönen Soli. Beck ist mit Abstand der prominenste Begleiter, macht seinen Job sehr gut, ebenso Chris Laurence, der sich auch immer wieder mal ins Geschehen einmischt und aufhorchen lässt.

Das Album wurde 2007 in der „Jazzclub“-Billigreihe von Universal Deutschland neu aufgelegt – das Cover sieht so aus:

Lohnt jedenfalls die 3-4€, die das kostet!
Das Album gehört anscheinend zu Terrys liebsten.

Im Quintett mit Chris Woods (as,fl), Horace Parlan (p), Victor Sproles (b) und Bobby Durham (d) wurde Clark Terry dann im Dezember 1978 im Casino Luzern vom Schweizer Radio mitgeschnitten. Wer keine Streicher-Alben, Big Bands oder lockeren Jams will ist hiermit gut bedient.
Das Programm öffnet mit Charlie Parkers „The Hymn“ und endet eine Stunde später mit „Somewhere Over the Rainbow“. Dazwischen stehen vor allem Originals auf dem Programm: „Straight No Chaser“, „God Bless the Child“, Durhams „The Silly Samba“, George Wallingtons „Lemon Drop“, dazu „I Want a Little Girl“ und „On the Trail“, sowie „Somebody Done Stole My Blues“. Terry singt auf „Little Girl“ mit feiner, leiser Stimme, Woods baut ein paar von Hodges‘ charakteristischen Slurs in seine Solo-Passagen ein.
Eins der Highlights is das schnelle „Straight No Chaser“, in dem Terry, Woods und Parlan tolle Blues-Soli abliefern. Sproles begleitet ausgezeichnet, Durham swingt enorm. „On the Trail“ ist zwar eine Novelty-Nummer, aber ich hör sie doch immer gerne… Woods spielt ein tolles Solo, danach präsentiert Terry seinen Trompeten/Flügelhorn-Dialog.

Meine letzte Aufnahme mit Clark Terry ist Count Basie Get Together von 1979 – eine weitere entspannte Session, die Terry neben Harry „Sweets“ Edison, Eddie „Lockjaw“ Davis und Budd Johnson sowie Basie, Freddie Green, John Clayton und Gus Johnson präsentiert. Durch die Anwesenheit von Johnson erhält die Session eine besondere Qualität, Lockjaw ist gefordert, die Atmosphäre ist etwas weniger relaxt als anderswo, und das tut der Musik wohl gar nicht schlecht. Für mich ist das jedenfalls eins der schöneren unter den zahlreichen Pablo Small-Group Alben Basies.
Nach der mittelschnell swingenden „Ode to Pres“ folgt mit Basie’s Bag ein langsamer Titel mit einem tollen Solo von Terry. „Swinging on the Cusp“ ist wieder lebendiger, die beiden Trompeten stellen das Thema vor – sehr schön! Dann solieren sie im Dialog… nur von Freddie Green begleitet. Johnson spielt dann ein Solo am Barisax, auch das gefällt… Johnson ist überhaupt – darum auch die obige Bemerkung – ein Musiker, den es wo immer er auftaucht zu beachten gilt – selbst im halb ausgegorenen „All American“ von Terry weiss er zu überzeugen mit seinem Spiel. Mit „Like It Used to Be“ sind wir wieder beim langsamen Tempo. Basie öffnet mit einem seiner sparsamen Piano-Soli, es folgen schöne Soli aller vier Bläser. „My Main Men“ ist wieder mittelschnell, dann folgt zum Abschluss des Albums ein längeres Balladen-Medley, mit Davis (I Can’t Get Started), Terry (What Will I Tell My Heart), Johnson (Talk of the Town), Basie (I Can’t Give You Anything But Love) und Sweets (I’m Confessin‘ That I Love You).
Wie gesagt, ohne viel über die Musik zu sagen für mich eins der besten Small-Group-Alben von Basie.

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NACHTRAG – Ein paar Gramophone Reviews:

Duke with a Difference (October 1961)
Buddy Tate with Clark Terry – Tate a Tate (November 1962)
In Orbit (aka Clark Terry and the Thelonious Monk Globetrotters) (November 1969)
Oscar Peterson Trio + 1 (March 1965)
Everything’s Mellow (February 1967)
The Power of Positive Swinging (April 1994)

Ed Thigpen – Out of the Storm (April 1967)
Lionel Hampton – You Better Know It (October 1965)

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Und zum Abschluss: der Sterne-Thread für Clark Terry.

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