Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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claraschumann

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17. Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 9 in d-moll op. 125

„Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiß nicht. – Oh, es ist so schön das Leben tausendmal leben! – Für ein stilles Leben, – nein, ich fühl’s, ich bin nicht mehr dafür gemacht. – . . .“

Was hört man wenn man im Pariser Pantheon steht und die Innenansicht auf Papier bannt?
Eben.

1815 begann Ludwig van Beethoven 11 Jahre nach der Veröffentlichung der 8. Sinfonie mit den ersten ausschlaggebenden Skizzen an seinem letzten, den Zyklus schließenden, großen Sinfoniewerk, das Friedrich Wilhelm III. von Preußen gewidmet war. Bis zur vollständigen Vollendung sollten jedoch noch 9 Jahre bis 1824 vergehen und so gilt diese Sinfonie heute als das Werk, das unter den Beethoven’schen Werken die längste Geschicht hinter sich herzieht.
Mittlerweile wird dabei angenommen, dass die 1808 veröffentlichte Chorfantasie in c-moll, die deshalb auch „Kleine Neunte“ genannt wird, als erste Skizze für das später realisierte Gesamtmaterial diente.
Die Entstehungsphase der Neunten Sinfonie fällt mitten in eine kurzfristige Schaffenspause Beethovens in den Jahren 1814-1818, die auf seinem schlechten Gesundheitszustand und allgemeinen schweren privaten Leiden bezüglich des Todes seines Bruders und dem damiteinhergehenden schwierigen Unterfangen der Vormundsschaft Beethovens gegenüber seinem Neffen basierte.
Am Ausgang dieser Krise, kurz vor seiner entgültigen Ertaubung, wird beschrieben, der Komponist hatte eine tiefe charakterliche Wandlung hin zur Verinnerlichung durchgemacht, die Inhalt und Form nicht mehr in den Vordergrund stellte, sondern die völlige subjektive Empfindung, die den Ausdruck in seiner Musik noch ergreifender und kompromissloser hervorbrachte.

Mittlerweile geht man davon aus, dass Beethoven bereits ab seinem 20. Lebensjahr an einer schweren Bleivergiftung litt, die einherging mit Magen-Darm-Beschwerden. Unklar ist, ob dieses in direktem Zusammenhang mit seiner ab dem 30. Lebensjahr einsetzenden Otosklerose steht, einer Erkrankung der Steigbügelfußplatte im Innenohr, die zu einer langsam zunehmenden Schwerhörigkeit hin zur völligen Taubheit führt.
Im Jahre 1819 war dies bei dem Komponisten eingetreten.

*

Am 7. Mai 1824 kam es in Wien zur Uraufführung.
Es erreichte frenetischen Beifall, Beethoven, der anwesend war und die Worte des Chores an deren Lippen abgelesen hatte, verbeugte sich dankend vor dem Publikum. Es war sein letzter großer Auftritt, danach zog er sich komplett aus der Öffentlichkeit zurück.

*

An der Schwelle der Klassik hin zur Romantik gilt nun die Neunte Sinfonie in d-Moll op. 125 als Höhepunkt des gesamten sinfonischen Schaffens.
Eine durchschnittliche Interpretation dauert 70 Minuten und Ludwig van Beethoven schafft damit im klassischen, streng viersätzigen Format, das, was Gustav Mahler durch das Aufdröseln von fünf Sätzen in zig Untersätze weiterführte. Desweiteren war es auch Mahler, der sich um den Ausbau der Integration eines Chores in der Sinfonik bemühen sollte.
Tatsächlich hat bis heute kein anderes Werk eine solche Bandbreite an Rezeptionen hervorgerufen, die dabei weit über die Musik hinaus auch Dichter und Schriftsteller, Maler und Philosophen beeinflusste.
Sie hat überdies tiefgreifende ästhetische und philosophische Erörterungen und Diskussionen ausgelöst. Seitdem sie im Mai 1824 zum ersten Mal aufgeführt worden war, verkündete sie zu allen Zeiten den Menschen guten Willens ihre Botschaft, die konkret ausformulierte Idee von der Freude und der weltumspannenden Brüderlichkeit unter den Menschen.

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Nein, ich wollte hier gar nicht mehr schreiben.
Wenn ihr’s nun nicht erfühlet, ihr werdet’s nicht erjagen können.
Ein verdienter zweiter Platz in meinem Sinfonie-Ranking. :-)

Edit/Nachtrag zur Aufnahme:

Rundfunkchor Leipzig unter Horst Neumann
Rundfunkchor Berlin unter Dietrich Knothe
Kinderchor des Philharmonischen Chores Dresden unter Wolfgang Berger
Gewandhausorchester Leipzig unter Kurt Masur
Sopran: Anna Tomova-Sintow
Alt: Annelies Burmeister
Tenor: Peter Schreier
Baß: Theo Adam

Teil 1
Teil 2
beide Videos sind jeweils ca. 32 Minuten lang, einhergehend entsprechende Ladezeiten, aber dafür ist das Ding komplett.

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