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DJ@RSONo Line On The Horizon. Genau so wie das Cover-Artwork sieht auch der tonale Teil dieser Platte aus. Und um ein ähnliches Bild zu verwenden: Einen echten Silberstreif am Horizont kann man auf der neuen Platte von U2 leider auch mit Mühe kaum ausmachen. Stattdessen breitet sich trübe Langeweile gemütlich aus. Wo nicht grade die gähnende Leere uninspirierter und uininspirierender Songs herrscht, werden – im Ursprung womöglich sehr schöne – Songideen (z.B.“Moment Of Surrender“ „Unknown Caller“) mit sphärischen Synthies und/oder Kirchenorgeln verschwurbelt. Liebe Leute von U2, im Speziellen an Brian Eno: Besonders Letzteres machen Arcade Fire einfach besser!
Der Titelsong fällt mit schrägem Maschinenhallensound und nervigen „Uahuhahus“ und „Oh Oh Ohs“, von denen man auf der ganzen Scheibe zu viele hört, unangenehm auf. Nicht, dass es „Uhs“ und „Ahs“ und „Ohs“ nicht auch schon auf früheren U2-Platten gegeben hätte, aber bislang klangen diese Elemente zielführender und passender. Hier wirken sie an einigen Stellen nur als Füllstoff, Platzhalter für fehlende Ideen.
„Magnificent“ geht in Ordnung. Wenn es auch nicht unbedingt vom Stuhl reißt, tut es nicht weiter weh und hat vielleicht mehr Single-Potential, als das zuerst ausgekoppelte „Get On Your Boots“, welches nebenbei mühelos als „Discoteque – Part 2“ durchgehen würde.
Insgesamt bekommt man auf „No Line On The Horizon“ viel weniger der charakteristischen „Edge-Gitarre“ zu hören, als auf zurückliegenden Veröffentlichungen der Iren. Dies ist zunächst einmal nicht tragisch, jedoch wird diese „Lücke“ nicht durch wirklich neue Ideen oder den beherzten Griff in ungewohnte Klang-Farbtöpfe ausgefüllt, die eine interessante Wendung herbeiführen würden. Gewisse „Wall Of Sound“-Elemente, die zu früheren Zeiten manchen U2-Titel zu etwas Unverwechselbarem machten, fehlen fast gänzlich. Vielmehr werden nun Vorhänge aus Ambient-Synthesizer-Gesumme vorgezogen, die die ohnehin schon eher graue Klangumgebung noch verstärken.
Die Gitarrenparts gehen über weite Strecken im allgemein zu wenig differenzierten Gesamtklang auf, ohne nennenswerten eigenen Charakter herauszubilden. Wie gerne würde man der Gruppe hier das entgegenrufen, was sie im anfangs an „With Or Without You“ erinnernden Stück „Unknown Caller“ selbst fordert: Restart and reboot yourself!
Selbst eher „typische“ zu nennende U2-Stücke wie z.B. „Unknown Caller“ oder „I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight“ bleiben letztlich auf dem Teppich der Durchschnittlichkeit, lassen aber zumindest einen wehmütigen Blick in die Vergangenheit zu, in der U2 wütender, energiegeladener, und ja: insgesamt leidenschaftlicher wirkten. Das aktuelle „Stand-Up Comedy“ ist dagegen erschreckend langweilig und auch das orientalisch angehauchte „FEZ-Being Born“ bleibt eine vor sich hin treibende Konstruktion ohne scharfes, Interesse weckendes Profil. Würden U2 doch wenigstens ab und zu einfach nur drauflos rocken , wie sie es in der Vergangenheit immer wieder und oft erfolgreich taten. „Breathe“ weist zwar in diese Richtung, kann aber angesichts von z.B. „Vertigo“ oder „All Because Of You“ nur als zahnloser Tiger angesehen werden.
Dennoch: Das unspektakulärste Stück der ganzen Platte ist zugleich auch das Schönste. „White As Snow“ überzeugt durch seine Schlichtheit, die klare Gesangslinie und die Produktion, welche feineren Nuancen den nötigen Raum zum Atmen lässt.
Das die Platte abschließende „Cedars Of Lebanon“ erinnert in seiner leicht morbiden Klanglichkeit an „Wake Up Dead Man“ vom 1997er Album „Pop“ , kann aber letztlich die dortige melancholische Kraft und den seltsamen Zauber auf der aktuelle Platte nicht reproduzieren.
Mit reichlich Wohlwollen lassen sich auf dieser insgesamt also nur unterdurchschnittlichen Platte abschließend die Stücke „Magnificent“, „Moment Of Surrender“, „Unknown Caller“, „I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight“, „White As Snow“ und vielleicht noch „Cedars Of Lebanon“ als erwähnenswert hervorheben. Durch zu viel Störendes, zu wenig Überzeugendes und letztlich den oft unbefriedigenden Klang bleibt „No Line On The Horizon“ deutlich hinter bisherigen Platten der Gruppe zurück.
** ½
Diejenigen, die U2 nicht mögen, werden durch dieses Album sicher nicht bekehrt und benoten so wie sie bei U2 immer benoten. Also keine neuen Erkenntnisse. Wenn jedoch jemand wie du, der U2 an sich eher positiv gegenübersteht, die Platte so kritisch bewertet, gibt mir das zu denken.
Woran liegt das? Möglichweise an den Erwartungen, dass ein U2 Album so sein sollte wie deren besten Platten? Ich fange mal bei mir an. Was mag ich an den für mich besten U2 Songs:
– da sind zunächst mal die Hymnen mit dem treibenden Beat und der typischen Edge Gitarre wie z.b. „where the streets have no name“. Auf „no line on in the horizon“ erfüllt „Magnificient diese Ansprüche voll und ganz, mit Abstrichen auch „I´ll go crazy“ und mit noch etwas mehr Abstrichen auch der Titelsong.
– ansprechende Ballade mit guter Melodie wie bei „One“. Auf dem neunen Album genügt das wunderbare „White as snow“ diesen Ansprüchen.
– fetzige, schnellere Rocksongs, die es krachen lassen wie z.B. „Vertigo“. Sicher nicht anspruchsvoll, aber zweckmässig. Soundschnipsel davon wurden mal in eine Marketingshow eingebaut, bei der diese extrem gut zur Geltung kamen. Mag sein, dass U2 sich ähnliches von „get on the boots“ erhoffen, scheint aber nicht so gut als Single zu funktionieren. Vielleicht ist es etwas zu zahm für einen Knaller.
Zudem gibt es neue kreative Ideen, wie der Spechgesang bei „Breath“ und der verhaltene Gesang von Bono bei dem gelungenen „Cedars of Lebanon“.
Insgesamt ist aber recht viel mittelmässiges auf dem Album, gemessen an den was ich von U2 kenne. Zur Zeit bewerte ich das Album mit ***1/2.
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