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Buddy Guy ist schon ein toller Gitarrist, besonders in späteren Jahren, aber auf „Coming at you“ muss er noch sehr jung gewesen sein – obschon: wenn schon Jimi Hendrix ihn toll fand, war er 1968 offenbar schon on the top. Jedenfalls sind die Gitarrenparts auf „Coming at You“ sagen wir mal, nicht essentiell, sondern verdaddelt (schraddelig trifft es nicht, stimmt). Aber ist nun einmal nicht schlimm und passt vielleicht sogar. Lustigerweise sagt ihn Wells auch immer wieder an, mitten in den Songs. Ich habe Buddy Guy in anderen Aufnahmen gehört (auch mit Junior Wells), und da tritt er ganz anders in Erscheinung. Aber Schwamm drüber.
Buddy Guys Geschichte beginnt am 30. Juli im Jahre 1936 in Lettsworth, Louisiana. Lettsworth liegt nordwestlich von Baton Rouge, ganz nahe am Cajun Country, ist aber nur auf wenigen Landkarten eingetragen. Mit 13 Jahren griff Buddy Guy zum ersten mal zur Gitarre.
”Niemand hat mir je etwas beigebracht. Ich war allein dort draußen auf dem Land, allein mit dieser Gitarre, die nie alle Saiten hatte. Aber dann eines Tages hörte ich John Lee Hooker im Radio, und der Sound ließ mich nicht mehr los. Ich versuchte und versuchte, ihn auf meiner Gitarre zu produzieren. Meine Brüder und Schwestern jagten mich aus dem Haus, da sie das Geklimper so langweilig fanden. Und ganz plötzlich griff ich in die richtigen Saiten und hatte diesen John Lee Sound gefunden. Ich spielte ihn zwei, drei Stunden lang, da ich Angst hatte, ihn nie wieder zu finden, wenn ich die Saiten losließe. Meine Hand war wie festgefroren!“
1957 zog Guy nach Chicago. Eigentlich wollte er nur einen festen Job; Musik spielte damals keine so große Rolle in seinem Leben. Doch die Atmosphäre der South Side zog ihn in ihren Bann. Und schon bald trat er in verschiedenen Clubs auf: im 708 mit Otis Rush, später mit seinem eigenen Trio; im Squeeze Club mit dem Saxophonisten Rufus Foreman und dessen Band; im Trianon Ballroom mit B.B. King; und im Blue Flame Club, wo er in der ”Schlacht um den Blues“ gegen Magic Sam, Otis Rush und Junior Wells als Sieger hervorging. Das war der Anfang seiner eigentlichen Karriere.
Sein Debüt für Chess Records war der atemberaubende Track ”First Time I Met the Blues“. Die schiere Power, gerade noch zurückgehalten, ist sicher teilweise auf B.B. King zurückzuführen, doch an Guys nächsten bei den Singles ”Broken Hearted Blues“ und ”Ten Years Ago“ wird deutlich, dass er dabei war, seinen ganz eigenen Stil zu entwickeln.
Die ”Ten Years Ago“-Session brachte ihn zum erstenmal mit einem Mann zusammen, der später für viele Jahre sein musikalischer Partner sein sollte: dem Harmonikaspieler Junior Wells. Ein Jahr später spielte Buddy Guy beim American Folk Blues Festival in Großbritannien. In einem Interview mit dem britischen Musikjournal Vox sagte er:
”Ich dachte, ich würde auf die Bühne kommen, und die Leute würden sich denken ’Da ist nochmal so einer, der krampfhaft versucht, dass ihm jemand zuhört’. Doch sie riefen meinen Namen, und ein Kid riss mir einen Knopf vom Anzug. Das war damals der einzige Anzug, den ich besaß, doch er sagte, er wollte ihn als Souvenir. Zuhause in den Staaten hatte ich tagsüber einen Job, und kein Mensch wusste, wer ich war. Und hier kannten sie meinen Namen. Ich schloss also einfach die Augen und legte los.“
Die Partnerschaft der zwei Bluesmen, Guy und Wells, die ausgezeichnet singen konnten und mit ihren Instrumenten neue Stilrichtungen einführten, war äußerst vielversprechend. Einige der besten Platten entstanden in den 70er Jahren: die erste zusammen mit Eric Clapton, ein Live-Mitschnitt beim Montreux Jazz Festival, und vor allem die Alben, die sie für das kleine Chicagoer Blueslabel Delmark einspielten, wobei Wells zwar ”den Ton angab“, Guys Gitarre ihm jedoch in nichts nachstand.
Leider ist es nicht gerade billig, zwei große Talente auf einmal zu bezahlen, und Ende der 70er Jahre gab es einfach nicht genug reguläre, gut bezahlte Arbeit, um ein Florieren des Guy- Wells-Teams zu garantieren. Und so löste sich das Duo auf und trat nur noch sporadisch gemeinsam auf.
Wie John Lee Hooker, hat auch Buddy Guy seit den 80ern wieder (und noch größere) Anerkennung gefunden als in den 60ern. Wenn man die Zahl seiner Plattenveröffentlichungen anschaut und die Intensität seiner Interpretationen hört, dann glaubt man kaum, dass da ein Mensch im Studio steht, der über 70 Jahre alt ist. Geistig und musikalisch gehört er zu den lebendigsten Musikern des Blues überhaupt.
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