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Anonym
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kingberzerkIm angelsächsischen Raum ist Norman Lebrecht ein populärer Kritiker, oder Publizist, wie er vielleicht selbst sagen würde. Seine Jünger haben ihren Guru, seine Feinde deuten auf dessen Fehler.
Das ist doch normal und sollte uns nicht weiter interessieren.
Auf jeden Fall treibt ihn die Leidenschaft und die Hingabe zum Stoff.
Das glaube ich auch – danke Dir und gypsy für die Texte! -, und ob er da mal Daten und Zeiten verwechselt oder falsch angibt (bei Kleiber dauert der Tristan knapp unter vier Stunden), mag so hingehen. Ich störe mich da an anderem. Zunächst, das Anknüpfen an Personen, sei’s Bernstein, sei’s Gorbatchov, um die Bedeutung von Mahler herauszustellen. Das ist mir zu viel Plakat. Dann die billige Referenz auf Johnson zur Ironie, das untergräbt ja beinahe jedes Nachdenken darüber, was in der Musik überhaupt Ironie sein könne (abgesehen davon, dass Johnson da einfach die Alten zitiert). Der Hinweis auf Wagners Leitmotive, die ein ordentliches „tool“ für die Ironie seien, stimmt schon.
Was mich weiter irritiert, ist diese Einheimsung Mahlers für die Klagen der Amerikaner. Da kenne ich mich sicher viel zu wenig aus, also in der amerikanischen Gemütslage, wenn es sie gibt, ich hoffe nicht; sie interessiert mich auch nicht sehr, wenn ich lese, dass Bernstein, das „Adagietto“ zum Tod von Robert Kennedy gespielt hat. Das ist fast schon kindisch. Aber ob nun USA oder Österreich: das Missverständnis dieses Satzes aus der Fünften ist ja gerade die Aufhebung der Ironie, das zünglerische Sich-Hingeben an schöne Töne. So ungefähr erscheint mir Lebrecht, dass er sich selbst lieber Publizist nennen würde, passt. Mir ist das zu populär, zu rauschend.
Lustig fand ich den lakonischen Hinweis im Verriss: „Mahlers Einfluss kann nicht in der Musik von King Crimson und Grateful Dead gehört werden.“ Vermutlich wollte der Autor Michael Henderson so richtig ausholen. Aber recht informativ ist wie gesagt auch der Text in der NY Times.
King Crimson, Grateful Dead, kenne ich nicht. Aber von Pink Floyd war ja auch die Rede. Da irgendwelche Mahler-Spuren zu entdecken, halte ich für lächerlich; ungefähr so wie die Belobigungen der Star Wars-Filme, dass da ja Zeug von Kant thematisiert werde. Na und? „Themen“ laufen den ganzen Tag durch die Gegend, meistens ohne Kleider, die zurechtgeschmückt sind aufs Maß. Ich glaube nicht, dass Henderson da ausholen wollte, das war Lebrechts Part.
Zum Jubiläum: 2010 und 2011 waren tolle Jahre, wo es ja allenthalben jede Menge Mahler zu hören gab, daher meine Verwunderung. Allein schon die Achte, wann wird die schon mal aufgeführt? Ich selbst hatte alle Konzerte in der Berliner Philharmonie miterlebt, aber auch andernorts soll ja eine Menge los gewesen sein.
Die Achte, ich bin da immer noch nicht mit durch, live habe ich sie noch nie gehört. Ich bin da aber auch etwas vorsichtig, weil mir die konservierten Einspielungen, sofern ich sie denn finde, meist wichtiger sind, mindestens zum Ohrenputzen. Aber ich bin eben auch nicht in Berlin, hierher, Stuttgart ist das Nächste, verirren sich die Großen selten, Norrington gibt’s, aber der grinst ständig, selbst bei Mahler wohl.
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