Re: Birdseys Rezensionen

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Birdcore

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Peter Careys neuer Roman: Knochige Kunstfarce

Der Australier Michael Boone, genannt „Butcher Bones“, ist Maler. Früher in den Siebzigern war er erfolgreich. Dann wurde er geschieden, landete im Gefängnis und musste sich fortan in der australischen Pampa um seinen Bruder, ein tumbes Riesenbaby, kümmern. Und genau dort stakst eine blonde Schönheit in Stöckelschuhen, Marlene Leibovitz, durch den Matsch in sein Leben. Es folgt eine Tour de Force durch Australien, Tokio und New York. Michael und Marlene werden zu Bonnie und Clyde der bildenden Künste: im Kampf zwischen Kunstmarkt und Kuratoren.

Peter Carey erzählt die Geschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Zum einen aus der Sicht der Hauptfigur, des cholerischen Malers Michael. Zum anderen benutzt er dessen Bruder Hugh, der aufgrund seiner Langsamkeit „Slow Bones“ genannt wird, um das furiose Erzähltempo zu drosseln. Aber gerade die Position des unwissenden, allenfalls erahnenden Bruders sorgt für Spannung und beleuchtet die Ereignisse und insbesondere skurrilen Charaktere von mehreren Seiten. Mit viel Sprachwitz legt der Autor dabei dem geistig leicht zurückgeblieben Bruder bewusst schräge Metaphern und falsche Namen in den Mund.

Da rast sein Herz wie „eine kaputte Billiguhr“ oder blühen Pläne wie „Natternköpfe“. Careys Roman liest sich wie das Drehbuch zu einem Film der Coen-Brüder und ist nicht minder stilisiert. Die Seitenhiebe sowohl auf sein Geburtsland Australien als auch auf New York, die Stadt in der lebt, sind witzig, böse und sprachlich alles andere als politisch korrekt. Anspielungen auf reale Künstler (u.a. de Kooning) und bewusste Namensgebungen (beispielsweise heißt ein deutscher Lehrer Bauhaus) gaukeln dem Leser zudem einen Schlüsselroman vor. Ein großartiges Lesevergnügen, das beweist, warum Peter Carey den renommierten Booker-Preis bereits zweimal verliehen bekam.

Nachzulesen natürlich hier.

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