Re: Gustav Mahler

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katharsis… weswegen ich Mahler immer wieder abgewiesen habe. Momente von großartiger Bedeutung und archaischer Statur werden von anderen Passagen abgelöst und teils eben auch für meine Ohren zunichte gemacht, die das vorhergehende konterkarieren. Das sind vor allem die tänzelnden Ländler-Sätze …

Heißt das nicht, den Finger in die Wunde legen? Vom Scherzo sich zum Ländler emanzipieren, ist ein brachial-vulgärer Schritt, und vielleicht ist er es, der Dir nicht gefällt? Für mich taugt dieses Mittel ordentlich zur Kritik an den schlichten Fängen der Musik. Es ist einer von vielen Wegen (Rachmaninov hat einen sehr anderen Weg genommen, aber vielleicht den gleichen Grund gehabt, ihn zu nehmen?), aber immerhin ein konziser Weg, sich abzusetzen. Irgendwann hat mir jemand mal gesagt – damals „kannte“ ich Mahler, ohne ihn hören zu wollen: „So hören sich Engel aber nicht an!“ Tjaja. Was Mahler anbietet, scheint mir: „Kein Mensch kann sagen, wie sich Engel anhören.“

„Archaisch“ aber kann ich Mahler nirgends finden, allenfalls im kurrenten Sinn einer „neuen Mythologie“, aber so ist Musik per se und meistens. Womöglich meinst Du aber, er habe das Archaische nicht ausreichend „überwunden“? Die erste Symphonie, ihr erster Satz, ihre ersten Töne, sind doch ein Pastiche auf das musikalische „Problem“, den Anfang zu machen? Das Pastiche ist Programm, in der sechsten ist es endlich verabschiedet (allerdings nur dann, wenn das Andante an dritter Stelle steht), im „Lied von der Erde“ beweint, in IX und X tragikomisches Palimpsest und damit – in meinen Ohren – endgültig verabschiedet, so weit so etwas überhaupt möglich ist. Danach kommen andere Techniken, andere Komponisten.

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